TE Vwgh Erkenntnis 1993/12/14 91/05/0205

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Veröffentlicht am 14.12.1993
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Index

L85004 Straßen Oberösterreich;
20/13 Sonstiges allgemeines Privatrecht;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §74 Abs2;
EisbEG 1954 §44;
LStG OÖ 1991 §36 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Hauer und die Hofräte Dr. Degischer und Dr. Kail als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über die Beschwerde der E in A, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 10. September 1991, Zl. BauR-010199/20-1991 Ba/Schi, betreffend Vertretungskosten in einem Enteignungsverfahren (mitbeteiligte Partei: Gemeinde A, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Das Land Oberösterreich hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.630,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zur Vorgeschichte ist auf die hg. Erkenntnisse vom 21. Jänner 1992, Zl. 89/05/0152 (betreffend straßenrechtliche Baubewilligung für die Verbreiterung und Umlegung der G.-Gemeindestraße) und vom 30. April 1992, Zl. 91/05/0173 (betreffend Enteignung und Enteignungsentschädigung hinsichtlich der für die Verlegung der G.-Gemeindestraße in Anspruch genommenen Grundflächen der Beschwerdeführerin) zu verweisen. Der im zuletzt genannten Erkenntnis bekämpfte Bescheid enthielt den Ausspruch, daß die Entscheidung über die Kosten der rechtsfreundlichen Vertretung gesondert erfolge.

Hier gegenständlich ist der Anspruch der Beschwerdeführerin auf Ersatz ihrer Anwaltskosten im Enteignungsverfahren, den sie unter Hinweis auf § 44 Eisenbahnenteignungsgesetz geltend macht. Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 1. Februar 1989, mit welchem ihr Begehren abgewiesen wurde, keine Folge. Für das Verwaltungsverfahren gelte für die Kosten allein die Selbsttragungsregelung des § 74 Abs. 1 AVG; § 36 Abs. 2 Oö Straßengesetz 1991 verweise nur hinsichtlich der Notwendigkeit, des Gegenstandes und des Umfanges der Enteignung auf die Bestimmungen des Eisenbahnenteignungsgesetzes, nicht aber hinsichtlich der Kostenregelung. Im übrigen sei der Kostenbegriff des § 44 Eisenbahnenteignungsgesetz auf die für die behördlichen Tätigkeiten zu entrichtenden Gebühren beschränkt. Auch der Verwaltungsgerichtshof vertrete in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, daß dieser Kostenbegriff Parteikosten, also Kosten, die einer Partei durch die Teilnahme an einem Verwaltungsverfahren etwa durch Anwaltskosten oder Reisekosten erwachsen, nicht erfasse, sondern diesbezüglich von dem im verwaltungsbehördlichen Verfahren geltenden Grundsatz der Selbsttragung auszugehen sei.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit welcher sich die Beschwerdeführerin u.a. in ihrem Recht auf Kostenzuspruch verletzt erachtet.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und

erstattete eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Das Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 11. Februar 1993, Zl. 90/06/0211, hatte den Anspruch auf Ersatz der Kosten der rechtsfreundlichen Vertretung in einem Enteignungsverfahren nach § 20 des Bundesstraßengesetzes zum Gegenstande. Dort wurde ausgesprochen, daß § 20 Abs. 1 erster Satz BStG 1971 keine Bestimmung des Eisenbahnenteignungsgesetzes von der sinngemäßen Anwendung ausschließe, sodaß grundsätzlich auch dessen § 44 im Enteignungsverfahren nach dem BStG 1971 gelte. Zu § 44 des Eisenbahnenteignungsgesetzes 1954 hat der Verwaltungsgerichtshof in diesem Erkenntnis, abgehend von seiner bisherigen Judikatur, ausgesprochen, daß zu den Kosten des Enteignungsverfahrens auch jene der rechtsfreundlichen Vertretung zählen. Zum Umfang der Kostenersatzpflicht wurde auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Oktober 1973, Zl. 279/73, verwiesen.

Mit Erkenntnis vom 16. März 1993, Zl. 91/05/0153, hat der Verwaltungsgerichtshof einen solchen Kostenersatzanspruch auch in einem Enteignungsverfahren nach dem Oberösterreichischen Landesstraßenverwaltungsgesetz bejaht, weil § 60 Abs. 1 leg. cit. keine Bestimmung des Eisenbahnenteignungsgesetzes von der sinngemäßen Anwendung ausschließe, sodaß auch dessen § 44 in diesem Enteignungsverfahren gelte.

§ 60 Abs. 1 des OÖ Landes-Straßenverwaltunggesetzes, LGBl. 22/1975, lautete:

"Über die Notwendigkeit, den Gegenstand und Umfang der Enteignung entscheidet die im § 59 genannte Behörde unter sinngemäßer Anwendung des Eisenbahnenteignungsgesetzes 1954, BGBl. Nr. 71, wobei auch auf die Wirtschaftlichkeit der Bauausführung Rücksicht zu nehmen ist. Kommen hiebei Grundstücke in Betracht, die öffentlichen Zwecken dienen, so ist im Einvernehmen mit den zur Wahrung dieser öffentlichen Interessen zuständigen Behörden vorzugehen."

Das O.ö. Straßengesetz 1991, LGBl. Nr. 84, trat am 1. August 1991 in Kraft; gleichzeitig trat das O.ö. Landes-Straßenverwaltungsgesetz 1975, LGBl. Nr. 92 außer Kraft (§ 41 Abs. 1 leg. cit.). § 36 Abs. 2 des O.ö. Straßengesetzes 1991 lautet:

"Über die Notwendigkeit, den Gegenstand und Umfang der Enteignung entscheidet die Behörde unter sinngemäßer Anwendung des Eisenbahnenteignungsgesetzes 1954, BGBl. Nr. 71, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. Nr. 137/1975, wobei auch auf die Wirtschaftlichkeit der Bauausführung Bedacht zu nehmen ist."

Da somit auch § 36 Abs. 1 des O.ö. Straßengesetzes 1991 keine Bestimmung des Eisenbahnenteignungsgesetzes von der sinngemäßen Anwendung ausschließt, gilt auch dessen § 44 im Enteignungsverfahren nach dem O.ö. Straßengesetzes 1991.

Soweit die belangte Behörde die Ablehnung allein auf die Unanwendbarkeit des § 44 Eisenbahnenteignungsgesetz und auf die Auffassung stützte, der dort genannte Kostenbegriff erfasse die Anwaltskosten des Enteignungsgegners nicht, belastete sie ihren Bescheid auf der Basis der nunmehrigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes. Der Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG - im Hinblick auf das erst jüngst ergangene Vorerkenntnis Zl. 91/05/0153 in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat - aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1991050205.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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