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L10016 Gemeindeordnung Gemeindeaufsicht Gemeindehaushalt Steiermark;Norm
AVG §38;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Kramer, Dr. Puck, Dr. Gruber und Dr. Höfinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Mag. Raunig, über die Beschwerde des Ing. F in B, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 22. November 1991, Zl. 7 - 48 Fo 8/2 - 1991, betreffend Aufschließungsbeitrag (mitbeteiligte Partei: Gemeinde B, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in G), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- und der mitbeteiligten Partei Gemeinde B Aufwendungen in der Höhe von S 11.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren der mitbeteiligten Partei wird abgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid vom 7. August 1990 erteilte der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde dem Beschwerdeführer die Widmungsbewilligung "für die Grundstücke Nr. 352/3 und 79/1 der Katastralgemeinde B zwecks Errichtung einer Wohnanlage". Im Spruch dieses Bescheides heißt es u.a. weiters: "Die Vorschreibung des Aufschließungsbeitrages gemäß § 6a Stmk. Bauordnung 1968 i.d.g.F. erfolgt mit gesondertem Bescheid."
In der Folge erteilte der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde mit Bescheid vom 16. August 1990, zugestellt am 17. August 1990, dem Beschwerdeführer die Baubewilligung "für den Neubau ... einer Wohnanlage auf dem Grundstück Nr. 352/3 u. 79/1 der Katastralgemeinde B".
Nach Lage der vorgelegten Verwaltungsakten erwuchsen die Widmungsbewilligung vom 7. August 1990 und die Baubewilligung vom 16. August 1990 in Rechtskraft.
Mit dem an den Beschwerdeführer gerichteten Bescheid vom 21. August 1990 wurde vom Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde gemäß § 6a der Stmk. Bauordnung 1968, LGBl. Nr. 149, in der Fassung der Novelle 1988, LGBl. Nr. 14/1989 (im folgenden: Stmk. BauO 1968), in Verbindung mit § 1 der Verordnung der Stmk. Landesregierung vom 17. April 1989 über die Festsetzung des Aufschließungsbeitrages, LGBl. Nr. 25/1989, "für das im Bauland gelegene Grundstück ein Aufschließungsbeitrag in Höhe von S 84.609,-- festgesetzt". Im Spruch dieses Bescheides heißt es u.a. weiters, der Aufschließungsbeitrag sei zur Gänze mit Rechtskraft der Baubewilligung fällig.
Gegen diesen Bescheid vom 21. August 1990 erhob der Beschwerdeführer Berufung.
Über diese Berufung erging folgende Erledigung vom 17. Dezember 1990:
"Über die Berufung des Herrn Ing. F gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde B vom 21.8.1990, GZ: 131/9-27-1989, mit welchem dem Berufungswerber gemäß § 6a der Stmk. Bauordnung 1968, LGBl. Nr. 149 in der Fassung der Novelle 1988, LGBl. Nr. 14/1989, in Verbindung mit § 1 der Verordnung der Steiermärkischen Landesregierung vom 17. April 1989 über die Festsetzung des Aufschließungsbeitrages, LGBl. Nr. 25/1989 für das im Bauland gelegene Grundstück Nr. 352/3 und .79/1, EZ 71, KG B ein Aufschließungsbeitrag in der Höhe von S 84.609,-- vorgeschrieben worden ist, erläßt der Gemeinderat nachstehenden
Bescheid
Spruch
Der Berufung wird keine Folge gegeben und der angefochtene
Bescheid gemäß § 6a der Stmk. Bauordnung 1968, LGBl. Nr. 149
i. d.g.F. bestätigt.
Begründung:
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dem Berufungswerber für das Gst.Nr. 352/3 u. .79/1, EZ: 71, KG B ein Aufschließungsbeitrag in der Höhe von S 84.609,-- vorgeschrieben. Dagegen hat Herr Ing. F rechtzeitig das Rechtsmittel der Berufung eingebracht, in welcher im wesentlichen ausgeführt wird, daß auf dem Gst.Nr. 352/3 ein bestehendes Wohnhaus vorhanden war und die bestehende Wohnfläche daher von der vorgeschriebenen Gesamtfläche abzuziehen sei.
Gemäß § 6a Abs. 2 der Stmk. Bauordnung 1968 darf der Aufschließungsbeitrag für dasselbe Gebäude nur einmal vorgeschrieben werden. Im Falle von Um- und Zubauten oder bei Vorliegen mehrerer Baubewilligungen ist ein Ergänzungsbeitrag entsprechend der Vergrößerung der Geschoßfläche vorzuschreiben. Ein vor Inkrafttreten dieses Gesetzes entrichteter Aufschließungsbeitrag ist bei
Aufschließungsbeitragsvorschreibung nach diesem Gesetz anzurechnen. Zu diesem Wohnhaus ist festzuhalten, daß es sich um einen über 100 Jahre alten Baubestand handelt, der ohne Baubewilligung im Sinne der jetzigen Gesetzeslage errichtet wurde. Es handelt sich daher im vorliegenden Fall nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes um einen Fall der erstmaligen Bauführung, weshalb der angefochtene Bescheid aufgrund der Sach- u. Rechtslage zu bestätigen war."
Der Beschwerdeführer erhob Vorstellung.
Mit Bescheid der Stmk. Landesregierung vom 11. Jänner 1991 wurde die Vorstellung "als unzulässig zurückgewiesen". In der Begründung dieses Bescheides heißt es, wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 19. Oktober 1964, Zl. 22/64, festgestellt habe, erziele nur der Spruch des Bescheides eine normative Wirkung und sei einer Rechtskraft fähig. Gemäß § 70 Abs. 2 Stmk. Landesabgabenordnung - LAO sei jeder Bescheid ausdrücklich als solcher zu bezeichnen, er habe den Spruch zu enthalten und in diesem die Person (Personenvereinigung, Personengemeinschaft) zu nennen, an die er ergehe. In der mit Vorstellung bekämpften behördlichen Erledigung vom 17. Dezember 1990 scheine der Beschwerdeführer zwar auf, ohne jedoch vom Spruch des Leistungsgebotes erfaßt zu werden. Der Bescheid vermöge daher, obwohl dem Rechtsbestand angehörend, infolge fehlender spruchmäßiger Bezeichnung des Bescheidempfängers keine subjektiv-öffentlichen Rechte zu verletzen. Einer Vorstellung gegen einen Bescheid, der dem Vorstellungswerber gegenüber nicht wirkt, stehe der Mangel der Berechtigung zu seiner Erhebung entgegen. Es sei daher wie im Spruch ersichtlich zu entscheiden gewesen.
Dieser Bescheid blieb unangefochten.
In der Folge erging der Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Partei vom 4. November 1991, dessen Spruch wie folgt lautet:
"Aufgrund des Gemeinderatsbeschlusses der Gemeinde B vom 22.10.1991 wird der Berufung des Herrn Ing. F gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde B vom 21.8.1990, GZ: 131/9-27-1989 mit welchem dem Berufungswerber gemäß § 6a der Stmk. Bauordnung 1968, LGBl. Nr. 149 i.d.g.F., in Verbindung mit § 1 der Verordnung der Steiermärkischen Landesregierung vom 17. April 1989 über die Festsetzung des Aufschließungsbeitrages, LGBl. Nr. 25/1989 für das im Bauland gelegene Grundstück Nr. 352/3 und .79/1, EZ 71, KG B ein Aufschließungsbeitrag in der Höhe von ÖS 84.609,00 vorgeschrieben worden ist KEINE FOLGE gegeben und der angefochtene Bescheid gemäß § 6a der Stmk. Bauordnung 1968, LGBl. Nr. 149 i.d.g.F. bestätigt."
Die Begründung dieses Bescheides deckt sich im wesentlichen mit jener der oben wiedergegebenen Erledigung des Gemeinderates der mitbeteiligten Partei vom 17. Dezember 1990.
Auch gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Vorstellung. Dies im wesentlichen mit der Begründung, nach § 6a Abs. 1 Stmk. BauO 1968 sei die Baubehörde nur berechtigt, "gleichzeitig" mit der Erteilung der Baubewilligung einen Aufschließungsbeitrag für die im Bauland gelegenen Grundstücke vorzuschreiben. Diese Vorschreibung sei aber "nur seinerzeit zunächst wohl gleichzeitig mit der Erteilung der Baubewilligung" ergangen. Wegen des gravierenden formellen Mangels in der Berufungserledigung (vom 17. Dezember 1990) "ergreife" die Gemeinde erst nach zehn Monaten einen Normadressaten, ohne zu bedenken, daß nun das rechtliche Kriterium der Gleichzeitigkeit in keiner Weise mehr gegeben sei. Lediglich "in eventu" wendet sich der Beschwerdeführer auch gegen die Höhe der Abgabenvorschreibung.
Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der Stmk. Landesregierung vom 22. November 1991 wurde die Vorstellung des Beschwerdeführers als unbegründet abgewiesen. In der Begründung dieses Bescheides heißt es, der Vorstellungsbescheid der Stmk. Landesregierung vom 11. Jänner 1991 sei in Rechtskraft erwachsen; "seine tragenden Begründungselemente binden die Gemeindebehörden, die Gemeindeaufsichtsbehörde selbst und auch den Verwaltungsgerichtshof" (Hinweis auf die hg. Erkenntnisse vom 22. Oktober 1971, Slg. N.F. Nr. 8091/A, vom 13. November 1973, Slg. N.F. Nr. 8494/A, und vom 16. Dezember 1983, Zl. 17/0600/79). Ausgehend von dieser Bindungswirkung seien die Verhältnisse zunächst so zu beurteilen, als ob der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde im Berufungsverfahren keine abschließende bescheidmäßige Erledigung erteilt hätte. Die Argumentation in der Vorstellung gegen den "nunmehr nachgeholten" Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde sowie die Rechtsrüge, dem in § 6a Abs. 1
Stmk. BauO 1968 normierten Gebot der Gleichzeitigkeit der Vorschreibung des Aufschließungsbeitrages mit der Erteilung der Baubewilligung sei nicht entsprochen worden, gingen "daher ins Leere".
Es folgen sodann Begründungsdarlegungen, warum - entgegen der Rechtsmeinung des Beschwerdeführers - bei der ermittelten Geschoßfläche die Geschoßfläche des auf demselben Grundstück (früher) befindlichen Altbestandes nicht in Abzug zu bringen sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Nach dem gesamten Inhalt seines Vorbringens erachtet sich der Beschwerdeführer in dem Recht verletzt, daß ihm gegenüber ein Aufschließungsbeitrag nicht oder jedenfalls nicht in der gegenständliche Höhe vorgeschrieben werde. Er beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor. Sie und die mitbeteiligte Partei erstatteten jeweils eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 6a Stmk. BauO 1968 in der am 1. November 1974 in Kraft getretenen Fassung der Bauordnungsnovelle 1974, LGBl. Nr. 130, lautete:
"(1) Für die im Bauland (§ 23 des Steiermärkischen Raumordnungsgesetzes 1974, LGBl. Nr. 127) gelegenen Grundstücke hat die Gemeinde aus Anlaß der erstmaligen Widmungsbewilligung, soweit nicht eine Verpflichtung nach anderen gesetzlichen Bestimmungen besteht, einen Aufschließungsbeitrag für Fahrbahnherstellung, Oberflächenentwässerung und Straßenbeleuchtung zu erheben. Der Aufschließungsbeitrag ist gleichzeitig mit der Erteilung der Widmungsbewilligung vorzuschreiben. Der Aufschließungsbeitrag wird zu einem Drittel mit Rechtskraft des Widmungsbescheides, zu einem Drittel zu Beginn der Aufschließungsarbeiten und zu einem Drittel einen Monat nach Fertigstellung der Aufschließung fällig. Ist die Aufschließung zum Zeitpunkt der Erteilung der Widmungsbewilligung fertiggestellt, wird der Aufschließungsbeitrag zur Gänze mit Rechtskraft des Widmungsbescheides fällig.
(2) Für die im Bauland gelegenen Grundstücke, für die eine Widmungsbewilligung, jedoch keine Baubewilligung vorliegt, ist der Aufschließungsbeitrag gleichzeitig mit der Baubewilligung vorzuschreiben. Hinsichtlich der Fälligkeit gilt Abs. 1 sinngemäß. Der Aufschließungsbeitrag darf für dasselbe Grundstück nur einmal vorgeschrieben werden.
..."
§ 6a Abs. 1 Stmk. BauO 1968 in der am 1. März 1989 in Kraft getretenen, im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung der Bauordnungsnovelle 1988, LGBl. Nr. 14/1989, lautet:
"(1) Die Baubehörde hat gleichzeitig mit der Erteilung der Baubewilligung einen Aufschließungsbeitrag für die im Bauland (§ 23 des Steiermärkischen Raumordnungsgesetzes 1974, LGBl. Nr. 127) gelegenen Grundstücke vorzuschreiben. Dieser Beitrag, der für die Errichtung der Fahrbahn und der Straßenbeleuchtung sowie für die Oberflächenentwässerung zu verwenden ist, wird zur Hälfte mit Rechtskraft der Baubewilligung fällig. Die zweite Hälfte des Beitrages wird mit Rechtskraft der Benützungsbewilligung oder einer Teilbenützungsbewilligung fällig. Der Aufschließungsbeitrag wird jedoch zur Gänze mit Rechtskraft der Baubewilligung fällig, wenn die Aufschließung des Grundstückes zu diesem Zeitpunkt bereits abgeschlossen ist."
Der Beschwerdeführer bringt zunächst im wesentlichen sinngemäß vor, die Bindungswirkung des ersten Vorstellungsbescheides sei vom Beschwerdeführer nicht bestritten worden; er habe sich im Gegenteil in der Vorstellung gegen den Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 4. November 1991 daran "geklammert", daß der Beschwerdeführer im ersten Berufungsbescheid des Gemeinderates nicht als Normadressat genannt und daher zu keiner Leistung verpflichtet worden sei. Da der Gemeinderat nicht innerhalb der gesetzlich vorgeschriebenen Frist von sechs Monaten nach Einbringung der Berufung über sie entschieden habe, habe er seine Entscheidungspflicht verletzt und überdies dem Erfordernis der Gleichzeitigkeit der Vorschreibung des Aufschließungsbeitrages mit der vor fast 1 1/2 Jahren erfolgten Erteilung der Baubewilligung nicht Genüge getan.
Mit diesem Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht auf.
Vorerst ist zu bemerken, daß sich die von der belangten Behörde angenommene Bindungswirkung des Vorstellungsbescheides vom 11. Jänner 1991 nicht aus § 94 Abs. 6 der Stmk. Gemeindeordnung ergeben konnte, weil diese Bestimmung lediglich auf AUFHEBENDE Bescheide der Aufsichtsbehörde anzuwenden ist. Allerdings bestand eine Bindung der Gemeindebehörden aus dem allgemeinen Grundsatz der Maßgeblichkeit behördlicher Entscheidungen für andere behördliche Organe (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. Jänner 1986, Zl. 84/17/0200). Der in diesem Sinn aufzufassenden Bindungswirkung hat jedoch der Gemeinderat ohnehin Genüge getan, wenn er in seinem (zweiten) Berufungsbescheid vom 4. November 1991 entsprechend der Rechtsmeinung der Vorstellungsbehörde nunmehr den Beschwerdeführer im Spruch ihres Bescheides ausdrücklich nannte.
Die weiteren Ausführungen der Vorstellungsbehörde im angefochtenen Bescheid sind nun nicht etwa so zu verstehen, daß auf Grund der Bindungswirkung des Vorstellungsbescheides vom 11. Jänner 1991 die Frage der Gleichzeitigkeit der Vorschreibung im Sinn des § 6a Abs. 1 der Stmk. Bauordnung 1968 in der Fassung der Bauordnungsnovelle 1988, LGBl. Nr. 14/1989, nicht mehr aufgerollt werden dürfe. Vielmehr ist die Begründung des angefochtenen Bescheides in diesem Punkt offenbar dahin aufzufassen, daß wegen der anzunehmenden Nichtexistenz des (ersten) Berufungsbescheides vom 17. Dezember 1990 sich die Frage der Gleichzeitigkeit nicht stelle.
Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes ist diese Frage jedoch schon aus folgenden Gründen ohne Belang:
Zur Fassung der zuletzt genannten Gesetzesstelle VOR der Bauordnungsnovelle 1988 hat der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 21. Mai 1992, Zl. 88/17/0250, unter Hinweis auf das Erkenntnis vom 13. Dezember 1985, Zl. 83/17/0250, ausgesprochen, daß die Bestimmung, der Aufschließungsbeitrag sei gleichzeitig mit der Erteilung der Widmungsbewilligung vorzuschreiben, lediglich die Bedeutung habe, daß unter bestimmten Voraussetzungen AUS ANLAß der Widmungsbewilligung der Aufschließungsbeitrag zu erbringen sei.
Unter Bezugnahme auf dieses Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom selben Tag, Zl. 90/17/0399, weiters ausgesprochen, daß nichts anderes auch für die Neufassung dieser Bestimmung durch die Bauordnungsnovelle 1988 gelten könne, die lediglich anstatt auf die Widmungsbewilligung auf die Baubewilligung abstelle.
Der Verwaltungsgerichtshof hält an dieser Auffassung in der Erwägung fest, daß das Wort "gleichzeitig" im § 6a Abs. 1 Stmk. BauO 1968 in beiden Fassungen keine materiell-rechtliche Bedeutung in dem Sinne hat, daß damit ein Tatbestandsmerkmal des Entstehens der Abgabenschuld umschrieben werden sollte. Diese entsteht vielmehr mit der Zustellung des Bescheides über die Erteilung der Baubewilligung, bedarf jedoch nach allgemeinen Grundsätzen der Konkretisierung durch den Abgabenbescheid. Der Vorschrift, letzterer sei "gleichzeitig" mit der Erteilung der Baubewilligung vorzuschreiben, kommt lediglich Bedeutung für das Verfahren im Sinne einer Ordnungsvorschrift zu.
Eine entgegengesetzte Auffassung würde auch bedeuten, daß für die bescheidmäßige Konkretisierung des Abgabenanspruches nach § 6a Stmk. BauO 1968 lediglich ein EINZIGER Zeitpunkt, nämlich jener der Zustellung der Baubewilligung, in Betracht käme. Eine solche im gesamten Abgabenrecht singuläre Norm bedürfte jedoch zweifellos ihrer AUSDRÜCKLICHEN Niederlegung im Gesetzestext. In ähnlichem Sinne hat übrigens der Gerichtshof in seinem Vorkenntnissen je vom 9. Juli 1971, Zlen. 343/71 und 394/71, zu der im § 2 Abs. 1 des (Innsbrucker) Gehsteigabgabengesetzes, LGBl. für Tirol Nr. 23/1969, festgelegten Frist von sechs Monaten ausgesprochen, eine so weitreichende Sanktion wie das Erlöschen des Bemessungsrechtes bei Überschreitung dieser Frist hätte ausdrücklich im Gesetz festgelegt werden müssen.
Es darf weiters auch nicht übersehen werden, daß einer gleichzeitigen Vorschreibung des Aufschließungsbeitrages mit Zustellung der Baubewilligung in vielen Fällen rein organisatorische Schwierigkeiten auf Grund der Behördenstruktur (Unterschiedlichkeit der hiefür in Betracht kommenden Organwalter) in den Weg stellen werden. Die Erfüllung des Erfordernisses der Gleichzeitigkeit hinge dann beispielsweise von der erfolgreichen Koordination verschiedener Abteilungen desselben Magistrates ab, die in vielen Fällen schwierig zu verwirklichen sein wird.
Gegen die hier vertretene Auffassung kann auch nicht etwa eingewendet werden, daß dann unter Umständen die Fälligkeit des Aufschließungsbeitrages VOR seiner Vorschreibung eintreten könnte. Denn anders als im Zivilrecht knüpft die Fälligkeit der Abgabenschuld an einen besonderen behördlichen Feststellungs- und Festsetzungsakt an, nämlich den Abgabenfestsetzungsbescheid (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. Mai 1992, Zl. 88/17/0075). Es kann daher zu einer allenfalls befürchteten Fälligkeit vor Festsetzung aus den genannten rechtlichen Gründen NICHT kommen.
Auch die Gesetzesmaterialien sprechen nicht gegen die hier vertretene Auffassung. Wenn es in den "Bemerkungen" zum Entwurf der Bauordnungsnovelle 1974 heißt, der Aufschließungsbeitrag werde "im Rahmen des Widmungsverfahrens nach der Steiermärkischen Bauordnung 1968 vorzuschreiben sein", weshalb eine Regelung in der Bauordnung angebracht sei, so sollte damit offensichtlich nur die Einordnung der Neuregelung in das zuletzt genannte Gesetz begründet werden. Daß der historische Gesetzgeber das Wort "gleichzeitig" in dem vom Beschwerdeführer gewünschten Sinne verstanden wissen wollte, geht aus den Worten "im Rahmen des Widmungsverfahrens" nicht hervor.
Daß die Bauordnungsnovelle 1988 diesbezüglich eine Änderung herbeiführen wollte, ist dem hiezu erstatteten "Bemerkungen" gleichfalls nicht zu entnehmen. Dies ist insofern von Bedeutung, weil nach der Stammfassung des § 6a der Stmk. BauO 1968 in der Fassung der Bauordnungsnovelle 1974 die oben dargestellte Trennung von materiell-rechtlichen und verfahrensrechtlichen Vorschriften schon aus dem Gesetzestext klar erkennbar war: Die Worte "aus Anlaß der erstmaligen Widmungsbewilligung" bezeichneten die Entstehung des Abgabenanspruches, die Worte "gleichzeitig mit der Erteilung der Widmungsbewilligung vorzuschreiben" die das Verfahren betreffende Ordnungsvorschrift. Die Novelle 1988 hat nun diese beiden Elemente - wie oben dargestellt - vermengt, ohne daß hiefür aus den "Bemerkungen" ein Grund ersichtlich wäre. Bezweckt war mit der Novelle in diesem Punkt vielmehr erklärtermaßen lediglich eine Vereinfachung der Berechnung und der Fälligkeitsregelung.
Zusammenfassend haftet dem angefochtenen Bescheid daher in diesem Punkte zumindest im Ergebnis (vgl. hiezu Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, S. 563, sowie unter anderem die Erkenntnisse vom 28. März 1985, Zl. 84/16/0087, vom 30. Juni 1986, Zl. 84/15/0047, und vom 26. März 1992, Zl. 90/16/0205) eine inhaltliche Rechtswidrigkeit nicht an.
Aber auch mit seinem weiteren Vorbringen, wonach die Geschoßfläche des auf demselben Grundstück früher befindlichen Altbestandes in Abzug zu bringen sei, vermag der Beschwerdeführer nicht durchzudringen. Zutreffend verweist nämlich die belangte Behörde darauf, daß ein solcher Abzug vom Gesetz nicht vorgesehen ist.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff, insbesondere auch auf § 47 Abs. 3 VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991. Der mitbeteiligten Partei war der Ersatz der geltend gemachten Stempelgebühren wegen der Gebührenbefreiung gemäß § 2 Z. 2 und 3 Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267, nicht zuzusprechen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 29. Jänner 1993, Zl. 90/17/0200, und vom 30. September 1993, Zl. 91/17/0159).
Schlagworte
Bindung an die Rechtsanschauung der Vorstellungsbehörde ErsatzbescheidEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1992170001.X00Im RIS seit
11.07.2001