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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
EStG 1972 §22 Abs1 Z1 litb;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Hnatek, Dr. Pokorny, Dr. Karger und Dr. Baumann als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Hutter, über die Beschwerde des Dipl.-Ing. L in H, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in F, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Vorarlberg (Berufungssenat) vom 26. Mai 1989, Zl. 618-2/89, betreffend Einkommensteuer und Gewerbesteuer für die Jahre 1981 und 1982, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer bezeichnet sich als "freiberuflicher Konsulent für EDV-Beratung". Streit besteht im verwaltungsgerichtlichen Verfahren darüber, ob die Einkünfte aus dieser Tätigkeit solche aus selbständiger Arbeit (§ 22 EStG 1972) oder solche aus Gewerbebetrieb (§ 23 leg. cit.) sind.
Mit dem hg. Erkenntnis vom 22. März 1983, 82/14/0099, hat der Gerichtshof den damals vom Beschwerdeführer angefochtenen Bescheid betreffend Aufhebung seines Einkommensteuerbescheides 1980 gemäß § 299 Abs. 2 BAO wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Strittig war in diesem Beschwerdefall ebenfalls die rechtliche Beurteilung der Einkünfte des Beschwerdeführers. Der Gerichtshof führte in dem zitierten Erkenntnis wörtlich aus:
"Es ist zwar richtig, daß die Berufstätigkeit des Beschwerdeführers im § 22 Abs. 1 Z. 1 EStG nicht spezifisch genannt ist. Es mag auch zutreffen, daß sie keiner der genannten Berufstätigkeiten unmittelbar ähnlich ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Oktober 1981, Zl. 17/3057/79, und die darin zitierte Vorjudikatur). Es kann aber ohne jedwede weitere Prüfung nicht ausgeschlossen werden, daß der Tätigkeit des Beschwerdeführers, der als "Grundlage und Voraussetzung" für seine Tätigkeit das Studium der technischen Mathematik/Datensysteme genannt hat, wissenschaftlicher Charakter zukommt."
Aus den vorgelegten Verwaltungsakten und den Schriftsätzen der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist zu entnehmen, daß in der Art der Tätigkeit des Beschwerdeführers zwischenzeitig keine Änderung eingetreten ist; auf die diesbezüglichen Ausführungen im zitierten Vorerkenntnis wird daher hingewiesen. Ergänzend ist für das vorliegende Beschwerdeverfahren noch nachstehender Sachverhalt von Bedeutung:
Im Schreiben vom 16. August 1983 wurde die Art der Tätigkeit des Beschwerdeführers nochmals detailliert dargestellt. Sie besteht im wesentlichen aus diversen Beratungen im Bereich EDV und Betriebsmanagement. Anschließend wurde festgestellt, der Beschwerdeführer habe "... eine wissenschaftliche Tätigkeit ausgeübt, die in keiner Weise mit dem Berufsbild eines Betriebsberaters vergleichbar ist. ... Ohne die hochschulmäßige Vorbildung sowohl auf technisch-mathematischem Gebiet mit Abschluß als Diplomingenieur als auch auf handels- und betriebswissenschaftlichem Gebiet wäre die Tätigkeit des ... (Beschwerdeführers) gänzlich undenkbar".
Schließlich wurde in dem Schreiben die Auffassung vertreten, daß die Tätigkeit des Beschwerdeführers der eines Ziviltechnikers ähnlich sei, "zumal die Ingenieurkammer für Tirol und Vorarlberg bereits seit längerem beabsichtigt, diesen Zweig als neue Richtung im Rahmen des Ziviltechnikergesetzes einzuführen".
Das Finanzamt erließ Einkommensteuer- und Gewerbesteuerbescheide für die Jahre 1981 und 1982, in denen es die Einkünfte des Beschwerdeführers als solche aus Gewerbebetrieb qualifizierte.
Der Beschwerdeführer erhob Berufung und verwies auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes im zitierten Vorerkenntnis.
Das Finanzamt wies die Berufung mit Berufungsvorentscheidung ab. Der Beschwerdeführer übe ein gebundenes Gewerbe im Sinne des § 103 Abs. 1 lit. a Z. 2 Gewerbeordnung 1973 aus. Dieses Gewerbe sei mit "Dienstleistungen in der automatischen Datenverarbeitung und Informationstechnik" beschrieben. Die von den Kunden gestellten Aufgaben würden mit rein mechanischen Rechenoperationen durchgeführt. Die Tätigkeit sei ebenso als gewerblich anzusehen wie die Tätigkeit eines Betriebsberaters. Eine wissenschaftliche Tätigkeit liege im Beschwerdefall nicht vor, weil das Ziel der Tätigkeit nicht in der Vermehrung des menschlichen Wissens im Interesse der Allgemeinheit bestehe. Eine Ähnlichkeit mit der Tätigkeit eines Ziviltechnikers sei nicht gegeben, weil der beim Beschwerdeführer vorliegende Studienzweig der technischen Mathematik im § 4 des Ziviltechnikergesetzes nicht enthalten sei.
Der Beschwerdeführer beantragte die Entscheidung über seine Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz. Seine Tätigkeit gehe weit über jene eines Betriebsberaters hinaus und sei daher als freiberuflich anzusehen. Das Einkommensteuergesetz 1988 beziehe nunmehr auch die Tätigkeit eines Betriebsberaters in den Kreis der freien Berufe ein. Obwohl dieses Gesetz im Beschwerdefall noch nicht anwendbar sei, liege doch "ein typischer Fall des argumentum a minori ad maius vor: Wenn schon die Tätigkeit eines Betriebsberaters als freiberuflich angesehen wird, dann dürfte dies im weitaus stärkeren Maß für die Tätigkeit eines Unternehmers gelten, dessen Tätigkeit über die berufsspezifische Tätigkeit eines Betriebsberaters von jeher weit hinausging".
In der mündlichen Verhandlung brachte der Beschwerdeführer ergänzend vor, seine Tätigkeit bestehe darin, für Betriebe Problemlösungen zu finden, oft unter Zuhilfenahme von EDV, aber auch im Bereich der Rationalisierung, was mit einem Computer nichts zu tun habe. Weiters verwies der steuerliche Vertreter des Beschwerdeführers auf den Entwurf eines Bundesgesetzes vom Jahr 1984 betreffend eine Änderung des Ziviltechnikergesetzes, "der leider über das Begutachtungsstadium nicht hinausgekommen" sei. Im § 4 dieses Gesetzes sollte danach auch die "technische Mathematik" genannt werden. Der Beschwerdeführer könne nichts dafür, daß dieses Gesetz noch nicht in Kraft getreten sei.
Die belangte Behörde wies die Berufung ab. Die wissenschaftliche Qualifikation des Beschwerdeführers stehe außer Zweifel; da aber seine Tätigkeit nicht der Vermehrung des menschlichen Wissens im Interesse der Allgemeinheit diene, sondern in der Beratung seiner Klientel bestehe, sei sie ebensowenig wissenschaftlich wie die Tätigkeit eines Rechtsanwaltes. Auch eine Ähnlichkeit mit der Tätigkeit eines Ziviltechnikers sei zu verneinen. Eine allfällige künftige Erweiterung des Befugniskataloges eines Ziviltechnikers durch gesetzliche Maßnahmen sei für die Vergangenheit ohne Bedeutung.
Gegen diese Entscheidung wendet sich die Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer wendet sich nicht dagegen, daß die belangte Behörde in seiner Tätigkeit keine wissenschaftliche Tätigkeit erblickt. Wenn auch sein Vorbringen, er habe "zu keiner Zeit behauptet" eine wissenschaftliche Tätigkeit ausgeübt zu haben, aktenwidrig ist, weil er in seinem Schreiben vom 16. August 1983 sehr wohl darauf hingewiesen hat, "... in der Folge eine wissenschaftliche Tätigkeit ausgeübt" zu haben, so erübrigt sich doch eine eingehende Auseinandersetzung mit dieser Frage, zumal der Gerichtshof die Feststellung der belangten Behörde für schlüssig hält, der Beschwerdeführer übe eine beratende Tätigkeit aus, deren Ergebnis ausschließlich seiner Klientel zugute komme.
Der Beschwerdeführer behauptet aber, seine Tätigkeit sei der eines Ziviltechnikers ähnlich. Er hat im Schreiben vom 16. August 1983 sein Aufgabengebiet wie folgt umschrieben:
"-
Beratung der Unternehmensleitung bei der Entscheidungsfindung im Bereich EDV und Management
-
Untersuchung und Beurteilung von Steuerungsgrößen eines Betriebes für das Management mit Hilfe der EDV
-
Konzepte und Begutachtung von Eingriffen in Betriebssysteme und deren Subsysteme
-
Erstellung und Simulation von Rationalisierungsmodellen für Betriebsabläufe im Einfluß unterschiedlicher Betriebsgrößen
-
Erarbeitung von Problemlösungen für komplexe Anwendungsgebiete, z.B. über mathematische Modelle und ähnliche
-
Software-Gutachten
-
Analysen und Beratung zur Erstellung oder Korrektur von Software entsprechend der betriebsinternen und wirtschaftlichen Situation."
Die so beschriebene Tätigkeit läßt nicht erkennen, inwiefern sie der eines Ziviltechnikers ähnlich sein sollte. Der Beschwerdeführer gibt auch keinen konkreten Hinweis in diese Richtung. Er wirft aber der belangten Behörde vor, sich mit seinem Vorbringen nicht ausreichend auseinandergesetzt zu haben. Im besonderen kritisiert er, daß die belangte Behörde eine Ähnlichkeit hinsichtlich Vorbildung, Schwierigkeitsgrad der Aufgabenstellung und Niveau der Problemlösung festgestellt, trotzdem aber die Ähnlichkeit der Tätigkeit des Beschwerdeführers mit der eines Ziviltechnikers verneint habe. Der Beschwerdeführer wirft die Frage auf, "in welchen weiteren Punkten wohl eine Identität vorliegen solle". Dem ist entgegenzuhalten, daß es in erster Linie auf den INHALT einer Tätigkeit ankommt, um eine Ähnlichkeit mit einer anderen Tätigkeit feststellen zu können. Vorbildung, Schwierigkeitsgrad und das Niveau von Tätigkeiten können durchaus vergleichbar sein, ohne daß der Tätigkeitsinhalt vergleichbar wäre. So können etwa juristisch vergleichbar vorgebildete Personen Tätigkeiten entfalten, die vom Schwierigkeitsgrad und Niveau her gesehen durchaus vergleichbar sind, ihrem Inhalt nach aber sehr verschieden sein können, wie dies etwa bei Rechtsanwälten, Richtern und Verwaltungsbeamten der Fall ist.
Was nun den Inhalt der Tätigkeit eines Ziviltechnikers betrifft, so ist auf § 5 des Ziviltechnikergesetzes zu verweisen, wo Inhalt und Befugnisse der Ziviltechniker "in allen Zweigen ihres Fachgebietes" geregelt sind. Die Fachgebiete sind im § 4 leg. cit. erschöpfend aufgezählt. Keines der dort genannten Fachgebiete läßt eine Ähnlichkeit mit dem Fachgebiet des Beschwerdeführers erkennen. Der Beschwerdeführer nennt auch kein Fachgebiet, mit dem seine Tätigkeit verglichen werden könnte. Schon aus diesem Grund erweist sich der Vorwurf des Beschwerdeführers als unbegründet, die belangte Behörde habe sich nicht ausreichend mit seinem Vorbringen betreffend die Ähnlichkeit seiner Tätigkeit mit der eines Ziviltechnikers auseinandergesetzt.
Auch ein weiteres Argument des Beschwerdeführers ist nicht geeignet, sein Vorbringen zu untermauern. Er behauptet - ebenfalls ohne jede Konkretisierung -, daß seine Tätigkeit weit über jene hinausgehe, die einen Betriebsberater kennzeichne. Welche Tätigkeiten ein Betriebsberater nicht, der Beschwerdeführer aber sehr wohl ausübe, bleibt dabei unerwähnt.
Der Beschwerdeführer rügt auch, daß die belangte Behörde aus der Aufnahme des "Betriebsberaters" (richtig des Unternehmensberaters) in die Aufzählung der freien Berufe durch das Einkommensteuergesetz 1988 keine Schlüsse dahin gezogen habe, daß die angeblich über die Betriebsberatung weit hinausgehende Tätigkeit des Beschwerdeführers nicht schon vor dieser Gesetzesänderung eine freiberufliche Tätigkeit dargestellt habe. Zu Recht verweist die belangte Behörde darauf, daß die durch das Einkommensteuergesetz 1988 geschaffene neue Rechtslage sich nicht mit Hilfe von Schlüssigkeitserwägungen in der vom Beschwerdeführer gewünschten Weise rückprojizieren läßt.
Ebenso verfehlt ist der Hinweis des Beschwerdeführers auf Gesetzesinitiativen im Bereich des Ziviltechnikergesetzes, mit denen die Tätigkeit des Beschwerdeführers "auch formal" in den Kreis der den Ziviltechnikern vorbehaltenen Tätigkeiten aufgenommen werden sollte. Daß diese Bemühungen ergebnislos verlaufen sind, bringt der Beschwerdeführer selbst vor, er meint aber, "daß er nichts dafür kann, daß dieses Gesetz noch nicht in Kraft getreten ist". Dem ist zuzustimmen; es ändert aber nichts daran, daß die belangte Behörde nur Gesetze zu vollziehen hat, nicht aber Gesetzesentwürfe, die vom Gesetzgeber nicht beschlossen wurden.
Was schließlich das vom Beschwerdeführer zitierte Urteil des Bundesfinanzhofes vom 19. Juli 1985, BStBl 1986 II S 15 ff anlangt, so ist zu sagen, daß eine Auseinandersetzung mit ausländischer Rechtsprechung insbesondere dann entbehrlich erscheint, wenn - wie im Beschwerdefall - die Rechtslage nicht ausreichend vergleichbar ist.
Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 104/1991.
Schlagworte
Verwaltungsrecht Internationales Rechtsbeziehungen zum Ausland VwRallg12 Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1989140182.X00Im RIS seit
11.07.2001