Index
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;Norm
BAO §115 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Dr. Wurdinger, über die Beschwerde des H in L, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom 17. Juni 1993, Zl. 13/17-10/F-1993, betreffend Zurückweisung eines Antrages auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus der vorgelegten Beschwerde samt Beilagen sowie der Beschwerdeergänzung ist folgender Sachverhalt zu entnehmen:
Mit Bescheid vom 27. Mai 1992 hat das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Linz den Antrag des Beschwerdeführers vom 12. Mai 1992 auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz betreffend Stempelgebühren und Gebührenerhöhung zurückgewiesen. Dies im wesentlichen mit der Begründung, die Zustellung der Berufungsvorentscheidung vom 24. März 1992 sei durch Hinterlegung am 26. März 1992 erfolgt. Die Frist für einen Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz betrage einen Monat ab Zustellung. Die Antragsfrist sei am 27. April 1992 abgelaufen, der Vorlageantrag sei jedoch erst am 21. Mai 1992 beim Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern persönlich überreicht worden.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung vom 28. Juni 1992 machte der Beschwerdeführer - soweit im weiteren Verfahren von Relevanz - geltend, es handle sich, da ihn "die Hinterlegung vom 26.3.92 wegen Ortsabwesenheit nicht erreicht" habe, um eine "unzulässige und ungesetzliche Zustellung". Der Bescheid vom 24. März 1992 sei ihm ohne Rückscheinkuvert zugestellt worden, worauf er sofort am 21. Mai 1992 die Vorlage an die zweite Instanz beantragt habe.
Mit Berufungsvorentscheidung vom 29. Dezember 1992 hat das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Linz die Berufung als unbegründet abgewiesen und ausgeführt, daß die abweisliche Berufungsvorentscheidung vom 24. März 1992 am 26. März 1992 durch Hinterlegung zugestellt worden sei. Die Sendung sei vom Einschreiter nicht behoben worden. Um diesen trotzdem von der Entscheidung in Kenntnis zu setzen, sei ihm das Schriftstück am 16. April 1992 neuerlich zugesandt worden. Das Begleitschreiben weise den ausdrücklichen Hinweis auf, daß die Zustellung bereits mit der Hinterlegung am 26. März 1992 erfolgt sei. Der nach zwei erfolglosen Zustellversuchen am 29. Oktober 1992 zugestellte "Vorhalt zur Beibringung von Beweisen betreffend die Ortsabwesenheit" zum Zeitpunkt der Hinterlegung sei unbeantwortet geblieben. Da somit die Unrechtmäßigkeit der Zustellung durch Hinterlegung weder bewiesen, noch zumindest glaubhaft gemacht worden sei, sei die Berufung gegen den Zurückweisungsbescheid als unbegründet abzuweisen gewesen.
In dem Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz brachte der Beschwerdeführer - lt. den in der Beschwerde unbestritten gebliebenen Ausführungen in der Berufungsentscheidung - vor, daß er bereits mit Schriftsatz vom 28. Juni 1992 auf sämtliche Rechtswidrigkeiten hingewiesen habe und im Gegensatz zur Begründung der Berufungsvorentscheidung sogar Beweismittel angeboten habe. Anstelle den Sachverhalt zu prüfen und eine der Rechtslage entsprechende Sachentscheidung zu treffen, wären Exekutionsschritte eingeleitet worden.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Aus den Ausführungen des Beschwerdeführers gehe trotz mehrmaliger Gelegenheit zur Darlegung nicht hervor, wie lange seine "Ortsabwesenheit" gedauert habe und ob er dadurch gehindert gewesen sei, rechtzeitig im Sinn des § 17 Abs. 3 Zustellgesetz vom Zustellvorgang am 26. März 1992 Kenntnis zu erlangen. Aus den Zustellversuchen vom 29. Juli 1992 und 28. September 1992, mit denen das Finanzamt die Zustellung des Vorhaltes vom 28. Juli 1992 versucht habe, gehe hervor, daß der Beschwerdeführer längere "Ortsabwesenheiten" dem zuständigen Postamt bekanntgegeben habe und aus diesem Grund auch keine Hinterlegungen vorgenommen worden seien. Eine Rechtswidrigkeit des Zustellvorganges durch Hinterlegung sei durch die vom Beschwerdeführer behauptete "Ortsabwesenheit" allein noch nicht gegeben, zumal darüber von ihm nichts konkretes ausgeführt worden sei und die in der Berufung angeführten Zeugen nicht zu diesem Thema genannt worden seien.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der sowohl Rechtswidrigkeit des Inhaltes als auch Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Entscheidung über die Berufung vom 11. März 1992 (Vorlage nach Berufungsvorentscheidung vom 24. März 1992) durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz bzw. in seinem Recht auf Nichtzurückweisung seines Antrages vom 12. Mai 1992 und auf Entscheidung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz verletzt. Außerdem sei er in seinem Recht auf Parteiengehör bzw. in seinem Recht auf Verbesserung der Berufung (§ 275 BAO) bzw. auf amtswegige Ermittlung des Sachverhaltes zum Zustellvorgang bezüglich der Berufungsvorentscheidung vom 24. März 1992 sowie auf amtswegige Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Zustellung des Vorhaltes vom 28. Juli 1992 an R.SP. als Ersatzempfängerin verletzt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Kann die Sendung an der Abgabestelle nicht zugestellt werden und hat der Zusteller Grund zur Annahme, daß sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, so ist das Schriftstück gemäß § 17 Abs. 1 Zustellgesetz im Falle der Zustellung durch die Post beim zuständigen Postamt, in allen anderen Fällen aber beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn sie sich in derselben Gemeinde befindet, zu hinterlegen.
Die hinterlegte Sendung ist gemäß § 17 Abs. 3 Zustellgesetz mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem die Sendung erstmals zur Abholung bereit gehalten wird. Hinterlegte Sendungen gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, daß der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle, nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem, der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem die hinterlegte Sendung behoben werden könnte.
Wenn der Beschwerdeführer den angefochtenen Bescheid damit bekämpft, die Zustellung der Berufungsvorentscheidung vom 24. März 1992 durch Hinterlegung am 26. März 1992 sei wegen seiner "Ortsabwesenheit" "ungesetzlich" gewesen und ihm sei keine Gelegenheit gegeben worden, die Ausführungen darüber zu präzisieren, dann steht diese Behauptung nicht im Einklang mit den vorgelegten Aktenteilen. Der Beschwerdeführer hat in der Berufung gegen den Zurückweisungsbescheid bloß die Behauptung aufgestellt, im Zeitpunkt der Hinterlegung "ortsabwesend" gewesen zu sein, ohne seine "Ortsabwesenheit" nachzuweisen bzw. zumindest glaubhaft zu machen. Der in der Folge erlassenen Berufungsvorentscheidung kommt im vorliegenden Fall jedoch - und dies hat der Beschwerdeführer übersehen - die Bedeutung eines Vorhaltes zu. Hat das Finanzamt in der Begründung der Berufungsvorentscheidung nämlich das Ergebnis der behördlichen Ermittlungen dargelegt, dann ist es Sache der Partei, sich im Vorlageantrag mit dem Ergebnis dieser Ermittlungen auseinanderzusetzen und die daraus gewonnenen Feststellungen zu widerlegen (vgl. hg. Erkenntnis vom 25. Oktober 1990, Zl. 88/16/0148). Es kann daher - die Berufungsvorentscheidung ist unbestritten zugestellt worden - keine Rede davon sein, daß eine Verletzung des Parteiengehörs vorliegt und dem Beschwerdeführer keine Möglichkeit gegeben worden ist, seine "Ortsabwesenheit" nachzuweisen bzw. zumindest glaubhaft zu machen. Dazu kommt, daß der Beschwerdeführer auch jetzt in seiner Verwaltungsgerichtshofbeschwerde keine konkreten Angaben zu der von ihm behaupteten Ortsabwesenheit am 26. März 1992 macht, so daß selbst ein allenfalls gegebener Verfahrensmangel nicht von Relevanz wäre.
Im übrigen befreit der Grundsatz der Amtswegigkeit des Verfahrens die Partei nicht von der Verpflichtung, ihrerseits zur Klärung des maßgebenden Sachverhaltes beizutragen. Auf die Mitwirkung an der Aufklärung kann insbesondere dann nicht verzichtet werden, wenn Verhältnisse vorliegen, die nur der Abgabepflichtige aufklären kann. Eine solche Aufklärung ist jedoch trotz Möglichkeit dazu unterblieben, sodaß die belangte Behörde mit Recht von einem am 21. Mai 1992 verspätet eingebrachten Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz ausgehen durfte. Die behauptete Rechtswidrigkeit liegt nicht vor.
Da dies schon der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1993160120.X00Im RIS seit
20.11.2000Zuletzt aktualisiert am
22.09.2008