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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AsylG 1991 §1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Mayer, über die Beschwerde des P in W, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 1. Juni 1993, Zl. 4.323.014/2-III/13/92, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein nigerianischer Staatsangehöriger, der am 28. Juli 1991 in das Bundesgebiet eingereist ist, hat dem durch eine Ausfertigung des angefochtenen Bescheides belegten Beschwerdevorbringen zufolge den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 28. Juli 1992, mit dem festgestellt worden war, bei ihm lägen die Voraussetzungen für seine Anerkennung als Flüchtling nicht vor, mit Berufung bekämpft. Mit Bescheid vom 1. Juni 1993 wies die belangte Behörde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:
Nach den Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid, denen der Beschwerdeführer nicht entgegengetreten ist, habe er bei seiner niederschriftlichen Einvernahme durch die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich am 25. September 1991 angegeben, er sei in seinem Heimatland nicht Mitglied einer politischen Partei oder Organisation gewesen und er sei auch nicht aus politischen Gründen ausgereist. Er habe seine Religion frei ausüben können und habe weder aus Gründen der Rasse noch der Nationalität Probleme gehabt. Er habe sein Heimatland wegen Schwierigkeiten innerhalb der Dorfgemeinschaft verlassen, die daraus resultiert hätten, daß er ein Anhänger des früheren Dorfoberhauptes im Dorf O gewesen sei. Als dessen ältester Sohn "Prince A O", mit dem der Beschwerdeführer befreundet gewesen sei, die gesetzliche Nachfolge hätte antreten sollen, sei der Außenseiter "Prince E" mit seinen Anhängern in dessen Haus eingedrungen, wonach am 17. September 1990 die Leiche von "Prince A O" aufgefunden worden sei. Kurz danach seien Anhänger des "Prince E" auch in das Haus des Beschwerdeführers eingedrungen und hätten viele seiner Dinge aus dem Fenster geworfen. Der Beschwerdeführer habe sich daraufhin zunächst in Lagos bei einem Freund und später, als er erfahren habe, daß er auch in Lagos von "Prince E" gesucht werde, vier Monate in einem Dorf in Grenznähe versteckt gehalten. Als dem Beschwerdeführer bekannt geworden sei, daß viele Anhänger des "Kings" festgenommen und getötet worden seien, sei er aus Angst, als dessen Anhänger ebenfalls getötet zu werden, aus seinem Heimatland ausgereist.
In der gegen den erstinstanzlichen Bescheid erhobenen Berufung habe der Beschwerdeführer ergänzend geltend gemacht, er habe aus politischen Gründen sein Heimatland verlassen. Dies habe er auch dem Dolmetscher bei der Rückübersetzung mitgeteilt, worauf dieser gemeint habe, dieser Punkt sei nicht so wichtig und es könne nichts mehr geändert werden. Der Beschwerdeführer habe auch ausgeführt, daß "Prince E" gute Verbindungen zur nigerianischen Regierung besitze und von dieser direkt unterstützt werde. Außerdem seien nicht bloß Gegenstände aus dem Haus des Beschwerdeführers geworfen, sondern das Haus selbst vernichtet worden.
Die belangte Behörde hat der Berufung des Beschwerdeführers zunächst deshalb keine Folge gegeben, weil aus den von ihm beschriebenen Schwierigkeiten, die auf einen Konflikt um die Nachfolge des Dorfoberhauptes zurückzuführen seien, konkrete gegen den Beschwerdeführer gerichtete, von staatlichen Stellen ausgehende oder von diesen geduldete Verfolgung aus den in § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 (übereinstimmend mit Art. 1 Abschnitt A Z. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention) angeführten Gründen nicht abgeleitet werden könne. Dieser Argumentation der belangten Behörde ist unter Zugrundelegung des vom Beschwerdeführer vorgetragenen Sachverhaltes beizupflichten, weil sich daraus nicht ergibt, daß es sich bei den gegen ihn gerichteten Aktivitäten (Eindringen der Anhänger des "Prince E" in sein Haus und Herauswerfen von Gegenständen) um staatliches Vorgehen gehandelt hat. Der in der Berufung enthaltenen Korrektur seines erstinstanzlichen Vorbringens, mit dem der Beschwerdeführer geltend macht, er sei aus politischen Gründen ausgereist, hat die belangte Behörde - wiewohl sie zufolge § 20 Abs. 1 Asylgesetz 1991, gemäß dem sie ihrer Entscheidung das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der Behörde erster Instanz zugrunde zu legen hat, hiezu nicht verpflichtet war - in schlüssiger Weise entgegengehalten, daß der Beschwerdeführer am Ende seiner Ersteinvernahme die darüber aufgenommene Niederschrift eigenhändig unterfertigt und handschriftlich hinzugefügt habe, daß er alles verstanden und nichts zu ergänzen habe. Auch das der gleichen Bestimmung unterliegende, erstmals in der Berufung erhobene Vorbringen, "Prince E" besitze gute Verbindungen zur Regierung, hat die belangte Behörde richtig dahin gewertet, daß aus diesen Behauptungen nicht auf eine politische bzw. von staatlichen Stellen ausgehende Verfolgung geschlossen werden könne.
Soweit der Beschwerdeführer erstmals in der Beschwerde die in seinem Heimatland herrschenden Verhältnisse aufzeigt, macht er mit diesem Vorbringen - das im übrigen dem gemäß § 41 Abs. 1 VwGG im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltenden Neuerungsverbot unterliegt - Umstände geltend, aus denen lediglich die allgemeine Lage, nicht aber eine individuell den Beschwerdeführer treffende Verfolgung abgeleitet werden kann. Daß ein solches Vorbringen die Gewährung von Asyl nicht rechtfertigt, hat der Verwaltungsgerichtshof bereits zu wiederholten Malen ausgesprochen (vgl. für viele andere z.B. das hg. Erkenntnis vom 29. Oktober 1993, Zl. 93/01/0462).
Die belangte Behörde hat die Abweisung des Asylansuchens des Beschwerdeführers unter anderem damit begründet, daß eine Verfolgung auch deshalb nicht glaubhaft sei, weil dem Beschwerdeführer am 17. August 1992 (ca. ein Jahr nach Erhebung und Abweisung seines Asylantrages) von den nigerianischen Behörden ein Reisepaß ausgestellt worden sei. Dem hat der Beschwerdeführer in der Beschwerde entgegengehalten, er habe sich den Reispaß durch seinen Bruder besorgen lassen, weshalb die Paßausstellung nicht gegen die Flüchtlingseigenschaft des Beschwerdeführers spreche. Auch habe die belangte Behörde es unterlassen, ihm zu diesen von ihr dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegten Tatsachen das Parteiengehör zu gewähren. Zu dieser Rüge ist festzuhalten, daß die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid nicht ausschließlich auf den Umstand der nachträglichen Ausstellung eines Reisepasses gestützt hat und daß sich - wie bereits dargelegt - schon aus den übrigen von der belangten Behörde zur Begründung ihres Bescheides herangezogenen Argumenten die Rechtmäßigkeit der Versagung der Asylgewährung ergibt. Daher hätte die belangte Behörde auch bei Einhaltung der vom Beschwerdeführer geforderten Vorgangsweise zu keinem anderen, für ihn günstigeren Bescheid gelangen können. Dem Beschwerdeführer ist es somit nicht gelungen, die Wesentlichkeit des von ihm geltend gemachten Verfahrensmangels darzutun.
Da sohin bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, daß die vom Beschwerdeführer behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1993010945.X00Im RIS seit
20.11.2000