TE Vwgh Erkenntnis 1993/12/7 93/05/0176

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Veröffentlicht am 07.12.1993
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Index

L37153 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Niederösterreich;
L81703 Baulärm Niederösterreich;
L82000 Bauordnung;
L82003 Bauordnung Niederösterreich;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §73 Abs2;
AVG §8;
BauO NÖ 1976 §113 Abs2;
BauO NÖ 1976 §118 Abs2;
BauO NÖ 1976 §118 Abs8;
BauRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Hauer und die Hofräte Dr. Degischer, Dr. Giendl, Dr. Kail und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über die Beschwerde des J in M, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 16. Juni 1993, Zl. R/1-V-92264/00, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Parteien: 1. FM und 2. CM in M, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in S,

3. Marktgemeinde A, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Niederösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.660,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Am 29. Oktober 1990 hatte der Beschwerdeführer einen "Antrag auf Erlassung eines Demolierungsauftrages" eingebracht und diesen Antrag damit begründet, daß die Erst- und Zweitmitbeteiligten Gerätschaften zur maschinellen Entnahme des Siliergutes der Maissilos installiert hätten. Hinsichtlich dieser Anlage liege eine konsenslose Bauführung vor. Aufgrund dieses Antrages erteilte der Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde dem Erst- und der Zweitmitbeteiligten den Auftrag vom 11. Oktober 1990, unter Vorlage von Plan- und Beschreibungsunterlagen um die nachträgliche baubehördliche Genehmigung anzusuchen.

Mit Ansuchen vom 7. November 1990 beantragten der Erst- und die Zweitmitbeteiligte unter Beilage von Projektsunterlagen die Erteilung der Baubewilligung für die gegenständliche Silofräsanlage. Über dieses Ansuchen wurde am 7. Dezember 1990 eine mündliche Verhandlung durchgeführt, in welcher der Beschwerdeführer Einwendungen erhob. Am 3. Oktober 1991 stellte der Beschwerdeführer einen Devolutionsantrag an den Gemeinderat. In der Folge führte der Gemeinderat das Baubewilligungsverfahren fort und erteilte nach Einholung verschiedener Gutachten dem Erst- und der Zweitmitbeteiligten mit Bescheid vom 26. November 1992 die beantragte baubehördliche Bewilligung. Die gegen diesen Bescheid eingebrachte Vorstellung des Beschwerdeführers hat die belangte Behörde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 16. Juni 1993 als unbegründet abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten mit einer Gegenschrift vorgelegt und ebenso wie die erst- und zweitmitbeteiligten Parteien die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Sowohl die Baubehörde als auch die Aufsichtsbehörde und der Beschwerdeführer haben die Rechtsstellung eines Nachbarn im baubehördlichen Bewilligungsverfahren verkannt. Es ist zwar richtig, daß nach § 118 Abs. 2 der Niederösterreichischen Bauordnung die Baubehörde über einen Antrag nach § 92 oder § 93 binnen drei Monaten zu entscheiden hat, allein der Nachbar vermag durch die Stellung eines Devolutionsantrages im Sinne des § 73 AVG nicht zu bewirken, daß die Zuständigkeit auf die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde übergeht, wird doch durch eine Außerachtlassung dieser Vorschrift ausschließlich der antragstellende Bauwerber in seinem Recht verletzt. Eine Verletzung von Rechten eines Nachbarn tritt erst dann ein, wenn durch die erteilte Baubewilligung seine subjektiv-öffentlichen Rechte verletzt werden. Dies unabhängig davon, daß dem Nachbarn im letztgenannten Falle auch ein Rechtsanspruch auf die Erlassung eines Beseitigungsauftrages bei einer nichtbewilligten Bauführung zusteht und die Behörde auch verpflichtet ist, über einen Devolutionsantrag zu entscheiden. Auch die Regelung des § 118 Abs. 8 BO, wonach als Anrainer alle Grundstückseigentümer Parteistellung gemäß § 8 AVG genießen, wenn sie in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten berührt werden, stellt zwar die Parteistellung der Nachbarn im Baubewilligungsverfahren klar, bedeutet aber nicht, daß damit auch die Berechtigung zur Stellung eines Devolutionsantrages mit der Rechtsfolge des Überganges der Entscheidungspflicht auf die Behörde zweiter Instanz gegeben wäre (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. November 1989, Zl. 88/05/0268, und die dort angeführte Vorjudikatur).

Aufgrund der dargelegten Erwägungen war der Gemeinderat zur Erteilung der Baubewilligung nicht zuständig. Da die belangte Behörde dies verkannte und es unterließ, den Bescheid des Gemeinderates wegen dessen Unzuständigkeit aufzuheben, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Von der beantragten Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG Abstand genommen werden.

Schlagworte

Parteistellung Parteienantrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1993050176.X00

Im RIS seit

03.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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