Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AsylG 1991 §1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Kremla, Dr. Händschke, Dr. Bernegger und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Mayer, über die Beschwerde des H in O, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in N, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 7. Oktober 1992, Zl. 4.297.582/3-III/13/92, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 505,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 7. Oktober 1992 wurde die Berufung des Beschwerdeführers, eines Staatsangehörigen der früheren SFRJ albanischer Nationalität, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 15. Jänner 1992, betreffend Feststellung der Flüchtlingseigengschaft, abgewiesen.
In der vorliegenden Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes dieses Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer hat bei seiner niederschriftlichen Vernehmung durch die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich am 23. Juli 1990 im wesentlichen vorgebracht, daß er von 1981 bis 1985 das Gymnasium in Ferizaj besucht und dieses mit Matura abgeschlossen habe. Anschließend habe er bis 1987 an der Hochschule in Prishtina Chemie studiert, dieses Studium jedoch nicht abgeschlossen. Er habe keinen Beruf; einer Beschäftigung sei er in Jugoslawien nicht nachgegangen; für seinen Lebensunterhalt hätten seine Eltern gesorgt. Seit Jänner 1990 sei er Mitglied der demokratischen Partei in Ferizaj. Seit März 1981 habe er - mit Ausnahme der Zeit seines Militärdienstes in den Jahren 1987 bis 1988 - regelmäßig an den Demonstrationen in Ferizaj teilgenommen, in denen die Erklärung Kosovos zu einer Teilrepublik sowie Demokratie und die Gewährleistung der Menschenrechte verlangt worden seien. Bis zum 2. Februar 1990 habe er keine Probleme mit der Miliz gehabt, an diesem Tage jedoch sei er "ausgeforscht" worden. Die Miliz habe ihn, als er nicht zu Hause gewesen sei, verhaften wollen. Davon habe ihn sein Vater informiert. Ab dieser Zeit habe er bis zu seiner Flucht (am 8. Juli 1990) "im Untergrund" gelebt. Aus Angst "vor einer Festnahme und einem möglichen Tod" habe er sich entschlossen, sein Heimatland zu verlassen und zu versuchen in Österreich in Freiheit zu leben und sich hier eine neue Existenz aufzubauen. Andere Gründe für seine Flucht habe er nicht, Verfolgungen sei er nicht ausgesetzt gewesen.
In seiner Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid begründete der Beschwerdeführer seine Flucht nach Österreich damit, daß er "als Polizist in Urosevac von den serbischen Kollegen abgeschoben" und "zum Gericht geschickt" worden sei. Er habe sich lange versteckt gehalten, aber die ständigen Fragen bei seiner Familie hätten ihn dazu bewogen, das Land zu verlassen. Am 21. März 1989 habe er an den großen Demonstrationen gegen den "serbischen Terror" teilgenommen.
Die belangte Behörde hat die Abweisung der Berufung im wesentlichen damit begründet, daß es dem Beschwerdeführer nicht gelungen sei, glaubhaft zu machen, daß er sich aus wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung im Sinne des § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 außerhalb seines Heimatlandes befinde. Es bestünden nämlich derart gravierende Widersprüche zwischen seinen Angaben im erstinstanzlichen und im Berufungsverfahren, daß das gesamte Vorbringen unglaubwürdig sei. Darüberhinaus habe er ausdrücklich behauptet, nie Verfolgungen in seinem Heimatland ausgesetzt gewesen zu sein.
Der Beschwerdeführer wendet dagegen ein, daß er der deutschen Sprache nicht hinreichend mächtig sei und daher seine Berufung mißverständlich formuliert habe. Er habe - wie bereits im erstinstanzlichen Verfahren - ausführen wollen, daß er, als Angehöriger der albanischen Volksgruppe, von serbischen Polizisten in Urosevac verfolgt worden sei, da er an Demonstrationen teilgenommen habe und zur Verhaftung ausgeschrieben gewesen sei. Die von der belangten Behörde aufgezeigten Widersprüche lägen daher in Wahrheit nicht vor. Der Behörde hätte dies auch auffallen müssen, sie sei aber ihrer "Aufklärungspflicht" nicht nachgekommen.
Der damit aufgezeigte Verfahrensmangel vermag allerdings im Ergebnis die Beschwerde nicht zum Erfolg zu führen. Denn auch bei seiner Vermeidung hätte die belangte Behörde nicht zu einem anderen Bescheid gelangen können.
Voraussetzung der Flüchtlingseigenschaft im Sinne des - von der belangten Behörde im vorliegenden Fall anzuwendenden - § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 ist die Glaubhaftmachung wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder zur politischen Gesinnung verfolgt zu werden. Bloß subjektiv empfundene Furcht vor Verfolgung genügt nicht; vielmehr müssen (allenfalls drohende) Maßnahmen dargetan werden, die sowohl aus objektiver Sicht, als auch unter dem Gesichtspunkt der Schwere des Eingriffes einen weiteren Verbleib im Heimatland unerträglich erscheinen lassen (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. Februar 1993, Zl. 92/01/0605).
Daß eine offenkundige Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens im Sinne des § 20 Abs. 2 Asylgesetz 1991 vorläge - die übrigen in dieser Gesetzesstelle angeführten Gründe kommen im vorliegenden Fall nicht in Betracht - ergibt sich weder aus der Aktenlage, noch wurde dies vom Beschwerdeführer aufgezeigt. Die belangte Behörde hatte daher - unabhängig davon, ob das Berufungsvorbringen im Widerspruch zum erstinstanzlichen Vorbringen steht - gemäß § 20 Abs. 1 leg. cit. das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens erster Instanz ihrer Entscheidung zugrunde zu legen (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. Februar 1993, Zl. 92/01/1106).
Ausgehend vom Ergebnis des Ermittlungsverfahrens erster Instanz kann aber der Auffassung der belangten Behörde, der Beschwerdeführer habe keine Umstände glaubhaft gemacht, die objektiv die Annahme rechtfertigen könnten, daß er sich aus wohlbegründeter Furcht, aus einem der in § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 genannten Gründe verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befinde, nicht mit Erfolg entgegengetreten werden. Zwar kann bei der Beurteilung dieser Frage die allgemeine Lage im Heimatland des Asylwerbers Rückschlüsse auf seine konkrete Situation zulassen. Das bedeutet allerdings nicht, daß auf Grund der allgemeinen Lage der Albaner im Kosovo der Beschwerdeführer jedenfalls einer individuellen, gegen ihn gerichteten Verfolgung unterliegt.
In der von ihm behaupteten "Ausforschung" und dem Versuch der Miliz, ihn zu verhaften, kann für sich allein noch keine Verfolgung im Sinne des § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 erblickt werden. Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. z.B. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. Jänner 1993, Zl. 92/01/0774 und vom 17. Februar 1993, Zl. 92/01/1106) sind nämlich selbst im Zusammenhang mit der Teilnahme an verbotenen Demonstrationen stehende polizeiliche Maßnahmen, wie die Festnahme oder Anhaltung - ohne Hinzutreten weiterer, ins Gewicht fallender Umstände - nicht als Verfolgung aus einem der Konventionsgründe anzusehen. Derartige weitere Umstände hat der Beschwerdeführer freilich nicht dargetan, zumal auch der bloße Hinweis auf seine Angst vor "einem möglichen Tod" mangels entsprechender konkreter Ausführungen über die näheren Ursachen eine wohlbegründete Furcht vor Tötung nicht zum Ausdruck bringt.
Da sich die Beschwerde sohin als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Anspruch auf Auslagenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung
Schlagworte
Maßgebende Rechtslage maßgebender SachverhaltEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1992011119.X00Im RIS seit
20.11.2000