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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AsylG 1991 §1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Kremla, Dr. Bernegger und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Mayer, über die Beschwerde des P in W, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 28. Juni 1993, Zl. 4.295.443/7-III/13/91, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 505,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 4. November 1991 wurde festgestellt, daß der Beschwerdeführer - ein rumänischer Staatsangehöriger ungarischer Nationalität, der am 19. April 1990 in das Bundesgebiet eingereist ist - nicht Flüchtling im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention in Verbindung mit dem Asylgesetz (BGBl. Nr. 126/1968) sei.
Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 28. Juni 1993 wurde die dagegen erhobene Berufung, u.a. gestützt auf § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991, abgewiesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Der Beschwerdeführer erachtet sich in dem Recht auf Gewährung von Asyl und auf ein mängelfreies Verfahren verletzt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die belangte Behörde begründete ihre Entscheidung u.a. damit, daß sich der Beschwerdeführer vor seiner Einreise nach Österreich bereits in einem anderen Staat im Sinne des § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 aufgehalten habe, in dem er vor Verfolgung sicher gewesen sei. Der Beschwerdeführer hatte bei seiner niederschriftlichen Befragung vom 4. Mai 1990 angegeben, daß er am 17. März 1990 in Ungarn eingereist sei und sich ca. 1 Monat dort aufgehalten habe. Der Beschwerdeführer sei daher vor seiner Einreise bereits in einem Land gewesen, in dem er keiner Verfolgung ausgesetzt gewesen sei und nicht befürchten hätte müssen, ohne Prüfung seiner Fluchtgründe in seine Heimat abgeschoben zu werden.
Da das Berufungsverfahren im vorliegenden Fall am 1. Juni 1992 beim Bundesminister für Inneres anhängig war, hatte die belangte Behörde gemäß § 25 Abs. 2 Asylgesetz 1991 dieses Gesetz anzuwenden. Gemäß § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 ist auch einem Flüchtling dann nicht Asyl zu gewähren, wenn er bereits in einem anderen Staat vor Verfolgung sicher war.
Der Beschwerdeführer rügt, daß die Behörde ihre Entscheidung auf den Aufenthalt des Beschwerdeführers in Ungarn stützte, ohne überprüft zu haben, weshalb er sich in dieser Zeit in Ungarn aufgehalten habe, und ohne ihn darüber zu befragen, ob er tatsächlich vor Verfolgung sicher gewesen sei bzw. Asylschutz genossen habe. Hätte man ihn dazu befragt, hätte er darauf hinweisen können, wieso damals eine Weiterfahrt nach Österreich nicht möglich gewesen sei und warum er in Ungarn nicht um politisches Asyl angesucht habe.
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 (vgl. u.a. die hg. Erkenntnisse vom 27. Mai 1993, Zl. 93/01/0256, und vom 25. November 1992, Zlen. 92/01/0906, 0907, vom 9. September 1993, Zl. 93/01/0340, und vom 9. September 1993, Zl. 93/01/0572) liegt Verfolgungssicherheit vor, wenn der Asylwerber im Drittstaat keiner Gefahr einer Verfolgung ausgesetzt war und auch wirksamen Schutz vor Abschiebung in den Verfolgerstaat hatte (vgl. RV 270 BlgNR 18. GP zu § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991). Nach dieser Judikatur kann von einer Verfolgungssicherheit auch nicht erst dann gesprochen werden, wenn der Aufenthalt des Asylwerbers den Behörden des betreffenden Staates bekannt war und von ihnen geduldet oder gebilligt wurde. Zur näheren Begründung wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf das hg. Erkenntnis vom 27. Mai 1993, Zl. 93/01/0256, verwiesen. Weiters ist nicht maßgebend, wie lange sich der Beschwerdeführer in Ungarn aufgehalten hat oder welche Absichten er bei seiner Einreise in Ungarn hatte, war doch die anzunehmende Verfolgungssicherheit bereits ab dem Zeitpunkt gegeben, in dem der Beschwerdeführer sein Heimatland verlassen hatte.
Zu der Auffassung des Beschwerdeführers, daß Ungarn die Genfer Flüchtlingskonvention erst Ende Oktober 1989 ratifiziert habe, klarzustellen, daß die Genfer Flüchtlingskonvention gemäß Art. 43 für jeden Staat, der nach Hinterlegung der
6. Ratifikations- oder Beitrittsurkunde diese ratifiziert hat oder dieser beigetreten ist, am 90. Tage nach dem Tage der Hinterlegung der Ratifikations- oder Beitrittsurkunde durch diesen Staat in Kraft tritt. Nachdem Ungarn am 14. März 1989 die BEITRITTSURKUNDE der Konvention hinterlegt hat (vgl. BGBl. Nr. 260/1992), ist dieses Abkommen für Ungarn am 12. Juni 1989 in Kraft getreten, also noch zu einem Zeitpunkt, in dem sich der Beschwerdeführer in Ungarn aufgehalten hat.
Sofern der Beschwerdeführer sich darauf beruft, daß er sich wegen der zahlreichen in Ungarn befindlichen Rumänen, insbesondere Mitgliedern des geheimen Sicherheitsdienstes, nicht sicher gefühlt habe und es zu zahlreichen unliebsamen Vorfällen gegen politisch verfolgte Personen gekommen sei, vor denen man auch in Ungarn nicht sicher sei, kommt diesem Vorbringen schon deshalb keine Bedeutung zu, weil der Beschwerdeführer nicht einmal behauptet, daß er von einem solchen von ihm erwähnten Vorfall konkret betroffen war.
Im Hinblick auf dieses Ergebnis war nicht mehr auf die in der Beschwerde ebenfalls kritisierte Auslegung der Voraussetzungen für die Asylgewährung gemäß § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 einzugehen.
Da sich die Beschwerde somit insgesamt als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwendersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung, BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1993010860.X00Im RIS seit
20.11.2000