TE Vwgh Erkenntnis 1993/11/26 93/01/1093

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Veröffentlicht am 26.11.1993
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;
49/01 Flüchtlinge;

Norm

AsylG 1991 §1;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Mayer, über die Beschwerde des A in W, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 24. Juni 1993, Zl. 4.321.072/2-III/13/92, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein türkischer Staatsangehöriger kurdischer Nationalität, der am 18. April 1991 in das Bundesgebiet eingereist ist, hat dem durch eine Ausfertigung des angefochtenen Bescheides belegten Beschwerdevorbringen zufolge den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Burgenland vom 6. September 1991, mit dem festgestellt worden war, bei ihm lägen die Voraussetzungen für seine Anerkennung als Flüchtling nicht vor, mit Berufung bekämpft. Mit Bescheid vom 24. Juni 1993 wies die belangte Behörde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab und verweigerte die Gewährung von Asyl.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Nach den Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid, denen der Beschwerdeführer nicht entgegengetreten ist, habe er bei seiner niederschriftlichen Einvernahme durch die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Burgenland am 10. August 1991 angegeben, er habe keiner politischen Organisation angehört und sei auch keiner politischen Verfolgung ausgesetzt gewesen, doch habe er als Angehöriger der alevitischen Glaubensgemeinschaft seine Religion nicht frei ausüben können. Während seiner Militärdienstzeit habe man ihn gezwungen, in die Moschee zu gehen und dort zu beten, obwohl dies mit seinem Glauben nicht vereinbar sei. Als Alevite habe er auch keine neue Arbeitsstelle gefunden; konkreter religiöser Verfolgung sei er aber nicht ausgestzt gewesen. Wegen dieser Schwierigkeiten und wegen der dauernden Belästigungen seines Heimatdorfes durch die Miliz habe er in der Türkei für sich keine Zukunft mehr gesehen und sei deshalb ausgereist.

In der gegen den erstinstanzlichen Bescheid erhobenen Berufung habe der Beschwerdeführer ausgeführt, in seinem Heimatland wegen seines alevitischen Glaubens verfolgt worden zu sein.

Die belangten Behörde hat die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten Vorkommnisse während seiner Militärdienstzeit dahin gewürdigt, daß diese zeitlich so weit zurücklägen - der Beschwerdeführer ist in der Beschwerde dieser Feststellung nicht entgegengetreten -, daß aus ihnen begründete Furcht vor Verfolgung nicht mehr abgeleitet werden könne. Diese Würdigung des Vorbringens des Beschwerdeführers steht in Übereinstimmung mit der ständigen hg. Judikatur, derzufolge Umstände, die sich schon längere Zeit vor der Ausreise ereignet haben, nicht mehr beachtlich sind; die wohlbegründete Furcht muß vielmehr bis zur Ausreise andauern (vgl. die bei Steiner, Österreichisches Asylrecht, Wien 1990, S. 31, angeführte Judikatur). Die belangte Behörde konnte auf Grund des Vorbringens des Beschwerdeführer auch zu Recht davon ausgehen, daß die für den Zeitraum der Militärdienstzeit behaupteten Eingriffe in seine Religionsausübung mit seiner Abrüstung geendet haben.

Der belangten Behörde kann auch nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten Arbeitsplatzprobleme und schlechten Lebensbedingungen in seinem Heimatland nicht als dahingehend gewertet hat, daß sie eine Asylgewährung rechtfertigen könnten, kann doch weder die allgemeine wirtschaftliche Lage im Heimatland eines Asylwerbers als konkret gegen eine bestimmte Person gerichtete Verfolgung gewertet werden (vgl. für viele andere z.B. das hg. Erkenntnis vom 14. Oktober 1992, Zl. 92/01/0824), noch ist aus dem Verlust eines Arbeitsplatzes bzw. dem Ausschluß von einem solchen - daß ihm dadurch jegliche Lebensgrundlage entzogen worden wäre, hat der Beschwerdeführer selbst nicht behauptet - Verfolgung im Sinne des § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 (übereinstimmend mit Art. 1 Abschnitt A Z. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention) abzuleiten (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 29. Oktober 1993, Zl. 93/01/0733). Dem in diesem Zusammenhang geltend gemachten Begründungsmangel kommt somit Wesentlichkeit nicht zu.

Soweit der Beschwerdeführer in der Beschwerde geltend macht, es wären Ermittlungen bzw. Feststellungen über die Entwicklung des Verhaltens des türkischen Staates gegenüber der kurdischen Minderheit in den letzten beiden Jahren erforderlich gewesen, ist er darauf hinzuweisen, daß solche von ihm gewünschte Feststellungen lediglich die allgemeinen Verhältnisse wiedergeben und daher nichts über eine konkrete gegen den Beschwerdeführer gerichtete Verfolgung aussagen könnten, sodaß auch diesen behaupteten Verfahrensmängeln Wesentlichkeit nicht zukommt.

Da sohin bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, daß die vom Beschwerdeführer behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Im Hinblick auf das bereits gegebene Vorliegen einer Entscheidung über die Beschwerde erübrigte sich eine Entscheidung des Berichters über den Antrag des Beschwerdeführers, seiner Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1993011093.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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