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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AsylG 1991 §1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Kremla, Dr. Bernegger und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Mayer, über die Beschwerde des F in S, vertreten durch Dr. C, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 29. März 1993, Zl. 4.341.923/1-III/13/92, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus der Beschwerde und der ihr angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ergibt sich, daß der am 10. November 1992 gestellte Asylantrag des Beschwerdeführers - eines Staatsangehörigen "der früheren SFRJ", der an diesem Tag in das Bundesgebiet eingereist ist - mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 17. November 1992 sowie die dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 29. März 1993 gemäß § 66 Abs. 4 AVG abgewiesen wurden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Die belangte Behörde hat dem Beschwerdeführer nicht nur deshalb kein Asyl gemäß § 3 Asylgesetz 1991 gewährt, weil sie seine Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 1 Z. 1 leg. cit. verneint hat, sondern auch deshalb, weil sie der Ansicht war, daß der Ausschließungsgrund des § 2 Abs. 2 Z. 3 leg. cit. gegeben sei. Nach dieser Gesetzesstelle wird einem Flüchtling kein Asyl gewährt, wenn er bereits in einem anderen Staat vor Verfolgung sicher war. Selbst wenn daher der Beschwerdeführer - wie er ebenfalls geltend macht - als Flüchtling anzusehen wäre, wäre für seinen Standpunkt nichts zu gewinnen, wenn dieser Ausschließungsgrund vorliegt.
Die belangte Behörde nahm auf Grund der Angaben des Beschwerdeführers anläßlich seiner niederschriftlichen Befragung am 16. November 1992, wonach er über Ungarn und "die ehemalige CSFR" nach Österreich eingereist sei, an, daß er bereits in Ungarn und "der CSFR" vor Verfolgung sicher gewesen sei. Verfolgungssicherheit sei insbesondere dann anzunehmen, wenn der Asylwerber vor seiner Einreise nach Österreich in einem Drittland keiner Verfolgung ausgesetzt gewesen sei und nicht habe befürchten müssen, ohne Prüfung der Fluchtgründe in sein Heimatland "bzw. in einen Verfolgerstaat" abgeschoben zu werden. Zur Erfüllung dieses Tatbestandes sei ein bewußtes Zusammenwirken zwischen der Person des Asylwerbers und den Behörden des Drittstaates nicht notwendig. Es hätten lediglich die rechtlichen Voraussetzungen für den geforderten Schutz bestehen und tatsächlich die Möglichkeit bestanden haben müssen, "ihn durch oder bei Kontaktaufnahme mit der Behörde zu aktualisieren".
Der Beschwerdeführer vermag dieser Argumentation weder in rechtlicher noch in tatsächlicher Hinsicht etwas Entscheidendes entgegenzusetzen. Die Rechtsausführungen der belangten Behörde stehen im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Begriff der "Verfolgungssicherheit" gemäß § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 (vgl. unter anderem die Erkenntnisse vom 27. Mai 1993, Zl. 93/01/0256, und vom 9. September 1993, Zl. 93/01/0340). Wenn der Beschwerdeführer meint, daß "auch hier der Tatbestand der Furcht vor Abschiebung nach objektiven Kriterien zu beurteilen" sei, so ist ihm entgegenzuhalten, daß er maßgebliche Umstände, die über eine von ihm bloß subjektiv empfundene Furcht vor Abschiebung hinausgehen, nicht dargetan hat. Sein Vorbringen, daß er deswegen, weil es sich "bei den vorgenannten Drittländern" um ehemalige kommunistische Länder handle, die erst seit kurzem demokratische Verhältnisse aufwiesen, zu Recht davon habe ausgehen dürfen, "daß diese Drittländer nicht über jenen Standard an Rechtsstaatlichkeit in bezug auf die gesetzliche Gewährung von Asylrecht aufweisen, wie sonstige europäische Länder mit längerer demokratischer Tradition", und "unabhängig vom Bestehen der rechtlichen Voraussetzungen daher die Furcht begründet" gewesen sei, ohne nähere Prüfung der Fluchtgründe in sein Heimatland abgeschoben zu werden, reicht hiefür nicht aus, weil es lediglich auf Vermutungen des Beschwerdeführers beruht, denen mangels konkreter Anhaltspunkte aus objektiver Sicht die entsprechende Grundlage fehlt. Die Beitrittsurkunde zur Genfer Flüchtlingskonvention hat Ungarn (mit der für den Beschwerdeführer zutreffenden Alternative a des Abschnittes B des Art. 1) am 14. März 1989 und die (bis 31. Dezember 1992 als einheitliches Staatsgebilde bestehende) Tschechoslowakei am 26. November 1991 (ohne Einschränkung) hinterlegt (siehe BGBl. Nr. 260/1992), was unter Beachtung des Art. 43 der Konvention zur Folge hatte, daß sie jeweils am 90. Tage danach in Kraft getreten ist. Daraus folgt, daß sich der Beschwerdeführer, der wegen angeblicher Verfolgung im ehemaligen Jugoslawien sein Heimatland verlassen hat, sowohl in Ungarn als auch in der Tschechoslowakei zu einem Zeitpunkt (nach seinem Beschwerdevorbringen am 9. bzw. vom 9. bis 10. November 1992) aufgehalten hat, in dem der erfolgte Beitritt dieser Länder bereits wirksam war. Daß sich der Beschwerdeführer hiebei nur auf der Durchreise nach Österreich befunden hat, ist rechtlich ohne Bedeutung, kam es doch nicht auf die Dauer und das Motiv seines (nur vorübergehenden) Aufenthaltes in diesen beiden Ländern an. Vielmehr war für den Beschwerdeführer - nach der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - Verfolgungssicherheit bereits ab dem Zeitpunkt gegeben, in dem er fremdes Staatsgebiet betreten hat, wobei er keine Gründe genannt hat, die ihn gehindert hätten, schon in Ungarn (und anschließend auch in der Tschechoslowakei) länger zu bleiben und bereits dort um Asyl anzusuchen. Der Beschwerdeführer rügt zwar, daß keinerlei Erhebungen darüber geführt worden seien, "inwieweit das Asylrecht in den vorgenannten Staaten denselben Schutz bietet, wie in Österreich oder, ob selbst bei Bestehen ähnlicher oder derselben gesetzlichen Regelungen des Asylrechtes, die Vollziehung des Asylrechtes gesetzmäßig erfolgt", unterläßt aber selbst konkrete Behauptungen in dieser Richtung, weshalb ein allenfalls vorliegender derartiger Verfahrensmangel nicht als wesentlich bezeichnet werden kann.
Da somit schon aus diesem Grunde der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Damit erübrigte sich auch eine Entscheidung des Berichters über den Antrag, der Beschwerde gemäß § 30 Abs. 2 VwGG die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1993011139.X00Im RIS seit
20.11.2000