TE Vwgh Erkenntnis 1993/10/29 93/01/0908

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Veröffentlicht am 29.10.1993
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;
49/01 Flüchtlinge;

Norm

AsylG 1991 §1 Z1;
AsylG 1991 §1;
AsylG 1991 §4;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Dorner und Dr. Kremla als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Mayer, über die Beschwerde der Z in A, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in A, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 4. März 1993, Zl. 4.331.943/2-III/13/92, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige der "früheren SFRJ" albanischer Nationalität, hat dem durch eine Ausfertigung des angefochtenen Bescheides belegten Beschwerdevorbringen zufolge den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 3. Dezember 1991, mit dem festgestellt worden war, bei ihr lägen die Voraussetzungen für ihre Anerkennung als Flüchtling nicht vor, mit Berufung bekämpft. Mit Bescheid vom 4. März 1993 wies die belangte Behörde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab und versagte die Gewährung von Asyl.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Nach den Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid, denen die Beschwerdeführerin nicht entgegengetreten ist, habe sie bei ihrer niederschriftlichen Einvernahme durch die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich am 29. November 1991 angegeben, sie sei nie Mitglied einer politischen oder militärischen Organisation gewesen. Grund für das Verlassen ihres Heimatlandes sei gewesen, daß ihr Gatte dem Einberufungsbefehl zum Militär nicht habe Folge leisten wollen. Sie sei mit ihm ausgereist, weil sie auch ihr Leben habe retten wollen.

In der gegen den erstinstanzlichen Bescheid erhobenen Berufung habe die Beschwerdeführerin ergänzend ausgeführt, sie habe wegen ihrer albanischen Abstammung erhebliche Repressionen zu erleiden gehabt. Die albanischen Schulen seien geschlossen und die albanischen Lehrer entlassen worden. In den Schulen sei Giftgas in die Klassenzimmer geleitet und der Transport der bewußtlosen Kinder ins Spital durch die serbische Spezialpolizei gestoppt und der albanische Fahrer grundlos verhaftet worden. Die medizinische Versorgung sei sehr schlecht gewesen, weil die albanischen Ärzte entlassen und entweder gar nicht oder durch serbische ersetzt worden seien. Letztere hätten der albanischen Bevölkerung die Hilfe verweigert und eine schwangere Frau zur Abtreibung veranlaßt. Da auch die Beschwerdeführerin ein Kind erwartet habe, habe sie große Furcht gehabt, einen Arzt aufzusuchen. Im Fall der Rückkehr in ihr Heimatland wäre sie ihres Lebens nicht mehr sicher.

Die belangte Behörde hat das Vorliegen von Gründen im Sinne des § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 (übereinstimmend mit Art. 1 Abschnitt A Z. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention) deshalb verneint, weil weder die bevorstehende Einberufung ihres Gatten zum Militär noch die in ihrer Berufung ins Treffen geführten allgemeinen Umstände in ihrem Heimatland als direkt gegen die Beschwerdeführerin gerichtete Verfolgung angesehen werden könne. Angesichts der unwidersprochen gebliebenen Darstellung der Angaben der Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren entspricht diese Auffassung der belangten Behörde der Rechtslage. So rechtfertigen die im Heimatland eines Asylwerbers allgemein herrschenden Verhältnisse die Anerkennung als Flüchtling bzw. die Gewährung von Asyl nicht (vgl. die bei Steiner, Österreichisches Asylrecht, 1990, S 28 und 29, angeführte Judikatur). Ebensowenig sind Hinweise auf die Lage bzw. die Zugehörigkeit zu einer ethnischen Minderheit allein - wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtssprechung ausgeführt hat (vgl. die bei Steiner, aaO, S. 30, angeführte Judikatur) - nicht geeignet, begründete Furcht vor Verfolgung im Sinne des § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 glaubhaft zu machen.

Der belangten Behörde kann auch nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie in der Einberufung des Gatten der Beschwerdeführerin zum Militärdienst kein gegen sie persönlich gerichtetes staatliches Handeln erblickt und damit das Vorliegen von mit dieser Argumentation geltend gemachter Verfolgung verneint hat. Allerdings könnte für den Fall, daß dem Gatten der Beschwerdeführerin Asyl gewährt werden sollte, über ihren Antrag die Asylgewährung gemäß § 4 Asylgesetz 1991 auf die Beschwerdeführerin ausgedehnt werden (vgl.z.B. das hg. Erkenntnis vom 16. September 1993, Zl. 93/01/0216). Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin ergibt sich aber aus der zuletzt angeführten Gesetzesstelle keine Verpflichtung der belangten Behörde, die persönlichen Verhältnisse ihres Ehegatten im Verfahren über ihren eigenständig gestellten Asylantrag mitzuberücksichtigen.

Soweit die Beschwerdeführerin nunmehr vorbringt, die belangte Behörde habe die ihr obliegende Manuduktionspflicht verletzt, ist ihr entgegenzuhalten, daß weder aus § 13 a AVG noch aus § 16 Asylgesetz 1991 eine Verpflichtung der Behörden abgeleitet werden kann, einen Asylwerber, der - wie die Beschwerdeführerin - im erstinstanzlichen Verfahren lediglich seinen Ehegatten betreffende Umstände (bevorstehender Militärdienst) und die Absicht, durch die Ausreise sein Leben retten zu wollen, ohne hinreichend deutliche Hinweise darauf, daß auch der Asylwerber selbst Ziel behördlicher Aktivitäten aus in § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 aufgezählten Verfolgungsmotiven gewesen wäre bzw. wodurch das Leben bedroht wäre, vorbringt, anzuleiten, wie er seine Angaben konkret gestalten sollte (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. November 1992, Zl. 92/01/0800-0803). Der insoweit geltend gemachte Verfahrensmangel liegt sohin nicht vor.

Mangels eines entsprechenden Vorbringens im erstinstanzlichen Verfahren und mangels entsprechender Hinweise auf etwa in diesem Verfahren unterlaufene Mängel war die belangte Behörde aber auch nicht gehalten, gemäß § 20 Abs. 2 Asylgesetz 1991 die Ergänzung oder Wiederholung des Ermittlungsverfahrens anzuordnen. Wenn die Beschwerdeführerin in der Beschwerde die Auffassung vertritt, zwischen der Entscheidung der ersten Instanz und der Erlassung des angefochtene Bescheides habe sich der maßgebliche Sachverhalt wesentlich geändert, ist ihr entgegenzuhalten, daß ihren unwidersprochen wiedergegebenen Berufungsausführungen lediglich Hinweise auf die allgemeine Lage der albanischen Volksgruppe, nicht aber auf Anzeichen für das Vorliegen konkreter, gegen sie gerichteter Verfolgung entnommen werden können, sodaß auch aus dieser Sicht keine Verpflichtung der belangten Behörde zur Ergänzung oder Wiederholung des Ermittlungsverfahrens erblickt werden kann.

Da sohin bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, daß die von der Beschwerdeführerin behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1993010908.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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