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10 VerfassungsrechtNorm
B-VG Art139 Abs1 / IndividualantragLeitsatz
Zurückweisung eines Individualantrages auf teilweise Aufhebung eines Flächenwidmungsplanes, sowie eines Beschlusses eines Gemeinderates, mit der die Umwidmung eines Grundstückes versagt wird, mangels Legitimation; Zumutbarkeit der Beschreitung des Verwaltungsrechtsweges; kein Verordnungscharakter des GemeinderatsbeschlussesSpruch
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung:
I. 1. Die Antragsteller begehren mit ihrem auf Art139 Abs1 B-VG gestützten Antrag, "die Verordnung der Gemeinde Zell am Ziller - Gemeinderatsbeschluß vom 16.10.1986, betreffend unter anderem die Widmung der Gstnr. 354/29 KG Zell am Ziller sowie den Gemeinderatsbeschluß vom 15.10.1990 als gesetzwidrig aufzuheben".
a) Im Antrag wird vorgebracht, die Antragsteller seien Eigentümer des Grundstücks Nr. 354/29, KG Zell am Ziller, welches gemäß dem Beschluß des Gemeinderates der Gemeinde Zell am Ziller vom 16. Oktober 1986 als "W 1" gewidmet sei. Die Antragsteller seien durch diese Widmung in ihren Rechten unmittelbar und aktuell betroffen, ohne daß es hiefür einer behördlichen Entscheidung bedürfe. Die angefochtene Verordnung sei - aus im Antrag näher dargelegten Gründen, wonach das Grundstück der Beschwerdeführer und die umgebenden Grundstücke als "Kerngebiet" zu widmen seien - gesetzwidrig.
b) Mit Beschluß vom 15. Oktober 1990 habe der Gemeinderat der Marktgemeinde Zell am Ziller den Antrag der Antragsteller auf Umwidmung des Grundstückes Nr. 354/29 und der umliegenden Grundstücke in "Kerngebiet" nicht genehmigt. Dieser Beschluß werde gemäß Art139 B-VG ebenfalls wegen Gesetzwidrigkeit bekämpft, weil die Aufrechterhaltung der Widmung "W 1" gesetzwidrig sei.
2. Die Tiroler Landesregierung und der Gemeinderat der Gemeinde Zell am Ziller haben in Äußerungen die Zurückweisung bzw. die Abweisung des Antrages begehrt.
II. Der Antrag ist nicht zulässig.
1. Die Tiroler Landesregierung weist in ihrer Äußerung unwidersprochen darauf hin, daß der Gemeindevorstand der Marktgemeinde Zell am Ziller mit Bescheid vom 2. Jänner 1990, Zl. Ba-01/1990, den Antragstellern die Baubewilligung zu einem An- und Aufbau im zweiten Obergeschoß ihres auf dem Grundstück Nr. 354/29, KG Zell am Ziller, bestehenden Objektes versagt habe. Die Antragsteller hätten gegen diesen Bescheid keine Vorstellung an die Tiroler Landesregierung erhoben.
Voraussetzung der Antragslegitimation ist einerseits, daß der Antragsteller behauptet, unmittelbar durch die angefochtene Verordnung - im Hinblick auf deren Gesetzwidrigkeit - in seinen Rechten verletzt worden zu sein, dann aber auch, daß die Verordnung für den Antragsteller tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides wirksam geworden ist. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation ist, daß die Verordnung in die Rechtssphäre des Antragstellers nachteilig eingreift und diese - im Falle ihrer Gesetzwidrigkeit - verletzt. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ist eine solche Antragslegitimation bei der Anfechtung von Plänen durch den Grundeigentümer in Tirol zwar im Regelfall gegeben (s. die mit VfSlg. 9260/1981 beginnende Judikatur, in der Folge zB VfSlg. 10278/1984, 10560/1985 und 10711/1985). Diese Rechtsprechung gilt aber im Hinblick auf den subsidiären Charakter des Rechtsbehelfs nach Art139 Abs1 letzter Satz B-VG und der ansonsten eintretenden Doppelgleisigkeit des Rechtschutzes (vgl. hiezu zB VfSlg. 11684/1988) nicht uneingeschränkt.
Das Prinzip der Subsidiarität des Individualantrages führt nämlich dazu, daß er - außer bei Vorliegen besonderer, außergewöhnlicher Umstände, die aber hier nicht gegeben sind - auch dann nicht zulässig ist, wenn ein gerichtliches oder verwaltungsbehördliches Verfahren anhängig war, in dem Gelegenheit geboten war, die Bedenken gegen die betreffende Norm an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen (s. hiezu VfSlg. 11114/1986). Eine solche Gelegenheit hätten die Antragsteller in dem oben angeführten, das hier maßgebliche Grundstück betreffenden - auch noch gar nicht lange zurückliegenden - Bauverfahren gehabt.
Der Antrag auf Aufhebung der Verordnung vom 16. Oktober 1986 ist daher mangels Legitimation der Antragsteller schon deshalb zurückzuweisen, ohne daß geprüft zu werden braucht, ob der Umfang der Anfechtung auch noch aus anderen Gründen unzulässig wäre.
2. Der ebenfalls nach Art. 139 B-VG bekämpfte Gemeinderatsbeschluß vom 15. Oktober 1990, mit welchem der Gemeinderat den "Antrag" der Antragsteller auf Umwidmung ihres (und anderer) Grundstücke "nicht genehmigt" hat, stellt keine im Sinne des Art139 B-VG anfechtbare Verordnung dar. Es handelt sich hiebei nicht um eine vom Gemeinderat erlassene Norm, sondern vielmehr (lediglich) um eine Willenskundgebung des Gemeinderates, daß er keine Norm (in Form einer Planänderung) zu erlassen beabsichtige.
Dem Antrag fehlt also diesbezüglich ein nach Art139 Abs1 B-VG bekämpfbares Substrat.
3. Der Antrag ist somit insgesamt gemäß §19 Abs3 Z2 lita und e VerfGG in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.
Schlagworte
Flächenwidmungsplan, Verordnungsbegriff, VfGH / IndividualantragEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1991:V465.1990Dokumentnummer
JFT_10089383_90V00465_00