TE Vwgh Erkenntnis 1993/10/29 93/01/0704

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Veröffentlicht am 29.10.1993
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;
49/01 Flüchtlinge;

Norm

AsylG 1991 §1;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Händschke als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Mayer, über die Beschwerde des P in B, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 24. Juni 1993, Zl. 4.320.027/2-III/13/91, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein nigerianischer Staatsangehöriger, hat dem durch eine Ausfertigung des angefochtenen Bescheides belegten Beschwerdevorbringen zufolge den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 20. August 1991, mit dem festgestellt worden war, bei ihm lägen die Voraussetzungen für seine Anerkennung als Flüchtling nicht vor, mit Berufung bekämpft. Mit Bescheid vom 24. Juni 1993 wies die belangte Behörde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Nach den Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid, denen der Beschwerdeführer nicht entgegengetreten ist, habe er bei seiner niederschriftlichen Einvernahme durch die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich am 18. Juli 1991 angegeben, in seinem Heimatland keiner politischen Organisation angehört zu haben. Sein Vater sei Mitglied der sozialdemokratischen Partei Nigerias gewesen und 1990 zum Bezirksrat gewählt worden. Den gegen seinen Vater seitens der Opposition erhobenen Vorwurf der Wahlmanipulation habe dieser durch Anrufung des Gerichtes entkräften können. Dennoch sei dem Vater des Beschwerdeführers für den Fall, daß er sein Mandat nicht zurücklege, seitens der Opposition gedroht worden, wodurch sich dieser aber nicht habe einschüchtern lassen. Als der Vater Anfang Mai 1991 beruflich unterwegs gewesen sei, hätten Angehörige der oppositionellen Partei das Elternhaus des Beschwerdeführers angezündet, wobei seine Schwester getötet worden sei. Der Beschwerdeführer habe mit seinem Bruder das zerstörte Haus vorgefunden und dies seinem Vater mitgeteilt, der ihm geraten habe Nigeria zu verlassen, um nicht ebenfalls Opfer der Opposition zu werden. Dem sei der Beschwerdeführer nachgekommen.

In der gegen den erstinstanzlichen Bescheid erhobenen Berufung habe der Beschwerdeführer geltend gemacht, er habe sein Heimatland deshalb verlassen, weil seine Familie von einer Oppositionsgruppe verfolgt worden sei. Sein Vater sei zum Vorsitzenden der "SDP" gewählt worden. Der Leiter der Opposition habe ihn vor Gericht gebracht, wo jedoch sein Sieg bestätigt worden sei. In der Zwischenzeit sei die sechzehnjährige Schwester des Beschwerdeführers verschwunden. Nachdem der Oppositionsleiter seine Anhänger zusammengerufen habe, sei es zu einer Demonstration gegen den Vater des Beschwerdeführers gekommen, bei der die achtungzwanzigjährige Schwester des Beschwerdeführers schwer verletzt worden und in der Folge im Spital gestorben sei. Sein Vater habe die Flucht des Beschwerdeführers intensiv unterstützt, weil er einen Mord an einem weiteren Familienmitglied habe verhindern wollen.

Die belangte Behörde hat die Abweisung der Berufung des Beschwerdeführers insbesondere damit begründet, daß er lediglich Schwierigkeiten seines Vaters mit der Opposition bzw. deren Übergriffe gegen seine Angehörigen geltend gemacht habe. Daraus könnten aber gegen den Beschwerdeführer selbst gerichtete Angriffe oder begründete Furcht vor solchen nicht abgeleitet werden. Diese Argumentation der belangten Behörde steht im Einklang mit der hg. Rechtssprechung, derzufolge nur den Asylwerber selbst betreffende Nachteile, nicht aber Maßnahmen, die gegen seine Angehörigen gesetzt wurden, als Grund für die Asylgewährung in Frage kommen (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 30. November 1992, Zl. 92/01/0821).

Der belangten Behörde ist auch beizupflichten, wenn sie das vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Vorgehen der Oppositionspartei bzw. einer Gruppe derselben gegen seine Angehörigen deswegen nicht als Verfolgung aus einem der in § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 (übereinstimmend mit Art. 1 Abschnitt A Z. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention) aufgezählten Gründe gewertet hat, weil das von dieser Organisation bzw. von Privatpersonen gesetzte Handeln nicht dem Staat zugerechnet werden kann und der Beschwerdeführer nicht geltend gemacht hat, den Schutz staatlicher Stellen vergeblich gesucht zu haben. Soweit er letzteres nunmehr erstmals in der Beschwerde insoweit vorbringt, als er behauptet, es gebe in seinem Heimatland gegen derartiges Vorgehen der Opposition keinen ausreichenden staatlichen Schutz, unterliegt er mit diesen Angaben dem gemäß § 41 Abs. 1 VwGG im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltenden Neuerungsverbot, weshalb auf diese nicht weiters einzugehen war.

Soweit der Beschwerdeführer hinsichtlich der ihm von der belangten Behörde entgegengehaltenen Widersprüche zwischen seinem erstinstanzlichen Vorbringen und seinen Berufungsausführungen rügt, die belangte Behörde habe die ihr obliegende Manuduktionspflicht verletzt, ist ihm entgegenzuhalten, daß weder aus § 13 a AVG noch aus § 16 Asylgesetz 1991 eine Verpflichtung der Behörden abgeleitet werden kann, einen Asylwerber, der - wie der Beschwerdeführer - lediglich gegen seine Angehörigen gerichtetes, nicht der Staatsgewalt zurechenbares Vorgehen vorbringt, anzuleiten, wie er seine Angaben konkret gestalten sollte (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. November 1992, Zl. 92/01/0800-0803). Der insoweit geltend gemachte Verfahrensmangel liegt sohin nicht vor.

Der Beschwerdeführer hat auch geltend gemacht, die belangte Behörde habe ihre Begründungspflicht verletzt, weil sie es unterlassen habe, sich mit seinem Vorbringen inhaltlich ausreichend auseinanderzusetzen. Dieser Rüge kommt Berechtigung nicht zu, weil im angefochtenen Bescheid das im Verwaltungsverfahren erstattete Vorbringen des Beschwerdeführers in von ihm nicht beeinspruchter Weise wiedergegeben und die Würdigung dieses Vorbringens geeignet ist, den angefochtenen Bescheid zu tragen.

Da sohin bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, daß die vom Beschwerdeführer behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1993010704.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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