TE Vwgh Erkenntnis 1993/11/23 92/04/0261

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Veröffentlicht am 23.11.1993
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Index

L71077 Gastgewerbe Sperrzeiten Sperrstunde Tirol;
40/01 Verwaltungsverfahren;
50/01 Gewerbeordnung;

Norm

GewO 1973 §198 Abs5;
GewO 1973 §368 Z17;
SperrV Tir 1975 §3 Abs2;
VStG §44a Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte Dr. Gruber und Dr. Pallitsch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissärin Mag. Paliege, über die Beschwerde des K in A, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 8. Oktober 1992, Zl. 15/90-4/1992, betreffend Übertretung der GewO 1973, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.510,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Landeck vom 11. Mai 1992 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt wie folgt:

"Sie haben es als Betreiber des Gastgewerbebetriebes "A-Bar" in A Nr. 52, in der Betriebsart "Bar" zu verantworten, daß Sie am 12.2.1992 bis ca. 02.40 Uhr noch mehreren Gästen (ca. 40 Personen bis 02.30 Uhr und ca. 8 Personen bis 02.40 Uhr) im genannten Geschäftslokal den Aufenthalt gestattet haben, obwohl mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde A vom 16.1.1992 die mit 03.00 Uhr festgesetzte Sperrstunde für Ihren Gastgewerbebetrieb "A-Bar" auf 02.00 Uhr vorverlegt wurde und somit bereits eingetreten ist."

Der Beschwerdeführer habe dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt: "§ 198 Abs. 2 und Abs. 5 i.V.m.

§ 368 Z. 11 GewO 1973".

Über den Beschwerdeführer wurde gemäß § 368 Einleitungssatz GewO 1973 eine Geldstrafe von S 1.500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 2 Tage) verhängt.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung.

Mit Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 8. Oktober 1992 wurde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG i. V.m. §§ 24 und 51 Abs. 2 VStG mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, daß im Spruch nach dem Wort "Betreiber" die Worte "und gewerberechtlich Verantwortlicher" und nach den Worten "gestattet haben" die Worte "und die Betriebsräume des dortigen Gastbetriebes offengehalten wurden" eingefügt wurden und die übertretene Bestimmung zu lauten hat: "§ 368 Z. 11 i.V.m. § 198 Abs. 2 und § 198 Abs. 5 GewO 1973 und § 3 Abs. 2 Tiroler Sperrzeitenverordnung, LGBl. Nr. 23/1975 i.d.F. der Novelle LGBl. Nr. 27/1991 i.V.m. dem Bescheid des Bürgermeisters von A vom 16. Jänner 1992, Zl. 523/1992".

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer seinem gesamten Vorbringen zufolge in dem Recht verletzt, bei der gegebenen Sach- und Rechtslage wegen der ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretung, insbesonders gemäß § 198 Abs. 5 GewO 1973 nicht für schuldig erkannt und dafür nicht bestraft zu werden.

Im Beschwerdefall ist auf die Rechtslage vor der Gewerberechtsnovelle 1992, BGBl. Nr. 29/1993, Bedacht zu nehmen.

Nach § 198 Abs. 1 GewO 1973 hat der Landeshauptmann den Zeitpunkt, in dem die Gastgewerbebetriebe geschlossen werden müssen (Sperrstunde), und den Zeitpunkt, in dem sie geöffnet werden dürfen (Aufsperrstunde), für die einzelnen Betriebsarten der Gastgewerbe durch Verordnung festzulegen.

Im § 1 Z. 2 lit. c der Sperrzeitenverordnung 1975, LGBl. für Tirol Nr. 23/1975 i.d.F. LGBl. Nr. 27/1991 wird die Sperrstunde für Gastgewerbebetriebe in der Betriebsart "Bar" und "Diskothek" mit 3 Uhr festgelegt.

Gemäß § 198 Abs. 2 GewO 1973 hat der Gastgewerbetreibende die Betriebsräume und die allfälligen sonstigen Betriebsflächen, ausgenommen die der Beherbung dienenden, während des Zeitraums zwischen den im Abs. 1 festgelegten Sperr- und Aufsperrstunden geschlossen zu halten. Während dieser Sperrzeit darf er Gästen weder den Zutritt zu diesen Räumen und zu diesen Flächen noch dort ein weiteres Verweilen gestatten und die Gäste auch nicht in anderen Räumen oder auf anderen sonstigen Flächen gegen Entgelt bewirten. Die Gäste sind rechtzeitig auf den Eintritt der Sperrstunde aufmerksam zu machen; sie haben den Betrieb spätestens zur Sperrstunde zu verlassen.

Gemäß § 198 Abs. 5 leg. cit. hat die Gemeinde eine spätere Aufsperrstunde oder eine frühere Sperrstunde vorzuschreiben, wenn die Nachbarschaft wiederholt durch ein nicht strafbares Verhalten von Gästen unmittelbar vor der Betriebsanlage des Gastgewerbebetriebes unzumutbar belästigt wurde oder wenn sicherheitspolizeiliche Bedenken bestehen.

Mit Bescheid vom 16. Jänner 1992, Zl. 523/1992, hat der Bürgermeister der Gemeinde A als Gewerbebehörde gemäß § 337 GewO 1973 i.V.m. § 46 Tiroler Gemeindeordnung 1960 im Grunde des § 198 Abs. 5 GewO 1973 die durch den Landeshauptmann von Tirol mit Sperrzeitverordnung 1975 um spätestens 3 Uhr festgesetzte Sperrstunde für den Gastgewerbebetrieb des Beschwerdeführers "A-Bar" im Standort A Nr. 52 in der Betriebsart "Bar" auf 2 Uhr vorverlegt.

Gemäß § 368 Z. 11 GewO 1973 begeht eine Verwaltungsübertretung, wer die Bestimmungen des § 198 Abs. 2 oder der gemäß § 198 Abs. 1 erlassenen Verordnungen über Sperrstunden und Aufsperrstunden nicht einhält.

Die als erwiesen angenommene Tat (§ 44a Z. 1 VStG) wurde im angefochtenen Bescheid in Verbindung mit dem erstbehördlichen Straferkenntnis u.a. dahin umschrieben, daß der Beschwerdeführer Gästen ein weiteres Verweilen entgegen dem vorzitierten Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde St. Anton a. A. über die festgesetzte Sperrstunde hinaus gestattet und die Betriebsräume des von ihm als gewerberechtlich Verantwortlicher betriebenen Gastgewerbebetriebes offengehalten habe.

Gemäß § 44a Z. 2 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses neben der als erwiesenen angenommenen Tat auch die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, zu enthalten.

Nach der von der belangten Behörde als erwiesen angenommenen Tat hat der Beschwerdeführer - auch nach Annahme der belangten Behörde - keine Verwaltungsübertretung allein nach § 198 Abs. 2 GewO 1973 im Zusammenhang mit § 3 Abs. 2 Tiroler Sperrzeitenverordnung begangen und es ist die ihm von der belangten Behörde zur Last gelegte Tat daher nicht der Strafbestimmung des § 368 Z. 11 GewO 1973 zu unterstellen. Die Nichteinhaltung der gemäß Abs. 5 des § 198 GewO 1973 von der Gemeinde im Einzelfall vorgeschriebenen späteren Aufsperrstunde oder früheren Sperrstunde ist vielmehr nach der allgemeinen Strafbestimmung des § 368 Z. 17 GewO 1973 zu ahnden (siehe auch Anm. 26 in Mache-Kinscher, Die Gewerbeordnung Seite 528).

Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Die Abweisung des Mehrbegehrens folgt aus der Geltendmachung der entgegen § 14 TP 6 Abs. 1 und Abs. 5 Gebührengesetz in der geltenden Fassung zuviel entrichteten Stempelgebühren. Auch die begehrte Umsatzsteuer war nicht zuzusprechen, weil der gemäß § 48 Abs. 1 Z. 2 VwGG der obsiegenden Partei zu gewährende Schriftsatzaufwand ein Pauschalbetrag ist.

Schlagworte

Verwaltungsvorschrift Mängel im Spruch falsche Subsumtion der Tat

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1992040261.X00

Im RIS seit

20.09.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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