Index
10 VerfassungsrechtNorm
B-VG Art144 Abs1 / PrivatwirtschaftsaktLeitsatz
Zurückweisung einer Beschwerde gegen die Aberkennung der "Fünf-Sterne-Kategorie" eines Hotels mangels Zuständigkeit; privatrechtlicher Charakter der "Klassifizierungsrichtlinien" eines Fachverbandsausschusses der BundeswirtschaftskammerSpruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Antrag, die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof abzutreten, wird abgewiesen.
Kosten werden nicht zugesprochen.
Begründung
Begründung:
I. 1. Die beschwerdeführende Aktiengesellschaft ist Betreiberin des "P-hotel" in 1131 Wien.
Mit Entscheidung der "Fünf-Sterne-Kategorisierungskommission" vom 10. Juli 1989 wurde dem "P-hotel die 5-Sterne-Kategorie aberkannt". Über den "Einspruch" der beschwerdeführenden Gesellschaft gegen die "Aberkennung der 5-Sterne-Kategorie" entschied die Klassifizierungsoberkommission mit Erledigung vom 5. Dezember 1989 wie folgt:
"Die Klassifizierungsoberkommission beim Fachverband der Hotel- und Beherbergungsbetriebe hat sich am 23.11.1989 mit Ihrem Einspruch vom 5.9.1989 befaßt.
Da der Einspruchswerber die Kompetenz der Interessenvertretung für die Kategorisierung von Hotel- und Beherbergungsbetrieben und deren Publikation nicht anerkennt, konnten die Vertreter der Klassifizierungsoberkommission anläßlich des Besuches am 6.11.1989 in ihrer Funktion nicht aktiv werden.
Daher wurde der Betrieb durch die Mitglieder der Klassifizierungsoberkommission keiner Besichtigung unterzogen, und es konnte naturgemäß auch kein Bericht über die Besichtigung der Klassifizierungsoberkommission zugeleitet werden.
Die Klassifizierungsoberkommission mußte daher bei ihrer Entscheidungsfindung auf die bisher vorliegenden Daten und Berichte zurückgreifen.
Die Klassifizierungsoberkommission faßte daher den einstimmigen Beschluß, dem P-hotel die 5-Sterne-Kategorie abzuerkennen.
Es wird darauf hingewiesen, daß ab dem Zeitpunkt der Zustellung dieser Entscheidung das 5-Sterne-Emblem des Fachverbandes der Hotel- und Beherbergungsbetriebe zu entfernen ist und mit dieser Kategorie nicht geworben (Führung der Sterne im Briefkopf, in Prospekten etc.) werden darf.
Ohne Klassifizierung ist ferner keine Aufnahme in das Österreichische Hotelbuch bzw. in die Wiener Hotelliste möglich.
Unter der Voraussetzung, daß der Antragsteller von seinem Rechtsstandpunkt abgeht und die Kompetenz der Interessenvertretung zur Kategorisierung der Hotel- und Beherbergungsbetriebe anerkennt, besteht die Möglichkeit, einen Antrag um Kategorisierung bei der zuständigen Fachgruppe einzubringen."
2. Die vorliegende, auf Art144 Abs1 B-VG gestützte Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof richtet sich gegen diese - von der beschwerdeführenden Gesellschaft als Bescheid gewertete - Erledigung der "Klassifizierungs-Oberkommission beim Fachverband der Hotel- und Beherbergungsbetriebe" vom 5. Dezember 1989. Die beschwerdeführende Gesellschaft behauptet, durch diesen "Bescheid" in näher bezeichneten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten, insbesondere im Grundrecht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt zu sein und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung dieses "Bescheides".
3. Die Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft (Fachverband der Hotel- und Beherbergungsbetriebe) sowie die Klassifizierungsoberkommission beim Fachverband der Hotel- und Beherbergungsbetriebe erstatteten eine gemeinsame "Gegenschrift", in der die kostenpflichtige Zurückweisung der Beschwerde mangels Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes beantragt wird.
II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerde ist unzulässig.
1. Der Ausschuß des Fachverbandes der Hotel- und Beherbergungsbetriebe in der Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft beschloß in der 96. Fachverbandsausschuß-Sitzung am 13. Mai 1983, modifiziert in der Sitzung der Klassifizierungsoberkommission am 22. November 1983, "Richtlinien für die Klassifizierung von Hotel- und Beherbergungsgebetrieben". Gemäß Pkt. I.1. dieser Richtlinien werden die österreichischen Hotel- und Beherberungsbetriebe in 5 Kategorien eingeteilt. Die Zugehörigkeit der Betriebe zu den Kategorien wird durch eine unterschiedliche Anzahl von "Sternen" (1 bis 5) symbolisiert. Das "Klassifizierungsverfahren" enthält u.a. folgende Regelungen:
"1. Die bei jeder Fachgruppe der Hotel- und Beherbergungsbetriebe bestehende Landeskommission ist für die Klassifizierung der Hotel- und Beherbergungsbetriebe zuständig. ...
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4. Der Betrieb beantragt bei der Landeskommission die Zuteilung oder Änderung der ihm gemäß Ausstattung und Führung zukommenden Klasse und erklärt sich mit den vorliegenden Klassifizierungsrichtlinien einverstanden. ...
5. Der Betriebsinhaber kann gegen die Einstufung oder Nichteinstufung binnen vier Wochen ab Zustellung oder mündliche Verkündung des Kommissionsbeschlusses unter Anführung der Gründe und eines konkreten Begehrens mit eingeschriebenem Brief Einspruch erheben. ...
6. Die Oberkommission wird über den Einspruch nach Tunlichkeit binnen vier Monaten ab Zustellung entscheiden."
Für die Vergabe von "5 Sternen" ist in diesen Richtlinien eine eigene "5-Sterne-Kategorisierungskommission" eingerichtet.
2. Wie der Verfassungsgerichtshof bereits in VfSlg. 7618/1975 dargetan hat, räumt weder das Handelskammergesetz noch eine andere Gesetzesvorschrift einem Fachverbandsausschuß der Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft die Befugnis ein, ein zu Akten der Hoheitsverwaltung berufenes Kollegialorgan einzurichten. Eine mit der Interessenvertretung ihrer Mitglieder als gesellschaftliche Selbstverwaltung gesetzlich betraute Körperschaft kann aber auch selbst hoheitliche Befugnisse nur dann und insoweit in Anspruch nehmen, als sie ihr vom Gesetzgeber ausdrücklich im einzelnen zugestanden wurden. Im übrigen fehlt ihr ebenso wie ihren Untergliederungen jedwede behördliche Eigenschaft. Behördliche Befugnisse in Zusammenhang mit der Qualifikation von Mitgliedschaftsbetrieben sind den Kammern der gewerblichen Wirtschaft weder allgemein noch im konkreten Fall der Hotel- und Beherbergungsbetriebe gesetzlich eingeräumt. Diesbezügliche Rechtsakte sind sohin schon aus diesem Grund lediglich privatrechtlich zu beurteilen.
Aber selbst für den Fall, daß - was hier nicht weiter zu untersuchen ist - ein Fachverbandsausschuß zur Satzungsgebung ermächtigt wäre, verbietet sich eine Deutung der "Richtlinien" als einseitig erlassene, für die Hotel- und Beherbergungsbetriebe verbindliche generelle Rechtsvorschrift: Die "Richtlinien für die Klassifizierung von Hotel- und Beherbergungsbetrieben" sehen in der Regelung des Klassifizierungsverfahrens (Abschnitt VII d. Richtlinien) unter Punkt 4 trotz der mißverständlichen, auf eine behördliche Erledigung hindeutenden Einrichtung eines Antrags- und Rechtsmittelverfahrens ausdrücklich vor, daß ein derartiges Klassifizierungsverfahren überhaupt nur dann eingeleitet werden kann, wenn sich der Betrieb "mit den vorliegenden Klassifizierungsrichtlinien einverstanden" erklärt. (Hervorhebung vom Gerichtshof.) Eine etwaige normative Kraft der "Richtlinien" kann sohin lediglich aus einer diesbezüglichen rechtsgeschäftlichen Vereinbarung erwachsen. Schon daraus zeigt sich, daß die "Richtlinien für die Klassifizierung von Hotel- und Beherbergungsbetrieben" im Rahmen des Privatrechts zu beurteilen sind. Vor diesem rechtlichen Hintergrund scheidet aber auch eine Qualifikation der vor dem Verfassungsgerichtshof bekämpften Erledigung der Klassifizierungsoberkommission als Bescheid aus. Vielmehr handelt es sich dabei lediglich um eine in den Bereich des Privatrechts fallende Erklärung (vgl. ähnlich schon VfSlg. 7618/1975; VwGH vom 26.11.1975, Zl. 1145/74).
Die Beschwerde war daher wegen Nichtzuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes zurückzuweisen.
3. Der Antrag, die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof abzutreten, war abzuweisen, weil eine solche Abtretung nur im - hier nicht gegebenen - Fall einer abweisenden Sachentscheidung oder Ablehnung der Behandlung einer Beschwerde durch den Verfassungsgerichtshof in Betracht kommt.
Der von der Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft (Fachverband der Hotel- und Beherbergungsbetriebe) begehrte Ersatz der Verfahrenskosten war nicht zuzusprechen, da es zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht notwendig war, einen Rechtsanwalt mit der Vertretung zu betrauen.
Da die Nichtzuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes offenbar ist, wurde dieser Beschluß gemäß §19 Abs3 Z2 lita VerfGG ohne vorangegangene Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung gefaßt.
Schlagworte
Bescheidbegriff, Privatwirtschaftsakt, Verordnungsbegriff, VfGH / Zuständigkeit, VfGH / Legitimation, Handelskammern, berufliche Vertretungen, HotelklassifizierungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1991:B31.1990Dokumentnummer
JFT_10089389_90B00031_00