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32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;Norm
EStG 1988 §16 Abs1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Hnatek, Dr. Karger, Dr. Baumann und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Hutter, über die Beschwerde der N in I, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Tirol (Berufungssenat I) vom 18. Mai 1993, Zl. 30.432-3/93, betreffend Einkommensteuer 1989, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Begründung
Die Beschwerdeführerin, die bereits Wohnungseigentum an einer Wohnung in dem Gebäude besaß, erwarb im Zwangsversteigerungsverfahren durch Überbot, angenommen durch Beschluß des Bezirksgerichtes vom 13. Jänner 1987, - unter Übernahme von Hypotheken im Betrag von S 530.000,-- in Anrechnung auf das Überbot - eine weitere Wohnung und dies, nach der durch die belangte Behörde unwiderlegten Behauptung der Beschwerdeführerin nur deshalb, um der Hausgemeinschaft Deckung für durch den Verpflichteten geschuldete Betriebskosten zu verschaffen und die Wohnung ehestens wieder weiterzuverkaufen. Rechtsmittel im Exekutionsverfahren, die Übergabe der Wohnung an die Beschwerdeführerin und die Meistbotsverteilung erlaubten der Beschwerdeführerin erst im September 1989 die Wohnung nach entsprechender Instandsetzung zu verkaufen, wobei der Kaufpreis - nach Abzug des auf eine von der Beschwerdeführerin angeschaffte Kücheneinrichtung entfallenden Anteils von S 150.000,-- - das seinerzeitige Überbot um S 350.000,-- überstieg. Unbestritten ist, daß die Beschwerdeführerin die Wohnung weder selbst benutzte, noch vermietete oder einer Verwendung im Rahmen betrieblicher Einkünfte zuführte.
Die belangte Behörde lehnte im Instanzenzug bei Ermittlung der Einkünfte gemäß § 30 Abs. 4 EStG 1988 die Berücksichtigung der für die ersteigerte Wohnung der Beschwerdeführerin von der Rechtskraft des Überbotes bis zur Veräußerung der Wohnung erwachsenen Betriebskosten (S 103.500,--), der Schuldzinsen und Bankspesen für die Fremdfinanzierung des Überbotes
(S 195.561,--) sowie von Kosten für Vorhänge, Einbauküche mit Elektrogeräten und Badezimmerausstattungen ab.
Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch diesen Bescheid in ihrem Recht auf Berücksichtigung der "laufenden Betriebskosten" und der "aufgelaufenen Darlehenszinsen" bei Ermittlung des "Spekulationsgewinnes" verletzt, behauptet inhaltliche Rechtswidrigkeit und beantragt deshalb Bescheidaufhebung.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Vom Beschwerdepunkt erfaßt ist nur die Behandlung der Betriebskosten und Schuldzinsen bei Ermittlung der Einkünfte gemäß § 30 Abs. 4 EStG 1988.
Nach dieser Bestimmung sind als Einkünfte der Unterschiedsbetrag zwischen dem Veräußerungserlös einerseits und den Anschaffungskosten und den Werbungskosten andererseits anzusetzen. Im Falle der Veräußerung eines angeschafften Gebäudes sind die Anschaffungskosten um Instandsetzungsaufwendungen und Herstellungsaufwendungen zu erhöhen.
Instandsetzungs- oder Herstellungsaufwendungen werden durch den genannten Beschwerdepunkt nicht berührt.
Entscheidend ist daher, ob die belangte Behörde den Betriebskosten oder den Schuldzinsen die Eigenschaft von Anschaffungskosten oder Werbungskosten absprechen durfte.
Die Beschwerdeführerin behauptet selbst nicht, daß die genannten Ausgaben Anschaffungskosten darstellten. Dieser Standpunkt ist richtig. Zinsen für Eigen- oder Fremdkapital gehören ebensowenig zu den Anschaffungskosten wie Geldbeschaffungskosten. Die laufenden Betriebskosten der Eigentumswohnung während ihrer Zugehörigkeit zum Vermögen der Beschwerdeführerin wurden nicht für die Anschaffung der Wohnung entrichtet, sie sind schon deshalb nicht Anschaffungskosten.
Es bleibt daher zu klären, ob die erwähnten Ausgaben Werbungskosten darstellen.
Werbungskosten sind gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Aufwendungen und Ausgaben für den Erwerb oder Wertminderungen von Wirtschaftsgütern sind nur insoweit als Werbungskosten abzugsfähig, als dies im folgenden ausdrücklich zugelassen ist. Danach sind Werbungskosten gemäß § 16 Abs. 1 Z. 1 EStG 1988 auch Schuldzinsen, soweit sie mit einer Einkunftsart im wirtschaftlichen Zusammenhang stehen.
Für die Rechtslage vor dem Einkommensteuergesetz 1988 hat der Verwaltungsgerichtshof wiederholt ausgesprochen, daß beim Werbungskostenbegriff im Zusammenhang mit Spekulationseinkünften zu berücksichtigen sei, daß diese nicht durch die Nutzung des Wirtschaftsgutes, sondern durch seine Veräußerung erzielt würden. Es könnten daher nur Werbungskosten berücksichtigt werden, die durch das Veräußerungsgeschäft verursacht worden seien und zwar unmittelbar durch dieses (vgl. etwa das Erkenntnis vom 23. Oktober 1984, 83/14/0266, ÖStZB 1985, 185, und das Erkenntnis vom 24. Oktober 1978, 1006/76, VwSlg. 5307 F = ÖStZB 1979, 125). Außerdem hat der Verwaltungsgerichtshof zu dieser Rechtslage ausgesprochen, daß für Einkünfte aus der Einkunftsart des § 30 EStG 1972 das Zuflußprinzip und das Abflußprinzip jedenfalls soweit gilt, daß Ausgaben, die in einem späteren Jahr als jenem des Zufließens des Veräußerungserlöses erwachsen, auf die Ermittlung des Spekulationsgewinnes des früheren Jahres ohne Einfluß bleiben und nur mit einem im Abflußjahr entstandenen Spekulationsgewinn ausgeglichen werden können (Erkenntnis vom 14. April 1993, 90/13/0212).
Für das Einkommensteuergesetz 1988 läßt sich der vorgenannte enge Werbungskostenbegriff im Zusammenhang mit Spekulationsgeschäften nicht fortschreiben. Wie Hofstätter-Reichel zutreffend erkennen, hat der Gesetzgeber in § 30 Abs. 4 zweiter Satz EStG 1988 eine gewisse Angleichung der Ermittlung der Einkünfte aus Spekulationsgeschäften an die Regelung im betrieblichen Bereich zum Ziel gehabt (Die Einkommensteuer, EStG 1988, Kommentar, Band III, Tz 19 zu § 30 EStG 1988).
Diese Absicht strahlt auf den Werbungskostenbegriff des § 30 Abs. 4 EStG 1988 aus. Auch wenn Spekulationsgeschäfte gemäß § 30 Abs. 1 Z. 1 EStG 1988 Veräußerungsgeschäfte sind, so zeigt § 30 Abs. 4 EStG 1988, daß für den Ansatz der Einkünfte Vorgänge von der Anschaffung des Spekulationsobjektes bis zu seiner Veräußerung Berücksichtigung zu finden haben. Dies naturgemäß nur insoweit, als diese mit Kosten verbundenen Vorgänge im ausschließlichen oder doch überwiegenden Zusammenhang mit dem Gesamtvorgang des Spekulationsgeschäftes stehen. Dieses Geschäft erschöpft sich nämlich nicht im Verkauf, sondern setzt die Anschaffung und Erhaltung des schließlich veräußerten Objektes voraus. Zu den Werbungskosten im Sinne des § 30 Abs. 4 EStG 1988 zählen daher im Hinblick auf § 16 Abs. 1 EStG 1988 nicht nur Ausgaben (Kosten) verursachende Vorgänge, die unmittelbar mit dem Veräußerungsgeschäft im Zusammenhang stehen, sondern auch solche, die aus der Anschaffung des Spekulationsobjektes und seiner Erhaltung bis zur Veräußerung erwachsen, ohne die also - wie es im § 16 Abs. 1 EStG 1988 heißt - die Einnahmen, die schließlich aus der Veräußerung fließen, nicht zu erwerben, zu sichern oder zu erhalten gewesen wären. Darunter fallen die Schuldzinsen für das zur Anschaffung des Spekulationsobjektes aufgenommene Fremdgeld ebenso wie die Ausgaben, die notwendig sind, um das Spekulationsobjekt bis zur Veräußerung im Vermögen des Steuerpflichtigen zu be- und erhalten.
Da im Beschwerdefall die Wohnung ausschließlich zum ehesten Weiterverkauf erworben und diesem Vorhaben auch tatsächlich entsprochen wurde, die Wohnung also keiner anderen Einkunftsquelle oder abzugsschädlichen Zwecken gemäß § 20 Abs. 1 EStG 1988 diente, handelt es sich bei den Schuldzinsen und bei den laufenden Betriebskosten für die Wohnung um Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen aus dem Spekulationsgeschäft und damit um Werbungskosten im Sinne des § 30 Abs. 4 EStG 1988.
Aus dieser Vorschrift folgt auch, daß in Abweichung vom Grundsatz des § 19 Abs. 2 EStG 1988 die Ausgaben nicht im Kalenderjahr, in dem sie geleistet wurden, abzusetzen, sondern im Jahr des Veräußerungsgeschäftes hinsichtlich des gesamten Spekulationszeitraumes zu berücksichtigen sind.
Im übrigen wird auf das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag unter 93/14/0124 verwiesen.
Da die belangte Behörde somit die Rechtslage im Rahmen des Beschwerdepunktes zum Nachteil der Beschwerdeführerin verkannt hat, mußte der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufgehoben werden.
Eine Entscheidung über Aufwandersatz entfiel, weil die Beschwerdeführerin nicht einmal einen allgemeinen Antrag auf Zuerkennung von Aufwandersatz im Sinne des § 59 VwGG gestellt hat.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1993140125.X00Im RIS seit
20.11.2000