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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AsylG 1991 §1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Kremla, Dr. Händschke und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Mayer, über die Beschwerde des I in W, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 20. September 1992, Zl. 4.307.382/2-III/13/91, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein bulgarischer Staatsangehöriger, der am 1. Jänner 1991 in das Bundesgebiet eingereist ist, hat dem durch eine Ausfertigung des angefochtenen Bescheides belegten Beschwerdevorbringen zufolge den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 19. Februar 1991, mit dem festgestellt worden war, bei ihm lägen die Voraussetzungen für seine Anerkennung als Flüchtling nicht vor, mit Berufung bekämpft. Mit Bescheid vom 20. September 1992 wies die belangte Behörde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Nach den Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid, denen der Beschwerdeführer nicht entgegengetreten ist, habe er bei seiner Einvernahme durch die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich am 10. Jänner 1991 angegeben, er habe wegen seiner politischen Überzeugung in seinem Heimatland erhebliche Nachteile gehabt. So habe er trotz guter Leistungen kein Stipendium für die Musikakademie erlangt, weil er das für eine Aufnahme an die Akademie bestehende Erfordernis, dem Komsomol beizutreten, mehrmals kritisiert habe. Obwohl er seiner politischen Meinung wegen nicht zu allen Prüfungen zugelassen worden sei, habe er sein Studium mit sehr gutem Erfolg abschließen können. Allerdings sei ihm eine seiner Qualifikation entsprechende Karriere verwehrt geblieben. Seit dem Jahre 1989 habe er als Hilfsarbeiter in einer Mühle arbeiten müssen. Nachdem er im März 1990 der "SDS" beigetreten sei, hätten ihm Gewerkschaftsfunktionäre mitgeteilt, daß ab 1991 alle "SDS"-Mitglieder entlassen würden. Wegen der in seinem Heimatland herrschenden Unsicherheit und Korruption könne man dort nicht mehr leben.
In der gegen den erstinstanzlichen Bescheid erhobenen Berufung habe der Beschwerdeführer ausgeführt, er sei aus politischen Gründen zweimal zum Verhör zum Polizeipräsidium in Sofia zwangsvorgeführt worden.
Die belangte Behörde hat die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten wirtschaftlichen und beruflichen Nachteile, die er seiner politischen Überzeugung wegen habe in Kauf nehmen müssen, nicht als so schwerwiegende Eingriffe in seine "Grundrechte" gewertet, daß daraus seine Flüchtlingseigenschaft abzuleiten wäre. Diese Ansicht entspricht im Ergebnis der hg. Judikatur, weil weder Erschwernisse beim Studium - wobei der Beschwerdeführer selbst angegeben hat, es sei ihm möglich gewesen, sein Studium sogar mit sehr gutem Erfolg abzuschließen - noch der Ausschluß von einer der Qualifikation entsprechenden Karriere Beeinträchtigungen darstellen, deren Intensität den weiteren Verbleib eines Asylwerbers in seinem Heimatland als unerträglich erscheinen ließe (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 4. November 1992, Zl. 92/01/0176, und vom 25. November 1992, Zl. 92/01/0604).
Ebensowenig kann der belangten Behörde mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie den Verlust des Arbeitsplatzes, ohne daß dadurch die Lebensgrundlage entzogen würde, für sich allein nicht als Umstand gewertet hat, aus dem Verfolgung im Sinne des § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 (übereinstimmend mit Art. 1 Abschnitt A Z. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention) abgeleitet werden könnte (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 30. November 1992, Zl. 92/01/0486). Soweit der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang die Auffassung vertritt, der Verwaltungsgerichtshof stelle sich mit dieser Judikatur in Widerspruch zu seiner sonstigen Rechtsprechung in Angelegenheiten des Asylwesens, in welcher er auf die Unerträglichkeit der Verfolgungshandlung abstelle, ist ihm entgegenzuhalten, daß der Entzug des Arbeitsplatzes bzw. Arbeitslosigkeit für sich allein Unbilden darstellen, denen vor allem in den Ländern Osteuropas weite Bevölkerungsteile ausgesetzt sind, ohne daß aber daraus der Schluß gezogen werden könnte, derartige Unbilden - soweit damit nicht die Lebensgrundlage entzogen wird - für sich allein müßten als unerträgliche Beeinträchtigung des Einzelnen angesehen werden.
Soweit der Beschwerdeführer geltend macht, die belangte Behörde habe ihren Feststellungen, der Verlust des Arbeitsplatzes des Beschwerdeführers sei nicht dem Staat zuzurechnen, sowie, es könne im Hinblick auf die aktuelle politische Entwicklung in seinem Heimatland ausgeschlossen werden, daß er wegen seiner Mitgliedschaft bei der "SDS" noch Nachteilen ausgesetzt werde, nicht die Ergebnisse eines entsprechenden Ermittlungsverfahrens zugrunde gelegt, ist ihm beizupflichten. Diese Verfahrensmängel können aber nicht die Aufhebung des angefochtenen Bescheides nach sich ziehen, weil sich die belangte Behörde nicht allein auf diese nicht entsprechend untermauerten Feststellungen gestützt hat und auch bei Vermeidung dieser Mängel nicht zu einem anderen Bescheid hätte gelangen können.
Der Beschwerdeführer hat die Auffassung vertreten, der angefochtene Bescheid sei auch deshalb rechtswidrig, weil es die belangte Behörde unterlassen habe, ihm gemäß § 8 Abs. 1 Asylgesetz 1991 den befristeten Aufenthalt im Bundesgebiet zu bewilligen. Gemäß dieser Gesetzesstelle kann die Asylbehörde aus Anlaß der Erlassung eines Bescheides, mit dem ein Asylantrag abgewiesen wird, in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen einem Fremden von Amts wegen den befristeten Aufenthalt im Bundesgebiet bewilligen, wenn die Abschiebung rechtlich oder tatsächlich unmöglich ist oder ihm wegen der Situation in seinem Heimatstaat aus wichtigen Gründen nicht zugemutet werden kann. Daraus folgt, daß ein Abspruch über die Erteilung einer auf diese Bestimmung gestützten Bewilligung zum Aufenthalt im Bundesgebiet nicht Bestandteil eines einen Asylantrag abweisenden Bescheides sein muß. Auch ist die Frage, ob eine derartige Bewilligung erteilt werden kann, völlig losgelöst von der Frage, ob einem Asylwerber gemäß § 3 Asylgesetz 1991 Asyl zu gewähren ist. Das Fehlen eines solchen Abspruches im angefochtenen Bescheid belastet diesen daher nicht mit Rechtswidrigkeit und stellt somit auch keinen Eingriff in Rechte des Beschwerdeführers dar.
Da sohin bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, daß die vom Beschwerdeführer behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren und somit auch ohne Durchführung der beantragten Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Schlagworte
Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung VerfahrensmangelEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1993010545.X00Im RIS seit
20.11.2000