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L3 FinanzrechtNorm
B-VG Art144 Abs1 / AnlaßfallLeitsatz
Anlaßfallwirkung der Aufhebung des §11 des Nö Getränke- und SpeiseeissteuerG 1973 mit E v 13.06.91, G323-326/90.Spruch
Die Beschwerdeführerin ist durch die angefochtenen Bescheide wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt worden.
Die Bescheide werden aufgehoben.
Das Land Niederösterreich ist schuldig, der Beschwerdeführerin, zuhanden ihres Vertreters, die mit jeweils S 15.000,-- (insgesamt daher S 60.000,--) bestimmten Kosten des Verfahrens binnen 14 Tagen bei sonstigem Zwang zu ersetzen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
1.1. Die Beschwerdeführerin hat bei den Abgabenbehörden der Gemeinden (1.) Wilhelmsburg (für die Kalenderjahre 1985 und 1986),
(2.) Heidenreichstein, (3.) Neunkirchen und (4.) Schrems (jeweils für die Kalenderjahre 1982 bis 1986) Erklärungen über die Selbstbemessung von Getränke- und Speiseeissteuer eingereicht. Bei der Berechnung wurde (auch) der Wert der Getränkeverpackungen in die Bemessungsgrundlage für die Getränkesteuer einbezogen.
1.2. Mit Schriftsätzen vom 31. Dezember 1987 begehrte die Beschwerdeführerin bei der jeweils zuständigen Gemeindebehörde unter Berufung auf die höchstgerichtliche Rechtsprechung (vgl. zB VwGH vom 10. April 1987, Z86/17/0172) die Rückerstattung der auf Gebinde- bzw. Verpackungsanteile entfallenden Abgabe.
Diese Anträge wurden in den gemeindebehördlichen Verwaltungsverfahren in beiden Instanzen abgewiesen.
1.3. Mit Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 17. Juli 1989, Z II/1-BE-426-8/1-89, wurde die gegen den Bescheid des Gemeinderates der Gemeinde Wilhelmsburg vom 22. Februar 1989 erhobene Vorstellung als unbegründet abgewiesen. Ebenso wurde den Vorstellungen gegen den Bescheid des Gemeinderates der Gemeinde Heidenreichstein bzw. des Gemeinderates der Gemeinde Neunkirchen mit Bescheiden der Niederösterreichischen Landesregierung vom 16. Februar 1990, Z II/1-BE-140-8/3-89 und Z II/1-BE-366-11/5-89, keine Folge gegeben. Auch die Vorstellung gegen den Bescheid des Gemeinderates der Gemeinde Schrems wurde abgewiesen, und zwar mit Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 16. Februar 1990, Z II/1-BE-146-4/2-89.
Die jeweilige Abweisung der Vorstellungen wurde im wesentlichen inhaltsgleich damit begründet, daß in den gegenständlichen Fällen nur eine Zahlung einer bestehenden, festgesetzten Abgabenschuldigkeit erfolgte und von dieser Festsetzung nicht abgegangen wurde.
2. Gegen die unter 1.3. genannten Bescheide richten sich die vorliegenden, auf Art144 Abs1 B-VG gestützten und zu B993/89, B354-356/90 protokollierten Beschwerden, in denen die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz und auf Unversehrtheit des Eigentums sowie die verfassungsrechtliche Bedenklichkeit des §11 des NÖ Getränke- und Speiseeissteuergesetzes 1973 behauptet werden und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.
Die belangte Behörde hat in allen Verfahren Gegenschriften erstattet, in denen sie die Abweisung der Beschwerden begehrt.
3. Aus Anlaß dieser Beschwerdefälle hat der Verfassungsgerichtshof die Verfassungsmäßigkeit des §11 NÖ Getränke- und Speiseeissteuergesetz 1973 idF LGBl. 3701-4 von Amts wegen geprüft und mit Erkenntnis vom heutigen Tag, G323-326/90, als verfassungswidrig aufgehoben.
4. Die belangte Behörde hat bei Erlassung der angefochtenen Bescheide die aufgehobene Bestimmung und damit eine verfassungswidrige Regelung angewendet. Es ist nach Lage des Falles offenkundig, daß ihre Anwendung für die Rechtsstellung der Beschwerdeführerin nachteilig war.
Die Beschwerdeführerin wurde also durch die angefochtenen Bescheide wegen Anwendung einer verfassungswidrigen Gesetzesbestimmung in ihren Rechten verletzt (zB VfSlg. 10404/1985).
Die Bescheide waren daher aufzuheben.
Dies konnte gemäß §19 Abs4 Z3 VerfGG in nichtöffentlicher Sitzung ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung beschlossen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VerfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer jeweils in der Höhe von S 2.500,-- (insgesamt daher S 10.000,--) enthalten.
Schlagworte
VfGH / AnlaßfallEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1991:B993.1989Dokumentnummer
JFT_10089387_89B00993_00