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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §56;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des E in W, vertreten durch Dr. X, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Militärkommandos Wien vom 15. Juli 1993, Zl. W/60/20/01/19, betreffend Einberufung zum Grundwehrdienst, den Beschluß gefaßt:
Spruch
Die Beschwerde wird für gegenstandslos erklärt und das Verfahren wird eingestellt.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer S 9.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer gemäß § 35 des Wehrgesetzes BGBl. Nr. 305/1990 "zur Ableistung des Grundwehrdienstes im Bundesheer einberufen"; er habe "sich am 1. Oktober 1993 bis spätestens 11.00 Uhr" bei einer näher genannten Einheit in einer in Wien gelegenen Kaserne einzufinden.
Mit Schreiben vom 29. September 1993 teilte der Beschwerdeführer mit, daß ihm am 10. September 1993 ein Bescheid der belangten Behörde vom 8. September 1993 zugestellt worden sei, mit dem - gestützt auf § 68 Abs. 2 AVG - der angefochtene Bescheid von Amts wegen dahingehend abgeändert wurde, daß er "den Grundwehrdienst am 3. Januar 1994 bis spätestens 11.00 Uhr" bei einer anderen als der im angefochtenen Bescheid genannten Einheit des Bundesheers in einer anderen Wiener Kaserne anzutreten habe.
Der Verwaltungsgerichtshof hielt dem Beschwerdeführer mit Note vom 1. Oktober 1993 seine vorläufige Rechtsauffassung vor, der normative Gehalt des angefochtenen Bescheides sei zur Gänze in dem Bescheid vom 8. September 1993 aufgegangen, weswegen der Beschwerdeführer klaglos gestellt erscheine.
In seiner Stellungnahme vom 6. Oktober 1993 bestreitet der Beschwerdeführer, klaglos gestellt zu sein. Die Grundsatzentscheidung, er sei präsenzdienstpflichtig und dürfe einberufen werden, sei nach wie vor aufrecht. Der angefochtene Bescheid sei nicht aufgehoben, sondern nur in Nebenumständen abgeändert worden.
Der Beschwerdeführer stützt seine Behauptung, nicht präsenzdienstpflichtig zu sein, darauf, daß er mit Bescheid des Bundesministers für Landesverteidigung vom 2. August 1978 gemäß § 37 Abs. 2 lit. a des Wehrgesetzes 1978 von Amts wegen aus öffentlichen Interessen von der Präsenzdienstpflicht befreit worden sei. Es kann nun dahinstehen, ob dem Beschwerdeführer aus diesem Bescheid ein subjektives Recht darauf erwachsen ist, keinen Präsenzdienst leisten zu müssen. Zu prüfen ist nur, ob der angefochtene Bescheid auch derzeit noch in die Rechtssphäre des Beschwerdeführers nachteilig eingreift, m.a.W. ob er durch den angefochtenen Bescheid in seinen Rechten noch verletzt sein kann.
Dies ist nicht der Fall. Der normative Gehalt eines Einberufungsbefehles liegt in der Begründung der Verpflichtung, den Präsenzdienst (hier in Form des Grundwehrdienstes) zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort anzutreten. Die Frage, ob der Betreffende auch präsenzdienstpflichtig ist, ist zwar vor Erlassung des Einberufungsbefehles zu prüfen, da nur im Falle ihrer Bejahung ein Einberufungsbefehl ergehen darf. Die Präsenzdienstpflicht ist aber lediglich eine Voraussetzung für die Erlassung eines Einberufungsbefehles. Ihre Feststellung ist nicht gesonderter Inhalt des mit dem Einberufungsbefehl getroffenen Abspruches. Wird ein Einberufungsbefehl in Ansehung von Zeitpunkt und Ort des Antrittes des Präsenzdienstes aus dem Rechtsbestand ausgeschieden, so bleibt kein Ausspruch übrig, der Betreffende habe - wann und wo immer - Präsenzdienst zu leisten. Der Beschwerdeführer kann daher seine Ansicht, er sei derzeit nicht präsenzdienstpflichtig, gegen jeden Einberufungsbefehl, also auch gegen die mit dem Bescheid vom 8. September 1993 begründete Verpflichtung, ins Treffen führen und braucht nicht zu gewärtigen, daß ihm ein rechtskräftiger Abspruch, er sei präsenzdienstpflichtig, entgegengehalten wird. Der angefochtene Bescheid ist durch den Bescheid der belangten Behörde vom 8. September 1993 zur Gänze gegenstandslos geworden. Er äußert dem Beschwerdeführer gegenüber keine Rechtswirkungen mehr. Der Beschwerdeführer ist daher entgegen seiner Meinung als klaglos gestellt anzusehen. Das Beschwerdeverfahren war daher gemäß § 33 Abs. 1 VwGG einzustellen.
Es war in diesem Beschwerdefall nicht darauf einzugehen, ob die Vorgangsweise der belangten Behörde nach § 68 Abs. 2 AVG rechtmäßig war.
Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG, insbesondere auf den 2. Satz des § 56, in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991 (nämlich auf deren Art. I Z. 3).
Die Zusammensetzung des Senates gründet sich auf § 12 Abs. 3 VwGG.
Schlagworte
Allgemein Begründungspflicht und Verfahren vor dem VwGH Begründungsmangel als wesentlicher Verfahrensmangel Besondere Rechtsgebiete Maßgebender Bescheidinhalt Inhaltliche und zeitliche Erstreckung des Abspruches und der RechtskraftEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1993110169.X00Im RIS seit
01.02.2002