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27/03 Gerichtsgebühren Justizverwaltungsgebühren;Norm
GEG §9 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Dr. Wurdinger, über die Beschwerde der Bausparkasse Gemeinschaft der X-Kasse gem.reg. Genossenschaft m. b.H. in S, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid des Bundesministers für Justiz vom 24. Mai 1993, Zl. 300.125/17-I 7/93, betreffend Nachlaß von Einhebungs- und Eintragungsgebühren, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dem Antrag der Beschwerdeführerin, ihr die mit Zahlungsauftrag des Kostenbeamten des Bezirksgerichtes Saalfelden vom 17. September 1992 (i.d.F. des Bescheides des Revisors beim LG Salzburg vom 8. Oktober 1992) vorgeschriebenen Einhebungs- und Eintragungsgebühren im Betrag von S 336.650,-- gemäß § 9 Abs. 2 GEG nachzulassen, keine Folge. Der Gebührenvorschreibung (die die Beschwerdeführerin ohne Erfolg mit Berichtigungsantrag bekämpft hatte) lag die am 3. JULI 1989 beantragte und am selben Tag vom Grundbuchsgericht bewilligte und vollzogene Einverleibung des Pfandrechtes für eine Darlehensforderung der Beschwerdeführerin in Höhe von S 25,5 Millionen auf 4 Liegenschaften der "Wohnungseigentumsbau" J-AG zugrunde.
Die Beschwerdeführerin begründete ihr Begehren auf Gebührennachlaß damit, daß seitens der Darlehensnehmerin für das Bauvorhauben auf den Pfandliegenschaften am 20. Mai 1988 beim Amt der Salzburger Landesregierung um die Gewährung einer Objektförderung nach dem WFG 1984 angesucht worden sei. Die Beschwerdeführerin sei in der Folge durch die Salzburger Landeshypothekenbank davon verständigt worden, daß durch die Salzburger Landesregierung am 28. Juni 1989 die Zusicherung der Gewährung von rückzahlbaren Zinsen- und Annuitätenzuschüssen nach dem WFG 1984 erteilt worden sei. Zur weiteren Realisierung, insbesondere zur Zustellung des Bescheides betreffend die Zusicherung der Förderung sei es aber wegen des Konkurses der Darlehensnehmerin nicht mehr gekommen. Das Bauspardarlehen sei in der Folge an die "HÖ-GmbH" übertragen worden. In der Folge sei auch dem Förderungsantrag der ursprünglichen Darlehensnehmerin entsprochen und mit Schreiben vom 6. FEBRUAR 1991 der neuen Darlehensnehmerin die beantragte Zusicherung gewährt worden. Da diese Zusicherung erst nach dem Entstehen des Gebührenanspruches erfolgt sei, sei auch der Berichtigungsantrag der Beschwerdeführerin gegen den Zahlungsauftrag abgewiesen worden.
Den Umstand, daß die Zusicherung nicht schon vor der Entstehung des Gebührenanspruches erfolgt sei, habe nicht die Beschwerdeführerin zu vertreten. Ohne den Konkurs der ursprünglichen Darlehensnehmerin wären die Voraussetzungen für eine Gebührenbefreiung nach dem WFG 1984 gegeben gewesen.
Auf Grund der Schuld- und Pfandbestellungsurkunde vom 7. bzw. 12. Juli 1988 sei die Darlehensnehmerin verpflichtet, sämtliche Abgaben zu bezahlen und daher der Beschwerdeführerin gegenüber regreßpflichtig.
Die ursprünglich im Zahlungsauftrag enthaltene Zahlungspflicht der Darlehensnehmerin sei mit Beschluß des Revisors unter Hinweis auf den Befreiungstatbestand des § 30 WGG wieder gelöscht worden. Schon im Bericht des Bautenausschusses zur Regierungsvorlage zum WGG sei auf dieses Problem eingegangen worden. Dort heiße es, daß sich die in § 30 Abs. 1 WGG gewährte persönliche Gebührenfreiheit der Bauvereinigungen nicht auf die gemäß § 25 Abs. 1 lit. b GGG bestehende Gebührenpflicht der Darlehensgeber erstrecke. Da in den Darlehensverträgen aber regelmäßig vereinbart sei, daß der Darlehensgeber privatrechtlich berechtigt sei, die ihm gegenüber fällig werdenden Gerichtsgebühren auf die Bauvereinigung als Darlehensnehmerin zu überwälzen, seien Vorkehrungen geboten, die sicherstellten, daß diese wirtschaftliche Belastung der Bauvereinigung in den Fällen nicht eintrete, in denen die Bauvereinigung das Darlehen zur Finanzierung der Baukosten verwende, die zur Befriedigung des dauernden Wohnbedürfnisses von Inländern dienten. Da das Vorliegen dieser Voraussetzung in der Regel erst zum Zeitpunkt des Bezuges der Wohnungen beurteilt werden könne, biete sich hiefür das auf den Einzelfall abgestellte Verfahren über den Nachlaß der Gerichtsgebühren an. In diesen Verfahren sei auf Antrag zu prüfen, ob bzw. in welchem Umfang die Bauvereinigung das gewährte Darlehen zur Befriedigung der oben genannten Interessen verwendet habe. Sodann sei ein Nachlaß zu bewilligen, der den in der Einräumung der persönlichen Gebührenfreiheit zum Ausdruck kommenden öffentlichen Interessen Rechnung trage. Im gegenständlichen Fall sei das Darlehen zur Finanzierung der Baukosten von Wohnungen gewährt worden, die zur Befriedigung des dauernden Wohnbedürfnisses von Inländern dienten. Die Bauvereinigung habe das Darlehen auch dazu verwendet. Der Gebührennachlaß liege daher im öffentlichen Interesse. Überdies würde eine Vorschreibung der Pfandrechtseintragungsgebühr für die Darlehensnehmerin und die nunmehrigen Wohnungseigentümer der auf der Pfandliegenschaft errichteten Objekte, auf die letztlich die Zahlungspflicht überwälzt werde, mit besonderer Härte verbunden sein.
Die belangte Behörde vertrat jeweils unter Berufung auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes rechtlich insbesondere die Auffassung, es sei unzulässig, im Wege des Gebührennachlasses eine Erweiterung einer sachlichen Gebührenbefreiung durchzuführen, zumal § 9 Abs. 2 GEG nicht darauf abstelle, wieso es zur Gebührenvorschreibung gekommen sei. Insbesondere sei es nach der Judikatur nicht zulässig, Begünstigungen, die der Gesetzgeber an eine bestimmte Regelung knüpfe (hier das WFG 1984), im Wege von Nachlaßbewilligungen zu erweitern. Auch die persönliche Gebührenbefreiung der Darlehensnehmerin gemäß § 30 Abs. 1 WGG erlaube daher keinen Nachlaß der gegenüber der Beschwerdeführerin fällig gewordenen Gebühr. Es sei nicht der Zweck des § 9 Abs. 2 GEG, die Fälle einer persönlichen Gebührenbefreiung zu einer sachlichen auszuweiten. Auch der Regreßanspruch des Gebührenschuldners gegenüber einen persönlich gebührenbefreiten Wohnungsunternehmer stelle für sich noch keinen Nachlaßgrund dar.
Daran ändere auch der Umstand nichts, daß nach den Behauptungen der Beschwerdeführerin die Gebührenlast von der Darlehensnehmerin auf die nunmehrigen Wohnungseigentümer weitergewälzt würde. Möge auch ein öffentliches Interesse an der möglichsten Geringhaltung der Kosten der Errichtung von Wohnungen bestehen, so könne doch diesem öffentlichen Interesse nicht auf dem Wege über die Nachsicht der Gerichtsgebühren Rechnung getragen werden. Wenn der österreichische Gesetzgeber die Bestimmung des § 30 Abs. 1 WGG als eine persönliche Befreiung konstruiert habe, so habe er damit auch die Beschränkung der persönlichen Gebührenbefreiung auf die darin genannten Rechtssubjekte angeordnet. Man könne nicht davon ausgehen, daß ihm dabei die Möglichkeit eines vertraglich bedungenen Gebührenersatzes an die (zivilrechtlich) gebührenpflichtigen Beteiligten nicht bewußt gewesen sei. Der Gesetzgeber habe selbst die Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Einbringung der Gerichtsgebühren und demjenigen an einer entsprechenden Milderung der mit der Herstellung von Wohnungen verbunden Kosten vorgenommen, indem er statuiert habe, inwieweit das Letztere eine Einschränkung des Ersteren rechtfertige. Der Rechtsanwendung müsse es verwehrt bleiben, dieses Verhältnis durch eine Höherbewertung des zuletzt genannten öffentlichen Interesses generell zu verschieben und im Wege einer für den Einzelfall vorgesehenen Maßnahme des Gebührennachlasses eine allgemeine Erweiterung des Personenkreises herbeizuführen, der von der Verpflichtung zur Entrichtung der Gebühren ausgenommen sei. Da die Gebühren von der Beschwerdeführerin auf Grund zivilrechtlicher Vereinbarungen auf andere Personen überwälzt werden könnten, sei für die Beschwerdeführerin jedenfalls die Einbringung der Gebühren nicht mit besonderer Härte verbunden. Für Erwägungen, ob die Einziehung dritte Personen besonders hart treffen könne, biete § 9 Abs. 2 GEG keinen Raum.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die Beschwerdeführerin erachtet sich, aus dem Beschwerdeinhalt erkennbar, in ihrem Recht auf Nachlaß der Gerichtsgebühren verletzt.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 9 Abs. 2 erster Satz GEG können Gebühren und Kosten auf Antrag nachgelassen werden, wenn die Einbringung mit besonderer Härte für den Zahlungspflichtigen verbunden wäre oder wenn der Nachlaß im öffentlichen Interesse gelegen ist.
Die Beschwerdeführerin versucht - wie im vorangegangenen Verwaltungsverfahren - zunächst das Vorliegen eines öffentlichen Interesses durch den Hinweis darauf darzutun, daß ohne die Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der ursprünglichen Darlehensnehmerin die Voraussetzungen für die Gebührenbefreiung nach dem WFG 1984 gegeben gewesen wären. Dabei übersieht die Beschwerdeführerin aber grundlegend, daß nach Ausweis der Verwaltungsakten zur Zeit der Entstehung der Gebührenpflicht (nämlich der Vornahme der Grundbuchseintragung am 3. Juli 1989; § 2 Z. 4 GGG) noch keine schriftliche Zusicherung der Wohnbauförderung (auch nicht an die ursprüngliche Darlehensnehmerin) vorlag, sondern nur eine diesbezüglich unmaßgebliche Wissenserklärung einer dritten Person, nämlich der S-Bank (vgl. dazu die bei Tschugguel-Pötscher, MGA, Die Gerichtsgebühren4 unter E 3 zu § 35 WFG 1968 referierte hg. Judikatur). Da somit für das vor der Zusicherung der Wohnbauförderung einverleibte Darlehen auch unter der Annahme, die ursprüngliche Darlehensnehmerin wäre nicht in Konkurs gefallen, keine Gebührenfreiheit gegeben gewesen wäre, sind alle weiteren Überlegungen zur Frage der Bedeutung der erst wesentlich später der neuen Darlehensnehmerin mit Zusicherungsschreiben vom 6. Februar 1991 gewährten Förderung entbehrlich. Der Umstand, daß ein Bauvorhaben erst nach dem für das Entstehen der Gebührenpflicht maßgeblichen Zeitpunkt zu einem geförderten wird, vermag nämlich eine einmal entstandene Gebührenpflicht nicht zum Erlöschen zu bringen (vgl. die bei Tschugguel-Pötscher aaO. unter E 2 zu § 35 WFG 1968 referierte hg. Judikatur). Mit Rücksicht darauf, daß im Nachlaßverfahren kein Raum dafür besteht, die Umstände zu prüfen, wieso es zur Gebührenvorschreibung gekommen ist und ob dabei allenfalls ein Verschulden dritter Personen vorliegt (vgl. die bei Tschugguel-Pötscher aaO. E 29 zu § 9 GEG referierte hg. Judikatur), kann im vorliegenden Fall aus dem Umstand, daß durch die Pfandrechtseinverleibung vom 3. Juli 1989 eine Gebührenpflicht vor dem Vorliegen der erforderlichen schriftlichen Zusicherung der Wohnbauförderung ausgelöst wurde, kein öffentliches Interesse am Nachlaß der Gebührenpflicht gewonnen werden.
Da der Verwaltungsgerichtshof zu den weiteren Beschwerdeargumenten, die regreßpflichtige Darlehensnehmerin sei eine gemäß § 30 Abs. 1 WGG persönlich befreite Bauvereinigung und sei auf die Erwägungen des Bautenausschusses in den Materialien zur zuletzt zitierten Gesetzesstelle Bedacht zu nehmen, im Wege der von der belangten Behörde zutreffend zitierten hg. Entscheidung vom 3. September 1987, Zl. 86/16/0188 (vgl. dazu auch die dort zitierte Vorjudikatur) bereits klargestellt hat, daß der Regreßanspruch des Gebührenschuldners gegenüber einer persönlich gebührenbefreiten Bauvereinigung für sich allein nicht die Annahme eines Nachlaßgrundes rechtfertigt und daß die Ausführungen des Bautenausschusses im Bericht zur RV zum WGG (1220 der Bl. z.d. sten. Prot. Nr. XIV GP) mangels entsprechender Änderung des § 9 GEG im Nachlaßverfahren nicht zu berücksichtigen sind, erweist sich der angefochtene Bescheid als frei von der behaupteten Rechtswidrigkeit seines Inhaltes.
Aus diesem Grund muß auch die Verfahrensrüge der Beschwerde scheitern, weil die belangte Behörde, die ihren Bescheid - anders als es die Beschwerdeführerin darzustellen sucht - einwandfrei begründet hat, vor dem Hintergrund der oben zitierten hg. Judikatur nicht zu weiteren Ermittlungen und Sachverhaltsfeststellungen veranlaßt war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der VO BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1993160114.X00Im RIS seit
12.11.2001