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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
BAO §92 Abs1 litc;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Hnatek und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Hutter, in der Beschwerdesache 1) der A-GesmbH in M und 2) des A in X, beide vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in Y, gegen die Erledigung der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom 13. September 1993, Zl 1/25/2-BK/F-1993, betreffend Bescheidzustellung, den Beschluß gefaßt:
Spruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
Die der Beschwerde beiliegende bekämpfte Erledigung der
belangten Behörde hatte nach Anführung des Gegenstandes,
worunter
1) AO GmbH (= Erstbeschwerdeführerin)
2) AO (= Zweitbeschwerdeführer) sowie
"Antrag auf Bescheidzustellung"
enthalten war, und unter Bezugnahme auf eine Eingabe vom
31. März 1993 folgenden Wortlaut:
"Zu obigem Gegenstand und Bezug wird Ihnen folgendes mitgeteilt:
Die Zustellung der von den Abgabenbehörden in Vollziehung der Gesetze zu übermittelnden Schriftstücke ist im Zustellgesetz geregelt. Danach ist grundsätzlich der Partei (dem Abgabepflichtigen) bzw. dessen gesetzlichen Vertreter zuzustellen. Lediglich wenn eine im Inland wohnende Person gegenüber der Behörde zum Empfang von Schriftstücken bevollmächtigt ist (Zustellungsbevollmächtigter), ist dieser zuzustellen (§ 9 Zustellgesetz).
Da im gegenständlichen Fall der Abgabenbehörde kein Zustellungsbevollmächtigter bekanntgegeben wurde bzw. keine Zustellvollmacht vorgelegt wurde, war daher den Abgabepflichtigen und nicht dem Vertreter der Abgabepflichtigen zuzustellen.
Die Bescheide vom ... betreffend den Antrag auf
Wiederaufnahme des Verfahrens vom ... waren daher Herrn AO in
seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der Erstantragstellerin
bzw. als Zweitantragsteller zuzustellen. Nach den
ho. vorliegenden Rückscheinen wurden die gegenständlichen
Bescheide am ... nachweislich von Herrn AO übernommen.
Da somit eine ordnungsgemäße Zustellung der gegenständlichen Bescheide bereits durchgeführt wurde, ist von einer neuerlichen Zustellung an den Vertreter der Antragsteller abzusehen und dieser an die von ihm Vertretenen zu verweisen."
Diese Erledigung wurde - wie dem Beschwerdevorbringen zu entnehmen ist - von den Beschwerdeführern als Bescheid angesehen, weil darin über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses im Sinne des § 92 Abs 1 lit c BAO abgesprochen worden wäre, nämlich über die Frage des Bestehens oder Nichtbestehens des Bevollmächtigungsverhältnisses zwischen dem Rechtsanwalt Dr. E und den Beschwerdeführern.
Diese Ansicht vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu teilen. Die Mitteilung eines Sachverhaltes, nämlich des Umstandes, daß der Abgabenbehörde kein Zustellungsbevollmächtigter bekanntgegeben bzw keine Zustellvollmacht vorgelegt worden sei und die sohin als rechtswirksam erachtete Zustellung an eine bestimmte Person stellt nämlich keinen Abspruch über das zwischen den Beschwerdeführern und deren Vertreter tatsächlich bestehende Bevollmächtigungsverhältnis dar.
Aber auch die Ansicht der Beschwerdeführer, der Erledigung sei eindeutig zu entnehmen, daß damit über einen Antrag entschieden worden wäre, weshalb der Erledigung Bescheidqualität zukomme, ist verfehlt: Die belangte Behörde hat - ausdrücklich - MITGETEILT, daß und warum von einer neuerlichen Zustellung ABGESEHEN werde. Soweit damit nicht bereits klargestellt ist, daß es sich bei der Erledigung um keinen Bescheid handelt, sind zumindest Zweifel angebracht, ob die Behörde damit rechtsverbindlich über den Antrag abgesprochen hat.
Bei derartigen Zweifeln kommt aber dem Formerfordernis des § 93 Abs 2 BAO, wonach jeder Bescheid ausdrücklich als solcher zu bezeichnen ist, ausschlaggebende Bedeutung zu. Auf die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid kann nur dann verzichtet werden, wenn sich aus dem Spruch eindeutig ergibt, daß die Behörde nicht nur einen individuellen Akt der Hoheitsverwaltung gesetzt hat, sondern auch, daß sie normativ, also entweder rechtsgestaltend oder rechtsfeststellend, eine Angelegenheit des Verwaltungsrechts entschieden hat. Die Wiedergabe einer Rechtsansicht, von Tatsachen, der Hinweis auf Vorgänge des Verfahrens, Rechtsbelehrungen udgl können nicht als verbindliche Erledigung, also nicht als Spruch im Sinne des § 93 Abs 2 BAO gewertet werden (vgl auch den hg Beschluß vom 15. Dezember 1977, 934 und 1223/73, Slg 9458/A, verstärkter Senat, zur insoweit gleichlautenden Bestimmung des § 58 Abs 1 AVG).
Ein Bescheid könnte also, wenn eine behördliche Erledigung nicht ausdrücklich als Bescheid bezeichnet ist, nur dann angenommen werden, wenn die Behörde völlig eindeutig zum Ausdruck brächte, daß sie im Fall einer wie hier zur Erörterung stehenden ablehnenden Erledigung den Antrag der Partei abweise.
Mit der Formulierung "... ist von einer neuerlichen Zustellung abzusehen und dieser an die von ihm Vertretenen zu verweisen." hat die Behörde dies nicht zum Ausdruck gebracht. Die angefochtene Erledigung kann daher nicht als Bescheid gewertet werden.
Die Beschwerde war daher gemäß § 34 Abs 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluß zurückzuweisen.
Schlagworte
Offenbare Unzuständigkeit des VwGH Mangelnder Bescheidcharakter Mitteilungen und RechtsbelehrungenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1993140194.X00Im RIS seit
20.11.2000