Index
001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AVG §38;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Kratschmer, Dr. Hargassner, Dr. Bumberger und Dr. Pallitsch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Möslinger-Gehmayr, über die Beschwerde der Gemeinde Attersee, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 20. Juli 1993, Zl. 411.280/01-I 4/93, betreffend wasserrechtlicher Instandhaltungsauftrag, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.
Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 11.510,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 15. April 1993 wurde der Beschwerdeführerin unter Berufung auf die §§ 38, 50, 99, 105 und 138 Abs. 1 lit. a des Wasserrechtsgesetzes 1959 (WRG 1959) der Auftrag erteilt, die schadhafte und zum Teil bereits eingestürzte Ufermauer auf dem öffentlichen Wassergut des Attersees (Gst. Nr. 807/1, KG Attersee) vor dem Gst. Nr. 807/7, KG Attersee, bis zum 31. Juli 1993 entsprechend dem mit dem Bescheid des Landeshauptmannes vom 9. November 1960 bewilligten Zustand instandzusetzen.
In der Begründung wird ausgeführt, mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 9. November 1960, Spruchabschnitt II, sei der beschwerdeführenden Partei die wasserrechtliche Bewilligung zur Errichtung einer Uferverbauung auf der unter Spruchabschnitt I dieses Bescheides ausgeschiedenen Grundfläche unter bestimmten Nebenbestimmungen unbefristet erteilt worden. Unter Spruchabschnitt I dieses Bescheides sei jener Teil der Atterseeparzelle, welcher der gemeindeeigenen Landparzelle 807/7 vorgelagert sei, unter der Bedingung aus dem öffentlichen Wassergut ausgeschieden worden, daß bis spätestens 1. Juli 1961 ein Kaufvertrag mit der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich über die beschriebene Fläche abgeschlossen werde. Bereits am 26. Oktober 1960 habe der Verwalter des öffentlichen Wassergutes eine Stellungnahme abgegeben, in der er einer Inanspruchnahme des öffentlichen Wassergutes für private Einbauten (im gegenständlichen Fall eine Anschüttung und die Errichtung der Ufermauer) zugestimmt habe. Nach Erteilung der Bewilligung sei die Ufermauer von der beschwerdeführenden Partei offensichtlich bewilligungsgemäß errichet worden; ein Überprüfungsbescheid sei nicht aktenkundig. Ein Kaufvertrag (mit der Finanzlandesdirektion) sei nicht abgeschlossen worden, sodaß der betreffende Grundstücksteil nach wie vor im Eigentum der Republik Österreich stehe und öffentliches Wassergut sei. Es sei auch nicht zum Abschluß eines Pachtvertrages gekommen, da die Republik Österreich für die Benützung dieses Grundstückes als öffentlicher Badeplatz keinen Pachtzins verlangt habe. Der Verwalter des öffentlichen Wassergutes habe den durch die Ufermauer geschützten Grundstreifen vielmehr unentgeltlich der beschwerdeführenden Partei überlassen, die hierauf einen öffentlichen Badeplatz eingerichtet habe.
Im Jahr 1991 habe die beschwerdeführende Partei erstmals dem Verwalter des öffentlichen Wassergutes mitgeteilt, daß die Ufermauer einsturzgefährdet und daher sanierungsbedürftig sei. Ein unter Beiziehung eines wasserbautechnischen Amtssachverständigen vom Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft abgehaltener Lokalaugenschein habe ergeben, daß eine Sanierung der Ufermauer zur Vermeidung von Gefahren für die Benutzung des öffentlichen Badeplatzes vordringlichst sei. In der Folge habe die beschwerdeführende Partei mitgeteilt, daß sich der Zustand der Ufermauer neuerlich verschlechtert habe. Der Landeshauptmann von Oberösterreich als Verwalter des öffentlichen Wassergutes sei aufgrund des schlechten Zustandes dieser Mauer an die Wasserrechtsbehörde mit dem Verlangen herangetreten, der beschwerdeführenden Partei die Instandsetzung dieses See-Einbaues aufzutragen.
Die beschwerdeführende Partei sei Inhaberin der wasserrechtlichen Bewilligung für die fragliche Ufermauer; als solche sei sie nach § 50 Abs. 6 WRG 1959 i.V.m. § 50 Abs. 1 leg. cit. zur Instandhaltung verpflichtet, da keine rechtsgültigen Verpflichtungen anderer bestünden. Die beschwerdeführende Partei sei auch Eigentümerin dieser Mauer und daher auch aus diesem Titel insoweit zur Instandhaltung der Ufermauer verpflichtet, als dies zur Verhütung von Schäden notwendig sei, die durch den Verfall der Anlage entstehen könnten. Die Wiederherstellung der Mauer sei erforderlich, um Schäden für Personen und Sachen zu verhüten.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Berufung, in der sie unter anderem geltend machte, Eigentümerin der Ufermauer sei die Republik Österreich; die der beschwerdeführenden Partei erteilte wasserrechtliche Bewilligung für die Ufermauer sei daher kraft Gesetzes als dingliches Recht auf die Republik Österreich übergegangen.
Mit Bescheid vom 20. Juli 1993 wies die belangte Behörde die Berufung der beschwerdeführenden Partei ab und setzte die Frist zur Instandsetzung mit 31. Oktober 1993 neu fest. In der Begründung wird ausgeführt, aus dem Umstand, daß der beschwerdeführenden Partei die wasserrechtliche Bewilligung zum Bau einer Ufermauer erteilt und daß auf diese Bewilligung noch nicht verzichtet worden sei, folge zwingend gemäß den §§ 27 und 38 WRG 1959, daß die Beschwerdeführerin noch immer Wasserberechtigte und demnach auch Eigentümerin der Ufermauer sei. Die wasserrechtliche Bewilligung für die Ufermauer sei nicht kraft Gesetzes als dingliches Recht auf die Republik Österreich übergegangen. Wasserrechtliche Bewilligungen könnten auch anderen Personen als den Eigentümern beanspruchter Liegenschaften erteilt werden. Wenn laut dem ursprünglichen Bewilliungsbescheid aus dem Jahre 1960 unter Spruchabschnitt I das dort genannte Grundstück unter der Bedingung aus dem öffentlichen Wassergut ausgeschieden worden sei, daß bis spätestens 1. Juli 1961 ein Kaufvertrag mit der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich abgeschlossen werde, so sei dies zunächst nur für die Frage von Bedeutung, ob das Grundstück öffentliches Wassergut bleibe oder nicht. Die Tatsache, daß ein diesbezüglicher Vertrag nicht abgeschlosssen worden sei, lasse aber die wasserrechtliche Bewilligung und ihren Inhaber vollkommen unberührt. Da die beschwerdeführende Partei Wasserberechtigte und Eigentümerin der von ihr seinerzeit erbauten Ufermauer sei, träfen sie die gemäß § 50 Abs. 6 WRG 1959 bestehenden Instandhaltungspflichten. Da sie es verabsäumt habe, den Eintritt von Schäden und Gefahren durch die Instandhaltung ihrer Wasseranlage hintanzuhalten, sei ihr ein wasserpolizeilicher Auftrag gemäß § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 zu erteilen gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhalts, Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die beschwerdeführende Partei bringt vor, im gesamten Verfahren habe sie der Behörde immer mitgeteilt, daß sie weder Wasserberechtigte noch Eigentümerin der verfahrensgegenständlichen Ufermauer sei. Gerade aber die Frage der privatrechtlichen Beziehung zwischen der beschwerdeführenden Partei und der Republik Österreich hätte gemäß § 111 Abs. 3 und § 117 Abs. 1 WRG vom zuständigen Gericht entschieden werden müssen und nicht von den tätig gewordenen Behörden. Daraus ergebe sich, daß die belangte Behörde gar nicht zur nunmehr bekämpften Entscheidung befugt gewesen sei.
Eigentumsverhältnisse und andere privatrechtliche Fragen waren im vorliegenden Verfahren nicht als Hauptfrage, sondern allenfalls als Vorfrage zu beurteilen; dazu aber war die belangte Behörde nach § 38 AVG zuständig. Die behauptete Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde liegt daher nicht vor.
Die beschwerdeführende Partei bringt weiters vor, aus Spruchabschnitt II des Bescheides des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 9. November 1960 ergebe sich, daß nach dem Willen der Behörde eine wasserrechtliche Bewilligung nur dann erteilt werden sollte, wenn die im Spruchabschnitt I vorgesehene Bedingung für die Ausscheidung des Grundstückes, auf dem die Ufermauer errichtet werden sollte, erfüllt würde. Diese Bedingung sei aber nie erfüllt worden, sodaß der gesamte Bewilligungsbescheid "kassiert" sei.
Mit diesem Vorbringen ist die beschwerdeführende Partei im Ergebnis im Recht.
Die Spruchabschnitte I und II des Bescheides des Landeshauptmannes vom 9. November 1960 haben folgenden Wortlaut:
"I. Der in der Lageskizze der Gemeinde Attersee dargestellte Teil der Attersee-Parzelle 807/1, KG Attersee, welcher der gemeindeeigenen Landparzelle 807/7 vorgelagert ist, ein ungefähres Ausmaß von 500 m2 besitzt und eine Länge von rund 36 m auf der Seeseite aufweist, wird gemäß § 4 Abs. 7 WRG 1959 BGBl. Nr. 215 über Antrag der Gemeinde Attersee aus dem öffentlichen Wassergut unter der Bedingung ausgeschieden, daß bis spätestens 1.7.1961 ein Kaufvertrag mit der Finanzlandesdirektion für O.Ö. in Linz über die beschriebene Fläche unter Vorlage von grundbuchsfähigen Lageplänen abgeschlossen wird. Der Abschluß dieses Kaufvertrages ist der Wasserrechtsbehörde abzuzeigen.
II. Der Gemeinde Attersee wird aufgrund der Bestimmungen der §§ 38, 99, 105, 111 und 112 des WRG 1959, BGBl. Nr. 215 nach Maßgabe der bei der wasserrechtlichen Verhandlung vorgelegenen und als solche gekennzeichneten Projektsunterlagen bzw. der in der mitfolgenden Verhandlungsschrift festgelegten Beschreibung die nachgesuchte wasserrechtliche Bewilligung für die Errichtung einer Uferverbauung für die gemäß Punkt I des Spruches ausgeschiedene Grundfläche unter Einhaltung nachstehender Bedingungen und Auflagen erteilt:......."
Im Spruchabschnitt II dieses Bescheides wird die wasserrechtliche Bewilligung zur Errichtung der Uferverbauung "für die gemäß Punkt I des Spruches ausgeschiedene Grundfläche" erteilt. Voraussetzung für die Wirksamkeit der wasserrechtlichen Bewilligung war daher die erfolgte Ausscheidung der in Rede stehenden Fläche aus dem öffentlichen Wassergut. Dies ist aber unbestrittenermaßen nicht erfolgt, da bis zum 1. Juli 1961 kein Kaufvertrag mit der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich abgeschlossen wurde. Die wasserrechtliche Bewilligung ist daher nicht wirksam geworden.
Die belangte Behörde meint in der Gegenschrift, die Worte "für die gemäß Punkt I des Spruches ausgeschiedene Grundfläche" dienten lediglich der Vereinfachung, wodurch eine neuerliche genaue Umschreibung des Grundstückes habe vermieden werden können. Eine solche Auffassung wäre allenfalls dann vertretbar, wenn im Spruchabschnitt II des Landeshauptmannes vom 9. November 1960 von der "in Punkt I des Spruches beschriebenen Grundfläche" die Rede wäre. Der vorliegende Wortlaut aber läßt eine solche Interpretation nicht zu.
Da die von der beschwerdeführenden Partei errichtete Ufermauer nicht auf einer aus dem öffentlichen Wassergut ausgeschiedenen Fläche - und nur dafür wurde eine Bewilligung erteilt - hergestellt wurde, gibt es für diese Mauer auch keinen wasserrechtlichen Konsens. Die beschwerdeführende Partei ist daher nicht Wasserberechtigte und kann unter diesem Titel auch nicht zur Instandhaltung bzw. Instandsetzung der Mauer verhalten werden. Ob die beschwerdeführende Partei Eigentümerin dieser Mauer ist, kann dahingestellt werden, da sie auch aus dem Titel des Eigentums nicht zur Instandhaltung bzw. Instandsetzung herangezogen werden kann. Ein Instandhaltungs- bzw. Instandsetzungsauftrag kommt nur bei Anlagen in Betracht, für die eine wasserrechtliche Bewilligung besteht und die in Übereinstimmung mit diesem wasserrechtlichen Konsens errichtet wurden (vgl. Raschauer, a.a.O., S. 248 und die dort angeführte Judikatur).
Die von der beschwerdeführenden Partei errichtete Mauer stellt sich vielmehr als eigenmächtige Neuerung im Sinne des § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 dar. Dies berechtigt die Wasserrechtsbehörde zwar zur Erlassung eines wasserpolizeilichen Auftrages, der aber nur in der Beseitigung der vorgenommenen Neuerungen, nicht aber im Auftrag zur Instandsetzung bestehen kann.
Aus den angeführten Gründen erweist sich der angefochtene Bescheid als inhaltlich rechtswidrig, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1993070118.X00Im RIS seit
12.11.2001Zuletzt aktualisiert am
12.07.2008