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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
AVG §59 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stoll und Dr. Baumann als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des R in W, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 18. März 1993, Zl. UVS-03/15/02442/92, betreffend Bestrafung wegen Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt (Land) Wien Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 18. März 1993 wurde der Beschwerdeführer für schuldig befunden, er habe am 31. März 1992 1) um 0.20 Uhr an einem näher beschriebenen Ort als Lenker eines dem Kennzeichen nach bestimmten Pkws die im Ortsgebiet zulässige Höchstgeschwindigkeit erheblich überschritten und 2) sich um 0.25 Uhr an einem weiteren, näher beschriebenen Ort als Lenker dieses Fahrzeuges geweigert, den Alkoholgehalt seiner Atemluft von einem besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht auf Alkoholgehalt messen zu lassen, obwohl vermutet hätte werden können, daß er sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden habe. Der Beschwerdeführer habe dadurch Verwaltungsübertretungen und zwar zu 1) nach § 99 Abs. 3 lit. a in Verbindung mit § 20 Abs. 2 StVO und zu 2) nach § 99 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit § 5 Abs. 2 und Abs. 2a lit. b StVO begangen. Zu 1) wurde eine Geldstrafe von S 2.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe drei Tage), zu
2) eine Geldstrafe von S 8.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe sieben Tage) verhängt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat erwogen.
Zu 2) des Schuldspruches:
Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers war zur Konkretisierung der Tat im Sinne des § 44a Z. 1 VStG weder das eine Weigerung im Sinne des § 99 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit § 5 Abs. 2 StVO darstellende Verhalten noch die Aufforderung durch das einschreitende Straßenaufsichtsorgan, die Atemluft auf Alkoholgehalt messen zu lassen, in den Spruch aufzunehmen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 8. März 1989, Zl. 88/03/0189). Weiters entspricht es der ständigen hg. Rechtsprechung (vgl. etwa das Erkenntnis vom 16. Dezember 1992, Zl. 92/02/0245), daß das einschreitende Straßenaufsichtsorgan nicht verpflichtet ist, Rechtsbelehrungen, insbesondere über die Folgen der Verweigerung der Atemluftprobe zu geben, zumal einem geprüften Kraftfahrzeuglenker die Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung bekannt sein müssen. Im übrigen hegt der Verwaltungsgerichtshof gegen die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes in Hinsicht auf die Aufforderung zur Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt und die entsprechende Verweigerung durch den Beschwerdeführer keine Bedenken (vgl. zum diesbezüglichen Überprüfungsrahmen der Beweiswürdigung das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053). In diesem Zusammenhang hat die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides ausdrücklich darauf verwiesen, daß sie auf Grund der Anzeige und der (zeugenschaftlichen) Angaben der beiden einschreitenden Polizeibeamten den in der Anzeige angeführten Sachverhalt als erwiesen angenommen hat. Von einer "völlig ungenügenden" Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes kann keine Rede sein.
Weiters ist es unerheblich, ob der Beschwerdeführer die Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt mit einem Gerät nach § 5 Abs. 2a lit. a oder mit einem solchen nach lit. b verweigert hat, handelt es sich doch hiebei um ein unwesentliches Tatbestandselement der Übertretung nach § 99 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit § 5 Abs. 2 StVO. Die Verpflichtung zur Vornahme einer Atemluftprobe besteht in Ansehung beider Gerätetypen in gleicher Weise. Es braucht zum Zeitpunkt der Aufforderung und auch im Zeitpunkt der Verweigerung noch gar nicht festzustehen, mit welchem Gerät die Atemluftprobe hätte erfolgen sollen (vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom 11. November 1992, Zl. 90/02/0142). Soweit der Beschwerdeführer daher insoweit Sachverhaltsfeststellungen vermißt, verkennt er die Rechtslage.
In welchem Verhalten des Beschwerdeführers die belangte Behörde die Weigerung, die Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, erblickt hat, läßt sich aus der Begründung des angefochtenen Bescheides unschwer entnehmen, wird doch dort ausgeführt, es werde als erwiesen angesehen, daß der Beschwerdeführer die Untersuchung mit der "in der Anzeige angeführten Begründung" verweigert habe. Im übrigen sind die Verfahrensrügen des Beschwerdeführers im Zusammenhang mit den in der Anzeige enthaltenen Feststellungen geradezu mutwillig, wurde ihm doch im Verwaltungsverfahren diese Anzeige mehrmals (innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist) vorgehalten, sodaß auch nicht die Rede davon sein kann, es sei ihm das strafbare Verhalten nicht "zum Vorwurf gemacht" worden.
Was schließlich die vom Beschwerdeführer behauptete "Notstandssituation", nämlich die dringende Notwendigkeit der Verrichtung der Notdurft, anlangt, so hat die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides darauf verwiesen, der Beschwerdeführer habe zwar in Anwesenheit seiner Ehefrau die Absicht kundgetan, das WC aufzusuchen, jedoch sei davon auszugehen, daß dies erst nach Beendigung der Amtshandlung, betreffend die Vornahme der Atemluftuntersuchung, erfolgt sei. Auch diese Feststellung der belangten Behörde vermag der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der ihm zustehenden Kontrolle der Beweiswürdigung nicht als rechtswidrig zu erkennen. Anläßlich seiner Einvernahme durch die Behörde erster Instanz am 13. Mai 1992 hatte der Beschwerdeführer ausgeführt, er habe den "Alkotest" nicht verweigert, da er die einschreitenden Beamten ersucht habe, "in Gegenwart meiner Gattin auf mich zu warten, bis ich vom WC zurückkomme". Die Ehefrau des Beschwerdeführers hatte als Zeugin vor der belangten Behörde anläßlich der mündlichen Verhandlung am 19. Februar 1993 ausgesagt, sie sei, nachdem es (in der Wohnung) geläutet habe, zu dem beim Haustor in Begleitung zweier Polizisten befindlichen Beschwerdeführer "hinuntergelaufen", habe über Ersuchen des Beschwerdeführers seinen Reisepaß aus dem Wohnzimmer geholt und habe ihn einem der beiden Polizisten übergeben. Zur gleichen Zeit habe der Beschwerdeführer gesagt, daß er rasch auf das WC müsse und sie (die Ehefrau) die beiden Polizisten in die Bauernstube weiterbitten solle. Dies habe sie mit der Mitteilung, daß der Beschwerdeführer auf das WC müsse und gleich wiederkomme, getan, worauf die Polizisten erklärt hätten, daß sie keine Zeit hätten; sie seien einfach in ihr Auto gestiegen und weggefahren. Sie, die Ehefrau, habe nicht gehört, daß der Beschwerdeführer den Alkotest verweigert hätte. Der Polizeibeamte W. gab bei der am 18. März 1993 stattgefundenen mündlichen Verhandlung als Zeuge an, er könne "sogar mit Sicherheit aussagen", daß während der Amtshandlung, die mit der "Verweigerung" beendet gewesen sei, von einem Aufsuchen des WC"s keine Rede gewesen sei.
Wenn daher die belangte Behörde aus diesen Ermittlungsergebnissen den Schluß zog, daß die Amtshandlung in bezug auf Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt zum Zeitpunkt der vom Beschwerdeführer behaupteten Notwendigkeit der Verrichtung der Notdurft bereits beendet gewesen sei, so vermag der Verwaltungsgerichtshof dies nicht als rechtswidrig zu erkennen. Es erübrigt sich daher auch ein Eingehen darauf, was rechtens gewesen wäre, wenn der Beschwerdeführer diesen Umstand bereits anläßlich der Aufforderung zur Untersuchung der Atemluft gegenüber den Polizeibeamten vorgebracht hätte.
Die vorliegende Beschwerde erweist sich sohin in diesem Umfang als unbegründet.
Zu 1) des Schuldspruches:
Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist allein die Strafbemessung. Der Verwaltungsgerichtshof kann allerdings nicht finden, daß die belangte Behörde insoweit den ihr zustehenden Ermessensspielraum überschritten hätte. Wenn der Beschwerdeführer eine nähere Begründung in Hinsicht auf die von der belangten Behörde zur Strafbemessung herangezogene "sehr erhebliche" Geschwindigkeitsüberschreitung vermißt, so ist dieser Begründungsmangel jedenfalls nicht wesentlich. Aus dem gegebenen Zusammenhang in Verbindung mit dem Verwaltungsgeschehen geht nämlich hervor, daß die belangte Behörde auch hier den in der Anzeige festgehaltenen Sachverhalt, nämlich eine von den eingeschrittenen Polizeibeamten festgestellte Fahrgeschwindigkeit von 100 km/h (bei zulässiger Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h im Ortsgebiet) als erwiesen angenommen hat. Daß eine solche Geschwindigkeitsüberschreitung "sehr erheblich" ist, bedarf keiner näheren Erörterung.
Die vorliegende Beschwerde erweist sich sohin zur Gänze als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Schlagworte
"Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Tatbild Beschreibung (siehe auch Umfang der Konkretisierung) Ermessen Erschwerende und mildernde Umstände Diverses Inhalt des Spruches Diverses Überschreiten der GeschwindigkeitEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1993020164.X00Im RIS seit
12.06.2001