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24/01 Strafgesetzbuch;Norm
KFG 1967 §66 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des XY in W, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 2. Oktober 1992, Zl. MA 64-8/406/92, betreffend Erteilung der Lenkerberechtigung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer ist schuldig, dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 2. Oktober 1992 wurde der im Juli 1992 gestellte Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Lenkerberechtigung für Kraftfahrzeuge der Gruppen A und B wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit abgewiesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in ihrer Gegenschrift beantragt, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 64 Abs. 2 erster Satz KFG 1967 darf die Lenkerberechtigung nur Personen erteilt werden, die unter anderem im Sinne des § 66 KFG 1967 verkehrszuverlässig sind. Nach § 66 Abs. 1 leg. cit. hat die Beurteilung der Verkehrszuverlässigkeit auf Grund des Vorliegens erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs. 2) und ihrer Wertung (Abs. 3) zu erfolgen. Für die Wertung sind nach dem Abs. 3 dieses Paragraphen bei strafbaren Handlungen ihre Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.
Der vorliegenden Versagung der Lenkerberechtigung liegt zugrunde, daß der am 15. Oktober 1973 geborene Beschwerdeführer mit Urteil des Jugendgerichtshofes Wien vom 5. Dezember 1991 wegen des Verbrechens des versuchten Diebstahles durch Einbruch und mit Waffen nach den §§ 15, 127, 129 Z. 1 und Z. 4 StGB nach § 129 StGB, unter Anwendung des § 5 Z. 4 JGG zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt wurde. Gemäß § 43 StGB wurde der Vollzug der ausgesprochenen Freiheitsstrafe unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen. Eine Vorhaft wurde angerechnet. Der Beschwerdeführer hatte in der Nacht zum 10. August 1991 in Wien im einverständlichen Zusammenwirken mit zwei anderen Personen versucht, fremde bewegliche Sachen durch Einbrechen und Einsteigen in ein Gebäude mit dem Vorsatz wegzunehmen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, wobei alle Beteiligten Waffen (u.a. Kleinkalibergewehr mit Schalldämpfer und abgesägtem Lauf) mit sich führten und sich mit gestohlenen Mopeds zum Tatort begeben hatten. Die belangte Behörde sah dieses Verhalten des Beschwerdeführers als seine Verkehrsunzuverlässigkeit indizierende bestimmte Tatsache im Sinne des § 66 Abs. 2 KFG 1967 an und berücksichtigte im Rahmen der Wertung die besondere Verwerflichkeit und Gefährlichkeit der Verhältnisse sowie die Kürze der seit der Tat verstrichenen Zeit, sodaß noch nicht mit Sicherheit auf eine Änderung der Sinnesart des Beschwerdeführers geschlossen und er nicht als verkehrszuverlässig angesehen werden könne.
Der Beschwerdeführer rügt, daß die genannte gerichtliche Verurteilung keinen der in § 66 Abs. 2 KFG 1967 enthaltenen Tatbestände erfülle. Dem ist jedoch zu entgegnen, daß es sich bei der Aufzählung bestimmter Tatsachen in der genannten Gesetzesbestimmung nur um eine demonstrative handelt. Auch andere, den ausdrücklich genannten vergleichbare strafbare Handlungen können, insofern sie auf eine gleiche schädliche Sinnesart des Beschwerdeführers schließen lassen, als bestimmte Tatsache bei Beurteilung seiner Verkehrszuverlässigkeit herangezogen werden. Auch wenn im § 66 Abs. 2 lit. d KFG 1967 im Rahmen der demonstrativen Aufzählung Diebstahl nur in der Begehungsform des räuberischen Diebstahles (§ 131 StGB) genannt ist, kann Diebstahl auch ohne diese Qualifikation als bestimmte Tatsache herangezogen werden, wobei jeweils der Grad der Verwerflichkeit des als erwiesen angenommenen Verhaltens für die Frage der Gleichwertigkeit ausschlaggebend ist (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. Oktober 1990, Zl. 90/11/0066, u.a.).
Diese grundlegenden Voraussetzungen hat die belangte Behörde zutreffend beachtet. Der Beschwerdeführer kam nach dem Inhalt des Strafurteils mit seinen Mittätern überein, nachts bei einer Frau einzubrechen und für den Fall, daß diese aufwache, "sie zu fesseln, zu knebeln und mit Waffen gefügig zu machen". Er führte gemeinsam mit seinen Mittätern zu diesem Zweck auch die bereits erwähnten Waffen mit. Ein Vergleich dieser Tat mit den in § 66 Abs. 2 lit. d KFG 1967 aufgezählten strafbaren Handlungen zeigt, daß die Verhaltensweisen entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers dieselbe schädliche Neigung, nämlich zur Begehung von Eigentumsdelikten mit der Bereitschaft, dabei Gewalt auszuüben, manifestieren. Auch die strafbare Handlung, deretwegen der Beschwerdeführer verurteilt wurde, stellt somit eine bestimmte Tatsache dar, die auf eine Sinnesart des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 1 lit. b KFG 1967 schließen läßt.
Insoweit der Beschwerdeführer rügt, daß die belangte Behörde die Verurteilung mangels zulässiger Auskunftserteilung aus dem Strafregister über eine Verurteilung wegen einer Jugendstraftat nicht hätte berücksichtigen dürfen, ist ihm zu entgegnen, daß wohl gemäß § 6 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 2 TilgG die Auskunft in bestimmten Fällen beschränkt ist. Der Beschwerdeführer verkennt jedoch, daß ausschließlich in § 66 Abs. 3 KFG 1967 normiert ist, unter welchen Voraussetzungen strafbare Handlungen nicht als bestimmte Tatsachen im Sinne des Abs. 1 gelten - die Straftat des Beschwerdeführers fällt nicht darunter.
Im übrigen hat die belangte Behörde im Rahmen der Wertung gemäß § 66 Abs. 3 KFG 1967 auf das Gesamtverhalten des Beschwerdeführers Bedacht zu nehmen, um seine verkehrsrelevante Sinnesart zu prüfen. Die im Rahmen der Wertung von der belangten Behörde ausgesprochenen Argumente, insbesondere der Hinweis auf die besondere Verwerflichkeit der Tat und auch darauf, daß der Beschwerdeführer für die Anfahrt zum Tatort ein (gestohlenes) Moped im Straßenverkehr verwendete, begegnen keinen Bedenken. Auch die seit der Tat verstrichene Zeit läßt - insbesondere unter Berücksichtigung des anhängig gewesenen Strafverfahrens - infolge ihrer Kürze noch nicht den Schluß zu, daß der Beschwerdeführer seine Verkehrszuverlässigkeit bereits wieder erlangt hätte.
Da sich somit die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1992110291.X00Im RIS seit
19.03.2001Zuletzt aktualisiert am
13.06.2012