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L10011 Gemeindeordnung Gemeindeaufsicht Gemeindehaushalt Burgenland;Norm
AVG §1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Hauer und die Hofräte Dr. Giendl und Dr. Kail als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über die Beschwerde der A in N, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in X, gegen den Gemeinderat der Gemeinde N, vertreten durch Dr. T, Rechtsanwalt in E, wegen Verletzung der Entscheidungspflicht hinsichtlich einer Berufung gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde N vom 22. April 1981, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben, den Beschluß gefaßt:
Spruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat der Gemeinde N Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde N vom 22. April 1981 wurde L.K. die Baubewilligung zur Errichtung einer Schweinemastanlage auf dem Grundstück Nr. 360/8, KG N, erteilt. Der Bescheid wurde der Beschwerdeführerin (als übergangener Partei) erst am 10. August 1988 zugestellt; die gegen diesen Bescheid rechtzeitig erhobene Berufung der Beschwerdeführerin hat der Gemeinderat der Gemeinde N mit Bescheid vom 3. Oktober 1988 abgewiesen. Aufgrund der Vorstellung der Beschwerdeführerin hob die Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See mit Bescheid vom 28. April 1989 den Berufungsbescheid auf und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde. Mit Bescheid vom 25. Oktober 1990 hat der Gemeinderat die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Bürgermeisters vom 22. April 1981 neuerlich abgewiesen. Der dagegen eingebrachten Vorstellung hat die Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See mit Bescheid vom 17. Mai 1991 keine Folge gegeben. Aufgrund einer Beschwerde der Beschwerdeführerin hat der Verwaltungsgerichtshof mit seinem Erkenntnis vom 26. November 1991, Zl. 91/05/0132, diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
Da die Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See in der Folge keine Entscheidung fällte, hat die Beschwerdeführerin mit Devolutionsantrag vom 28. August 1992 die Burgenländische Landesregierung angerufen und den Übergang der Entscheidungspflicht begehrt. Die Burgenländische Landesregierung hat mit Bescheid vom 25. Februar 1993 über den Devolutionsantrag und die Vorstellung entschieden, dem Devolutionsantrag Folge gegeben und den Bescheid des Gemeinderates der Gemeinde N vom 25. Oktober 1990 aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde N verwiesen. Dieser Bescheid wurde dem Gemeinderat der Gemeinde N am 4. März 1993 zugestellt.
Am 13. September 1993 langte die Säumnisbeschwerde der Beschwerdeführerin beim Verwaltungsgerichtshof ein, in der sie Verletzung der Entscheidungspflicht des Gemeinderates der Gemeinde N geltend machte. Nach Einleitung des Vorverfahrens durch den Verwaltungsgerichtshof mit Verfügung vom 20. September 1993 legte die belangte Behörde die Verwaltungsakten mit einer Gegenschrift vor und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde. Nach Darstellung des Verwaltungsverfahrens wies die belangte Behörde darauf hin, daß gemäß der Verordnung der burgenländischen Landesregierung vom 4. Dezember 1991, LGBl. Nr. 97/1991, die am 12. Dezember 1991 in Kraft getreten sei, die Bezirkshauptmannschaft Neusiedl, nicht aber die Gemeinde N für die Entscheidung über die vorliegende Baubewilligung (Bauten im landwirtschaftlichen Grünland) in erster Instanz zuständig sei. Das Amt der Burgenländischen Landesregierung habe mit Erlaß vom 31. März 1992 zur Klärung festgestellt, daß die betroffenen Gemeinden, wenn eine Kompetenzabtretung stattgefunden habe, keine Bescheide mehr zu erlassen hätten und die Gemeinden auch für Verfahren, die vor Inkrafttreten der Verordnung anhängig gemacht wurden, nicht mehr zuständig seien. Die Zuständigkeit der ursprünglich zuständigen belangten Behörde sei somit mit Rechtskraft der Verordnung erloschen. Die belangte Behörde habe Kopien des Aktes an das Amt der Burgenländischen Landesregierung übermittelt. Die Burgenländische Landesregierung habe mit ihrem Bescheid vom 25. Februar 1993 aufgrund des Devolutionsantrages der Beschwerdeführerin die Angelegenheit zu Unrecht an die Gemeinde N verwiesen. Zuständige Behörde erster Instanz sei bereits die Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See gewesen, somit Behörde zweiter Instanz die Burgenländische Landesregierung selbst.
Die Rechtsansicht der belangten Behörde entspricht der Rechtslage. Zufolge der Verordnung der Burgenländischen Landesregierung vom 4. Dezember 1991, LGBl. Nr. 97/1991, ist u. a. die Zuständigkeit zur Erteilung von Baubewilligungen für Bauten in Grünflächen (§ 16 des Burgenländischen Raumplanungsgesetzes) für die Gemeinde N auf die Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See übergegangen. Die Verordnung wurde in dem am 11. Dezember 1991 ausgegebenen und versendeten Landesgesetzblatt kundgemacht und trat mangels anderslautender Übergangsbestimmungen am 12. Dezember 1991 auch auf anhängige Verfahren in Kraft (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 24. November 1992, Zl. 92/05/0136). Daß das Bauvorhaben im Grünland liegt, geht aus dem vorgelegten Verwaltungsakt, insbesondere dem Bescheid der Burgenländischen Landesregierung vom 25. Februar 1993, hervor. Aufgrund der zitierten Verordnung war daher die belangte Behörde zur Entscheidung über die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Bürgermeisters vom 22. April 1981 nicht mehr zuständig. Daran konnte auch die mit Bescheid der Burgenländischen Landesregierung vom 25. Februar 1993 ausgesprochene - ansonsten zutreffende - Zurückverweisung an die Gemeinde nichts ändern, da durch eine bescheidmäßig ausgesprochene Zurückweisung an eine unzuständige Behörde diese nicht zur zuständigen Behörde wird. Die Bindungswirkung eines rechtskräftigen Bescheides umfaßt nur die die Aufhebung tragenden Gründe (vgl. das hg. Erkenntnis vom 7. September 1993, Zl. 93/05/0074 u.v.a). Die Zurückverweisung an eine bestimmte, unzuständige Behörde wird von dieser Bindungswirkung nicht erfaßt.
Da der Gemeinderat der Gemeinde N somit zur Erledigung der Berufung nicht mehr zuständig war, konnte sie auch nicht säumig werden. Die gegen sie eingebrachte Säumnisbeschwerde war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Schlagworte
Maßgebende Rechtslage maßgebender Sachverhalt Rechtskraft Umfang der Rechtskraftwirkung Allgemein Bindung der Behörde Änderung der ZuständigkeitEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1993050218.X00Im RIS seit
11.07.2001