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L37153 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
BauO NÖ 1976 §115 Abs1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Hauer und die Hofräte Dr. Degischer und Dr. Kail als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über die Beschwerde des S in W, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Melk vom 18. Mai 1993, Zl. 3-12590-92, betreffend Übertretung der NÖ Bauordnung 1976, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Niederösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.540,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren des Beschwerdeführers wird abgewiesen.
Begründung
Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Marktgemeinde A vom 18. März 1992 wurde der Beschwerdeführer für schuldig befunden, er habe "es als gemäß § 9 Abs. 2 Verwaltungsstrafgesetz verantwortlicher Beauftragter der X-GesmbH, T-Straße 1 in W, der für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften nach der NÖ Bauordnung bestellt worden ist, zu verantworten, daß jedenfalls vom 30. 9. 1991 bis mindestens 27. 11. 1991 2 Werbetafeln (5,10 m Breite und 2,60 m Höhe), somit ein bewilligungspflichtiges Vorhaben, im Gemeindegebiet von A auf Parz. Nr. 424 und 422, südwestlich der L nnnn, KG A, gegenüber Haus-Nr. 84, EZ. 300, ohne baubehördliche Bewilligung aufgestellt wurden, obwohl die Aufstellung oder Anbringung von Werbeanlagen einer Bewilligung der Baubehörde bedürfen". Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 115 Abs. 1 Z. 1 in Verbindung mit § 92 Abs. 1 Z. 8 der NÖ Bauordnung 1976 begangen, weshalb über ihn eine Geld- und Ersatzarreststrafe verhängt worden ist.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer rechtzeitig die Berufung.
Nachdem dieses Rechtsmittel dem Unabhängigen Verwaltungssenat im Land Niederösterreich vorgelegt worden war, stellte dieser gemäß Art. 140 B-VG an den Verfassungsgerichtshof den Antrag, § 51 Abs. 1 VStG in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 52/1991 wegen Verfassungswidrigkeit aufzuheben.
Mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 1. Oktober 1992, Zlen. G 103 bis 107/92-6, u.a., wurde die erwähnte Bestimmung des Verwaltungsstrafgesetzes als verfassungswidrig aufgehoben und ausgesprochen, daß die Aufhebung mit Ablauf des 30. September 1993 in Kraft tritt und frühere gesetzliche Bestimmung wieder in Wirksamkeit treten.
Mit Bescheid der (im Hinblick auf dieses Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes entsprechend der sohin für den Beschwerdefall wieder wirksamen Regelung des § 51 Abs. 1 VStG vor der Novelle BGBl. Nr. 52/1991 zuständig gewordenen) Bezirkshauptmannschaft Melk vom 18. Mai 1993 wurde sodann die Berufung des Beschwerdeführers abgewiesen "und der erstinstanzliche Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, daß die Übertretungs- bzw. die Strafnorm wie folgt zu lauten hat: § 115 Abs. 1 Z. 6 zweiter Fall in Verbindung mit § 92 Abs. 1 Z. 8 der NÖ Bauordnung 1976 bzw. § 115 Abs. 1 Z. 6 zweiter Fall in Verbindung mit § 115 Abs. 2 der NÖ Bauordnung 1976, LGBl. 8220-8".
Über die gegen diesen Bescheid eingebrachte Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsstrafakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
Gemäß § 115 Abs. 1 der NÖ Bauordnung 1976 begeht eine Verwaltungsübertretung, wer
1.
ein bewilligungspflichtiges Vorhaben ohne Bewilligung durchführt oder vor Eintritt ihrer Rechtskraft beginnt oder von der Baubewilligung abweicht;
.....
6.
als Eigentümer eines Bauwerks oder als dessen Beauftragter Baugebrechen oder Bauordnungswidrigkeiten nicht beseitigt.
Wie schon ausgeführt worden ist, wurde der Beschwerdeführer von der Behörde erster Instanz bestraft, weil er es verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten habe, daß "vom 30. 9. 1991 bis mindestens 27. 11. 1991 2 Werbetafeln ... ohne baubehördliche Bewilligung aufgestellt wurden", weshalb er einer Verwaltungsübertretung nach § 115 Abs. 1 Z. 1 in Verbindung mit § 92 Abs. 1 Z. 8 der NÖ Bauordnung 1976 begangen habe. Die erstinstanzliche Strafbehörde sowie im Hinblick auf die vorgenommene Bestätigung der Tatumschreibung auch die belangte Behörde haben dem Beschwerdeführer also die Verantwortung dafür angelastet, daß die WERBETAFELN während des angeführten Tatzeitraumes AUFGESTELLT worden sind, weshalb die belangte Behörde die im Sinne des § 44 a Z. 2 VStG im Straferkenntnis anzuführende übertretene Verwaltungsvorschrift zu Unrecht geändert und das geschilderte Verhalten demnach unzutreffend unter § 115 Abs. 1 Z. 6 in Verbindung mit § 92 Abs. 1 Z. 8 der NÖ Bauordnung 1976 subsumiert hat, weil in dieser Bestimmung u.a. von der Nichtbeseitigung von Bauordnungswidrigkeiten die Rede ist, worunter der Zustand eines Grundstückes oder Bauwerkes zu verstehen ist, der deswegen mit dem Gesetz nicht übereinstimmt, weil die Bestimmungen über die Bewilligungspflicht verletzt wurden, gleichgültig, ob eine nachträgliche Bewilligung erwirkt werden kann oder nicht (vgl. in diesem Sinne Hauer-Zaussinger, NÖ Bauordnung, 4. Aufl., Anm. 8 auf S. 425 f.). Eine Verwaltungsübertretung nach § 115 Abs. 1 Z. 6 leg. cit. wird also nicht dadurch begangen, daß ein bewilligungspflichtiges Bauwerk ohne Baubewilligung AUFGESTELLT wird, sondern dadurch, daß eine Bauordnungswidrigkeit nicht beseitigt, also ein baubewilligungspflichtiges, nicht bewilligtes Bauwerk nicht beseitigt wird.
Dazu kommt noch, daß der gegenüber dem Beschwerdeführer erhobene Tatvorwurf, für die Aufstellung der Werbetafeln während des angeführten Tatzeitraumes verantwortlich zu sein, unbegründet ist, weil diese Tafeln nach der Aktenlage zu Beginn dieses Tatzeitraumes bereits gestanden sind, wobei in der Beschwerde (neuerlich) sogar behauptet wird, daß diese Tafeln schon vor 12 Jahren errichtet worden sind. Dem Beschwerdeführer hätte demnach als Übertretung nach § 115 Abs. 1 Z. 6 leg. cit. nur vorgeworfen werden dürfen, als verantwortlicher Beauftragter im Sinne des § 9 Abs. 2 VStG dafür verantwortlich zu sein, daß die ohne baubehördliche Bewilligung aufgestellten, bewilligungspflichtigen Werbetafeln während des angegebenen Tatzeitraumes nicht beseitigt worden sind.
Auch in dieser Hinsicht liegt daher eine inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides vor, weshalb dieser gemäß § 42 Abs. 1 Z. 1 VwGG aufzuheben war, ohne noch auf das weitere Beschwerdevorbringen eingehen zu müssen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Das Mehrbegehren des Beschwerdeführers war abzuweisen, weil an Schriftsatzaufwand nur der in der zitierten Verordnung genannte Pauschalbetrag ohne "Streitgenossenzuschlag" zuzuerkennen ist und an Stempelgebühr für zwei erforderliche Beschwerdeausfertigungen, eine Vollmacht und eine vorzulegende Ausfertigung des angefochtenen Bescheides insgesamt nur S 420,-- zu entrichten waren.
Schlagworte
Schriftsatzaufwand Verhandlungsaufwand des Beschwerdeführers und der mitbeteiligten Partei Inhalt und Umfang des PauschbetragesEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1993050161.X00Im RIS seit
20.11.2000Zuletzt aktualisiert am
07.08.2009