TE Vwgh Erkenntnis 1993/11/10 93/13/0162

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 10.11.1993
beobachten
merken

Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;

Norm

EStG 1988 §2 Abs3 Z6;
EStG 1988 §2 Abs4 Z2;
EStG 1988 §28 Abs5 Z2;
VwGG §28 Abs1 Z6;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Pokorny, Dr. Fellner, Dr. Hargassner und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Büsser, über die Beschwerde der L in Wien, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in X, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, Berufungssenat VI, vom 24. Juni 1993, Zl. 6/3-3170/93-05, betreffend einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften für das Jahr 1991,

Spruch

1. den Beschluß gefaßt:

Der Antrag, den angefochtenen Bescheid, allenfalls mit ihm den Bescheid des Finanzamtes für den 6., 7. und 15. Bezirk, SteuerNr. 907/3783, dahin abzuändern, daß die der Beschwerdeführerin zukommenden Einkünfte lediglich mit

S 67.316,97 bemessen werden, wird zurückgewiesen.

2. zu Recht erkannt:

Im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin ist gemeinsam mit einer konzessionierten Hausverwalterin Eigentümerin eines Miethauses in Wien. Der von der Hausverwalterin für die Vermietergemeinschaft erstatteten Erklärung der Einkünfte für das Jahr 1991 war eine von der Hausverwalterin gezeichnete Überschußerklärung angeschlossen, welche den Vermerk trug, daß für "den Anteil (Beschwerdeführerin) die Rückstellung gemäß § 28/3" beantragt werde. Dieser Anteil wurde mit S 293.107,11 beziffert.

Mit Schreiben vom 1. September 1992 forderte das Finanzamt die Miteigentümer zu Handen der Hausverwalterin unter Übermittlung eines Verzeichnismusters dazu auf, innerhalb einer Frist von zwei Wochen das nach § 28 Abs. 5 EStG 1988 vorgesehene Verzeichnis nachzureichen, wobei darauf hingewiesen wurde, daß die Begünstigung des § 28 Abs. 5 EStG 1988 nur in Anspruch genommen werden könne, wenn die steuerfreien Beträge in einer mit der Steuererklärung dem Finanzamt vorgelegten Aufzeichnung ausgewiesen seien. Auf dieses Schreiben reagierte die Hausverwalterin mit einem am 14. September 1992 beim Finanzamt eingelangten Antrag um Fristerstreckung bis 10. Oktober 1992. Nach einer der Aktenlage nach erfolglosen telefonischen Urgenz der Vorlage des abgeforderten Verzeichnisses am 16. November 1992 erließ das Finanzamt am 20. Jänner 1993 den Feststellungsbescheid nach § 188 BAO ohne Bedachtnahme auf die Bildung eines steuerfreien Betrages nach § 28 Abs. 5 EStG 1988.

Der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung schloß der Rechtsvertreter der Miteigentümer eine als "Rückstellungsverzeichnis" bezeichnete Gleichschrift der schon der Einkünfteerklärung angeschlossen gewesenen Überschußrechnung an.

Mit Berufungsvorentscheidung vom 12. März 1993 wies das Finanzamt die Berufung mit der Begründung ab, daß die Aufzeichnung über den geltend gemachten steuerfreien Betrag nicht fristgerecht beigebracht worden sei.

In dem daraufhin gestellten Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz stellte der Rechtsvertreter der Miteigentümer die Behauptung auf, daß das Verzeichnis über die geltend gemachten steuerfreien Beträge ohnehin mit der Erklärung der Einkünfte der Gemeinschaft vorgelegt worden sei. Angeschlossen war dem Antrag das der Hausverwalterin seinerzeit übermittelte Muster über die Bildung des steuerfreien Betrages nach § 28 Abs. 5 EStG 1988, welches einen steuerfreien Betrag der Beschwerdeführerin in Höhe von S 225.790,44 auswies.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet deswegen ab, weil die Beschwerdeführerin das im § 28 Abs. 5 Z. 2 EStG 1988 geforderte besondere Verzeichnis weder der Steuerklärung beigelegt, noch in der vom Finanzamt gesetzten vierzehntägigen Nachfrist nachgereicht habe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, welche folgende Anträge formuliert:

"1.) Es wolle in Stattgebung der Beschwerde die angefochtene Berufungsentscheidung, allenfalls mit ihr der Bescheid des Finanzamtes ... abgeändert und die der Beschwerdeführerin zukommenden Einkünfte lediglich mit

S 67.316,97 bemessen werden;

2.) allenfalls wolle die Berufungsentscheidung, in eventu auch mit ihr die vorzitierte Entscheidung erster Instanz aufgehoben und der Berufungs- oder der Verfahrensbehörde erster Instanz die neuerliche, allenfalls nach Verfahrensergänzung zu fällende Entscheidung aufgetragen werden."

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in welcher sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 42 Abs. 1 zweiter Satz VwGG hat das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes, abgesehen von den Fällen der Säumnisbeschwerden (Art. 132 B-VG), entweder die Beschwerde als unbegründet abzuweisen oder den angefochtenen Bescheid aufzuheben. Zu einer Abänderung des angefochtenen Bescheides im Sinne des zu Punkt 1 von der Beschwerdeführerin formulierten Beschwerdeantrages ist der Verwaltungsgerichtshof nicht berufen. Wie sich aus Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG ergibt, kann der Verwaltungsgerichtshof desgleichen nicht zur Entscheidung über erstinstanzliche Bescheide angerufen werden, die der Bekämpfung im Instanzenzug unterliegen. Der von der Beschwerdeführerin zu Punkt 1 formulierte Beschwerdeantrag war deshalb zufolge Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG unter Bedachtnahme auf § 12 Abs. 3 VwGG als unzulässig zurückzuweisen.

Der zu Punkt 2 formulierte Beschwerdeantrag entspricht zwar mit seinem Wortlaut, der Berufungsbehörde oder gar der Verfahrensbehörde erster Instanz die neuerliche Entscheidung aufzutragen, einem nach § 28 Abs. 1 Z. 6 VwGG i.V.m. § 42 Abs. 2 leg. cit. zu formulierenden Begehren in einer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof ebensowenig, läßt aber aus dem Grundsatz, daß ein Beschwerdeantrag im Zweifel derart auszulegen ist, daß der Beschwerdeführer nicht um seinen Rechtsschutz gebracht wird (vgl. die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtshofbarkeit3, 251, wiedergegebene Judikatur), eine Deutung im Sinne eines Begehrens nach Aufhebung des angefochtenen Bescheides im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGG gerade noch zu.

Das Begehren ist aber nicht berechtigt.

Nach dem Einleitungssatz des § 28 Abs. 5 EStG 1988 können bei der Vermietung eines Grundstücks (Gebäudes) auf Antrag steuerfreie Beträge gebildet werden, wobei die im Nachstehenden aufgezählten Bedingungen gelten. Nach der im § 28 Abs. 5 Z. 2 EStG 1988 formulierten Bedingung der Bildung eines solchen steuerfreien Betrages sind die steuerfreien Beträge in einem mit der Steuererklärung dem Finanzamt vorgelegten besonderen Verzeichnis auszuweisen, aus welchem die Höhe sämtlicher Beträge, ihre Berechnung und ihre Verwendung klar ersichtlich sein muß; wurde ein steuerfreier Betrag gebildet und dieses Verzeichnis nicht mit der Steuererklärung vorgelegt, so hat das Finanzamt eine Nachfrist von zwei Wochen zu setzen.

Da die Beschwerdeführerin auch vor dem Verwaltungsgerichtshof auf ihrem Standpunkt verharrt, das in der zitierten Gesetzesstelle geforderte Verzeichnis ohnehin mit der Steuererklärung vorgelegt zu haben, und die gegenteilige Beurteilung des angefochtenen Bescheides als aktenwidrig rügt, ist sie offenbar der Meinung, die der Einkünfteerklärung der Miteigentümer beigelegte Überschußrechnung sei (auch) als ein solches Verzeichnis im Sinne des § 28 Abs. 5 Z. 2 EStG 1988 anzusehen. Diese Auffassung ist irrig.

Nach dem unzweideutigen Wortlaut der Bestimmung des § 28 Abs. 5 Z. 2 EStG 1988 sind die steuerfreien Beträge in einem mit der Steuererklärung dem Finanzamt vorgelegten BESONDEREN Verzeichnis auszuweisen. Der vom Gesetz angeordneten Vorlage eines besonderen Verzeichnisses kann mit dem Hinweis auf die der Steuererklärung beigelegte Einkünfteberechnung nach § 2 Abs. 4 Z. 2 EStG 1988 nicht entsprochen werden; die Überschußrechnung hat nur den Zweck, der Abgabenbehörde den Nachvollzug der deklarierten Einkünfte aus der Einkunftsart des § 2 Abs. 3 Z. 6 EStG 1988 zu ermöglichen. Die von der Beschwerdeführerin offensichtlich vertretene Auffassung, es dürfe die Überschußrechnung auch gleichzeitig als besonderes Verzeichnis im Sinne des § 28 Abs. 5 Z. 2 EStG 1988 angesehen werden, läuft im Ergebnis darauf hinaus, den normativen Gehalt dieser Vorschrift schlechterdings zu leugnen. Nun sind an die Besonderheit des nach § 28 Abs. 5 Z. 2 EStG 1988 der Steuererklärung anzuschließenden Verzeichnisses zwar keine überspitzt formalistischen Anforderungen derart zu stellen, daß es dazu der Ausfüllung eines ganz bestimmten Formulars oder eines getrennten Papiers bedürfte. Jedenfalls aber verlangt das Gesetz eine von der Überschußrechnung im Sinne des § 2 Abs. 4 Z. 2 EStG 1988 getrennte Aufstellung jener im § 28 Abs. 5 Z. 2 zweiter Satz EStG 1988 genannten Daten, anhand deren die Behörde die Richtigkeit der Ermittlung und Verwendung des steuerfreien Betrages zu beurteilen hat. Dieser Betrag deckt sich ja im Regel- und auch im Beschwerdefall nicht mit den aus der Einkunftsart des § 2 Abs. 3 Z. 6 EStG 1988 erzielten Einkünften, weshalb das Gesetz dem Abgabepflichtigen die Vorlage eines besonderen, den Nachvollzug der Ermittlung des steuerfreien Betrages erlaubenden Verzeichnisses aufträgt, welchem Auftrag aber mit der Vorlage der nur die Einkünfte nach § 2 Abs. 4 Z. 2 EStG 1988 ausweisenden Überschußrechnung nicht entsprochen werden kann. Eine solche, den Mindestanforderungen der Besonderheit des Verzeichnisses im Sinne des § 28 Abs. 5 Z. 2 erster Satz EStG 1988 entsprechende Aufstellung hatte die von der Beschwerdeführerin der Einkünfteerklärung beigelegte Überschußrechnung nicht enthalten.

Zu Recht hat das Finanzamt deshalb nach dem dritten Satz des § 28 Abs. 5 Z. 2 EStG 1988 für die Vorlage des Verzeichnisses eine Nachfrist von zwei Wochen gesetzt. Welche Manuduktionspflichten das Finanzamt dabei der behördlich konzessionierten Hausverwalterin der Beschwerdeführerin gegenüber verletzt haben sollte, ist umso unerfindlicher, als das Finanzamt der Hausverwalterin ohnehin ein Muster für die Erstellung eines geeigneten Verzeichnisses übermittelt hatte. Daß die Hausverwalterin sich nicht imstande oder willens erwies, das ihr übermittelte Formular dem Finanzamt innerhalb der im Einklang mit dem Gesetz bemessenen Nachfrist ausgefüllt zu retournieren und diese Bedingung der Bildung eines steuerfreien Betrages auf diese Weise unschwer zu erfüllen, durfte die Beschwerdeführerin dem Finanzamt nicht mit Recht vorwerfen.

Es ist der im Instanzenzug ergangene angefochtene Bescheid auch nicht deswegen als rechtswidrig zu erkennen, weil das Finanzamt in seiner Nachfristsetzung die Hausverwalterin nicht darüber belehrt hatte, daß die Versäumung der gesetzten Nachfrist den Verlust des Anspruchs auf Bildung des steuerfreien Betrages zur Folge haben würde. Die der Abgabenbehörde in § 113 BAO auferlegte Oberliegenheit zur Manuduktion setzt voraus, daß eine Partei zum einen nicht durch einen berufsmäßigen Parteienvertreter vertreten ist und zum anderen die nötigen Anleitungen begehrt. Angesichts schon der Eigenschaft der gegenüber dem Finanzamt aufgetretenen Vertreterin der Beschwerdeführerin als behördlich konzessionierte Hausverwalterin war das Finanzamt nicht dazu verhalten, ihr die Folgen einer Versäumung der gesetzten Nachfrist über das Zitat der maßgebenden gesetzlichen Bestimmung im Schreiben über die Nachfristsetzung hinaus noch näher vor Augen zu führen.

Diese Säumnisfolgen sind entgegen der in der Beschwerde vertretenen Auffassung aber eingetreten; die im Gesetz statuierte Nachfrist von zwei Wochen war nicht erstreckbar und stand einer Nachholung der Vorlage des im Gesetz erforderten Verzeichnisses im Berufungsverfahren unübersteigbar entgegen (vgl. das zur gleichgelagerten Rechtslage nach § 28 Abs. 3 EStG 1972 ergangene hg. Erkenntnis vom 11. Dezember 1990, 90/14/0226, mit weiterem Nachweis, ebenso das hg. Erkenntnis vom 15. September 1993, 92/13/0004).

Es erwies sich die Beschwerde somit auch im Umfang ihres als zulässig anzusehenden Begehrens als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1993130162.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten