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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
GewO 1973 §366 Abs1 Z3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissärin Mag. Paliege, über die Beschwerde des Dkfm. G in N, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 4. Juni 1993, Zl. VwSen - 220150/5/Kl/La, betreffend Übertretung der GewO 1973, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.660,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen erließ gegenüber dem Beschwerdeführer ein mit 20. Februar 1992 datiertes Straferkenntnis, dessen Spruch folgenden Wortlaut hat:
"Herr Dkfm. G hat es als gewerberechtlicher Geschäftsführer der G-Ges.m.b.H. zu verantworten, daß am 5.9.1991 in der Zurichtehalle im Bau 16, OG, in N die Doppelspritzbänder mit Trocknungskanal Nr. 5 und Nr. 6 (laut Numerierung der dem Bescheid als wesentlicher Bestandteil zugrunde liegenden Maschinenaufstellungsskizze vom 22.3.1991, und zwar die Doppelanlage mit zwei Rundspritzmaschinen und zwei Trockenkanälen Nr. 5 - Fabrikat Carlessi sowie die Doppelanlage mit zwei Rundspritzmaschinen und zwei Trockenkanälen Nr. 6 - ohne nähere Firmenbezeichnung) ohne gewerbebehördliche Genehmigung betrieben wurden; die Spritzbänder Nr. 5 und Nr. 6 wurden als Änderungs- bzw. Ausbaumaßnahme der mit Bescheid vom 17.2.1971, Zl. Ge-848-1970, genehmigten Spritzlackier- und Trocknungsanlage errichtet und in Betrieb genommen; der Betrieb der Spritzbänder Nr. 5 und Nr. 6 ist insbesondere wegen der Abluftführungen der beim Farb- und Lackauftrag sowie beim Trocknen entstehenden Farbnebel geeignet, geruchstragende Stoffe vorwiegend in Richtung Süden und Nordwest bis Nordost zu emittieren, dadurch in die Umgebung gelangen und somit geeignet sind, u.a. bei den Nachbarn H, M, B, Bahnhofswohnung, Geruchsbelästigungen hervorzurufen, weshalb diese Doppelspritzu. Trocknungsanlage Nr. 5 u. Nr. 6 gemäß § 81 GewO 1973 genehmigungspflichtig ist.
Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt:
§ 366 Abs. 1 Ziffer 4 i.V.m. §§ 74 ff und 81 GewO 1973 und § 9 Abs. 1 VStG.
Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über Sie folgende Strafe verhängt:
Geldstrafe von Falls diese uneinbringlich ist, gemäß §
Schilling Ersatzfreiheitsstrafe von
25.000,-- 25 Tage 366 (1) Z. 4
i.V.m. § 370
(2) GewO 1973
Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:
S 2.500,-- als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10 % der Strafe.
Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe, Kosten) beträgt daher S 27.500,--."
Der dagegen erhobenen Berufung des Beschwerdeführers gab der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich mit Bescheid vom 4. Juni 1993 insofern Folge, als die verhängte Ersatzfreiheitsstrafe auf 7 Tage herabgesetzt wurde. Im übrigen wurde das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, daß bei der verletzten Rechtsvorschrift anstelle des "§ 9 Abs. 1 VStG" der "§ 370 Abs. 2 GewO 1973" zu zitieren ist.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer in dem einfachgesetzlich gewährleisteten Recht verletzt, "entgegen der Bestimmung des § 370 Abs. 2 GewO 1973 i. V.m. § 66 Abs. 4 AVG i.V.m. §§ 24, 19, 16 und 51 VStG nicht bestraft zu werden". In Ausführung des so formulierten Beschwerdepunktes bekämpft der Beschwerdeführer die Annahme der belangten Behörde, für die in Rede stehenden Farbspritzbänder bestehe keine gewerberechtliche Genehmigung. Außerdem seien diese Maschinen im Tatzeitpunkt nicht in Betrieb gestanden.
Die Beschwerde erweist sich schon aus nachstehenden Gründen als berechtigt:
Gemäß § 366 Abs. 1 GewO 1973 in der hier anzuwendenden Fassung der Gewerberechtsnovelle 1988, BGBl. Nr. 399, begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu S 50.000,-- zu bestrafen ist, wer
....
3. eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage (§ 74) ohne die hiefür erforderliche Genehmigung errichtet oder betreibt;
4. eine genehmigte Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung ändert oder nach der Änderung betreibt (§ 81).
Nach § 44a VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, zu enthalten:
1.
die als erwiesen angenommene Tat;
2.
die Verwaltungsvorschrift die durch die Tat verletzt worden ist;
3. die verhängte Strafe und die angewendete Gesetzesbestimmung;
....
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Erkenntnisse verstärkter Senate vom 13. Juni 1984, Slg. N.F. Nr. 11.466/A, und vom 3. Oktober 1985, Slg. N.F. Nr. 11.894/A) ist es nach der Z. 1 dieser Gesetzesstelle rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß einerseits die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird, und daß andererseits die Identität der Tat - z.B. nach Ort und Zeit - unverwechselbar feststeht.
Im angefochtenen Bescheid wird dem Beschwerdeführer (durch Bestätigung des diesbezüglichen Teiles des erstbehördlichen Straferkenntnisses) zur Last gelegt, die in Rede stehenden Maschinen "ohne gewerbebehördliche Genehmigung betrieben" zu haben. Mit dieser Formulierung wurde ihm ein Verhalten zur Last gelegt, das (bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen) dem Tatbild des § 366 Abs. 1 Z. 3 GewO 1973 entspricht. Demgegenüber wurde ihm in dem § 44a Z. 2 VStG betreffenden Spruchteil eine Verletzung der Bestimmung des § 366 Abs. 1 Z. 4 zur Last gelegt. In dem § 44a Z. 3 VStG entsprechenden Spruchteil wurde schließlich als Strafnorm "§ 366 Abs. 1 Z. 4 i.V.m. § 370 Abs. 2 GewO 1973" genannt, obwohl die Z. 4 des § 366 Abs. 1 lediglich die Umschreibung des Tatbildes der Verwaltungsübertretung enthält, während sich die Strafdrohung im Einleitungssatz des Abs. 1 findet.
Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit. Er war daher schon aus diesem Grund gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, ohne daß auf das Beschwerdevorbringen einzugehen war.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Das Stempelgebührenaufwand betreffende Mehrbegehren war abzuweisen, da die Vorlage von Ablichtungen aus den Akten des Verwaltungsstrafverfahrens nicht als zur Rechtsverwirklichung notwendig angesehen werden kann.
Schlagworte
Strafnorm Mängel im Spruch Nichtanführung unvollständige AnführungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1993040149.X00Im RIS seit
20.11.2000