Index
001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AVG §37;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer, Dr. Graf und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des M in H, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Tirol vom 27. Mai 1993, Zl. III 33/93, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Tirol (der belangten Behörde) vom 27. Mai 1993 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen Staatsangehörigen der früheren Sozialistischen Föderation Republik Jugoslawien, gemäß § 18 Abs. 1 Z. 1, Abs. 2 Z. 6 sowie den §§ 19, 20 und 21 des Fremdengesetzes-FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ein mit fünf Jahren befristetes Aufenthaltsverbot für das gesamte Bundesgebiet erlassen.
Begründend führte die belangte Behörde im wesentlichen folgendes aus: Aus der mit dem Beschwerdeführer vor der Behörde erster Instanz aufgenommenen Niederschrift vom 4. Dezember 1992 gehe hervor, daß dieser bei der österreichischen Botschaft in Belgrad unter dem Vorwand, in Österreich seine Mutter besuchen zu wollen, die Erteilung eines Sichtvermerkes beantragt habe, um sich nach erfolgter Einreise in Österreich hier für längere Zeit niederzulassen. Es bestehe kein Grund, den von seinem Vater übersetzten diesbezüglichen Angaben des Beschwerdeführers vor der Erstbehörde keinen Glauben zu schenken. Angesichts dessen werde auf die Einvernahme der Eltern des Beschwerdeführers verzichtet, zumal die besagte Niederschrift sowohl vom Beschwerdeführer selbst als auch von seinem als Dolmetscher herangezogenen Vater unterfertigt worden sei. Das Berufungsvorbringen, der Beschwerdeführer habe sich erst während seines Aufenthaltes in Österreich entschlossen, um eine Verlängerung der Aufenthaltsgenehmigung anzusuchen, könne nur als "Schutzvorbringen" gewertet werden. Es stehe daher fest, daß der Beschwerdeführer vor der österreichischen Botschaft in Belgrad unrichtige Angaben jedenfalls über die beabsichtigte Dauer seines Aufenthaltes im Bundesgebiet gemacht habe, um sich die Einreise und anschließende Aufenthaltsberechtigung in Form eines Sichtvermerkes zu verschaffen (§ 18 Abs. 2 Z. 6 FrG). Dieser Aufenthaltsverbotsgrund rechtfertige auch die Annahme, daß der Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährde (§ 18 Abs. 1 Z. 1 leg. cit.).
Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes sei auch zulässig. Zwar bedeute diese Maßnahme einen Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers, dieser sei jedoch zum Schutz der öffentlichen Ruhe und Ordnung (Art. 8 Abs. 2 MRK), insbesondere im Interesse eines geordneten Einwanderungs- bzw. Fremdenwesens, dringend geboten (§ 19 FrG). Diesem schwerwiegenden öffentlichen Interesse stünden die Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Angehörigen gegenüber. Diese würden aber nicht schwerer wiegen als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes. Der Beschwerdeführer sei erst am 6. September 1992 in das Bundesgebiet eingereist. In den vorangegangenen Jahren sei er zwar immer wieder zu Besuch bei seinen Eltern in H gewesen, der Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen habe sich jedoch bis zum 6. September 1992 nicht in Österreich befunden. Der Beschwerdeführer sei der kurzen Zeit seines Aufenthaltes "entsprechend integriert und mit ebensolchen sonstigen Bindungen an das Bundesgebiet versehen". Seine Eltern seien schon viele Jahre in Österreich, seien dementsprechend gut integriert und hätten dementsprechend intensive sonstige Bindungen. Der Beschwerdeführer arbeite seit Dezember 1992 als Kfz-Mechaniker. Er habe keine eigene Familie. Die bestehenden Bindungen des Beschwerdeführers an das Bundesgebiet, insbesondere seine intensiven Bindungen an seine Eltern, würden zwar durch das Aufenthaltsverbot beeinträchtigt; diese Beeinträchtigungen träten indes in den Hintergund, wenn man den erst kurzen Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich bedenke, und weiters, daß der Beschwerdeführer und seine Eltern vor dem 6. September 1992 sozusagen freiwillig getrennt gelebt hätten. Ferner sei beachtlich, daß das Faktum der Beschäftigung des Beschwerdeführers während der Zeit des rechtswidrigen Aufenthaltes geschaffen worden sei; schließlich falle zuungunsten des Beschwerdeführers in Gewicht, daß er sich seit 5. Oktober 1992 (Ablauf der Gültigkeit des "Besuchervisums") unrechtmäßig in Österreich aufhalte.
Der Hinderungsgrund des § 20 Abs. 2 FrG für die Verhängung eines Aufenthaltsverbot liege schon deshalb nicht vor, weil der Beschwerdeführer vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes nicht seit mindestens zehn Jahren ununterbrochen seinen ordentlichen Wohnsitz in Österreich gehabt habe (Hinweis auf § 10 Abs. 1 Z. 1 des Staatsbürgschaftsgesetzes). Die Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes entspreche den für seine Erlassung maßgeblichen Umständen. Sie orientiere sich an der Frist des § 55 Abs. 1 VStG.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen "formeller und materieller Rechtswidrigkeit" erhobene Beschwerde.
3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte in der von ihr erstatteten Gegenschrift die kostenpflichte Abweisung der Beschwerde als unbegründet.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Die im Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des § 18 Abs. 1, Abs. 2 Z. 6 sowie der §§ 19 und 20 Abs. 1 und 2 FrG lauten:
"§ 18. (1) Gegen einen Fremden ist ein Aufenthaltsverbot zu erlassen, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, daß sein Aufenthalt
1.
die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder
2.
anderen im Art. 8 Abs. 2 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.
(2) Als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs. 1 hat insbesondere zu gelten, wenn ein Fremder
6. gegenüber einer österreichischen Behörde oder ihren Organen unrichtige Angaben über seine Person, seine persönlichen Verhältnisse, den Zweck oder die beabsichtigte Dauer seines Aufenthaltes gemacht hat, um sich die Einreise oder die Aufenthaltsberechtigung gemäß § 15 Abs. 1 und 3 zu verschaffen;
§ 19. Würde durch eine Ausweisung gemäß § 17 Abs. 1 oder ein Aufenthaltsverbot in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist ein solcher Entzug der Aufenthaltsberechtigung nur zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten genannten Ziele dringend geboten ist.
§ 20 (1) Ein Aufenthaltsverbot darf nicht erlassen werden, wenn seine Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden und seiner Familie schwerer wiegen als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von seiner Erlassung. Bei dieser Abwägung ist auf folgende Umstände Bedacht zu nehmen:
1.
die Dauer des Aufenthaltes und das Ausmaß der Integration des Fremden oder seiner Familienangehörigen
2.
die Intensität der familiären oder sonstigen Bindungen
(2) Ein Aufenthaltsverbot darf außerdem nicht erlassen werden, wenn dem Fremden vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes die Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985, BGBl. Nr. 311, verliehen hätte werden können, es sei denn, das Aufenthaltsverbot wäre auf § 18 Abs. 2 Z. 1 zu gründen, weil der Fremde wegen einer mit mehr als fünf Jahren Freiheitsstrafe bedrohten strafbaren Handlung verurteilt worden ist."
2.1. Unter dem Gesichtspunkt der Verletzung von Verfahrensvorschriften rügt die Beschwerde, daß das Ermittlungsverfahren ohne Beiziehung eines Dolmetschers durchgeführt worden sei. Der der Einvernahme des Beschwerdeführers am 4. Dezember 1992 beigezogene, über Deutschkennnisse verfügende Vater des Beschwerdeführers sei weder Dolmetscher im Sinne des § 39a AVG noch (im Hinblick auf den Ausschließungsgrund des § 7 Abs. 1 Z. 1 AVG) eine geeignete Person im Sinne des § 52 Abs. 2 leg. cit. Dadurch daß kein sachkundiger Dolmetscher beigezogen worden sei, sei es dem Beschwerdeführer unmöglich gewesen, bei der Verhandlung am 4. Dezember 1992, nachdem ihm die Absicht der Behörde, gegen ihn ein Aufenthaltsverbot zu erlassen, bekanntgegeben worden sei, entsprechende Einwendungen zu machen.
Abgesehen davon habe der Beschwerdeführer am 4. Dezember 1992 angegeben, "daß er bei seiner Abreise ständigen Aufenthalt und eine Beschäftigung annehmen wollte, da seine Eltern in Österreich leben". Wenn die belangte Behörde aus dieser Absicht des Beschwerdeführers bei seiner Abreise am 6. September 1992 darauf schließe, daß er sie bereits im Zeitpunkt seiner Vorsprache bei der österreichischen Botschaft in Belgrad am 21. August 1992 gehabt habe, so habe die belangte Behörde eine durch die Aktenlage nicht gedeckte Beweiswürdigung vorgenommen. Sie hätte, um § 18 Abs. 2 Z. 6 FrG anwenden zu können, Erhebungen zur Absicht des Beschwerdeführers im Zeitpunkt seiner Angaben vor der Botschaft am 21. August 1992 durchführen müssen.
2.2. Zunächst vermag der Verwaltungsgerichtshof dem gegen die Beweiswürdigung erhobenen Beschwerdevorwurf nicht beizupflichten. Geht man davon aus, daß der Beschwerdeführer eingestandenermaßen bereits bei seiner Abreise die Absicht hatte, auf Dauer in Österreich zu bleiben, so verstößt die Schlußfolgerung der belangten Behörde auf das Vorliegen dieser Absicht schon im Zeitpunkt der Stellung des Antrages auf Erteilung eines Sichtvermerkes keineswegs gegen die allgemeine Lebenserfahrung. Dies umso weniger als der Beschwerdeführer - gleichfalls seiner Aussage vor der Erstbehörde am 4. Dezember 1992 zufolge - "bereits zu Hause den Wunsch (hatte)", bei seinen in Österreich lebenden Eltern zu sein, und bei dieser Gelegenheit weiters zum Ausdruck brachte, "daß er kein anderes Visum von der Botschaft zur Ausreise erhalten hätte können" (erg.: als ein ausschließlich zum Zweck des Besuches seiner Eltern erteiltes). Von der Beschwerde vermißte Ermittlungen zur Feststellung der ursprünglichen Absicht des Beschwerdeführers waren sohin entbehrlich.
Wenngleich der Beschwerdeführer mit seiner Rüge, es sei seiner Einvernahme am 4. Dezember 1992 kein Dolmetscher im Sinne des § 39a Abs. 1 (iVm § 52 Abs. 2 und § 53 Abs. 1) AVG beigezogen worden, im Recht ist, gelingt es ihm nicht, die Relevanz dieses Verfahrensmangels darzutun. Seinem Hinweis, es sei ihm aufgrund des Fehlens eines Dolmetschers nicht möglich gewesen, gegen die behördlicherseits angekündigte Erlassung eines Aufenthaltsverbotes "entsprechende Einwendungen" zu erheben, ist entgegenzuhalten, daß er seine von der belangten Behörde ihrer Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes zugrunde gelegten Angaben anläßlich der Einvernahme am 4. Dezember 1992 im Verwaltungsverfahren wie auch in der Beschwerde unbestritten ließ und nicht etwa behauptete, daß gerade diese Angaben nur infolge der Nichtbeiziehung eines Dolmetschers zustande gekommen seien.
3.1. Einen weiteren Verfahrensmangel erblickt der Beschwerdeführer darin, daß ihm die belangte Behörde, obwohl sich das maßgebende Gesetz während des Verfahrens geändert habe, nach der Gesetzänderung nicht gehört habe (Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. September 1950, Slg. Nr. 1640/A).
3.2. Auch dieser Einwand ist nicht berechtigt. In dem zitierten Erkenntnis brachte der Verwaltungsgerichtshof zum Ausdruck, daß dann, wenn sich das für die Beurteilung eines Sachverhaltes maßgebende Gesetz ändere, es das Gebot des Parteiengehörs verlange, die Partei nach der Gesetzesänderung zu hören. Diese Rechtsanschauung kommt im vorliegenden Fall deshalb nicht zum Tragen, weil - was der Beschwerdeführer übersieht - hier zwar im Laufe des verwaltungsbehördlichen Verfahrens das Fremdenpolizeigesetz außer Kraft und das Fremdengesetz in Kraft trat, unbeschadet dessen jedoch das für die Beurteilung des im Beschwerdefall wesentlichen Sachverhaltes "maßgebende Gesetz", d.i. die Bestimmung des § 18 Abs. 2 Z. 6 FrG, inhaltlich gegenüber der Verläuferbestimmung des § 3 Abs. 2 Z. 6 FrPolG keine Änderung darstellt (vgl. die Erl. zur RV betreffend das Fremdengesetz 692 BlgNR 18. GP,38). Da der Beschwerdeführer aber im zeitlichen Geltungsbereich des § 3 Abs. 2 Z. 6 FrPolG von der Behörde gehört worden war (vgl. die mehrfach erwähnte Einvernahme des Beschwerdeführers vom 4. Dezember 1992), bestand für die belangte Behörde nach Inkrafttreten des § 18 Abs. 2 Z. 6 FrG keine Verpflichtung, dem Beschwerdeführer zum maßgeblichen Sachverhalt neuerlich das Parteiengehör einzuräumen - wobei der Vollständigkeit halber hinzuzufügen ist, daß der Beschwerdeführer im Rahmen seiner Berufung vom 28. Jänner 1993, also nach Inkrafttreten des § 18 Abs. 2 Z. 6 FrG, ohnehin ausreichend Gelegenheit hatte, alles ihm geboten Erscheinende vorzubringen.
4. Nach dem Gesagten ist die belangte Behörde auf der Grundlage der Ergebnisse eines ohne relevanten Verfahrensmangel geführten Verfahrens zutreffend zu der Feststellung gelangt, daß der Beschwerdeführer der österreichischen Botschaft in Belgrad gegenüber unrichtige Erklärungen über den Zweck des Aufenthaltes ("Turisticki") und die beabsichtigte Dauer des Aufenthaltes ("4.9.92 bis 4.10.92") in Österreich abgegeben habe, um sich einen Sichtvermerk zu verschaffen. Die belangte Behörde hat diesen Sachverhalt zu Recht dem Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 6 FrG subsumiert. Die darauf gründende rechtliche Beurteilung, daß der Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich die öffentliche Ordnung gefährde, begegnet keinem Einwand (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 17. Juni 1993, Zl. 93/18/0104). Im Gegensatz zur Ansicht des Beschwerdeführers verlangt das Gesetz nicht das Vorliegen mehrerer der im § 18 Abs. 2 FrG demonstrativ angeführten bestimmten Tatsachen, um die im § 18 Abs. 1 leg. cit. umschriebene Annahme für gerechtfertigt halten zu können. Bei der in der zuletzt genannten Vorschrift gebrauchten Wendung "bestimmter Tatsachen" handelt es sich insofern um eine unbestimmte (offene) Formulierung, als von ihr das Vorliegen sowohl mehrerer als auch bloß einer einzigen der im § 18 Abs. 2 FrG genannten Tatsachen umfaßt ist. (Zur Vermeidung von Mißverständnissen sei festgehalten, daß dieses Auslegungsergebnis die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach selbst ohne Vorliegen auch nur einer der im § 18 Abs. 2 FrG angeführten bestimmten Tatsachen die im § 18 Abs. 1 leg. cit. umschriebene Annahme, und zwar unter dem Gesichtspunkt des "Gesamt(fehl)verhaltens" des Fremden, gerechtfertigt sein kann, unberührt läßt.)
5. Auch die Beschwerdeausführungen, mit denen die Bejahung der Zulässigkeit des Aufenthaltsverbotes durch die belangte Behörde bekämpft wird, sind nicht zielführend.
5.1. Die im angefochtenen Bescheid dazu aus dem Blickwinkel des § 19 FrG gegebene Begründung ist nicht, wie die Beschwerde meint, "als Scheinbegründung anzusehen". Vielmehr befindet sich die belangte Behörde durchaus in Einklang mit der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofes, wenn sie mit Rücksicht auf das gewichtige öffentliche Interesse an einem geordneten Fremdenwesen die Ansicht vertrat, das Aufenthaltsverbot sei im Grunde des § 19 FrG zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele (hier: zum Schutz der öffentlichen Ordnung) dringend geboten (vgl. dazu das bereits zitierte Erkenntnis Zl. 93/18/0104 und das Erkenntnis vom 8. Juli 1993, Zl. 93/18/0129).
5.2. Was die nach § 20 Abs. 1 FrG gebotene Interessenabwägung anlangt, so nahm die belangte Behörde auf sämtliche für den Beschwerdeführer sprechende, dem Bereich der in den Z. 1 und 2 genannten Kriterien zuzuordnende Gesichtspunkte Bedacht und hob dabei die lange Dauer des Aufenthaltes der Eltern in Österreich und deren daraus resultierende "gute Integration" hervor. Dem aber stellte sie zu Recht die erst kurze Zeit des Aufenthaltes des Beschwerdeführers im Bundesgebiet, das dementsprechend geringe Ausmaß an Integration sowie sonstiger Bindungen gegenüber und fügte - gleichfalls zutreffend - an, daß dieser kurze Aufenthalt zum Großteil unrechtmäßig sei und ihm zudem eine Einreise aufgrund eines durch unrichtige Angaben erwirkten Sichtvermerkes vorausgegangen sei. Wenn die belangte Behörde angesichts dieses Sachverhaltes zu dem Ergebnis gelangte, daß die Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Angehörigen nicht schwerer wögen als die nachteiligen Folgen einer Abstandnahme von dieser Maßnahme, so kann diese Beurteilung im Hinblick auf das Gewicht der maßgeblichen öffentlichen Interessen nicht als rechtswidrig erachtet werden.
5.3. Die belangte Behörde hat auch nicht - wie von der Beschwerde vertreten - die Bestimmung des § 20 Abs. 2 FrG unrichtig angewendet. Selbst wenn man von der von der Erstbehörde getroffenen und von der Beschwerde erkennbar als zutreffend gewerteten Feststellung ausginge, daß der am 10. März 1974 in Österreich geborene Beschwerdeführer bis auf alljährlich kurze Unterbrechungen bis zum 18. März 1992 im Bundesgebiet wohnhaft gewesen sei, wäre für den Standpunkt des Beschwerdeführers nichts gewonnen. Denn die Unzulässigkeit eines Aufenthaltsverbotes im Grunde des § 20 Abs. 2 FrG setzt voraus, daß dem Fremden "vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes", hier also vor den unrichtigen Angaben des Beschwerdeführers der östereichischen Botschaft in Belgrad gegenüber (am 21. August 1992), die Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 verliehen hätte werden können. Letzteres wäre im Beschwerdefall aufgrund des § 10 Abs. 1 Z. 1 des Staatsbürgschaftsgesetzes 1985 nicht in Betracht gekommen, da der Beschwerdeführer vor dem 21. August 1992, und das heißt unmittelbar vor diesem Zeitpunkt, nicht mindestens zehn Jahre seinen ordentlichen Wohnsitz im Gebiet der Republik Österreich hatte.
6.1. Die Beschwerde hält schließlich die Bemessung der Dauer des Aufenthaltsverbotes für rechtswidrig. Die dafür gegebene Begründung mit der Verjährungsfrist des § 55 Abs. 1 VStG sei verfehlt, da über den Beschwerdeführer nicht aufgrund einer Verwaltungsübertretung, sondern aufgrund des Tatbestandes des § 18 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 6 FrG ein Aufenthaltsverbot verhängt worden sei.
6.2. Diesem Vorbringen ist zu erwidern, daß nach der hg. Rechtsprechung zum Fremdenpolizeigesetz ein Aufenthaltsverbot für jenen Zeitraum, nach dessen Ablauf vorherschbarerweise der Grund für seine Verhängung weggefallen sein wird, und auf unbestimmte Zeit zu erlassen ist, wenn ein Wegfall des Grundes für seine Verhängung nicht vorhergesehen werden kann (vgl. etwa die Erkenntnisse vom 28. Oktober 1991, Zl. 90/19/0320, und vom 29. Juni 1992, Zl. 92/18/0248). Das Fremdengesetz bietet - unter Bedachtnahme auf dessen § 21 Abs. 1 - keinen Anlaß, von dieser Rechtsansicht abzugehen; sie ist vielmehr durch § 21 Abs. 2 erster Satz leg. cit. gedeckt. Wenn die belangte Behörde im Beschwerdefall annahm, es werde der für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes maßgebliche Grund nach Verstreichen von fünf Jahren weggefallen sein, so kann darin keine Rechtswidrigkeit erblickt werden. Der Tilgungsfrist des § 55 Abs. 1 VStG kommt allerdings im gegebenen Zusammenhang - entgegen der offenbaren Ansicht der belangten Behörde - keine Bedeutung zu.
7. Da sich nach den vorstehenden Ausführungen die Beschwerde zur Gänze als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
8. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Schlagworte
Parteiengehör Änderung der Rechtslage freie BeweiswürdigungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1993180339.X00Im RIS seit
11.07.2001