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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AsylG 1991 §1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Dorner und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Mayer, über die Beschwerde des E in K, vertreten durch Dr. F in K, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 18. Juni 1993, Zl. 4.275.278/8-III/13/92, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Auf Grund der Beschwerde und des in einer Ausfertigung der Beschwerde angeschlossenen angefochtenen Bescheides ist von Folgendem auszugehen:
Der Beschwerdeführer, ein rumänischer Staatsangehöriger, reiste am 25. Mai 1989 in das Bundesgebiet ein und stellte am 26. Mai 1989 einen "Antrag auf Gewährung von Asyl". In der niederschriftlichen Befragung vom 5. Juni 1989 vor der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich gab der Beschwerdeführer an, daß er sich vom 15. März 1989 bis 25. April 1989 in Ungarn aufgehalten und von den ungarischen Behörden eine Aufenthaltserlaubnis bekommen habe. Die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich stellte, nachdem in einem ersten Rechtsgang die Berufung zurückgewiesen worden war, weil kein Bescheid vorlag, mit Bescheid vom 20. November 1991 fest, daß der Beschwerdeführer nicht Flüchtling im Sinne des Asylgesetzes (BGBl. Nr.126/1968) sei. Die dagegen erhobene Berufung wies die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab. Die belangte Behörde stützte sich dabei auf den Umstand, daß sich der Beschwerdeführer vor seiner Einreise in der Zeit vom 15. März 1989 bis 25. April 1989 in Ungarn aufgehalten und von den ungarischen Behörden eine Aufenthaltserlaubnis bekommen habe. Nach Auffassung der belangten Behörde sei daher Verfolgungssicherheit in einem anderen Staat gemäß § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 vorgelegen und der Asylantrag daher abzuweisen.
In der dagegen erhobenen Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Bescheides wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht. Der Beschwerdeführer erachtet sich in dem "Recht, als Flüchtling in Österreich anerkannt zu werden und Asyl zugebilligt zu erhalten", verletzt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Da das verfahrensgegenständliche Asylverfahren am 1. Juni 1992 beim Bundesminister für Inneres anhängig war, ist gemäß § 25 Abs. 2 Asylgesetz 1991, BGBl. Nr. 8/1992, dieses Gesetz anzuwenden. Gemäß § 2 Abs. 2 Z. 3 leg. cit. kann einem Flüchtling kein Asyl gewährt werden, wenn er bereits in einem anderen Staat vor Verfolgung sicher war.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner bisherigen Judikatur zu § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 ausgesprochen (vgl. insbesondere das hg. Erkenntnis vom 27. Mai 1993, Zl. 93/01/0256; weiters die hg. Erkenntnisse vom 9. September 1993, Zl. 93/01/0340, vom 9. September 1993, Zl. 93/01/0572 und vom 16. September 1993, Zl. 93/01/0371, daß Verfolgungssicherheit dann anzunehmen ist, wenn der Asylwerber im Drittstaat keiner Gefahr einer Verfolgung ausgesetzt war und auch wirksamen Schutz vor Abschiebung in den Verfolgerstaat hatte (vgl. RV 270 BlgNR 18. GP zu § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991). Dabei ist es nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes nicht maßgeblich, wie lange sich der Asylwerber in Ungarn aufgehalten und welche Absichten er dabei verfolgt hat, ist doch die demnach anzunehmende Verfolgungssicherheit bereits ab dem Zeitpunkt gegeben, in dem er sein Heimatland verlassen hat. Im Hinblick auf die zu § 5 Abs. 3 und § 7 Abs. 2 Asylgesetz, BGBl. Nr. 126/1968, unterschiedliche Formulierung in § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 kann von Verfolgungssicherheit auch nicht erst dann gesprochen werden, wenn der Aufenthalt des Asylwerbers den Behörden des betreffenden Staates bekannt gewesen ist und von diesen geduldet oder gebilligt wurde (siehe dazu das oz. Erkenntnis vom 27. Mai 1993, Zl. 93/01/0256).
Nach der angeführten Judikatur muß der Beschwerdeführer dartun, daß er gehindert war, in Ungarn allenfalls länger zu bleiben und bereits um Asyl anzusuchen. Weiters muß der Beschwerdeführer in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht Gründe vortragen, daß er nicht vor seiner Einreise nach Österreich bereits in Ungarn - das die Beitrittsurkunde zur Genfer Flüchtlingskonvention mit der Bekanntgabe, daß es hinsichtlich seiner Verpflichtungen aus dieser Konvention die Alternative a des Abschnittes B des Art. 1 (betreffend Ereignisse, die in Europa eingetreten sind) anwenden wird, am 14. März 1989 hinterlegt hat (siehe BGBl. Nr. 260/1992) - vor Verfolgung sicher gewesen wäre.
Der Beschwerdeführer führt zunächst ins Treffen, daß er bereits am 14. Dezember 1988 zum erstenmal von Rumänien nach Ungarn geflüchtet sei, worauf er von den ungarischen Grenzsoldaten aufgegriffen und nach einem Verhör nach Rumänien abgeschoben worden sei. In der Folge sei er wegen illegalen Grenzübertrittes zu vierzehn Monaten Gefängnis verurteilt worden. Die belangte Behörde habe sich nun in keiner Weise damit auseinandergesetzt, daß der Beschwerdeführer bereits einmal nach einer Flucht aus Rumänien von Ungarn wieder nach Rumänien abgeschoben worden sei. Bei richtiger rechtlicher Beurteilung hätte die belangte Behörde seiner Auffassung nach daraus den Schluß ziehen müssen, daß die Befürchtung des Beschwerdeführers, er würde von Ungarn abermals abgeschoben und müsse als Wiederholungstäter wegen Republiksflucht mit einer strengen Strafe rechnen, berechtigt sei. Demgegenüber hat die belangte Behörde im Hinblick auf den Umstand, daß der Beschwerdeführer sich über einen Monat in Ungarn aufgehalten und eine Aufenthaltserlaubnis erhalten hat, zutreffend angenommen, daß Verfolgungssicherheit in Ungarn für den Beschwerdeführer bestehe. Der Umstand, daß die Genfer Flüchtlingskonvention gemäß deren Art. 43 für Ungarn völkerrechtlich erst am 12. Juni 1989 in Kraft getreten ist, kann dies - insbesondere im Lichte des Umstandes, daß der Beschwerdeführer nach seinen eigenen Angaben von den ungarischen Behörden eine sechsmonatige Aufenthaltserlaubnis (beginnend mit 15. März 1989) erhalten hatte, deren Ende also in eine Zeit fiel, in dem die Genfer Flüchtlingskonvention für Ungarn bereits völkerrechtlich in Kraft getreten ist - nicht in Frage stellen. Dies muß dem Beschwerdeführer entgegengehalten werden, wenn er meint, daß er im Hinblick auf das Verhalten der ungarischen Behörden im Jahre 1988 habe ableiten müssen, daß diese ihn ohne Prüfung der Fluchtgründe in sein Heimatland abschieben würden, bzw. wenn er meint, daß er auf Grund der kurzfristig erteilten Aufenthaltsgenehmigung nicht habe annehmen können, daß sich die ungarischen Behörden anders als im Jahre 1988 verhalten würden.
Im Hinblick auf dieses Ergebnis erübrigt sich ein Eingehen auf jene Ausführungen in der Beschwerde, in denen der Beschwerdeführer die Auffassung vertritt, daß die belangte Behörde im Hinblick auf seine strafrechtliche Verurteilung wegen illegalen Grenzübertrittes das Vorliegen der Voraussetzungen für die Gewährung von Asyl gemäß § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 nicht richtig beurteilt habe.
Sofern der Beschwerdeführer der Auffassung ist, daß das Vorliegen wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung im Sinne des § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 einen Einfluß auf die Auslegung des § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 habe, ist ihm entgegenzuhalten, daß nach dem Wortlaut des § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 das Vorliegen von wohlbegründeter Furcht im Sinne des § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 nicht von Bedeutung ist. § 2 Abs. 2 Asylgesetz 1991 geht gerade davon aus, daß für den Fall, daß ein Asylwerber als Flüchtling im Sinne des § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 anzuerkennen ist, bei Vorliegen eines der in den drei Ziffern genannten Gründen kein Asyl zu gewähren ist. Da es sich bei den in § 2 Abs. 2 Asylgesetz 1991 genannten Gründen um Kriterien handelt, bei deren Vorliegen jedenfalls nicht Asyl gewährt werden darf, ist es auch zulässig, wenn die Behörden - ohne die Frage zu behandeln, ob der Asylwerber Flüchtling im Sinne des § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 ist - zunächst prüfen, ob einer der Abweisungsgründe im Sinne des § 2 Abs. 2 Asylgesetz 1991 vorliegt.
Die belangte Behörde war daher auch nicht - entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers - verpflichtet, im Hinblick auf seine bereits erfolgte strafgerichtliche Verurteilung wegen illegalen Grenzübertrittes weitere Ermittlungen durchzuführen. Wenn der Beschwerdeführer der Auffassung ist, daß die ihm erteilte befristete Aufenthaltsbewilligung für die Annahme der belangten Behörde von Verfolgungssicherheit nicht ausreichend sei, muß ihm entgegengehalten werden, daß er in keiner Weise darlegt, warum er nach Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung, die nach seinen eigenen Angaben bis 14. Oktober 1989 (also 6 Monate) gültig gewesen wäre, durch die ungarischen Behörden habe befürchten müssen, nicht vor Verfolgung durch seinen Heimatsaat sicher zu sein bzw. in seinen Heimatstaat abgeschoben zu werden. Im Lichte der dargelegten Umstände war es daher auch nicht maßgeblich, ob die ungarischen Behörden, als sie dem Beschwerdeführer im Jahr 1989 eine befristete Aufenthaltsgenehmigung erteilten, von dem Umstand Kenntnis hatten, daß er im Jahre 1988 von Ungarn nach Rumänien abgeschoben worden war.
Die belangte Behörde hat daher zutreffend das Vorliegen von Verfolgungssicherheit in einem anderen Staat gemäß § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 angenommen.
Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, ist sie gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Bei diesem Ergebnis erübrigte sich eine Entscheidung des Berichters über den zu Zl. AW 93/01/0647 protokollierten Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1993010985.X00Im RIS seit
20.11.2000