TE Vwgh Erkenntnis 1993/12/15 92/03/0276

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Veröffentlicht am 15.12.1993
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §15;
AVG §37;
AVG §39 Abs2;
AVG §45 Abs2;
ZustG §13;
ZustG §17 Abs3;
ZustG §7;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Baumgartner und die Hofräte Dr. Sauberer und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Werner, über die Beschwerde des SV in W, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 15. Oktober 1992, Zl. 11-75 Va 3-91, betreffend Zurückweisung eines Einspruches in Angelegenheit Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer ist schuldig, dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 15. Oktober 1992 wurde der vom Beschwerdeführer erhobene, am 29. Oktober 1990 zur Post gegebene Einspruch gegen die Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Mürzzuschlag vom 4. Oktober 1990 als verspätet zurückgewiesen.

Hiegegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht und der Antrag gestellt wird, den angefochtenen Bescheid kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsstrafakten vorgelegt und in ihrer Gegenschrift beantragt, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer behauptet Ortsabwesenheit im Zeitpunkt der Hinterlegung der Strafverfügung. Er sei vom 28. September bis 8. Oktober 1990 in Graz gewesen und sei "danach auf Kurzurlaub nach Italien" gefahren, von welchem er erst am 15. Oktober 1990 zurückgekehrt sei.

Der Beschwerdeführer sieht es als Verletzung von Verfahrensvorschriften an, daß er "die zeugenschaftliche Einvernahme der Frau V als Beweismittel" angeboten, die belangte Behörde jedoch deren Einvernahme unterlassen habe. Dazu ist zu bemerken, daß die Behörde dem Antrag des Beschwerdeführers auf Einvernahme von "Frau M V, W, J-Straße 83/2/4" insofern nachgekommen ist, als sie die an dieser Adresse wohnende Ehefrau des Beschwerdeführers H V einvernommen hat, welche aussagte, daß es wohl auch eine "Frau M V" gebe, ihre Schwiegermutter, die aber nicht in W wohnhaft sei und deshalb zu dem Vorfall betreffend die behauptete Ortsabwesenheit ihres Gatten keine Angaben machen könne. Der Beschwerdeführer hatte hinreichend Gelegenheit, hiezu Stellung zu nehmen. Weder in einer Stellungnahme noch in der Berufung präzisierte der Beschwerdeführer seinen Beweisantrag und gab auch nicht die zutreffende Adresse von M V an. Da er somit - sollte tatsächlich nicht seine Ehefrau, sondern seine Mutter einvernommen werden - der ihn treffenden Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen ist, stellt es keinen Verfahrensmangel dar, wenn M V nicht einvernommen wurde.

Aber auch im übrigen schlagen die Beschwerdebehauptungen nicht durch: Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, daß er seinen Einspruch gegen die Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Mürzzuschlag am 29. Oktober 1990 zur Post gegeben hat. Die belangte Behörde ging davon aus, daß diese Strafverfügung dem Beschwerdeführer am 9. Oktober 1990 durch Hinterlegung zugestellt wurde. Gemäß § 17 Abs. 3 vierter Satz ZustG gelten hinterlegte Sendungen nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, daß der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem die hinterlegte Sendung behoben werden könnte. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat jemand, der behauptet, es lägen Zustellmängel vor, diese Behauptung auch entsprechend zu begründen und Beweise anzuführen, die die vom Gesetz im Zusammenhang mit einem vorhandenen Rückschein aufgestellte Vermutung zu widerlegen geeignet erscheinen lassen (vgl. u.a. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. Februar 1992, Zl. 92/02/0080, mit weiterem Judikaturhinweis). Der Beschwerdeführer hat eine einzige Urkunde vorgelegt, nämlich die des Parkhotels Graz, aus der seine Ortsabwesenheit für die Zeit vom 28. September bis 8. Oktober 1990 (die beiden Zustellversuche erfolgten nach dem Inhalt des Rückscheines am 5. und 8. Oktober) abgeleitet werden kann. Folgt man weiters seiner Aussage und der Aussage seiner Ehefrau, kann ferner für den 9. Oktober 1990 (Beginn der Abholfrist) eine Ortsabwesenheit des Beschwerdeführers angenommen werden. Die Zustellung war daher zunächst nicht rechtswirksam.

Die Behörde hat nun die Verpflichtung, die im Sinne des § 17 Abs. 3 vierter Satz ZustG relevanten Umstände von Amts wegen zu prüfen (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 28. Februar 1986, Zl. 85/18/0357). Die Partei ist aber verpflichtet, einer Aufforderung der Behörde zur Mitwirkung an der Ermittlung des zur Beurteilung der Rechtzeitigkeit maßgebenden Sachverhaltes nachzukommen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. Mai 1988, Zl. 88/02/0010), liegt es doch in der Natur der Sache, daß dem Beschwerdeführer allein konkrete Unterlagen über seine Ortsabwesenheit bekannt und zugänglich sind.

Der Beschwerdeführer hatte schon vor der Erstbehörde die (nicht näher präzisierte) Behauptung aufgestellt, er sei NACH dem 8. Oktober 1990 ("danach") auf "Kurzurlaub nach Italien" gefahren, ohne hiefür entsprechende Urkunden vorzulegen, und ist auch der Aufforderung der belangten Behörde, die Ortsabwesenheit in dieser Zeit in geeigneter Form nachzuweisen, - sieht man vom 9. Oktober ab - nicht nachgekommen. Die Tatsache, daß der Beschwerdeführer mehrere Tage bis 9. Oktober 1990 von seiner Wohnung abwesend war, bewirkte zwar, daß die Strafverfügung vorerst nicht im Sinne des § 17 Abs. 3 dritter Satz ZustG mit dem ersten Tag der Abholfrist als zugestellt galt, doch konnte mit Recht davon ausgegangen werden, daß der Beschwerdeführer am 10. Oktober 1990 an die Abgabestelle zurückgekehrt ist, sodaß gemäß § 17 Abs. 3 vierter Satz ZustG die Zustellung am folgenden Tag, also am 11. Oktober 1990 wirksam wurde, einem Werktag, an dem die hinterlegte Sendung behoben werden konnte. Der genannte Tag war ein Donnerstag, die zweiwöchige Einspruchsfrist des § 49 Abs. 1 VStG endete daher am Donnerstag, dem 25. Oktober 1990. Der am 29. Oktober 1990 zur Post gegebene Einspruch war somit verspätet.

Die vorliegende Beschwerde erweist sich sohin als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Von der Durchführung der vom Beschwerdeführer beantragten Verhandlung wurde gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Beweislast Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Mitwirkungspflicht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1992030276.X00

Im RIS seit

16.02.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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