Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
StVO 1960 §4 Abs5;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stoll und Dr. Baumann als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde der E in W, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 9. Juli 1993, Zl. MA 64-11/59/93/Str, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960,
Spruch
1. den Beschluß gefaßt:
Die Beschwerde wird, soweit im angefochtenen Bescheid das Verfahren hinsichtlich der (erstinstanzlichen) Spruchpunkte 3 a) und 3 b) eingestellt wird, zurückgewiesen;
2. zu Recht erkannt:
Im übrigen (Spruchpunkt 3 c) wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat der Bundeshauptstadt (Land) Wien Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Zur Vorgeschichte des Beschwerdefalles wird auf die hg. Erkenntnisse vom 25. September 1991, Zl. 91/02/0047, und vom 31. März 1993, Zl. 92/02/0321, verwiesen.
Im Spruch des nunmehr angefochtenen (zweiten) Ersatzbescheides heißt es:
Auf Grund der gegen Punkt 3) c) rechtzeitig eingebrachten Berufung wird das angefochtene Straferkenntnis gemäß § 66 Abs. 4 AVG unter Bedachtnahme auf das in der Sache ergangene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 31. März 1993, Zahl 92/02/0321, hinsichtlich der Strafzumessung und der Kostenentscheidung vollinhaltlich und in der Schuldfrage mit der Abänderung bestätigt, daß die Tatumschreibung wie folgt zu lauten hat:
"Sie haben am 14. Oktober 1989 um 01.20 Uhr in Wien 7, Lerchenfelder Straße den PKW, Kennzeichen W ... gelenkt und haben beim Vorbeifahren an dem vor dem Hause ONr. 74 abgestellten PKW Peugeot 504 mit Ihrem Fahrzeug das abgestellte Fahrzeug kontaktiert und waren dadurch an einem Verkehrsunfall mit Sachschaden ursächlich beteiligt, in Fortsetzung der Fahrt sodann vor dem Hause ONr. 78-80 beim Vorbeifahren an dem dort abgestellten Kombinationskraftwagen VW-Passat mit Ihrem Fahrzeug das abgestellte Fahrzeug kontaktiert und waren dadurch an einem Verkehrsunfall mit Sachschaden ursächlich beteiligt. Sie haben in weiterer Fortsetzung derselben Fahrt sodann an dem vor dem Hause ONr. 88-90 abgestellten PKW Citroen BX beim Vorbeifahren mit Ihrem Fahrzeug das abgestellte Fahrzeug kontaktiert und waren dadurch an einem Verkehrsunfall mit Sachschaden ursächlich beteiligt und haben 3 c) es unterlassen, von diesem Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub die nächste Polizeidienststelle zu verständigen."
Der Berufungswerberin wird gemäß § 64 Abs. 2 VStG ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in der Höhe von zu 3 c) S 100,-- vorgeschrieben.
Auf Grund der gegen die Punkte 3 a) und 3 b) rechtzeitig eingebrachten Berufung wird das angefochtene Straferkenntnis zu 3 a) und 3 b) gemäß § 66 Abs. 4 AVG behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs. 1 lit. c VStG eingestellt.
Der Berufungswerberin wird gemäß § 65 VStG ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu den Punkten 3 a) und 3 b) nicht vorgeschrieben.
Gegen diesen Bescheid seinem gesamten Inhalt nach richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
1. Die Beschwerdeführerin rügt, die belangte Behörde hätte das Verfahren statt zu den (erstinstanzlichen) Spruchpunkten 1 c) und 2 c) (neuerlich) zu den Spruchpunkten 3 a) und 3 b) eingestellt. Die belangte Behörde räumt in ihrer Gegenschrift ein, daß ihr hiebei ein "redaktionelles Versehen" unterlaufen sei; eine bescheidmäßige Berichtigung hat sie nach der Aktenlage aber unterlassen. Mit dem angefochtenen Bescheid wird über die (erstinstanzlichen) Spruchpunkte 1 c) und 2 c) somit nicht abgesprochen, weshalb auf diese Spruchpunkte nicht einzugehen ist. Durch die Wiederholung des Ausspruches über eine Verfahrenseinstellung hinsichtlich der Spruchpunkte 3 a) und 3 b) (vgl. den im hg. Erkenntnis vom 31. März 1993, Zl. 92/02/0321, wiedergegebenen Spruch des Berufungsbescheides vom 9. Oktober 1992 und die Teilzurückweisung im genannten Erkenntnis) konnte die Beschwerdeführerin in ihren Rechten nicht verletzt werden, weshalb die Beschwerde insoweit gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen war.
2. Die Beschwerdeführerin führt selbst aus, daß der angefochtene Bescheid die vorgenommene Bestätigung zu Spruchpunkt 3 c begründet. Insoweit bestehen keine Widersprüche, die zur (neuerlichen) Bescheidaufhebung führen könnten.
Was das Beschwerdevorbringen zur Unfallsmeldung durch einen Boten anlangt, genügt der Hinweis auf das Vorerkenntnis vom 25. September 1991, Zl. 91/02/0047 (Seiten 8 und 9). Insbesondere wird der Beschwerdeführerin in Erinnerung gerufen, daß selbst ihren eigenen Angaben nach eine Anschriftenbekanntgabe unterblieben ist.
Mit ihrem weiteren Vorbringen über die Auswirkungen einer Medikamenteneinnahme (vgl. auch hiezu das eben zitierte Vorerkenntnis, Seiten 10 und 11), will die Beschwerdeführerin offenbar Unzurechnungsfähigkeit im Sinne des § 3 VStG geltend machen.
Im von der Beschwerdeführerin vorgelegten Arztschreiben werden im wesentlichen nur Vermutungen über eine mögliche Bewußtseinstrübung geäußert. Der Beschwerdeführerin ist zuzugeben, daß die sodann eingeholte Äußerung des Polizeichefarztes für eine Beeinträchtigung ihrer Dispositionsfähigkeit durch Medikamenteneinnahme spricht. Dem stehen freilich folgende Beweisergebnisse entgegen: Der Beipackzettel des von der Beschwerdeführerin eingenommenen Schnupfenmittels enthält den Hinweis, daß gelegentlich leichte Müdigkeitserscheinungen auftreten können; dies sollte von Verkehrsteilnehmern berücksichtigt werden. Der von der Beschwerdeführerin geführte Zeuge hat ausgesagt, ihm sei auf der Fahrt nicht aufgefallen, daß sie beeinträchtigt gewesen wäre. Sie sei verkühlt und grippig gewesen, aber ganz normal gefahren. Vor allem aber ist selbst der Sachverhaltsschilderung in der Beschwerde zu entnehmen, die Beschwerdeführerin sei durch den Anstoß sozusagen "erwacht" und habe sodann die Beschädigung von drei parkenden Fahrzeugen festgestellt; es sei ihr mit einiger Mühe möglich gewesen, das Fahrzeug von der Fahrbahnmitte an den Straßenrand zu bewegen; sie habe einem unbeteiligten Verkehrsteilnehmer einen Zettel mit Namen und Telefonnummer übergeben. Der Medikamenteneinfluß mag demnach allenfalls eine Erklärung für das Zustandekommen des Unfalles bieten; angesichts des in der Folge durchaus situationsbezogenen Verhaltens der Beschwerdeführerin war es aber nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde hinsichtlich der Unterlassung einer Unfallsmeldung zum Ergebnis gelangte, es sei kein Fall des § 3 VStG anzunehmen, und damit die Zurechnungsfähigkeit der Beschwerdeführerin nach ihrem "Erwachen" bejahte.
Die vorliegende Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, weshalb sie im übrigen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1993020208.X00Im RIS seit
12.06.2001