TE Vwgh Erkenntnis 1993/11/26 93/01/1106

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Veröffentlicht am 26.11.1993
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;
49/01 Flüchtlinge;

Norm

AsylG 1968 §2 Abs2 Z3;
AsylG 1991 §1 Z1;
AsylG 1991 §2 Abs2 Z3;
FlKonv Art1 AbschnB;
FlKonv Art43;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 93/01/1107

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Mayer, über die Beschwerde 1. des B L und 2. der I L, beide in W, beide vertreten durch Dr. V, Rechtsanwalt in W, gegen die Bescheide des Bundesministers für Inneres vom 18. Mai 1993, Zl. 4.339.204/1-III/13/92 (betr die Zweitbeschwerdeführerin), und vom 19. Mai 1993, Zl. 4.321.987/2-III/13/91 (betr den Erstbeschwerdeführer), betr Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Die Beschwerdeführer, ein Ehepaar mit Staatsangehörigkeit "der früheren UdSSR", sind am 16. Juli 1991 (Erstbeschwerdeführer) und am 29. Juli 1992 (Zweitbeschwerdeführerin) in das Bundesgebiet eingereist und haben ihrem durch Ausfertigungen der angefochtenen Bescheide belegten Beschwerdevorbringen zufolge die Bescheide der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 26. August 1991 (Erstbeschwerdeführer) bzw. des Bundesasylamtes vom 31. Juli 1992 (Zweitbeschwerdeführerin), mit denen festgestellt worden war, bei ihnen lägen die Voraussetzungen für ihre Anerkennung als Flüchtling bzw. für die Gewährung von Asyl nicht vor, mit Berufungen bekämpft. Mit Bescheiden vom 18. bzw. 19 Mai 1993 wies die belangte Behörde die Berufungen gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab und versagte im Fall des Erstbeschwerdeführers die Gewährung von Asyl.

Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden, wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobenen, wegen ihres persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Beschlußfassung verbundenen Beschwerden, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Nach den Ausführungen der belangten Behörde in den angefochtenen Bescheiden, denen die Beschwerdeführer nicht entgegengetreten sind, hätten sie insbesondere selbst angegeben, sich vor ihrer Einreise nach Österreich in Ungarn (Erstbeschwerdeführer) bzw. in der (damaligen) CSFR (Zweitbeschwerdeführerin) aufgehalten zu haben.

Die belangte Behörde ist davon ausgegangen, daß die Beschwerdeführer bereits in anderen Staaten vor Verfolgung sicher waren, weshalb gemäß § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 die Gewährung von Asyl ausgeschlossen sei.

Der Erstbeschwerdeführer hat - wie von der belangte Behörde unbestritten festgestellt wurde - sich in der Zeit vom 29. Juni 1991 bis 16. Juli 1991 in Ungarn aufgehalten. Daraus folgt, daß er gemäß der hg. Judikatur (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 27. Mai 1993, Zl. 93/01/0256) bereits in diesem Land vor Verfolgung sicher war. Sicherheit vor Verfolgung ist dann anzunehmen, wenn ein Asylwerber sich in einem Land aufgehalten hat, in dem er nicht der Gefahr von Verfolgung ausgesetzt war und in dem er auch wirksamen Schutz vor Verfolgung hatte (vgl. RV 270 BlgNr 18. GP zu § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991). Ungarn hat am 14. März 1989 die Beitrittsurkunde zur Genfer Flüchtlingskonvention mit der Bekanntgabe, daß es hinsichtlich seiner Verpflichtung aus dieser Konvention die Alternative a des Abschnittes B des Art. 1 (betreffend Ereignisse, die in Europa eingetreten sind) anwenden wird, hinterlegt, was gemäß Art. 43 der Konvention zur Folge hatte, daß sie am 90. Tage nach der Hinterlegung dieser Urkunde - das ist am 12. Juni 1989 - in Kraft getreten ist. Daraus folgt, daß der Erstbeschwerdeführer, der wegen angeblicher Verfolgung im europäischen Bereich der ehemaligen UdSSR - er hat seinen Angaben in der Beschwerde zufolge in Moskau gearbeitet, dort auch demonstriert und unterlag dort den von ihm ins Treffen geführten Feindseligkeiten - sein Heimatland verlassen hat, sich in einem Zeitraum in Ungarn aufhielt, in dem der Beitritt dieses Landes zur Genfer Flüchtlingskonvention bereits wirksam war, sodaß er schon in diesem Land Verfolgungssicherheit erlangt hat.

Was den Aufenthalt der Zweitbeschwerdeführerin in der (damaligen) CSFR anbelangt, sind im zweitangefochtenen Bescheid zwar keine näheren Angaben über den Zeitpunkt und die Dauer des Aufenthaltes enthalten, doch ist, da die Zweitbeschwerdeführerin die diesbezüglichen Ausführungen der belangten Behörde in keiner Weise bekämpft oder bezweifelt hat, davon auszugehen, daß sich die Zweitbeschwerdeführerin unmittelbar vor ihrer Einreise in das Bundesgebiet in diesem Land aufgehalten hat. Die damalige CSFR hat am 26. November 1991 die Beitrittsurkunde zur Genfer Flüchtlingskonvention mit der Bekanntgabe, daß sie hinsichtlich ihrer Verpflichtung aus dieser Konvention die Alternative b des Abschnittes B des Art. 1 (betreffend Ereignisse, die in Europa oder anderswo eingetreten sind) anwenden wird, hinterlegt, was gemäß Art. 43 der Konvention zur Folge hatte, daß sie am 90. Tage nach der Hinterlegung dieser Urkunde - das ist am 24. Februar 1992 - in Kraft getreten ist. Auch im Fall der Zweitbeschwerdeführerin konnte angesichts ihrer Einreise nach Österreich am 29. Juli 1992 die belangte Behörde somit zu Recht davon ausgehen, daß sie bereits in einem anderen Land vor Verfolgung sicher war.

Dafür, daß diese Voraussetzungen bei den Beschwerdeführern nicht vorgelegen wären, finden sich keine Anhaltspunkte, weil für sie Verfolgungssicherheit bereits ab dem Zeitpunkt, in dem sie in das jeweils angeführte Land eingereist sind, gegeben war und sie auch nicht dargetan haben, aus welchen Gründen sie gehindert gewesen wären, bereits in diesen Ländern um Asyl anzusuchen.

Bei diesem Ergebnis erübrigte es sich in beiden Fällen, auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen.

Da sohin bereits der Inhalt der Beschwerden erkennen ließ, daß die von den Beschwerdeführern behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, waren die Beschwerden gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Im Hinblick auf das bereits gegebene Vorliegen einer Entscheidung über die Beschwerde der Zweitbeschwerdeführerin erübrigte sich eine Entscheidung des Berichters über ihren Antrag, ihrer Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1993011106.X00

Im RIS seit

03.04.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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