Index
L10016 Gemeindeordnung Gemeindeaufsicht Gemeindehaushalt Steiermark;Norm
BAO §198;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Kramer, Dr. Puck, Dr. Gruber und Dr. Höfinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Mag. Raunig, über die Beschwerde des OW und der FW, beide in G, beide vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz vom 26. April 1990, Zl. A 8-K-94/1989-9, betreffend Fälligstellung eines Aufschließungsbeitrages, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben der Landeshauptstadt Graz zu gleichen Teilen Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Graz vom 30. März 1989 wurde den Beschwerdeführern aus Anlaß der Baubewilligung vom 23. Jänner 1989 für eine näher genannte Liegenschaft ein Aufschließungsbeitrag von S 51.124,-- vorgeschrieben.
Mit Bescheid des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz vom 9. November 1989 wurde der dagegen erhobenen Berufung dahin teilweise stattgegeben, daß der Aufschließungsbeitrag auf S 33.918,-- herabgesetzt wurde. Dagegen erhoben die Beschwerdeführer am 20. Dezember 1989 Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hob den genannten Bescheid mit Erkenntnis vom 23. Mai 1990, Zl. 89/17/0269, zugestellt am 10. bzw. 11. Juli 1990, wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde auf, weil ihm zufolge Aufhebung des § 19 Abs. 4 der Geschäftsordnung für den Gemeinderat der Landeshauptstadt Graz durch Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 2. März 1990, Slg. Nr. 12291, kein rechtmäßig zustandegekommener Kollegialbeschluß des Gemeinderates zugrundelag.
Mit Bescheid vom 13. September 1990 entschied der Gemeinderat der Landeshauptstadt Graz über die Berufung abermals so wie im oben zitierten Bescheid vom 9. November 1989.
Mit Erkenntnis vom 26. November 1993, Zl. 90/17/0402, wurde die dagegen erhobene Verwaltungsgerichtshofbeschwerde als unbegründet abgewiesen.
Mit dem nunmehr verfahrensgegenständlichen Bescheid vom 11. Jänner 1990 hatte der Stadtsenat der Landeshauptstadt Graz mittlerweile ausgesprochen, der mit Bescheid vom 30. März 1989 aus Anlaß der Baubewilligung vom 23. Jänner 1989 vorgeschriebene Aufschließungsbeitrag von S 33.918,-- sei zur Gänze fällig geworden und binnen einem Monat ab Zustellung dieses Bescheides durch Einzahlung auf ein näher genanntes Konto zu entrichten. Dies begründete der Stadtsenat im wesentlichen damit, daß die Aufschließung des gegenständlichen Bauplatzes fertiggestellt und der Baubewilligungsbescheid rechtskräftig sei.
Dagegen erhoben die Beschwerdeführer Berufung.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 26. April 1990, den Beschwerdeführern zugestellt am 3. Mai 1990, wies der Gemeinderat der Landeshauptstadt Graz diese Berufung als unbegründet ab und führte hiezu im wesentlichen aus, zum Zeitpunkt der Erteilung der Baubewilligung sei die Aufschließung beendet gewesen, sodaß durch die Rechtskraft des Baubewilligungsbescheides der Tatbestand verwirklicht gewesen sei, an den die Abgabenvorschrift die Abgabenpflicht knüpfe. Daß eine Fälligstellung des Aufschließungsbeitrages erst nach Rechtskraft des Grundlagenbescheides (Bescheid vom 30. März 1989) zu erfolgen habe, könne aus der Bestimmung des § 6a der Steiermärkischen Bauordnung 1968 nicht abgeleitet werden. Vielmehr sei aus Abs. 2 dieser Bestimmung abzuleiten, daß vom Gesetzgeber beabsichtigt gewesen sei, den Aufschließungsbeitrag unabhängig von der Rechtskraft des Grundlagenbescheides fällig zu stellen. Ein Antrag auf Aussetzung der Einhebung der Abgabe sei von den Beschwerdeführern nicht gestellt worden. Das diesbezügliche Berufungsvorbringen sei daher nicht zielführend.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, am 12. Juni 1990 zur Post gegebene Beschwerde. Nach dem gesamten Inhalt ihres Vorbringens erachten sich die Beschwerdeführer in ihrem Recht verletzt, daß der gegenständliche Aufschließungsbeitrag nicht fälliggestellt werde. Sie beantragen, den angefochtenen Bescheid "als rechtswidrig" (erkennbar gemeint: wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde) aufzuheben.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Unter Hinweis auf das oben erwähnte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 2. März 1990 bringen die Beschwerdeführer vor, die gegenständliche Gebührenvorschreibung und somit auch die Fälligstellung beruhten auf einer vom Verfassungsgerichtshof bereits als verfassungswidrig erkannten "Gesetzesstelle".
Dem ist zu erwidern, daß durch das genannte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes lediglich Abs. 4 des § 19 der Geschäftsordnung für den Gemeinderat der Landeshauptstadt Graz aufgehoben wurde. Diese Bestimmung hatte es ermöglicht, über eine Berufung ohne förmlichen, auf einer Abstimmung beruhenden Beschluß des Kollegiums durch (bloße) Auflage des Geschäftsstückes zur Einsicht durch die Mitglieder des Gemeinderates zu entscheiden. Der Gemeinderat war jedoch nicht daran gehindert, über die Berufung im Sinne der §§ 1 und 22 ff der Geschäftsordnung zu beraten und durch Abstimmung zu entscheiden. Dies ist, wie aus dem Abstimmungsvermerk vom 26. April 1990 auf dem im Akt erliegenden "Bericht an den Gemeinderat" vom selben Tage hervorgeht, tatsächlich geschehen.
Die Beschwerdeführer bringen weiters vor, mit Rücksicht auf die Kundmachung des Bundeskanzlers vom 17. Februar 1987, wonach auf Grund einer Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes die Bestimmungen des § 254 BAO als verfassungswidrig aufgehoben worden seien, scheine die Rechtsansicht, daß auch im Falle der Einbringung von Rechtsmitteln vorgeschriebene Abgaben, die der Bundesabgabenordnung unterlägen, zur Zahlung fällig seien, rechtswidrig.
Die Beschwerdeführer übersehen hiebei zunächst, daß im gegenständlichen Fall nicht die Vorschriften der BAO, sondern der Steiermärkischen Landesabgabenordnung, LGBl. Nr. 158/1963, i. d.g.F. anzuwenden sind.
Die Beschwerdeführer übersehen weiters, daß durch die Novelle zur Steiermärkischen Landesabgabenordnung LGBl. Nr. 41/1988 ein neuer § 161a eingefügt wurde, der
- entsprechend dem § 212a BAO - Regeln über die Aussetzung der Einhebung einer Abgabe enthält. Einen solchen Aussetzungsantrag haben die Beschwerdeführer nach der Aktenlage NICHT gestellt.
Die Beschwerdeführer meinen schließlich, es sei ihnen nicht zuzumuten, vor Erledigung ihrer (ersten) Verwaltungsgerichtshofbeschwerde gegen die Festsetzung des Aufschließungsbeitrages (gemeint: mit Berufungsbescheid VOM 9. NOVEMBER 1989) denselben zu entrichten. Der Magistrat Graz hätte deshalb vor Erledigung ihrer Verwaltungsgerichtshofbeschwerde den Fälligstellungsbescheid nicht erlassen dürfen; es sei "geradezu unbegreiflich" und grenze "an eine schikanöse Rechtsausübung", wenn die belangte Behörde den wenn auch eingeschränkten Betrag von S 33.918,-- fälligstelle. Hiezu ist folgendes zu sagen:
Gemäß § 159 Abs. 1 erster Satz LAO werden Abgaben unbeschadet der in Abgabenvorschriften getroffenen besonderen Regelungen mit Ablauf eines Monates nach Bekanntgabe (§ 74) des Abgabenbescheides fällig.
Eine solche "besondere Regelung" enthält § 6a der Steiermärkischen Bauordnung 1968, LGBl. Nr. 149, in der von der belangten Behörde angewendeten Fassung der Bauordnungsnovelle 1974, LGBl. Nr. 130. Er lautet auszugsweise:
"(1) Für die im Bauland (§ 23 des Steiermärkischen Raumordnungsgesetzes 1974, LGBl. Nr. 127) gelegenen Grundstücke hat die Gemeinde aus Anlaß der erstmaligen Widmungsbewilligung, soweit nicht eine Verpflichtung nach anderen gesetzlichen Bestimmungen besteht, einen Aufschließungsbeitrag für Fahrbahnherstellung, Oberflächenentwässerung und Straßenbeleuchtung zu erheben. Der Aufschließungsbeitrag ist gleichzeitig mit der Erteilung der Widmungsbewilligung vorzuschreiben. Der Aufschließungsbeitrag wird zu einem Drittel mit Rechtskraft des Widmungsbescheides, zu einem Drittel zu Beginn der Aufschließungsarbeiten und zu einem Drittel einen Monat nach Fertigstellung der Aufschließung fällig. Ist die Aufschließung zum Zeitpunkt der Erteilung der Widmungsbewilligung fertiggestellt, wird der Aufschließungsbeitrag zur Gänze mit Rechtskraft des Widmungsbescheides fällig.
(2) Für die im Bauland gelegenen Grundstücke, für die eine Widmungsbewilligung, jedoch keine Baubewilligung vorliegt, ist der Aufschließungsbeitrag gleichzeitig mit der Baubewilligung vorzuschreiben. Hinsichtlich der Fälligkeit gilt Abs. 1 sinngemäß ..."
Dieselbe Gesetzesstelle in der am 1. März 1989 in Kraft getretenen Fassung der Bauordnungsnovelle 1988, LGBl. Nr. 14/1989, lautet auszugsweise wie folgt:
"(1) Die Baubehörde hat gleichzeitig mit der Erteilung der Baubewilligung einen Aufschließungsbeitrag für die im Bauland (§ 23 des Steiermärkischen Raumordnungsgesetzes 1974, BGBl. Nr. 127) gelegenen Grundstücke vorzuschreiben. Dieser Beitrag, der für die Errichtung der Fahrbahn und der Straßenbeleuchtung sowie für die Oberflächenentwässerung zu verwenden ist, wird zur Hälfte mit Rechtskraft der Baubewilligung fällig. Die zweite Hälfte des Beitrages wird mit Rechtskraft der Benützungsbewilligung oder einer Teilbenützungsbewilligung fällig. Der Aufschließungsbeitrag wird jedoch zur Gänze mit Rechtskraft der Baubewilligung fällig, wenn die Aufschließung des Grundstückes zu diesem Zeitpunkt bereits abgeschlossen ist.
..."
Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem dieselben Beschwerdeführer betreffenden, bereits erwähnten Erkenntnis vom 26. November 1993, Zl. 90/17/0402, dargetan hat, war im Beschwerdefall richtigerweise § 6a der Steiermärkischen Bauordnung in der Fassung der Bauordnungsnovelle 1988 anzuwenden. Dies verschlägt jedoch nichts, weil sowohl nach § 6a Abs. 2 zweiter Satz der Fassung 1974 als auch nach § 6a Abs. 1 letzter Satz der Fassung 1988 der Aufschließungsbeitrag jedenfalls zur Gänze mit Rechtskraft der Baubewilligung fällig wird, wenn die Aufschließung des Grundstückes zu diesem Zeitpunkt bereits fertiggestellt bzw. abgeschlossen ist. Daß letzteres zutrifft, wurde von den Beschwerdeführern nicht bestritten.
Wesentlich ist nun, daß der Beschwerde gegen den (ersten) Berufungsbescheid vom 9. November 1989 mangels eines dahin abzielenden Antrages der Beschwerdeführer aufschiebende Wirkung nicht zuerkannt wurde. Die belangte Behörde war daher schon deshalb nicht gehindert, trotz anhängiger Verwaltungsgerichtshofbeschwerde den Aufschließungsbeitrag fällig zu stellen.
Abgesehen davon liegt im Verhältnis zwischen der Festsetzung des Aufschließungsbeitrages und dessen Fälligstellung ein Fall des § 197 Abs. 1 LAO vor, welcher folgenden Wortlaut hat:
"§ 197
(1) Liegen einem Abgabenbescheid Entscheidungen zugrunde, die in einem anderen Bescheid (Grundlagebescheid) getroffen worden sind, so kann der Abgabenbescheid nicht mit der Begründung angefochten werden, daß die im Grundlagebescheid getroffenen Entscheidungen unzutreffend seien."
Genau dies tun jedoch die Beschwerdeführer, wenn sie gegen die Fälligstellung einwenden, sie hätten den zweitinstanzlichen Abgabenbescheid vom 9. November 1989 mit Verwaltungsgerichtshofbeschwerde bekämpft (vgl. hiezu die zur im wesentlichen gleichartigen Rechtslage nach § 197 Abs. 1 der Burgenländischen LAO ergangenen hg. Erkenntnisse vom 30. April 1993, Zl. 91/17/0188, und vom 28. Mai 1993, Zl. 92/17/0002).
Der Vollständigkeit halber ist darauf zu verweisen, daß die Behörde zufolge Aufhebung des ersten Berufungsbescheides mit dem erwähnten hg. Erkenntnis vom 23. Mai 1990 gemäß § 218 LAO verpflichtet gewesen wäre, den vom Abgabenbescheid abgeleiteten Fälligstellungsbescheid von Amts wegen, da die Voraussetzungen für die Erlassung des abgeleiteten Bescheides nicht mehr vorlagen, aufzuheben. Dies ändert jedoch am Schicksal der vorliegenden Beschwerde nichts, weil der Verwaltungsgerichtshof den angefochtenen Bescheid nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt seiner Erlassung zu beurteilen hatte.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff, insbesondere auch auf § 53 Abs. 1 letzter Satz VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991, insbesondere auch auf deren Art. III Abs. 2.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1990170232.X00Im RIS seit
20.11.2000