TE Vwgh Erkenntnis 1993/11/18 93/09/0256

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Veröffentlicht am 18.11.1993
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
60/02 Arbeitnehmerschutz;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AÜG §3 Abs4;
AuslBG §2 Abs2 litb;
AuslBG §2 Abs2 lite idF 1990/450;
AuslBG §28 Abs1 idF 1988/231 ;
AuslBG §28 Abs1 idF 1990/450;
AuslBG §28 Abs1 Z1 idF 1988/231;
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita idF 1988/231;
AVG §58 Abs2;
B-VG Art130 Abs2;
B-VG Art140 Abs1;
B-VG Art7 Abs1;
VStG §19;
VStG §22 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Fürnsinn und Dr. Höß als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Mag. Fritz, über die Beschwerde des ML in W, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 3. November 1992, Zl. MA 62-III/68/92/Str, betreffend Bestrafung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird in seinem Straf- und Kostenausspruch wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben; im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.540,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen; das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer war unbestritten im Zeitpunkt der ihm im Beschwerdefall vorgeworfenen Verstöße gegen das Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit nach außen vertretungsbefugtes Organ der L Gesellschaft m.b.H. mit Sitz in Wien (in der Folge kurz: Ges.m.b.H.).

Auf Grund einer Anzeige des Arbeitsamtes Schwechat vom 16. August 1990 wurde der Ges.m.b.H. vorgeworfen, sie habe als Arbeitgeber entgegen den Bestimmungen des AuslBG an einer Baustelle in Z fünf Polen mit Verputzarbeiten beschäftigt. Zur Rechtfertigung gab der Beschwerdeführer am 3. Dezember 1990 dem Magistratischen Bezirksamt für den 12. Bezirk (MBA) gegenüber an, die fünf Polen seien am 2. August 1990 im Areal der X-Kaserne von der Ges.m.b.H. beschäftigt worden. In einer weiteren Einvernahme durch das MBA am 3. April 1991 gab der Beschwerdeführer an, nur zwei der fünf Polen (P und W) seien "direkt" bei der Ges.m.b.H. beschäftigt worden, die anderen drei hingegen seien von einer Firma B-M "gemietet" worden. Er werde binnen zwei Wochen Unterlagen zum Nachweis dafür nachreichen, daß seine ursprünglich gemachten Angaben irrtümlich erfolgt seien. Am 25. September 1991 erfolgte noch eine Einvernahme eines der fünf Polen (K), der angab, vom 20. Juli 1990 bis ca. Mitte September (offenbar: 1990) bei der Firma B-M als Hilfsarbeiter beschäftigt gewesen zu sein, seinen Lohn aber monatlich vom Beschwerdeführer erhalten zu haben. Eine Nachreichung von Unterlagen durch den Beschwerdeführer ist unterblieben.

Nach Einholung einer Stellungnahme des Landesarbeitsamtes Wien erließ das MBA den Bescheid vom 4. Dezember 1991, mit dem der Beschwerdeführer wegen der Beschäftigung aller fünf Polen durch die Ges.m.b.H. gemäß der Anzeige als gemäß § 9 VStG Verantwortlicher nach § 28 Abs. 1 AuslBG zu fünf Geldstrafen a S 80.000,-- (insgesamt somit S 400.000,--) verurteilt wurde; ferner habe er S 40.000,-- als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu bezahlen. Auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens sei die Ges.m.b.H. als Arbeitgeber aller fünf Polen anzusehen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung, in welcher er neuerlich zugestand, P und W hätten bei der Ges.m.b.H. aushilfsweise gearbeitet; die restlichen drei Polen seien bei der Firma B-M beschäftigt gewesen und von dieser der Ges.m.b.H. kurzfristig überlassen worden, wobei zugesichert worden sei, daß für diese Ausländer Beschäftigungsbewilligungen vorlägen. Es habe sich "um eine Art Nothilfe im Baugewerbe unter Kollegen" gehandelt, weil in der Bauhochsaison keine Arbeitskräfte zu bekommen gewesen seien. Nach umfangreichen Ausführungen über die Praxis der Vergabe der Beschäftigungsbewilligungen aus der Sicht des Beschwerdeführers beantragte dieser abschließend in seiner Berufung, "die verhängte Strafe für die drei gesendeten Arbeitskräfte aufzuheben und die Strafe betreffend die zwei eigenen auf ein schuldangemessenes Maß herabzusetzen".

Diese Berufung hat die belangte Behörde ohne aktenkundige weitere Verfahrensschritte mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 3. November 1992 teilweise Folge gegeben. Hinsichtlich der Polen S, K und T wurde der erstinstanzliche Schuldspruch mit der Maßgabe bestätigt,

"... daß der Beschuldigte als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der L Gesellschaft m.b.H. mit Sitz in Wien zu verantworten hat, daß diese Gesellschaft am 2.8.1990 im Areal der X-Kaserne in Z die polnischen Staatsangehörigen S, K und T mit Verputzarbeiten beschäftigt hat, obwohl ihm für diese weder eine Beschäftigungsbewilligung erteilt wurde, noch diese im Besitz eines Befreiungsscheines waren.

Der Beschuldigte hat dadurch gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz BGBl. Nr. 218/1975 in der Fassung BGBl. Nr. 231/1988 drei Verwaltungsübertretungen begangen."

Die Strafen hinsichtlich der Beschäftigung dieser drei Polen wurden unter Anwendung des zweiten Strafsatzes des § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG auf je S 20.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe je zwei Tage) herabgesetzt;

dementsprechend wurde auch der Kostenbeitrag für das erstinstanzliche Verfahren auf zusammen S 6.000,-- reduziert und dem Beschwerdeführer kein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens auferlegt.

Hinsichtlich der beiden Polen P und W hingegen blieb der erstinstanzliche, ebenfalls auf § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG gestützte Schuldspruch als unangefochten unverändert, doch wurde der Strafberufung stattgegeben und es wurden auch insoweit die Strafen auf je S 20.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe je zwei Tage) reduziert und die Kostenaussprüche entsprechend korrigiert.

In der Begründung des angefochtenen Bescheides führte die belangte Behörde nach einer Wiedergabe der einschlägigen Gesetzesstellen und des bisherigen Verfahrensablaufes zur Beschäftigung der Polen S, K und T aus, im Falle der Zurverfügungstellung von Arbeitskräften liege die Arbeitsstelle bei jenem Unternehmen (Arbeitgeber), an den der Ausländer zur Arbeitsleistung verliehen worden sei und bei dem er tatsächlich beschäftigt werde, also im Betrieb des Entleihers. Die Arbeitsstelle eines ausländischen Arbeitnehmers, der von seinem Dienstgeber im Rahmen einer Überlassung, sei dies auch eine "Nothilfe unter Kollegen", einem anderen zur Verfügung gestellt werde, liege bei dem Unternehmen, an das der Ausländer verliehen worden sei und bei dem er tatsächlich beschäftigt werde. Die im Spruch des Bescheides des MBA genannten Ausländer seien zweifellos auf der Baustelle der Ges.m.b.H. tätig gewesen, demnach sei auch diese Arbeitgeber iS des AuslBG gewesen. Es hätte daher eine Beschäftigungsbewilligung für die betreffende Baustelle erwirkt werden müssen (vgl. auch § 4 Abs. 3 Z. 1 AuslBG). Es sei belanglos, welche Zusagen die Firma B-M über das Vorliegen von Beschäftigungsbewilligungen gemacht habe. Außerdem habe der Beschwerdeführer am 3. Dezember 1990 angegeben, daß alle fünf Polen von der Ges.m.b.H. beschäftigt worden seien. Es entspreche der Erfahrung, daß in zeitlich geringerem Abstand zur Tat gemachte Sachverhaltsangaben des Beschuldigten eine höhere Glaubwürdigkeit aufwiesen als später.

Der Beschwerdeführer habe auch nicht iS des § 5 Abs. 1 VStG seine Schuldlosigkeit glaubhaft gemacht. Die ihm angelasteten Verwaltungsübertretungen seien daher als erwiesen anzunehmen.

Bei der Strafbemessung sei die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit des Beschwerdeführers als mildernd zu werten gewesen. Ausgehend vom Schutzzweck der Norm, nämlich der Kontrolle des Arbeitsmarktes im Interesse der Sicherung von Arbeitsplätzen für Inländer, sei die mit der Tat verbundene Schädigung als beträchtlich einzustufen. Es könne auch nicht von einem geringen Verschulden die Rede sein, treffe doch den Beschwerdeführer als das vertretungsbefugte Organ einer ein Baugewerbe ausübenden Gesellschaft eine besondere Sorgfaltspflicht bei der Beschäftigung ausländischer Arbeitskräfte. Unter Zugrundelegung dieser Strafzumessungsgründe und Berücksichtigung der überdurchschnittlichen Einkommensverhältnisse des vermögenslosen Beschwerdeführers erschienen die nunmehr verhängten Strafen angemessen. Allfällige Sorgepflichten könnten nicht zugunsten des Beschwerdeführers berücksichtigt werden, weil er diesbezüglich keine Angaben gemacht habe.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher jedoch deren Behandlung mit Beschluß vom 22. März 1993, B 81/93-4, ablehnte. Mit weiterem Beschluß des Verfassungsgerichtshofes vom 28. Mai 1993, B 81/93-6, wurde die Beschwerde über nachträglichen Antrag iS des § 87 Abs. 3 VfGG gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

Auch in seiner im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzten Beschwerde macht der Beschwerdeführer zum Teil verfassungsrechtliche Argumente geltend, und zwar einerseits betreffend die Konventionswidrigkeit des Einschreitens der belangten Behörde und andererseits wegen einer in die Verfassungssphäre reichenden Unangemessenheit der im § 28 Abs. 1 AuslBG angedrohten Geldstrafen. Der Beschwerdeführer macht ferner unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend, die dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegten Feststellungen seien unzureichend und basierten auf einer unschlüssigen Beweiswürdigung. Inhaltliche Rechtswidrigkeit hafte dem angefochtenen Bescheid deshalb an, weil hinsichtlich der drei "überlassenen" Ausländer kein Arbeitsverhältnis mit der Ges.m.b.H. bestanden habe. Ferner sei die Strafbemessung unschlüssig und überhöht.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG idF gemäß BGBl. Nr. 231/1988 (diese Fassung ist im Beschwerdefall wegen der Tatzeit anzuwenden) begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen, wer entgegen dem § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung (§ 4) erteilt noch ein Befreiungsschein (§ 15) ausgestellt wurde, ...

bei unberechtigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von S 5.000,-- bis S 60.000,--, im Wiederholungsfalle von S 10.000,-- bis S 120.000,--, bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von S 10.000,-- bis S 120.000,--, im Wiederholungsfalle von S 20.000,-- bis S 240.000,--.

Mit Erkenntnis vom 13. Dezember 1991, G 294/91-5 (= Slg. 12948) hat der Verfassungsgerichtshof ausgesprochen, daß diese Bestimmung des AuslBG verfassungswidrig war. Gleichzeitig hat der Verfassungsgerichtshof ausgesprochen, daß die Vorschrift auch auf die "derzeit" (d.h. am 13. Dezember 1991, vgl. dazu auch BGBl. Nr. 105/1992) beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Fälle nicht mehr anzuwenden ist. An diesen Ausspruch des Verfassungsgerichtshofes an die Ausdehnung der Anlaßfallwirkung ist auch der Verwaltungsgerichtshof gebunden. Die vorliegende Beschwerde wurde am 20. Jänner 1993 zur Post gegeben und ist am 22. Jänner 1993 beim Verfassungsgerichtshof eingelangt; das Einlangen beim Verwaltungsgerichtshof nach Abtretung durch den Verfassungsgerichtshof erfolgte am 2. Juni 1993. Der Beschwerdefall ist daher kein Anlaßfall iS des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom 13. Dezember 1991; daraus folgt jedoch entgegen der in der Beschwerde vertretenen Ansicht, daß die genannte Bestimmung im Beschwerdefall weiter anzuwenden ist (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Februar 1993, Zl. 92/09/0280).

Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich schon deshalb nicht zu der in der Beschwerde angeregten "Rerepulsion" an den Verfassungsgerichtshof veranlaßt, weil eine Norm, deren Verfassungswidrigkeit vom Verfassungsgerichtshof festgestellt wurde, nicht neuerlich Gegenstand eines Gesetzesprüfungsverfahrens sein kann. Aber auch die in der Beschwerde geltend gemachten Bedenken gegen die Verfassungsgemäßheit der im § 28 Abs. 1 AuslBG vorgesehenen Strafsätze wegen "Unverhältnismäßigkeit" werden vom Verwaltungsgerichtshof nicht zum Anlaß einer Anfechtung dieser Bestimmung wegen Verfassungswidrigkeit genommen. Weder die absolute Höhe der im AuslBG vorgesehenen Geldstrafen noch die dafür vorgesehenen Ersatzfreiheitsstrafen geben nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes Anlaß zu der Annahme, der Bundesgesetzgeber wäre in diesem Falle von Verfassungs wegen gehalten gewesen, mit der Ahndung dieser strafbaren Handlungen die Organe der Strafgerichtsbarkeit zu betrauen (vgl. dazu das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 27. September 1989, Slg. 12151 u.a.). Sicherlich ist dem Beschwerdeführer zuzugeben, daß die im AuslBG vorgesehenen Geldstrafen beträchtlich sind; sie verstoßen indes schon deswegen nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes nicht gegen das Übermaßverbot (Verhältnismäßigkeitsgrundsatz), weil bei einer durchschnittlichen Betrachtung ihre Höhe dem wirtschaftlichen Vorteil gegenüberzustellen ist, den sich ein gegen das AuslBG verstoßender Arbeitgeber infolge der diesfalls zu erzielenden Ersparnis an Lohn- und Lohnnebenkosten verschafft. Es liegt auch in dem verfassungsrechtlich eingeräumten Gestaltungsspielraum des einfachen Gesetzgebers, die dem Gesetz widersprechende Beschäftigung jedes Ausländers zur selbständigen Verwaltungsübertretung zu erklären und unter Strafe zu stellen. Es macht daher auch der Umstand, daß vielfach die Kombination zwischen der für jeden einzelnen Ausländer verhängten Geldstrafe und der Mehrzahl von Übertretungen zu einer beträchtlichen (Gesamt-)Strafe führen kann, die in § 28 Abs. 1 AuslBG festgesetzten Strafrahmen nicht verfassungswidrig ist.

Zur Schuldfrage ist vor Eingehen auf die Beschwerdeargumente noch einmal klarzustellen, daß der Beschwerdeführer den erstinstanzlichen Schuldspruch hinsichtlich der Beschäftigung der beiden Polen P und W unbekämpft gelassen hat, sodaß diese Frage nur mehr hinsichtlich der übrigen drei Polen Gegenstand des Beschwerdeverfahrens sein kann. Diesbezüglich macht der Beschwerdeführer sowohl als Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften als auch als Rechtswidrigkeit seines Inhaltes geltend, die belangte Behörde sei zu Unrecht vom Vorliegen eines nach dem AuslBG relevanten Arbeitsverhältnisses zwischen der Ges.m.b.H. und diesen drei (von der Fa. B-M "entliehenen") Polen ausgegangen. Dieser Vorwurf ist unbegründet. Seit dem Inkrafttreten der Novelle zum AuslBG BGBl. Nr. 450/1990 ist die Verwendung überlassener Arbeitskräfte iS des § 3 Abs. 4 AÜG in § 2 Abs. 2 lit. e AuslBG ausdrücklich als ein Fall der "Beschäftigung" iS dieses Gesetzes normiert. Diese Novelle stand allerdings in der im vorliegenden Beschwerdefall anzuwendenden Fassung gemäß BGBl. Nr. 231/1988 noch nicht in Geltung. Der Verwaltungsgerichtshof hat jedoch bereits wiederholt auf Grund der damaligen Rechtslage eine derartige Verwendung von Arbeitskräften als ein arbeitnehmerähnliches Verhältnis iS des § 2 Abs. 2

lit. b AuslBG beurteilt und die Strafbarkeit (des Entleihers) dem § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG unterstellt (siehe dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. April 1993, Zlen. 92/09/0347 und 0349, und die dort angeführte Vorjudikatur). Auch aus den Beschwerdebehauptungen kann daher nicht abgeleitet werden, daß die durch den Beschwerdeführer repräsentierte Ges.m.b.H. die drei genannten Polen an ihrer Baustelle einsetzen hätte dürfen, ohne daß es weiterer (vom Beschwerdeführer auch gar nicht angeregter) Ermittlungen dahin bedurft hätte, ob die Firma B-M überhaupt ihrerseits tatsächlich über aufrechte Beschäftigungsbewilligungen für diese drei Ausländer verfügt hat. Mit dem in der Beschwerde besonders gerügten, mit "außerdem" eingeleiteten Satz in der Begründung des angefochtenen Bescheides wurde von der belangten Behörde nur ausgesprochen, daß ihrer Auffassung nach die Strafbarkeit des Beschwerdeführers sowohl im Falle der Überlassung der drei Polen durch die Fa. B-M als auch (selbstverständlich) im Falle einer (vom Beschwerdeführer ursprünglich zugestandenen) direkten Beschäftigung dieser drei Polen durch die Ges.m.b.H. gegeben war.

Die Beschwerde erweist sich somit in der Frage der über den Beschwerdeführer verhängten Schuldsprüche hinsichtlich aller von ihr beschäftigten fünf Polen als unbegründet; sie war daher insoweit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Berechtigung kommt der Beschwerde jedoch im Umfang der Bekämpfung der Strafaussprüche und demzufolge auch im Kostenausspruch zu. Die belangte Behörde hat zur Strafbemessung nur ausgeführt, mildernd sei die Unbescholtenheit des Beschwerdeführers, doch sei der Schutzzweck des AuslBG beträchtlich verletzt worden und das Verschulden des Beschwerdeführers nicht als gering einzustufen. Die Geldstrafen seien daher unter "Berücksichtigung der überdurchschnittlichen Einkommensverhältnisse des vermögenslosen Berufungswerbers" angemessen, wobei allfällige Sorgepflichten vom Beschwerdeführer nicht angegeben worden seien.

Der Beschwerdeführer macht mit Recht geltend, daß damit die Strafbemessung nicht dem Gesetz gemäß begründet worden ist. Ohne Feststellungen darüber, welches Einkommen der Beschwerdeführer überhaupt bezieht, ist weder nachvollziehbar noch kontrollierbar, ob die belangte Behörde mit Recht von einem "überdurchschnittlichen" Einkommen des Beschwerdeführers ausgehen durfte. Wie bereits oben erörtert, sind die vom AuslBG vorgesehenen Geldstrafen, vor allem mit Rücksicht darauf, daß sie für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer gesondert zu verhängen sind, nicht unbeträchtlich. Umso mehr aber hätte es einer auf festen sachverhaltsmäßigen Grundlagen aufbauenden, in allen für das von der Behörde ausgeübte Ermessen herangezogenen Fragen hinreichenden Begründung dafür bedurft, warum die belangte Behörde gerade im vorliegenden Beschwerdefall Geldstrafen für angemessen erachtet hat, die immerhin das Doppelte der dafür im Gesetz vorgesehenen Mindeststrafe ausmachen.

Da die belangte Behörde somit in der Straf- und Kostenfrage von einem in einem wesentlichen Punkt ergänzungsbedürftigen Sachverhalt ausgegangen ist und durch die insoweit mangelhafte Begründung des angefochtenen Bescheides Verfahrensvorschriften außer acht gelassen hat, bei deren Einhaltung sie zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, war der angefochtene Bescheid in diesem Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47, 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 sowie 50 VwGG iVm Art. I A Z. 1 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft vom Beschwerdeführer überhöht geltend gemachte Stempelmarken (zuzusprechen waren diesbezüglich nur S 360,-- an Eingabengebühr und S 60,-- für den angefochtenen Bescheid als Beilage).

Schlagworte

Geldstrafe und ArreststrafeBegründungspflicht und Verfahren vor dem VwGH Begründungsmangel als wesentlicher VerfahrensmangelErmessenPersönliche Verhältnisse des BeschuldigtenBegründung von Ermessensentscheidungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1993090256.X00

Im RIS seit

20.11.2000

Zuletzt aktualisiert am

29.07.2014
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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