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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
FrG 1993 §18 Abs1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer, Dr. Graf und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des V in N, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in M, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Burgenland vom 6. August 1993, Zl. Fr-658/92, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Burgenland wurde gegen den Beschwerdeführer, einen jugoslawischen Staatsangehörigen, gemäß § 18 Abs. 1 Z. 1 sowie den §§ 19 und 20 des Fremdengesetzes-FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ein Aufenthaltsverbot für das "Bundesgebiet der Republik" Österreich erlassen, wobei die Gültigkeitsdauer mit zehn Jahren festgesetzt wurde.
Begründend ging die belangte Behörde davon aus, daß der Beschwerdeführer, der sich seit Oktober 1990 in Österreich aufhalte, vom Kreisgericht Wiener Neustadt wegen Vergehens des schweren Betruges, wegen Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch und wegen Vergehens der versuchten Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr rechtskräftig verurteilt worden sei, wobei ihm diese Strafe unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen worden sei.
Die belangte Behörde wertete das Aufenthaltsverbot als einen nicht unerheblichen Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers, der mit seiner Gattin und einem gemeinsamen Kleinkind in Österreich lebe und hier - allerdings erst seit März 1992 - einer Beschäftigung nachgehe. Vorher habe sich der Aufenthalt lediglich auf das Beibringen von Verpflichtungserklärungen gestützt; der Beitrag des Beschwerdeführers zur Integration in dieser Zeit könne daher nur als gering bezeichnet werden. Die öffentlichen Interessen an der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes seien von großem Gewicht, sei doch der Beschwerdeführer während der relativ kurzen Zeit seines Aufenthaltes im Bundesgebiet dreimal "gravierend straffällig geworden". Die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes wögen schwerer als die Auswirkungen dieser Maßnahme auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Familie, zumal keine Anhaltspunkte dafür vorlägen, daß der Beschwerdeführer seine Berufstätigkeit nicht auch in anderen Ländern ausüben und er seiner Unterhaltspflicht nicht auch aus dem Ausland nachkommen könne.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, den angefochtenen Bescheid aus diesen Gründen aufzuheben.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Die im Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des § 18 Abs. 1 und 2 Z. 1, des § 19 und des § 20 Abs. 1 FrG lauten:
§ 18. (1) Gegen einen Fremden ist ein Aufenthaltsverbot zu erlassen, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, daß sein Aufenthalt
1. die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder
2. anderen im Art. 8 Abs. 2 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.
(2) Als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs. 1 hat insbesondere zu gelten, wenn ein Fremder
1. von einem inländischen Gericht zu einer Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten, zu einer teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten oder mehr als einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhender strafbarer Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist;
§ 19. Würde durch eine Ausweisung gemäß § 17 Abs. 1 oder ein Aufenthaltsverbot in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist ein solcher Entzug der Aufenthaltsberechtigung nur zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten genannten Ziele dringend geboten ist.
§ 20. (1) Ein Aufenthaltsverbot darf nicht erlassen werden, wenn seine Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden und seiner Familie schwerer wiegen als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von seiner Erlassung. Bei dieser Abwägung ist auf folgende Umstände Bedacht zu nehmen.
1. die Dauer des Aufenthaltes und das Ausmaß der Integration des Fremden oder seiner Familienangehörigen;
2. die Intensität der familiären oder sonstigen Bindungen.
2.1. Die Beschwerde stellt zwar das Vorliegen der von der belangten Behörde als maßgeblicher Sachverhalt festgestellten rechtskräftigen gerichtlichen Verurteilung des Beschwerdeführers außer Streit, meint jedoch - unter Bezugnahme auf die vom Gericht ausgesprochene bedingte Strafnachsicht -, daß die daraus abgeleitete Annahme gemäß § 18 Abs. 1 Z. 1 FrG nicht gerechtfertigt sei.
2.2. Dieser Einwand schlägt deshalb nicht durch, weil die belangte Behörde an die gerichtlich ausgesprochene bedingte Strafnachsicht bzw. die hiefür vom Gericht als maßgebend erachteten Erwägungen über das Vorliegen der Voraussetzungen des § 43 StGB nicht gebunden war. Sie hatte der Beantwortung der Frage, ob sie aufgrund der besagten Verurteilung des Beschwerdeführers die im § 18 Abs. 1 Z. 1 FrG umschriebene Annahme für gerechtfertigt halte, ihre eigenständig und damit unabhängig von den vom Gericht im Rahmen von dessen Entscheidung gemäß § 43 StGB angestellten Überlegungen vorgenommene Prüfung und Beurteilung zugrunde zu legen (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 4. September 1992, Zl. 92/18/0332). Daß aber die belangte Behörde den Tatbestand des § 18 Abs. 1 Z. 1 FrG für verwirklicht hielt, kann angesichts der Verurteilung wegen schwerer Verstöße gegen fremdes Vermögen in Form von Einbruchsdiebstahl und schwerem Betrug, somit auf gleicher schädlicher Neigung beruhender Straftaten, nicht als rechtswidrig erkannt werden.
3. Die in der Beschwerde vertretene Ansicht, die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes über den Beschwerdeführer sei auch deshalb rechtswidrig, weil eine Rückkehr des Beschwerdeführers, gleichgültig, ob nach Bosnien oder nach Kroatien, für ihn lebensgefährlich wäre, geht schon im Hinblick darauf fehl, daß im Rahmen der ein Aufenthaltsverbot erlassenden Entscheidung die Frage, in welches Land der Fremde ausreisen, allenfalls abgeschoben werden wird, ohne rechtliche Relevanz ist.
4.1. Was die Zulässigkeit des Aufenthaltsverbotes anlangt, so hat die belangte Behörde dem von ihr - zutreffend - bejahten Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers - gleichfalls zutreffend - das große Gewicht der durch den Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich gefährdeten öffentlichen Interessen gegenübergestellt. Zum Schutz der öffentlichen Ordnung und der Rechte anderer (Art. 8 Abs. 2 MRK) war das Aufenthaltsgebot als dringend geboten anzusehen (§ 19 FrG).
4.2. Die in der Beschwerde der belangten Behörde in bezug auf die von ihr vorgenommene Interessenabwägung gemäß § 20 Abs. 1 FrG vorgeworfenen Verfahrensmängel dahingehend, daß keinerlei Erhebungen über die in den Z. 1 und 2 dieser Gesetzesstelle genannten Umstände durchgeführt worden seien, sind jedenfalls nicht wesentlich. Denn einerseits wurde auf einzelne dieser Gesichtspunkte im bekämpften Bescheid ausdrücklich Bedacht genommen (vgl. oben I.1.), andererseits hat es die Beschwerde hinsichtlich der von der belangten Behörde nicht explizit berücksichtigten Kriterien (wie Ausmaß der Integration der Familie des Beschwerdeführers und Intensität der sonstigen Bindungen des Beschwerdeführers) unterlassen aufzuzeigen, welche Feststellungen seitens der belangten Behörde sie diesbezüglich vermißt bzw. inwiefern die Behörde ohne das ihr vorgeworfene Versäumnis zu einem anderen, für den Beschwerdeführer günstigen Ergebnis gelangt wäre.
Es führt demnach auch die Verfahrensrüge die Beschwerde nicht zum Erfolg, zumal die sachverhaltsbezogene Gegenüberstellung der im angefochtenen Bescheid berücksichtigten Umstände - weitere insoweit beachtliche Sachverhalte wurden, wie erwähnt, auch in der Beschwerde nicht dargelegt - die belangte Behörde nicht zu Unrecht zu der rechtlichen Schlußfolgerung gelangen ließ, daß die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von dem Aufenthaltsverbot schwerer wögen als die Auswirkungen dieser Maßnahme auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Familie.
5. Da sohin die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt - was bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt -, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.
6. Bei diesem Ergebnis erübrigte sich ein gesonderter Abspruch über den mit der Beschwerde verbundenen Antrag, dieser die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1993180445.X00Im RIS seit
11.07.2001