TE Vwgh Erkenntnis 1993/10/29 92/01/0838

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 29.10.1993
beobachten
merken

Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
41/04 Sprengmittel Waffen Munition;

Norm

VwRallg;
WaffG 1986 §29 Abs3;
WaffG 1986 §5 Abs2 litb;
WaffG 1986 §6 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Hofrat Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Kremla, Dr. Händschke und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Mayer, über die Beschwerde des Mag. C in W, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 4. August 1992, Zl. SD 222/92, betreffend Ausstellung eines Waffenscheines, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 21. Jänner 1992 wies die Bundespolizeidirektion Wien den Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung eines Waffenscheines vom 17. Oktober 1991 gemäß § 29 Abs. 1 in Verbindung mit § 6 Abs. 1 Z. 1 Waffengesetz 1986 ab. Zur Begründung führte die Behörde erster Instanz aus, daß in der Person des Beschwerdeführers die gemäß § 6 Waffengesetz 1986 geforderte Verläßlichkeit nicht gegeben sei und ging dabei von folgendem, sich aus der von einem Polizeiorgan erstatteten Anzeige vom 23. Mai 1990 ergebenden Sachverhalt aus:

Der Beschwerdeführer habe am 23. Mai 1990 gegen 13.00 Uhr in Wien 14, Schloßallee Kreuzung Penzingerstraße, ein mit drei Gummigeschoßen "unterladenes" Schrotrepetiergewehr der Marke "Mossberg", Seriennummer K 550581, in eine Decke gehüllt unbefugt, d.h. ohne im Besitz irgendeiner "waffenrechtlichen" Urkunde, Jagdschein oder ähnlichem zu sein, geführt. Auf die Frage des Meldungslegers, warum er das Gewehr bei sich führe, habe der Beschwerdeführer erklärt, daß er in der Woche vorher von "Skinheads" attakiert worden sei. Aus diesem Grunde habe er heute (d.h. am Tag der Meldungslegung) das Gewehr und die dazugehörige Munition gekauft. Er werde nur Gummigeschoße zur Verteidigung verwenden, da er niemanden töten wolle. Im Verwaltungsverfahren vertrat der Beschwerdeführer die Ansicht, sich in einem entschuldbaren Rechtsirrtum befunden zu haben, da der Waffenhändler ihm beim Verkauf lediglich gesagt habe, es genüge die Vollendung des 18. Lebensjahres, um ein solches Gewehr zu besitzen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 21. Jänner 1992 fristgerecht erhobenen Berufung keine Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid, dessen Gründe auch für die Berufungsentscheidung als maßgeblich erachtet wurden, gemäß § 66 Abs. 4 AVG mit der Maßgabe bestätigt, daß sie auf § 29 Abs. 1 in Verbindung mit § 6 Abs. 1 Z. 2 Waffengesetz 1986 gestützt werde.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem auf § 29 Abs. 3 Waffengesetz 1986 gegründeten Recht auf Ausstellung eines Waffenscheines verletzt.

Die belangte Behörde hat die Akten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 29 Abs. 3 Waffengesetz 1986 hat die Behörde einen Waffenschein auszustellen, wenn der Antragsteller als verläßlich anzusehen ist und einen Bedarf zum Führen von Schußwaffen, die keine Faustfeuerwaffen sind, nachweist.

Gemäß § 6 Waffengesetz 1986 ist eine Person als verläßlich anzusehen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß sie

1. Waffen nicht mißbräuchlich oder leichtfertig verwenden wird;

2. mit Waffen vorsichtig und sachgemäß umgehen und diese sorgfältig verwahren wird;

3. Waffen nicht an Personen überlassen wird, die zum Besitz von Waffen nicht berechtigt sind.

Die Bestimmung des § 29 Abs 3 Waffengesetz 1986 soll gewährleisten, daß nur dann jemand eine zum Führen berechtigende Urkunde für Schußwaffen, die keine Faustfeuerwaffen sind, erhält, der die oben zitierten Voraussetzungen bietet. Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung erkannt, daß angesichts des mit dem Waffenbesitz von Privatpersonen verbundenen Sicherheitsbedürfnisses nach Sinn und Zweck der Regelung des Waffengesetzes ein strenger Maßstab anzulegen ist (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 17. Oktober 1990, Zl. 90/01/0112).

Die belangte Behörde sprach dem Beschwerdeführer die Verläßlichkeit im Sinne des § 6 Abs. 1 WaffG unter Hinweis auf ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vor allem aufgrund des vom Beschwerdeführer nicht bestrittenen Umstandes ab, er habe am 23. Mai 1990, ohne dazu berechtigt zu sein, auf einer öffentlichen Straße ein mit Gummigeschoßen unterladenes Schrotrepetiergewehr mit sich geführt, habe daher im Sinne des § 6 Abs. 1 Z. 2 WaffG die Waffe nicht sorgfältig "verwahrt", sondern "geführt"; er habe sich damit leichtfertig über Bestimmungen des WaffG hinweggesetzt.

Der Beschwerdeführer macht dagegen geltend, es könne ihm Verläßlichkeit nicht abgesprochen werden, da der Umstand allein, daß er sein eben erworbenes Schrotgewehr auf offener Straße "spazierengeführt" habe, noch nicht gegen seine Verläßlichkeit spräche, da es sich dabei um ein Verhalten aus einem "wohl eher zu belächelnden als besorgniserregenden Besitzerstolz" gehandelt habe; im übrigen bedeute ein Mangel an sorgfältiger Verwahrung bei Waffen, die keine Faustfeuerwaffen seien, nur, daß sie für Unbefugte leicht zugänglich, in erster Linie also unbeaufsichtigt oder unversperrt, verwahrt worden seien. Dies sei aber nicht der Fall gewesen. Als aktenwidrig rügt der Beschwerdeführer ferner die Feststellung der belangten Behörde, die Waffe habe sich in "geladenem" Zustand befunden.

Die vom Beschwerdeführer gerügte Aktenwidrigkeit liegt jedoch nicht vor, weil eine Waffe auch dann "geladen" ist, wenn sich im Patronenlager oder in dem, in die Waffe eingeführten Magazin eine oder mehrere Patronen befinden (vgl. hg. Erkenntnis vom 28. März 1980, Zl. 564/80, Slg. Nr. 10091/A). Die gleiche Überlegung gilt auch für den Fall einer gesicherten Waffe, die durch einfache Handgriffe rasch schußbereit gemacht werden kann.

Der belangten Behörde kann nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie aufgrund der sich im Beschwerdefall ergebenden Umstände dem Beschwerdeführer die Verläßlichkeit im Sinn des § 6 Abs. 1 WaffG abgesprochen hat, ist doch davon auszugehen, daß es ihm, einem ehemaligen Vertragsbediensteten der Bundespolizeidirektion Wien und Magister der Sozial- und Wirtschaftswissenschaften auch zumutbar gewesen wäre, sich mit den einschlägigen waffenrechtlichen Bestimmungen vertraut zu machen und sich nicht auf eine - möglicherweise unvollständige - Auskunft des Waffenhändlers zu verlassen, ein Umstand, der in der Beschwerde im übrigen auch nicht mehr aufgegriffen wird. Der vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte "Besitzerstolz" erscheint als Argument gegen die von der belangten Behörde vertretenen Zweifel an seiner Verläßlichkeit auch im Hinblick darauf nicht überzeugend, daß der Beschwerdeführer bei Betretung die Waffe "versteckt, nämlich in Decken gehüllt" geführt hat. Von "zu belächelndem Besitzerstolz" kann daher keine Rede sein.

Aber auch die Ausführungen in der Beschwerde zur Frage der rechtlichen Subsumtion des vom Beschwerdeführer nicht in Abrede gestellten Sachverhaltes kann der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen, geht es doch gemäß § 6 Abs. 1 Z. 2 WaffG darum, ob Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß eine Person mit Waffen nicht vorsichtig und sachgemäß umgehen und diese sorgfältig verwahren wird. Aus dem vorliegenden unbestrittenen Verhalten des Beschwerdeführers hat dies die Behörde im Sinne der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. Erkenntnis vom 17. März 1980, Zl. 83/79) zutreffend bejaht. Ebenso wie das unbefugte Führen einer Faustfeuerwaffe stellt das gegen § 29 WaffG verstoßende unbefugte Führen einer sonstigen Schußwaffe einen Sachverhalt dar, auf Grund dessen die Verläßlichkeit des Beschwerdeführers im Sinne des § 6 Abs. 1 WaffG verneint werden konnte.

Denn in beiden Fällen geht es um die Hintanhaltung besonderer Gefahren, die mit dem Führen von Schußwaffen verbunden sind.

Da sich insgesamt die Beschwerde daher als unbegründet erwies, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1992010838.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten