TE Vwgh Erkenntnis 1993/11/16 93/05/0195

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 16.11.1993
beobachten
merken

Index

L37132 Abfallabgabe Müllabgabe Sonderabfallabgabe Sondermüllabgabe
Müllabfuhrabgabe Kärnten;
L82402 Abfall Müll Sonderabfall Sondermüll Kärnten;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AbfallbeseitigungsG Krnt 1978 §4 Abs1;
AVG §56;
B-VG Art119a Abs5;
MüllabfuhrO Globasnitz 1985 §3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Hauer und die Hofräte Dr. Degischer, Dr. Giendl, Dr. Kail und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über die Beschwerde der P in Globasnitz, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 7. Juli 1993, Zl. 8W-Allg-140/3/1991, betreffend Müllabfuhr (mitbeteiligte Partei: Gemeinde Globasnitz, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Kärnten hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 25. November 1985 wurde der Beschwerdeführerin für ihr bebautes Grundstück in Globasnitz Nr. N.N. die Aufstellung eines Müllbehälters mit einem Inhalt von 120 Litern vorgeschrieben. Gleichzeitig wurde ausgesprochen, daß die Entleerung und Abfuhr 14tägig zu erfolgen habe. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Gemeinderat habe mit Verordnung vom 8. November 1985 bestimmt, daß das ganze Gemeindegebiet im Sinne der Bestimmungen des § 8 Abs. 2 des Kärntner Abfallbeseitigungsgesetzes als Pflichtbereich anzusehen sei. Gemäß § 9 des zitierten Gesetzes seien die Eigentümer von im Pflichtbereich gelegenen Grundstücken verpflichtet, Haus- und Sperrmüll durch die Gemeinde oder durch die Einrichtungen abführen zu lassen, deren sich die Gemeinde zur Durchführung der Müllabfuhr bediene.

In der gegen diesen Bescheid eingebrachten Berufung führte die Beschwerdeführerin aus, in ihrem Haus falle niemals soviel Müll an, daß sie den Inhalt von 120 Litern voll ausnützen könnte. Sie beantrage 13 Müllsäcke jährlich.

Mit Bescheid vom 21. Mai 1986 hat der Gemeindevorstand der mitbeteiligten Gemeinde die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Bürgermeisters abgewiesen. Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, aufgrund der Tatsache, daß die Verordnung des Gemeinderates vom 8. November 1985 dahingehend laute, daß die Müllabfuhr für das gesamte Gemeindegebiet generell zweiwöchentlich zu erfolgen habe, könne dem Begehren der Beschwerdeführerin nicht stattgegeben werden. Dieser Bescheid wurde der Beschwerdeführerin nach dem im Akt einliegenden Rückschein am 10. Juni 1986 zugestellt.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Vorstellung wiederholte die Beschwerdeführerin im wesentlichen ihr bisheriges Vorbringen und führte ergänzend aus, sie könne bei einer 14tägigen Entleerung eines Müllcontainers mit 120 Liter Fassungsvermögen diese Kapazität nie ausnützen, da sie mit ihrer Enkelin alleine im Haushalt lebe und der Sohn nur sehr sporadisch und kurzfristig nach Hause komme. Der Wunsch nach einer andersartigen Regelung sei weiters darin begründet, daß diese Abfuhrbedingungen für die Beschwerdeführerin als Bezieherin einer Mindestpension gleichzeitig eine außerordentliche finanzielle Belastung darstellten.

Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid vom 7. Juli 1993 hat die belangte Behörde der Vorstellung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Gemeindevorstands der mitbeteiligten Gemeinde vom 21. Mai 1986 keine Folge gegeben.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten mit einer Gegenschrift vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Auch die mitbeteiligte Gemeinde hat in einer Gegenschrift

die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Bescheid des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Gemeinde wurde der Beschwerdeführerin am 10. Juni 1986 zugestellt. Damit war dieser Bescheid an diesem Tag erlassen. Obwohl die Vorstellung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Gemeindesvorstandes erst mit Schreiben der mitbeteiligten Gemeinde vom 3. März 1993 der Aufsichtsbehörde zur Entscheidung vorgelegt wurde, war die Vorstellungsbehörde gehalten, wie sie zutreffend ausgeführt hat, ihrer Überprüfung die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letztinstanzlichen gemeindebehördlichen Entscheidung zugrunde zu legen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 25. Jänner 1983, Zl 82/05/0105, vom 29. November 1983, Zl. 83/05/0127, u.v.a.).

Gemäß § 4 Abs. 1 der Kärntner Abfallbeseitigungsgesetzes, LGBl. Nr. 19/1978 in der Fassung LGBl. Nr. 11/1986, ist die Gemeinde im Rahmen der Bestimmungen dieses Gesetzes verpflichtet, für die Abfuhr und die Beseitigung von Hausmüll und Sperrmüll zu sorgen. Gemäß § 8 Abs. 1 leg. cit. ist die Müllabfuhr für Hausmüll und für Sperrmüll für das gesamte Gemeindegebiet einzurichten (Pflichtbereich). Nach Abs. 2 dieser Bestimmung hat der Gemeinderat mit Verordnung Grundstücke, von denen auf Grund ihrer Lage und der Art der Verkehrserschließung die Abfälle nicht oder nur mit unverhältnismäßig hohen Kosten abgeführt werden können, vom Pflichtbereich auszunehmen (Ausnahmebereich). Gemäß § 9 Abs. 1 leg. cit. sind die Eigentümer von im Pflichtbereich gelegenen Grundstücken verpflichtet, Hausmüll und Sperrmüll durch die Gemeinde oder durch die Einrichtungen abführen zu lassen, deren sich die Gemeinde zur Durchführung der Müllabfuhr bedient. Nach § 10 Abs. 2 leg. cit. sind die Eigentümer der bebauten Grundstücke im Pflichtbereich verpflichtet, von der Gemeinde beigestellte Müllbehälter aufzustellen oder anzubringen und in ordentlichem Zustand zu erhalten. Nach Abs. 3 hat der Bürgermeister die Zahl der aufzustellenden oder anzubringenden Müllbehälter für jedes bebaute Grundstück unter Bedachtnahme auf den Bedarf mit Bescheid festzusetzen. Befindet sich auf einem bebauten Grundstück ein Gebäude, das mindestens einen Wohnraum oder einen sonstigen Aufenthaltsraum enthält, so ist für dieses Grundstück die Aufstellung oder Anbringung mindestens eines Müllbehälters vorzuschreiben.

Mit Verordnung des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 8. November 1985 wurde in deren § 1 der gesamte Gemeindebereich als Pflichtbereich festgelegt. § 3 dieser Verordnung lautet:

"

§ 3

HÖHE DER ABGABE

1) Die Müllabfuhr wird wie folgt festgesetzt:

a)

je Müllbehälter mit einem Inhalt von 120 lt.

       bei 2-wöchentlicher Entleerung, je Entleerung   S  24,20

    b) je Müllbehälter mit einem Inhalt von 240 lt.

       bei 2-wöchentlicher Entleerung, je Entleerung   S  50,70

    c) je Müllbehälter mit einem Inhalt von 1.100 lt.

       bei wöchentlicher Entleerung, je Entleerung     S 169,50

    d) je Müllbehälter mit einem Inhalt von 1.100 lt.

       bei 2-wöchentlicher Entleerung, je Entleerung   S 215,20

    e) 1 Müllsack                                      S  20,30

              2)       Die im Abs. 1 angeführten Müllbehälter werden den Grundstückseigentümern zur Verfügung gestellt."

Entgegen den Ausführungen der belangten Behörde und der mitbeteiligten Gemeinde kann dieser Verordnung nicht entnommen werden, daß der Müllbehälter mit einem Inhalt von 120 Litern (je S 24,20) das kleinste Müllgefäß gewesen sei; aus § 3 dieser Verordnung ergibt sich, daß der kleinste Müllbehälter ein Müllsack war, für dessen Entleerung eine Gebühr von S 20,30 zu entrichten war. Der Umstand, daß der in der Verordnung vorgesehene Müllsack nach Auskunft der mitbeteiligten Gemeinde nur in zwei ganz bestimmten Fällen zur Ausgabe gelangte, nämlich einerseits an Liegenschaftseigentümer außerhalb des Abholbereiches der von der Gemeinde beauftragten Entsorgungsfirma und andererseits bei Liegenschaften mit einem - gelegentlich - höheren Müllanteil, weshalb die zweiwöchige Entsorgung nicht ausreiche, findet weder im § 3 noch in einer anderen Bestimmung der Verordnung des Gemeinderates vom 8. November 1985 eine Rechtsgrundlage. Er steht dem Faktum nicht entgegen, daß grundsätzlich auch ein kleinerer Müllbehälter als einer mit einem Fassungsvermögen von 120 Litern zur Verfügung stand. Zutreffend führte die Beschwerdeführerin aus, daß sich weder die Gemeindebehörden noch die belangte Behörde mit dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, wonach ein Gefäß mit 120 Liter bei 14tägiger Entleerung für ihren Bedarf zu groß sei, auseinandergesetz habe. Eine derartige Auseinandersetzung hätte nicht einmal dann unterbleiben können, wenn der Beschwerdeführerin das kleinste, in der Verordnung des Gemeinderates vom 8. November 1985 vorgesehene Müllgefäß zugewiesen worden wäre, weil gemäß § 10 Abs. 3 des Abfallbeseitigungsgesetzes auf den Bedarf Rücksicht zu nehmen ist. In der zitierten Verordnung war auch - entgegen der Ansicht der mitbeteiligten Gemeinde und der belangten Behörde - nicht festgesetzt, daß die Müllabfuhr (auch bei Müllsäcken) mit mindestens zweiwöchentlicher Entleerung zu erfolgen hatte. Auch hinsichtlich der Anzahl der erforderlichen Enleerungen wären daher Ermittlungen durchzuführen gewesen. Da die belangte Behörde dies nicht erkannte und den Bescheid des Gemeindevorstandes weder aufhob und die Angelegenheit zur Verfahrensergänzung an die mitbeteiligte Gemeinde zurückverwies noch selbst in einem mängelfreien Verfahren die erforderlichen Verfahrensergänzungen durchführte, belastete sie ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Das Mehrbegehren war abzuweisen, da in dem in der zitierten Verordnung vorgesehenen Pauschalbetrag die Umsatzsteuer bereits enthalten ist.

Mit der Erledigung der Beschwerde ist der Antrag, dieser die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, gegenstandlos.

Schlagworte

Maßgebende Rechtslage maßgebender SachverhaltVorstellung Diverses

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1993050195.X00

Im RIS seit

20.11.2000

Zuletzt aktualisiert am

02.07.2015
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten