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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AsylG 1991 §1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Kremla, Dr. Bernegger, Dr. Stöberl und Dr. Zorn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Mayer, über die Beschwerde des G in K, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in P, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 12. November 1992, Zl. 4.331.216/3-III/13/92, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 505,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 12. November 1992 wurde ausgesprochen, daß Österreich dem Beschwerdeführer - einem türkischen Staatsangehörigen, der am 30. November 1991 in das Bundesgebiet eingereist ist und am 2. Dezember 1991 den Asylantrag gestellt hat - kein Asyl gewähre.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die in der Begründung des angefochtenen Bescheides zum Ausdruck kommende Rechtsansicht der belangten Behörde, daß die von ihr zu beurteilende Verfolgungsgefahr "aktuell" sein müsse, was bedeute, daß sie zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung vorliegen müsse. Dabei mißversteht er aber diese rechtliche Aussage, wenn er damit argumentiert, daß die von der belangten Behörde vertretene Rechtsansicht nicht verständlich erscheine, weil die Verfolgung durch türkische Organe, der er in seinem Heimatland ausgesetzt gewesen sei, "selbstverständlich weggefallen" sei, sobald er sich auf österreichischem Hoheitsgebiet befunden habe. Aus dem Flüchtlingsbegriff des § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 ergibt sich, daß es darauf ankommt, ob sich die betreffende Person aus wohlbegründeter Furcht, aus einem der in dieser Gesetzesstelle angeführten Gründe verfolgt zu werden, außerhalb ihres Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen, und ob die betreffende Person im Falle ihrer Rückkehr in ihr Heimatland eine relevante Verfolgung zu erwarten hat oder nicht. Danach ist zu beurteilen, ob es der Asylgewährung nach § 3 leg. cit. bedarf. Für diese Beurteilung ist die Sachlage im Zeitpunkt der Bescheiderlassung der belangten Behörde maßgebend (vgl. unter anderem die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. April 1993, Zl. 92/01/0919-0922, und vom 7. Oktober 1993, Zl. 93/01/0127). Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers ist die belangte Behörde aber nicht davon ausgegangen, daß eine Verfolgungsgefahr deshalb nicht bestünde, weil er sich in Österreich aufgehalten habe. Im angefochtenen Bescheid ist die belangte Behörde sehr wohl auf die vom Beschwerdeführer bei seiner niederschriftlichen Vernehmung im Verfahren erster Instanz geltend gemachten Asylgründe eingegangen.
Die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte schlechte allgemeine Lage der alevitischen Kurden in der Türkei, denen er angehöre, ist nicht als geeignet anzusehen, das Vorliegen konkreter, individuell gegen ihn gerichteter Verfolgung glaubhaft zu machen (vgl. unter anderem die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. Dezember 1992, Zl. 92/01/0743, und vom 21. April 1993, Zl. 92/01/1059).
Auch aus den "polizeilichen Belästigungen", denen der Beschwerdeführer ausgesetzt gewesen sei, ist für seinen Standpunkt nichts zu gewinnen. Der Beschwerdeführer hat selbst in der Beschwerdeschrift diese von ihm behaupteten Umstände bloß als "Belästigungen durch die Polizei" bezeichnet und geht in der Beschwerde auch völlig darüber hinweg, daß er bei seiner niederschriftlichen Befragung im erstinstanzlichen Verfahren angegeben hat, "der eigentliche und unmittelbare Grund", warum er sein Heimatland verlassen habe, sei darin gelegen, daß er "nicht zum türkischen Heer einrücken wollte", er aber "im Jahre 1993 mit 20 Jahren" hätte einrücken müssen. Die Rechtsansicht der belangten Behörde, daß aus diesen Umständen keine asylrechtlich relevante Verfolgung des Beschwerdeführers abgeleitet werden könne, steht im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. unter anderem die Erkenntnisse vom 30. November 1992, Zl. 92/01/0718, und vom 27. Mai 1993, Zl. 92/01/0958). Der Beschwerdeführer hat nicht behauptet, daß seine Einberufung zum Militärdienst aus einem der im § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 (in Übereinstimmung mit Art. 1 Abschnitt A Z. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention) genannten Gründe erfolgt wäre. Eine ihm allenfalls wegen Verweigerung der Ableistung des Militärdienstes drohende, unter Umständen auch strenge Bestrafung ist ebenfalls nicht als eine Verfolgung in diesem Sinne zu werten, zumal der Beschwerdeführer nicht dargetan hat, daß aus einem dieser maßgeblichen Gründe eine Bestrafung das in einem solchen Falle auch alle anderen Staatsangehörigen drohende Ausmaß übersteigen würde. Aus seiner von ihm gebrauchten, vorhin wiedergegebenen Formulierung muß aber darauf geschlossen werden, daß für die Ausreise des Beschwerdeführers die Absicht, sich seiner künftigen Verpflichtung zur Leistung des Militärdienstes in seinem Heimatland zu entziehen, ausschlaggebend war und die anderen von ihm bei Schilderung seiner Fluchtgründe am 30. Jänner 1992 erwähnten Beeinträchtigungen, selbst seinem eigenen subjektiven Empfinden nach, (noch) nicht eine solche Intensität erreicht haben, daß für ihn eine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung bestanden hätte und deshalb ein weiterer Verbleib in seinem Heimatland unerträglich gewesen wäre.
Da sich somit die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Im Hinblick auf diese Entscheidung über die Beschwerde erübrigt sich eine Entscheidung des Berichters über den Antrag des Beschwerdeführers, seiner Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Schlagworte
Maßgebende Rechtslage maßgebender Sachverhalt Maßgebende Rechtslage maßgebender Sachverhalt Beachtung einer Änderung der Rechtslage sowie neuer Tatsachen und BeweiseEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1992011110.X00Im RIS seit
11.07.2001