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L0 Verfassungs- und OrganisationsrechtNorm
B-VG Art140 Abs1 / IndividualantragLeitsatz
Zurückweisung eines Individualantrages auf Aufhebung von Bestimmungen des Gesetzes über den Unabhängigen Verwaltungssenat in Niederösterreich über die Ernennung des Vorsitzenden mangels Legitimation; Rechtssphäre des Antragstellers nicht betroffen; Zurückweisung einer Beschwerde gegen die Mitteilung der Nö LReg betreffs die Besetzung der Funktion des Vorsitzenden mit einem anderen Bewerber mangels Bescheidcharakter aufgrund fehlender Parteistellung des Adressaten des Schreibens im ErnennungsverfahrenSpruch
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Die Beschwerden werden zurückgewiesen.
Begründung
Begründung:
I. Der Antragsteller steht als Beamter der Verwendungsgruppe A in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Niederösterreich. Er bewarb sich - neben drei anderen Personen - um den öffentlich ausgeschriebenen Dienstposten des Vorsitzenden des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich (im folgenden: UVSNÖ).
Das Amt der Niederösterreichischen Landesregierung richtete an ihn ein mit 19. Dezember 1990 datiertes, mit "NÖ Landesregierung Im Auftrage" gefertigtes Schreiben folgenden Wortlauts:
"Wir bedauern, Ihnen mitteilen zu müssen, daß die Funktion des Vorsitzenden des Unabhängigen Verwaltungssenates in Niederösterreich mit einem anderen Bewerber besetzt wurde."
Die "Niederösterreichische Landeskorrespondenz" vom 19. Dezember 1990 (Blatt 9) enthält folgende Mitteilung:
"Die Niederösterreichische Landesregierung hat in ihrer gestrigen Sitzung Hofrat Dr. H B, bisher Referent für landwirtschaftliche Agenden beim Amt der NÖ Landesregierung, zum Vorsitzenden des neu geschaffenen Unabhängigen Verwaltungssenates in Niederösterreich bestellt. Dieser Senat wird mit 1. Jänner 1991 seine Tätigkeit aufnehmen. Die Einrichtung derartiger Verwaltungssenate in allen Bundesländern wurde in der Bundes-Verfassungsgesetznovelle 1988 festgelegt. Der Verwaltungssenat ist als Berufungsbehörde in Verwaltungsstrafsachen und sonstigen Verwaltungsangelegenheiten sowie für Beschwerden im Verwaltungsbereich zuständig."
II. 1. Der Antragsteller begehrt mit dem auf Art140 Abs1 letzter Satz B-VG gestützten (Individual-)Antrag die Aufhebung des §3 Abs3 erster Satz und des §33 Abs2 dritter Satz des Gesetzes vom 18. Oktober 1990 über den Unabhängigen Verwaltungssenat in Niederösterreich, LGBl. für Niederösterreich 0015-0 (im folgenden: NÖ GUVS). Er legt mit näherer Begründung dar, daß diese Gesetzesbestimmungen wegen Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter, auf gleiche Zugänglichkeit der öffentlichen Ämter, auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz sowie auf Freiheit der Erwerbsbetätigung verfassungswidrig seien.
2. Der die Zusammensetzung des UVSNÖ und die Ernennung seiner Mitglieder regelnde §3 NÖ GUVS sowie der das Inkrafttreten dieses Gesetzes regelnde und Übergangsbestimmungen enthaltende §33 NÖ GUVS haben folgenden Wortlaut (die angefochtenen Bestimmungen sind hervorgehoben):
"§3
Zusammensetzung, Ernennung der Mitglieder
(1) Der Unabhängige Verwaltungssenat besteht aus o einem Vorsitzenden,
o einem Stellvertretenden Vorsitzenden und
o der erforderlichen Anzahl von sonstigen Mitgliedern.
(2) Die Mitglieder des Unabhängigen Verwaltungssenates führen den Amtstitel 'Rat des Unabhängigen Verwaltungssenates'. Mit Erreichung der Gehaltsstufe 11 führen sie den Amtstitel 'Hofrat des Unabhängigen Verwaltungssenates'.
(3) Den Vorsitzenden, den Stellvertretenden Vorsitzenden und die übrigen Mitglieder des Unabhängigen Verwaltungssenates ernennt die Landesregierung nach vorausgegangener allgemeiner Bewerbung. Die Ausschreibung zur allgemeinen Bewerbung ist in den Amtlichen Nachrichten der NÖ Landesregierung und im Amtsblatt zur Wiener Zeitung kundzumachen. Darüberhinaus kann die Ausschreibung in sonstiger geeigneter Weise öffentlich kundgemacht werden.
(4) Die erstmalige Ernennung eines Mitgliedes des Unabhängigen Verwaltungssenates hat für die Dauer von sechs Jahren, soweit aber ein Mitglied im Zeitpunkt seiner Ernennung das 59. Lebensjahr bereits vollendet hat, bis zum Ablauf des Jahres zu erfolgen, in dem es das 65. Lebensjahr vollendet. Eine weitere Ernennung hat unbefristet zu erfolgen.
(5) Die Landesregierung hat vor der erstmaligen Ernennung eines Mitgliedes des Unabhängigen Verwaltungssenates der Vollversammlung Gelegenheit zu geben, zur Qualifikation der Bewerber Stellung zu nehmen. Die unbefristete Ernennung eines Mitgliedes bedarf eines Vorschlages der Vollversammlung. Wird ein Bewerber trotz eines entsprechenden Vorschlages der Vollversammlung nicht bestellt, so ist dies der Vollversammlung gegenüber zu begründen.
(6) Zum Mitglied des Unabhängigen Verwaltungssenates darf nur ernannt werden, wer
1.
die rechtswissenschaftlichen Studien vollendet hat und
2.
durch mindestens fünf Jahre einen Beruf ausgeübt hat, für den der Abschluß dieser Studien vorgeschrieben ist oder der jene Kenntnisse und Erfahrungen vermittelt hat, die für die Tätigkeit eines Mitgliedes des Unabhängigen Verwaltungssenates erforderlich sind.
(7) Ein Viertel der Mitglieder soll aus Berufsstellungen im Bund entnommen werden.
. . .
§33
Inkrafttreten
(1) Dieses Gesetz tritt am 1. Jänner 1991 in Kraft.
(2) Die Mitglieder des Unabhängigen Verwaltungssenates dürfen bereits vor dem der Kundmachung folgenden Tag an bestellt werden. Sie sind ab ihrer Bestellung ermächtigt, die Tätigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates vorzubereiten. §3 Abs5 findet auf die erstmalige Bestellung des Unabhängigen Verwaltungssenates keine Anwendung."
3. Zur Begründung seiner Antragslegitimation iS des Art140 Abs1 letzter Satz B-VG bringt der Antragsteller lediglich vor, daß die angefochtenen Gesetzesstellen auf ihn (ebenso wie auf die übrigen Bewerber um den Dienstposten des Vorsitzenden des UVSNÖ) "unmittelbar angewendet ... und insofern wirksam geworden" seien und daß zur Geltendmachung der nach seiner Auffassung bestehenden Verfassungswidrigkeit der bekämpften Bestimmungen kein anderer Weg zur Verfügung stehe.
4. Der Verfassungsgerichtshof hat über die Frage der Zulässigkeit des (Individual-)Antrages erwogen:
a) Gemäß Art140 Abs1 letzter Satz B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen auch auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Verfassungswidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, sofern das Gesetz ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist. Grundlegende und unabdingbare Voraussetzung der Antragslegitimation bildet dabei der Umstand, daß das angefochtene Gesetz die Rechtssphäre der betreffenden Person berührt und - im Fall ihrer Verfassungswidrigkeit - verletzt. Zudem ist es notwendig, daß unmittelbar durch das Gesetz selbst - tatsächlich - in die Rechtssphäre des Antragstellers eingegriffen wird. Dies ist jedenfalls nur dann anzunehmen, wenn der Eingriff nach Art und Ausmaß durch das Gesetz selbst eindeutig bestimmt ist, wenn er die (rechtlich geschützten) Interessen der betroffenen Person nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt und wenn dem Antragsteller kein anderer zumutbarer Weg zur Geltendmachung der behaupteten Verfassungswidrigkeit zur Verfügung steht (s. zB VfSlg. 9084/1981, 10251/1984, 10273/1984, 10481/1985). Bei der Beurteilung der Antragslegitimation hat der Verfassungsgerichtshof lediglich zu untersuchen, ob das angefochtene Gesetz für den Antragsteller die im Antrag ins Treffen geführten (nachteiligen) Wirkungen hat und ob diese Wirkungen den Kriterien des Art140 Abs1 letzter Satz B-VG entsprechen (vgl. zB VfSlg. 8594/1979, 10177/1984, 10353/1985).
b) Nach §3 Abs3 erster Satz NÖ GUVS ernennt die Landesregierung den Vorsitzenden des UVSNÖ (ebenso wie den Stellvertretenden Vorsitzenden und die übrigen Mitglieder des UVSNÖ) nach vorangegangener allgemeiner Bewerbung. Die erstmalige Ernennung eines Mitgliedes des UVSNÖ hat gemäß §3 Abs4 erster Satz NÖ GUVS für die Dauer von sechs Jahren, soweit aber ein Mitglied im Zeitpunkt seiner Ernennung das 59. Lebensjahr bereits vollendet hat, bis zum Ablauf des Jahres zu erfolgen, in dem es das 65. Lebensjahr vollendet. Erst eine weitere Ernennung hat unbefristet zu erfolgen (§3 Abs4 zweiter Satz NÖ GUVS). §3 Abs5 erster Satz NÖ GUVS macht es der Landesregierung zur Pflicht, vor der erstmaligen Ernennung eines Mitgliedes des UVSNÖ der Vollversammlung (§6 NÖ GUVS) Gelegenheit zu geben, zur Qualifikation der Bewerber Stellung zu nehmen. Die unbefristete Ernennung eines Mitgliedes bedarf eines Vorschlages der Vollversammlung; wird ein Bewerber trotz eines entsprechenden Vorschlages der Vollversammlung nicht bestellt, so ist dies der Vollversammlung gegenüber zu begründen (§3 Abs5 zweiter Satz NÖ GUVS). Die (ua.) angefochtene Vorschrift des §33 Abs2 dritter Satz NÖ GUVS bestimmt, daß §3 Abs5 dieses Gesetzes "auf die erstmalige Bestellung des Unabhängigen Verwaltungssenates keine Anwendung" findet.
Im Zusammenhang mit der - hier allein in Rede stehenden - erstmaligen Ernennung des Vorsitzenden des UVSNÖ besagt §33 Abs2 zweiter Satz NÖ GUVS lediglich, daß die Landesregierung nicht (gemäß §3 Abs5 erster Satz NÖ GUVS) verpflichtet ist, vor dieser Ernennung die Vollversammlung zur Qualifikation der Bewerber zu hören. Der Antragsteller ist somit nicht Adressat der Vorschrift des §33 Abs2 zweiter Satz NÖ GUVS. Es ist demnach von vornherein ausgeschlossen, daß sie die Rechtssphäre des Antragstellers tatsächlich (also nicht bloß behauptetermaßen) berührt; schon aus diesem Grund fehlt dem Antragsteller hinsichtlich dieser Vorschrift die Antragslegitimation (s. zB VfSlg. 8187/1987, 9761/1983, 10251/1984, 544, 11056/1986, 11369/1987; VfGH 11.6.1990 V167/90).
c) Aus der vom Antragsteller gleichfalls bekämpften Vorschrift des §3 Abs3 erster Satz NÖ GUVS ergibt sich im wesentlichen, daß der Vorsitzende des UVSNÖ (gleich den übrigen Mitgliedern dieser Kollegialbehörde) durch Ernennung in sein Amt berufen wird, daß diese Ernennung der Landesregierung obliegt und daß der Ernennung eine allgemeine Bewerbung vorauszugehen hat.
Durch die Ernennung (dieser Begriff findet sich auch in Art129 b Abs1 zweiter Satz B-VG idF des ArtI Z25 der Bundes-Verfassungsgesetz-Novelle 1988, BGBl. 685; er wird im NÖ GUVS überwiegend verwendet (vgl. etwa die §§3, 6 Abs2 Z4, 17, 21), lediglich in §3 Abs5, in §19 Abs1 litb, in §26 und in §33 Abs2 ist von "Bestellung" bzw. von "bestellen" die Rede (s. auch Art129 b Abs3 B-VG: "Bestellungsdauer")) zum Mitglied des UVSNÖ wird ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis zum Land Niederösterreich begründet, soweit nicht bereits ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis zum Land Niederösterreich besteht (§17 Abs1 NÖ GUVS). Daß auch in jenen Fällen, in denen bereits ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis zum Land Niederösterreich besteht, die Berufung in das Amt eines Mitgliedes des UVSNÖ durch Ernennung erfolgt, ergibt sich insbesondere auch aus §17 Abs4 erster Satz NÖ GUVS ("NÖ Landesbeamte, die zu Mitgliedern des Unabhängigen Verwaltungssenates ernannt werden, ..."). Auch in solchen Fällen tritt eine Änderung der dienstrechtlichen Stellung ein (s. etwa die besonderen besoldungsrechtlichen Vorschriften des NÖ GUVS (zB die §§21 bis 25) und die besonderen Bestimmungen über die Amtstitel der Mitglieder des UVSNÖ (§3 Abs2)).
Auf die Ernennung zum Mitglied des UVSNÖ finden, wie sich aus Abs2 iVm Abs3 des §17 NÖ GUVS ergibt, die Bestimmungen der Dienstpragmatik der Landesbeamten (DPL 1972) sinngemäß Anwendung.
Nach der ständigen Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes (s. etwa VfSlg. 5918/1969, 6806/1972, 7843/1976, 8558/1979; VfGH 2.10.1989 G87/86; VwSlg. 6850 A/1966, 8454 A/1973, 9792 A/1979, 9929 A/1979, 10058 A/1980; VwGH 31.3.1983, 82/09/0124; 4.9.1990, 90/09/0120) besteht in der Regel weder ein Anspruch auf Ernennung zur Begründung eines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses noch auf Ernennung im Dienstverhältnis (Überstellung, Beförderung); ebensowenig kommt dem Bewerber im Ernennungsverfahren Parteistellung zu.
Etwas anderes gilt nur in jenen Fällen, in denen die Auslegung der für die Ernennung maßgeblichen Vorschriften zum Ergebnis führt, daß im Ernennungsverfahren subjektive Rechte der Bewerber unmittelbar berührt werden (vgl. dazu etwa VfSlg. 8232/1978, 9000/1980; VfGH 22.6.1989 B1857/88).
So berührt etwa im Verfahren zur Verleihung einer schulfesten Stelle nach dem Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz (LDG 1984) die Aufnahme in einen - verbindlichen - Besetzungsvorschlag das Dienstverhältnis des Bewerbers und verleiht ihm Parteistellung. Die in einen Besetzungsvorschlag aufgenommenen Bewerber bilden eine Verwaltungsverfahrensgemeinschaft; sie haben ein Recht auf Teilnahme an dem durch den Besetzungsvorschlag konkretisierten Verwaltungsverfahren (s. etwa VfSlg. 6151/1970, 6894/1972, 7094/1973, 9923/1984; VfGH 22.6.1989 B1857/88; 1.10.1990 B1242/89; 1.10.1990 B51/90; 30.11.1990 B505/90, B713/90).
Wie sich aus §3 Abs5 iVm §33 Abs2 dritter Satz NÖ GUVS ergibt, ist vor der erstmaligen Ernennung eines Mitgliedes des UVSNÖ ein Vorschlag nicht zu erstatten. Es kann daher die Frage der - allenfalls die Parteistellung eines Bewerbers im Ernennungsverfahren begründenden - Verbindlichkeit des in §3 Abs5 zweiter Satz NÖ GUVS vorgesehenen Vorschlages der Vollversammlung auf sich beruhen.
Auch sonst räumt weder das NÖ GUVS noch die DPL 1972, aber auch keine andere gesetzliche Vorschrift im Verfahren zur (erstmaligen) Ernennung eines Mitgliedes des UVSNÖ einem Bewerber ausdrücklich Parteistellung ein. Ebensowenig besteht eine gesetzliche Vorschrift, aus der der Anspruch eines Bewerbers auf Ernennung zum Mitglied des UVSNÖ oder die Parteistellung eines Bewerbers im Ernennungsverfahren abgeleitet werden kann. Es ist daher im Sinne der oben beispielsweise angeführten, übereinstimmenden Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes davon auszugehen, daß der Antragsteller durch die - die Ernennung ua. des Vorsitzenden des UVSNÖ betreffende - Vorschrift des §3 Abs3 erster Satz NÖ GUVS nicht in seiner Rechtssphäre berührt wird (s. dazu etwa VfGH 19.6.1989 G5/89).
d) Der (Individual-)Antrag war somit mangels Legitimation des Antragstellers zurückzuwiesen.
e) Dies konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VerfGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
III. 1. Für den Fall, daß der Verfassungsgerichtshof den (Individual-)Antrag auf Aufhebung des §3 Abs3 erster Satz und des §33 Abs2 dritter Satz des NÖ GUVS als unzulässig ansehen sollte, erhob der Antragsteller gegen das (oben unter I. wiedergegebene) von ihm als Bescheid gewertete, an ihn adressierte, für die NÖ Landesregierung gefertigte Schreiben vom 19. Dezember 1990 sowie gegen den ihm zwar nicht zugestellten, aber am 19. Dezember 1990 zur Kenntnis gelangten Bescheid der NÖ Landesregierung, mit dem ein Mitbewerber zum Vorsitzenden des UVSNÖ ernannt wurde, auf Art144 Abs1 B-VG gestützte Beschwerden an den Verfassungsgerichtshof. Mit ihnen wird die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz, auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter, auf gleiche Zugänglichkeit der öffentlichen Ämter und auf Freiheit der Erwerbsausübung sowie die Verletzung in Rechten wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes geltend gemacht und die kostenpflichtige Aufhebung der angefochtenen Erledigungen begehrt.
2. Der Verfassungsgerichtshof hat über die Frage der Zulässigkeit der Beschwerden erwogen:
a) Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Beschwerde nach Art144 Abs1 erster Satz B-VG ist unter anderem das Vorliegen eines Bescheides (s. etwa VfSlg. 4903/1965, 5731/1968, 6140/1970, 6252/1970, 6603/1971, 6821/1972, 7158/1973).
Für den Bescheidcharakter einer behördlichen Erledigung ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes nicht nur die äußere Form, sondern auch der Inhalt maßgebend; eine Erledigung, die nicht die Form eines Bescheides aufweist, ist dann ein Bescheid, wenn sie nach ihrem deutlich erkennbaren objektiven Gehalt eine Verwaltungsangelegenheit normativ regelt, also für den Einzelfall Rechte oder Rechtsverhältnisse bindend gestaltet oder feststellt (vgl. VfSlg. 11415/1987 mwH).
b) Diese Vorausetzungen liegen bei dem bekämpften Schreiben vom 19. Dezember 1990 nicht vor. Es weist nicht die äußere Form eines Bescheides auf, da es weder als Bescheid bezeichnet noch in Spruch und Begründung gegliedert ist. Seinem Wortlaut nach ist das Schreiben als - bloße - Mitteilung abgefaßt (arg. "Wir bedauern, Ihnen mitteilen zu müssen, ..."). Sein Inhalt beschränkt sich auf die Information, daß die Funktion des Vorsitzenden des UVSNÖ - durch einen vorausgegangenen Akt - mit einem anderen Bewerber besetzt wurde. Eine Deutung dieser Mitteilung als normative Ablehnung der Bewerbung des Beschwerdeführers kommt nicht in Betracht: Da, wie sich aus den Ausführungen unter II.4.c ergibt, den Bewerbern im Ernennungsverfahren keine Parteistellung zukam, über die Bewerbung der nicht zum Zuge gekommenen Bewerber demnach nicht mit Bescheid abzusprechen war, hätte der Wille der Behörde, die Bewerbung des Beschwerdeführers mit Bescheid abzuweisen, in dem an ihn gerichteten Schreiben deutlich erkennbar zum Ausdruck kommen müssen (VfSlg. 6806/1972, 720, 9520/1982, 153; s. etwa auch VfSlg. 10368/1985).
Es führt zu keinem anderen Ergebnis, wenn in der "Ernennung" zum Vorsitzenden des UVSNÖ lediglich die Betrauung mit einer Funktion gesehen wird (vgl. etwa VwSlg. 7909 A/1970; s. in diesem Zusammenhang den Hinweis auf die in Salzburg und in Tirol bestehende Rechtslage bei Mayer/Stöberl, ÖJZ 1991, 264 f). Auch unter dieser Vorausetzung kommt den Bewerbern weder ein Anspruch auf eine solche Betrauung noch Parteistellung in dem der Betrauung vorausgehenden Verfahren zu (vgl. in diesem Zusammenhang etwa VfSlg. 8210/1977, 448).
Das bekämpfte Schreiben vom 19. Dezember 1990 weist somit weder die äußere Form eines Bescheides auf noch stellt es sich seinem Inhalt nach als normativer Abspruch rechtsgestaltender oder rechtsfeststellender Art dar (vgl. etwa VfSlg. 8560/1979, 9125/1981, 11415/1987). Es ist somit kein Bescheid.
Die gegen dieses Schreiben gerichtete Beschwerde war daher wegen Unzuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes als unzulässig zurückzuweisen.
c) Da, wie unter II.4.c dargelegt, in dem die Ernennung des Vorsitzenden des UVSNÖ betreffenden Verfahren den Bewerbern weder ein Rechtsanspruch auf Ernennung noch Parteistellung im Ernennungsverfahren zukommt, werden durch die Ernennung subjektive Rechte der nicht zum Zuge gekommenen Mitbewerber nicht berührt. Der Beschwerdeführer konnte daher als Mitbewerber durch die Ernennung eines anderen Mitbewerbers zum Vorsitzenden des UVSNÖ nicht in einem subjektiven Recht verletzt werden.
Die gegen die Ernennung des Mitbewerbers gerichtete Beschwerde war daher als unzulässig zurückzuweisen.
3. Die Zurückweisung der Beschwerden konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lita und e VerfGG ohne weiteres Verfahren und ohne mündliche Verhandlung beschlossen werden.
4. Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Abspruch über den Antrag, den Beschwerden aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Schlagworte
VfGH / Individualantrag, Unabhängiger Verwaltungssenat, Verwaltungsverfahren, Parteistellung, Parteistellung Dienstrecht, Dienstrechtsverfahren, Verwaltungssenat unabhängiger siehe Unabhängiger VerwaltungssenatEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1991:G83.1991Dokumentnummer
JFT_10089383_91G00083_00