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82/04 Apotheken Arzneimittel;Norm
ApG 1907 §10 Abs2 Z1 lita idF 1984/502;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Puck, Dr. Waldner, Dr. Novak und Dr. Mizner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Gritsch, über die Beschwerde 1. des Dr. H in L, 2. des Dr. U, ebendort, beide vertreten durch Dr. N, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des BM für Gesundheit und öffentlicher Dienst vom 27. Juli 1987, Zl. 562.001/3-VI/15-1987, betreffend Konzession zur Errichtung und zum Betrieb einer neuen öffentlichen Apotheke in L (mP: Mag. K in L, vertreten durch Dr. C, Rechtsanwalt in X), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz) hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von S 10.950,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1.1. Mit Bescheid vom 8. Oktober 1985 erteilte der Landeshauptmann von Steiermark dem Mitbeteiligten gemäß den §§ 9 und 51 des Apothekengesetzes, RGBl. Nr. 5/1907 in der Fassung BGBl. Nr. 502/1984 (im folgenden: ApG), die Konzession zur Errichtung und zum Betrieb einer neuen öffentlichen Apotheke mit dem Standort "Gebiet der Marktgemeinde L".
Die beiden Konzessionäre der öffentlichen Apotheken von Z erhoben Berufung.
1.2. Mit Bescheid vom 27. Juli 1987 wies der Bundesminister für Gesundheit und öffentlicher Dienst diese Berufungen als unbegründet ab und bestätigte den Konzessionsbescheid mit der Maßgabe, daß der Standort "Gebiet der Marktgemeinde L, begrenzt durch G-Straße, I-Straße, A-Straße, B-Gasse, G-Straße" laute und die künftige Betriebsstätte mit Y-Gasse 2 und 8 in L in Aussicht genommen sei.
In der Begründung dieses Bescheides wird zunächst ein Erhebungsbericht der Markgemeinde L vom 10. April 1986 folgendermaßen zitiert:
"Mit der letzten Volkszählung im Mai 1981 sei ein Bevölkerungsstand von 4085 Personen ermittelt worden. Der derzeitige Einwohnerstand belaufe sich auf 4235 PERSONEN. Die Gemeinde L bestehe aus den Katastralgemeinden F, M, D, E, L-S, T, P und L. Bei den Katastralgemeinden handle es sich um Einzugsgebiete, deren Bewohner direkt in die Ortschaft L fahren müssen, um von dort aus erst in die Nachbargemeinden Z oder J gelangen zu können (111 Personen). Hievon ausgenommen seien die Katastralgemeinden L, S und E; diese Bewohner hätten die Möglichkeit, direkt in die vorangeführte Nachbargemeinde zu gelangen (82 Personen). In einem Umkreis von
4 Straßenkilometern, gerechnet von der Betriebsstätte G-Straße Nr. 25 aus, umfasse das Einzugsgebiet die Marktgemeinde L und zum Teil die Stadtgemeinde Z und die Marktgemeinde J. Im östlichen Teil würden 2872 Bewohner aus der Stadtgemeinde Z und im wesentlichen Teil von der Marktgemeinde J 232 Personen in den Einzugsbereich hineinfallen. Von der Marktgemeinde L würden 193 Personen in den 4 km-Kreis hineinfallen, allerdings wird hiezu festgestellt, daß von den 193 Personen 111 Personen gezwungen seien, in die Ortschaft L zu fahren, um erst dann eine der Nachbargemeinden zu erreichen.
Weiters wurden 180 Personen mit Zweitwohnung,
75 Berufspendler nach L und eine jährliche Fremdennächtigung von 11580 bekanntgegeben. In der Marktgemeinde L bestünden insgesamt 1456 Haushalte."
In der Begründung dieses Bescheides heißt es weiter, das Stadtamt Z habe "in 1. Instanz festgestellt", daß die Entfernung Z-D ca. 3,4 km und die Entfernung L-D ca. 2,4 km betrage, weshalb es sicher zu einem Abwandern der D nach L komme. Für die Argumentation in der Existenzgefährdungsfrage hätten beide berufungswerbenden Apotheken in Z behauptet, daß D zur Gänze zu L gezählt werden müsse. Die Landesgeschäftsstelle der Österreichischen Apothekerkammer habe in erster Instanz ausgeführt, daß D auch als Einzugsgebiet zu Z zähle und eher zu Z als nach L tendiere. Der Konzessionswerber (der Mitbeteiligte des vorliegenden Verfahrens) selbst meine, daß ca. die Hälfte der Einwohner von D, welche schon bisher von den hausapothekenführenden Ärzten in L versorgt worden seien, zu berücksichtigen wären. Der Mitbeteiligte habe in seiner abschließenden Stellungnahme darauf verwiesen, daß die Berufungswerber (die beiden Inhaber der öffentlichen Apotheken in Z) je nach Interessenlage D zur Dartuung eines mangelnden Bedarfes nicht zum Einzugsgebiet von L zählten, zur Dartuung des Vorliegens ihrer Existenzgefährdung aber entgegengesetzt argumentierten und die Wahrheit in der Mitte liegen dürfte. Im Hinblick auf die Existenzgefährdungseinsprüche habe der Mitbeteiligte selbst die Ansicht vertreten, daß die Annahme ungerechtfertigt sei, die gesamte Bevölkerung von D sei dem Einzugsgebiet von L zuzurechnen.
Das Bundeskanzleramt sei bei Prüfung der Argumente pro und contra und Abwägung aller Umstände, "wie die räumliche Entfernung von D nach L einerseits und die infrastrukurelle Anziehung für D nach Z andererseits", zur Auffassung gelangt, daß "eine exakte Tendenz der Einwohner von D (zur Arzneimittelbesorgung) nach L oder Z nicht exakt feststellbar" sei, sondern man in Gesamtbetrachtung der geographischen Gegebenheiten und der sonstigen Ermittlungsergebnisse davon werde ausgehen können, daß D prozentuell rund zur Hälfte zum Einzugsgebiet einer öffentlichen Apotheke von L gehören werde. Sicherlich sei Z als Stadt ein Anknüpfungspunkt für die D, gleichzeitig bewirke die kürzere Wegstrecke von D nach L ebenso einen Anreiz zum Aufsuchen einer neuen Apotheke in L. Eine Aufteilung der Einwohnerzahlen von D je zur Hälfte trage aus dieser Sicht auch den Argumenten der Parteien Rechnung und sei "im gegenständlichen Fall wohl die - erreichbar - objektivste Lösung." Wenn daher nach dem Erhebungsbericht der Marktgemeinde L mit Zu- und Abrechnungen mindestens ca. 4100 Einwohner zu versorgen seien und die Hälfte der ermittelten 2872 Einwohner von D, d.s. 1436 Einwohner, hinzugerechnet würden, sei die Mindestanzahl von 5500 zu versorgenden Personen gemäß § 10 Abs. 2 Z. 1 lit. a ApG jedenfalls überschritten, wobei Nächtigungszahlen noch nicht berücksichtigt worden seien und "darüberhinaus allenfalls noch 232 Personen in 4 km-Umkreis von der Marktgemeinde J, jedenfalls aber 180 Zweitwohnbesitzer und 75 Pendler hinzugezählt werden könnten." Die Bedarfsfrage sei daher zu bejahen.
1.3. Die Beschwerdeführer sind praktische Ärzte in L.
Mit Bescheid vom 17. Mai 1990 wurden die den Beschwerdeführern erteilten Bewilligungen zur Führung ärztlicher Hausapotheken gemäß § 29 Abs. 4 und 5 ApG aufgrund der Mitteilung des Mitbeteiligten, daß er die öffentliche Apotheke in L mit 1. Juni 1990 in Betrieb nehmen werde, zurückgenommen.
Die Beschwerdeführer waren im Verfahren betreffend die Erteilung der Apothekenkonzession an den Mitbeteiligten nicht als Parteien beteiligt worden.
Im Hinblick auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Parteistellung der von der Rücknahme der Bewilligung betroffenen hausapothekenführenden Ärzte im Apothekenkonzessionsverfahren wurde den Beschwerdeführern am 12. Juni 1990 Akteneinsicht gewährt und eine Ausfertigung des Berufungsbescheides zugestellt.
1.4. Gegen den Bescheid des Bundesministers vom 27. Juli 1987 richtet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Die Beschwerdeführer erachten sich in ihrem Recht, daß in der Gemeinde L eine neue öffentliche Apotheke, die zur Zurücknahme ihrer Hausapothekenbewilligungen führt, nur bei Vorliegen der Bedarfsvoraussetzungen des § 10 ApG bewilligt werden dürfe, verletzt.
1.5. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete ebenso wie der Mitbeteiligte eine Gegenschrift.
2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
2.1. Die beschwerdeführenden hausapothekenführenden Ärzte sind im Verwaltungsverfahren über den Antrag des Mitbeteiligten auf Erteilung der Konzession zur Errichtung und zum Betrieb einen neuen öffentlichen Apotheke in L als Parteien übergangen worden (vgl. zur Parteistellung betroffener hausapothekenführender Ärzte nach der ab 1. Jänner 1985 geltenden Rechtslage das hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 1989, Zl. 87/08/0259, Slg.N.F. Nr. 13092/A = ZfVB 1990/4/1604). Der nunmehr von ihnen in Beschwerde gezogene zweitinstanzliche Bescheid vom 27. Juli 1987 wurde ihnen in Entsprechung ihres Antrages auf Bescheidzustellung am 12. Juni 1990 von der Behörde ausgehändigt.
Zutreffend bekämpfen die Beschwerdeführer diesen Bescheid mit Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof und haben sich nicht mit Berufung gegen den (im Berufungsbescheid aufgegangenen) Bescheid erster Instanz gewendet. Entgegen der vom Mitbeteiligten in seiner Gegenschrift vertretenen Rechtsauffassung ist die Beschwerde daher nicht wegen Untauglichkeit des Anfechtungsgegenstandes oder wegen Nichterschöpfung des Instanzenzuges (durch ein von den Beschwerdeführern ergriffenes Rechtsmittel gegen den erstinstanzlichen Bescheid) zurückzuweisen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. Februar 1992, Zl. 91/10/0240 = ZfVB 1992/5/1936). Auf § 43 Abs. 2 VwGG wird Bezug genommen.
Da auch die übrigen Prozeßvoraussetzungen vorliegen, ist die Beschwerde zulässig.
2.2. Maßgebend für die der verwaltungsgerichtlichen Überprüfung zugrundezulegende Sach- und Rechslage ist die Zustellung des angefochtenen Bescheides des Bundesministers vom 27. Juli 1987 an den Erstempfänger im vorliegenden Verwaltungsverfahren im August 1987 (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. April 1993, Zl. 91/10/0252).
2.3. § 10 Abs. 2 ApG (in der Fassung vor der Apothekengesetznovelle 1990) lautet auszugsweise:
"(2) Bei der Prüfung des Bedarfes sind insbesondere die Anzahl der zu versorgenden Personen unter Berücksichtigung der ständigen Einwohner und die Entfernung zur nächstgelegenen Apotheke zu berücksichtigen. Ferner sind die Lebensverhältnisse der Bevölkerung sowie der Verkehr im Standort und in der Umgebung, die vorhandenen Krankenanstalten, Heime, Schulen und Erziehungsanstalten, größere gewerbliche und industrielle Betriebe, der Umfang des Geschäftsbetriebes der im Standort und in der Umgebung bestehenden öffentlichen Apotheken sowie deren Turnusdienst in Betracht zu ziehen. Ein Bedarf ist jedenfalls nicht anzunehmen, wenn
1.a) in Orten, in denen keine öffentliche Apotheke besteht,
die Zahl der in einem Umkreis von vier Straßenkilometern von der künftigen Betriebsstätte der Apotheke zu versorgenden Personen weniger als 5 500 beträgt
oder
b) .....
und
2. die Entfernung zwischen der künftigen Betriebsstätte der Apotheke und der Betriebsstätte der nächstgelegenen Apotheke weniger als 500 m beträgt."
2.4. Bei der Auslegung des negativen Bedarfskriteriums nach § 10 Abs. 2 Z. 1 lit. a ApG ist zunächst das Verhältnis der Ortsgrenzen zu den Grenzen der 4-km-Zone zu klären. Da der 4-km-Umkreis im ländlichen Gebiet in aller Regel über den "Ort" hinausragen wird, kann nicht angenommen werden, es käme auf die 4-km-Zone nur innerhalb des Ortes an und die Ortsgrenzen bildeten die äußerste Grenzlinie. Entscheidend ist vielmehr grundsätzlich die 4-km-Grenze, und zwar auch dann, wenn die 4-km-Zone einen anderen Ort umschließt oder in einen solchen hineinragt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. März 1992, Zl. 87/08/0089, sowie Puck, Die Prüfung des Bedarfs bei öffentlichen Apotheken, Winkler-FS, 226). Das gilt auch für den Fall, daß der 4-km-Umkreis in einen Ort hineinragt, in dem sich bereits eine öffentliche Apotheke befindet. Das Bestehen einer Apotheke sagt ja, wie § 10 Abs. 2 Z. 1 lit. b ApG zeigt, nicht, daß es in diesem Ortsteil nicht "zu versorgende Personen", d.h. potentielle Kunden der neuen Apotheke geben kann (vgl. Puck, aaO, 227, sowie die hg. Erkenntnisse vom 28. April 1992, Zl. 87/08/0005 = ZfVB 1992/5/1790, und vom selben Tag, Zl. 87/08/0091 = ZfVB 1992/5/1792).
Unter den "in einem Umkreis von vier Straßenkilometern von der künftigen Betriebsstätte der Apotheke zu versorgenden Personen" sind jene zu verstehen, die eine besondere räumliche Nahebeziehung (im 4-km-Umkreis) zur neuen Apotheke haben. Dazu zählen primär die ständigen, im 4-km-Umkreis von der in Aussicht genommenen Betriebsstätte der neuen Apotheke wohnenden Personen, sofern sie auch unter Bedachtnahme auf die im § 10 Abs. 2 zweiter Satz ApG genannten Umstände ihren Heilmittelbedarf voraussichtlich in der neuen Apotheke und nicht in den schon bestehenden Apotheken und weiterbestehenden Hausapotheken decken werden (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 22. Mai 1990, Zl. 88/08/0257 = ZfVB 1990/5/2058, und vom 24. März 1992, Zl. 87/08/0089 = ZfVB 1992/5/1791, Pkt. 2).
2.5. Bevor auf die Verfahrens- und Rechtsrügen der Beschwerdeführer, die nunmehr im verwaltungsgerichtlichen Verfahren erstmals Gelegenheit zur Erstattung eines Sachverhaltsvorbringens haben, eingegangen wird, ist es schon im Hinblick auf die Relevanz der behaupteten Festellungsmängel des angefochtenen Bescheides zielführend und geboten, Klarheit über den für die Bedarfsfrage wesentlichen Sachverhalt zu gewinnen. Auszulegen sind hiebei die auf Seite 14/15 des angefochtenen Bescheides getroffenen Feststellungen der belangten Behörde, wo es heißt: "Wenn daher nach dem Erhebungsbericht der Marktgemeinde L mit Zu- und Abrechnungen mindestens ca. 4100 Einwohner zu versorgen sind, und die Hälfte der ermittelten 2872 Einwohner von D, d.s. 1436 Einwohner, hinzugerechnet werden, ist die Mindestzahl von 5500 zu versorgenden Personen gemäß § 10 Abs. 2 Z. 1 lit. a ApG jedenfalls überschritten, wobei Nächtigungszahlen noch nicht berücksichtigt wurden und darüberhinaus allenfalls noch 232 Personen in 4-km-Umkreis von der Marktgemeinde J, jedenfalls aber 180 Zweitwohnbesitzer und 75 Pendler hinzugezählt werden könnten. Die Bedarfsfrage war daher zu bejahen."
Der Bundesminister gelangte also zum Ergebnis, daß "mindestens ca. 4100 Einwohner" (gemeint offenbar von L) zu versorgen und 1436 Einwohner von D hinzuzurechnen seien, sodaß "jedenfalls" die Mindestanzahl von 5500 Personen überschritten sei. Mit dieser Feststellung konnte die belangte Behörde das Auslangen finden und begnügte sich damit. Feststellungen über die Nächtigungszahlen, die noch nicht berücksichtigt worden seien, wurden nicht getroffen. Auch dem vagen Hinweis, daß darüberhinaus allenfalls () noch 232 Personen im 4-km-Umkreis von der Marktgemeinde J hinzugezählt werden könnten, kommt der Charakter einer Feststellung im Sinne der §§ 37, 56 und 60 AVG sowie § 41 VwGG nicht zu. Die belangte Behörde läßt nicht erkennen, unter welchen weiteren Sachverhaltsvoraussetzungen sie "allenfalls" geneigt sein könnte, diese Personenanzahl als zu versorgende Personen zu den Einwohnern von L hinzuzurechnen. In diesem Zusammenhang sei aber ausdrücklich noch auf den im angefochtenen Bescheid nicht hervorgehobenen Umstand hingewiesen, daß sich in J eine öffentliche Apotheke befindet, daß einander dort die 4-km-Zonen gleichfalls überschneiden und daher auch gegenüber J festgestellt hätte werden müssen, welche Bewohner (sei es von J, sei es von L) sich der neuen Apotheke zuwenden und welche voraussichtlich weiterhin ihren Heilmittelbedarf in der bestehenden öffentlichen Apotheke von J decken würden (vgl. zur Frage des Hineinragens des 4-km-Umkreises in einen Ort, in dem sich bereits eine öffentliche Apotheke befindet, etwa die hg. Erkenntnisse vom 28. April 1992, Zl. 87/08/0005 = ZfVB 1992/5/1790, und vom 28. April 1992, Zl. 87/08/0091 = ZfVB 1992/5/1792); vgl. zur Abgrenzung des Kundenpotentials innerhalb der 4-km-Zone u.a. die hg. Erkenntnisse vom 24. März 1992, Zl. 87/08/0089 = ZfVB 1992/5/1789, Pkt. 2, und vom 28. April 1992, Zl. 87/08/0091 = ZfVB 1992/5/1792).
Auch die weitere Wendung, daß "jedenfalls aber" 180 "Zweitwohnbesitzer" und 75 Pendler hinzugezählt werden "könnten", weist ein Spannungsverhältnis zwischen "jedenfalls" und dem konjunktivischen "könnten" auf; der Satz läßt allerdings im Zusammenhang mit dem vorhergehenden Satz, daß die Mindestanzahl von 5500 jedenfalls überschritten sei, die Auslegung zu, die Behörde habe damit zum Ausdruck gebracht, daß sie diese Personenanzahl begründeterweise hinzugerechnet hätte, wenn es zur Erfüllung des Tatbestandsmerkmales des Bedarfes erforderlich gewesen wäre - was die Feststellung impliziert, daß es sich nach Auffassung der belangten Behörde um zu versorgende Personen handelt. (Ob sich im übrigen die Wortschöpfung von "Zweitwohnsitzer" oder Zweitwohnungsbesitzer ableitet und was damit gemeint sein soll, wurde von den Beschwerdeführern nicht releviert).
2.6.1. Die Beschwerdeführer meinen zunächst, als im Gemeindegebiet von L zu versorgende Personen wären nur die innerhalb der 4-km-Zone wohnhaften Einwohner von L
(ca. 4000 Personen) zu berücksichtigen gewesen. Sie tun aber nicht dar, inwiefern die außerhalb dieses Bereiches wohnhaften Einwohner von L eine andere konkrete Versorgungsmöglichkeit mit Heilmitteln hätten; auch der Verwaltungsgerichtshof vermag dies nach der Aktenlage nicht zu erkennen. Durch diese Einwendung ist die Feststellung der belangten Behörde, es seien von der neuen öffentlichen Apotheke ca. 4100 Einwohner von L zu versorgen, somit nicht in Frage gestellt.
2.6.2. Der Haupteinwand der Beschwerdeführer richtet sich sodann gegen die Zuordnung von Teilen der Einwohner von D zur Gruppe der von der neuen öffentlichen Apotheke des Mitbeteiligten zu versorgenden Personen. Die von der belangten Behörde festgestellte Zahl von 1436 Personen sei zu hoch gegriffen. Im Sommer 1987 habe Z nur mehr rund 10.000 Einwohner aufgewiesen, wovon maximal 2000 Einwohner auf den Stadtteil D entfallen seien. Aus einer der Beschwerde beigelegten Aufstellung des Stadtamtes Z vom 26. Juni 1990 ergebe sich eine Wohnbevölkerung von D bzw. für das restliche Z von 2587/8974 Personen (Volkszählung 1971), von 2324/8442 Personen (Volkszählung 1981) und von 1894/8000 Personen (Stand vom 26. Juni 1990). Daraus sei eine abnehmende Tendenz der Einwohnerentwicklung zu erkennen. Für das Jahr 1987 hätte die Wohnbevölkerung von D nicht mit 2872 Personen angenommen werden dürfen. Selbst dann, wenn man die gesamte Einwohnerzahl der Gemeinde L, die im Zeitpunkt der Bescheiderlassung
4185 Personen betragen habe, berücksichtige und noch einen Teil der Bevölkerung des zur Stadtgemeinde Z gehörigen Stadteiles D hinzurechne, werde die Zahl von 5500 Personen keinesfalls überschritten. Es sei nur ein Drittel der Bevölkerung von D, also rund 670 Personen, bedarfserhöhend zu berücksichtigen. Selbst dann aber, wenn man wie die belangte Behörde die Hälfte der in D ansässigen Bevölkerung der öffentlichen Apotheke in L zuordne, ergebe sich eine Anzahl von maximal 5200 Personen.
Mit diesem Vorbringen machen die Beschwerdeführer somit zwar geltend, daß zwei Drittel der Wohnbevölkerung von D weiterhin den Heilmittelbedarf in den Apotheken von Z decken würden und nur ein Drittel der neuen Apotheke des Mitbeteiligten in L zuzuordnen sei, begründen diesen von ihnen angenommenen Prozentsatz allerdings nicht. Dieses Vorbringen ist, zumal D näher bei L liegt (im angefochtenen Bescheid wird auf Seite 13 die Entfernung von Z nach D mit ca. 3,4 km und von D nach L mit ca. 2,4 km angegeben, was zwar unrichtig sein dürfte, aber doch insofern den Tatsachen entspricht, als D tatsächlich näher bei L als bei Z liegt) und nach der Rechtsprechung die Bevölkerung von D unter dem vorrangigen Gesichtspunkt der räumlichen Nähe und der Erreichbarkeit der beantragten neuen öffentlichen Apotheke in L oder den bestehenden öffentlichen Apotheken in Z zugeordnet werden müßte, nicht zielführend.
Es ist daher auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen, daß selbst dann, wenn die Beschwerdeführer der Argumentation der belangten Behörde folgten und die Hälfte der Bevölkerung von D dem Kundenpotential der neuen öffentlichen Apotheke in L zuzählten, sich eine Anzahl von maximal 5200 zu versorgenden Personen ergäbe (4185 Einwohner von L plus 1000 Einwohner, nämlich die Hälfte der von den Beschwerdeführern behaupteten Zahl der Einwohner von D).
Insoweit nun die Beschwerdeführer die im angefochtenen Bescheid mit 2872 Personen festgestellte Gesamteinwohnerzahl von D bekämpfen, ist ihnen beizupflichten, daß sie mit ihrem vor dem Verwaltungsgerichtshof möglich gewordenen Vorbringen einen Umstand ins Treffen führen, der geeignet ist, die Richtigkeit der behördlichen Feststellungen in diesem Punkt in Frage zu stellen. Während nämlich im Erhebungsbericht der Gemeinde L vom 16. April 1986 2872 in D wohnhafte Personen angegeben werden, weist die erwähnte, der Beschwerde angeschlossene Bestätigung des Stadtamtes Z vom 26. Juni 1990 aus, daß nach der Volkszählung 1971 dort 2587 Einwohner, nach der Volkszählung 1981 2324 Einwohner und am 26. Juni 1990 1894 Einwohner wohnhaft gewesen seien. Zwar haben die Beschwerdeführer kein Beweismittel betreffend den Stand vom August 1987 vorgelegt, aber immerhin ihre konkrete Behauptung, zu diesem Zeitpunkt habe die Wohnbevölkerung von D
2000 Personen betragen, durch den aus dem vorgelegten Beweismittel abgeleiteten Trend der dortigen Bevölkerungsentwicklung untermauert. Sie haben damit konkret dargetan, was sie vorgebracht hätten, wenn ihnen das Parteiengehör im Verwaltungsverfahren gewährt worden wäre.
Der der belangten Behörde zum Vorwurf gemachte Feststellungsmangel ist auch relevant. Geht man wie der angefochtene Bescheid von 4185 in L wohnhaften zu versorgenden Personen aus, so ergäbe sich unter Berücksichtigung der genannten 1000 Personen von D eine Zahl von 4285 und selbst unter Berücksichtigung der 180 "Zweitwohnbesitzer" und 75 Pendler eine Zahl von nur 5440.
In diesem Zusammenhang sei für das fortgesetzte Verfahren bemerkt, daß bei der Aufteilung des Kundenpotentials von D nach der Rechtsprechung nicht auf einen bestimmten Prozentsatz abzustellen sein wird, sondern daß sich die vorzunehmende Zuordnung der Wohnbevölkerung zu den in Betracht kommenden Apotheken an einer gedachten, nach den Gesichtspunkten der räumlichen Nähe und Erreichbarkeit zu ziehenden örtlichen Trennlinie zu orientieren hat.
2.6.3. Wenn die Beschwerdeführer schließlich geltend machen, die in der Gemeinde J wohnhafte Bevölkerung werde von drei praktischen Ärzten betreut und deswegen könne die dort außerhalb des 4-km-Umkreises wohnhafte Bevölkerung nicht bedarfserhöhend für die neue Apotheke in L berücksichtigt werden, so genügt der Hinweis darauf, daß diese Bevölkerung nicht eingerechnet wurde (siehe oben Punkt 2.5.).
Zu Recht machen die Beschwerdeführer schließlich noch geltend, daß den 75 Einpendlern keine Auspendler gegenübergestellt worden seien.
2.7. Aus diesen Erwägungen folgt, daß die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet hat und daß sie bei Vermeidung dieser Verfahrensmängel zu einem anderen Bescheid hätte kommen können.
Der angefochtene Bescheid war infolgedessen gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben.
2.8. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit Art. I Z. 1 und Art. III Abs. 2 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.
2.9. Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1990100135.X00Im RIS seit
25.04.2001