Index
10 VerfassungsrechtNorm
B-VG Art139 Abs1 / GegenstandslosigkeitLeitsatz
Zurückweisung eines Individualantrags wegen mangelnder Betroffenheit des Antragstellers infolge Außerkrafttretens der bekämpften Verordnung durch Aufhebung ihrer gesetzlichen GrundlageSpruch
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Kostenersatz wird nicht zugesprochen.
Begründung
Begründung:
I. 1. Der Einschreiter begehrt in seinem auf Art139 B-VG gestützten, beim Verfassungsgerichtshof am 15. Jänner 1991 eingelangten Antrag, die auf §7 Abs3 des Gesetzes über die Verhütung, Bekämpfung und Ermittlung der Ursachen von Bränden (Salzburger Feuerpolizeiordnung 1973), LGBl. für das Land Salzburg 118/1973, idF des Gesetzes LGBl. für das Land Salzburg 31/1979 (im folgenden: Sbg. FeuerpolizeiO) gestützte Verordnung des Bürgermeisters der Marktgemeinde Werfen vom 22. Juni 1990, betreffend Verminderung der Rauchfang-Kehrtermine, kostenpflichtig zur Gänze als gesetzwidrig aufzuheben.
2.1. Zur Antragslegitimation bringt der Antragsteller vor, daß er der Rauchfangkehrermeister von Werfen sei und daß durch die behauptete gesetzwidrige Verminderung der Zahl der Kehrtermine "unmittelbar und aktuell" in seine Rechtssphäre eingegriffen würde; so hätte er erhebliche Umsatz- und Einkommenseinbußen hinzunehmen, die sogar dazu führen könnten, Dienstnehmer kündigen zu müssen.
Ihm stehe kein anderer zumutbarer Weg zur Verfügung, um sich gegen die rechtswidrige Verordnung zur Wehr setzen zu können; insbesondere sei es unzumutbar, "ein Strafverfahren zu riskieren, weil ich entgegen dieser Verordnung und gegen den Widerstand der Gemeindebürger, die sich auf diese Verordnung berufen, nach den im Gesetz vorgesehenen Terminen kehre."
2.2. In der Sache ist der Antragsteller der Auffassung, die angegriffene Verordnung sei deshalb gesetzwidrig, weil die gemäß §7 Abs3 der Sbg. FeuerpolizeiO gesetzlich festgelegte Voraussetzung, daß die Verminderung der Zahl der Kehrtermine ohne Gefahr für die Brandsicherheit möglich erscheine, nicht gegeben sei. Vor Erlassung der Verordnung hätte ein entsprechendes Ermittlungsverfahren über diese Frage abgewickelt werden müssen, was jedoch nicht der Fall gewesen sei.
3. Der durch einen Rechtsanwalt vertretene Bürgermeister der Marktgemeinde Werfen vertritt zunächst die Auffassung, daß die Legitimation des Antragstellers nicht gegeben sei. Sodann verteidigt er im einzelnen die angegriffene Verordnung und beantragt, "dem Antrag des Antragstellers die Verordnung des Antragsgegners vom 22. 6. 1990 als gesetzwidrig aufzuheben, nicht stattzugeben und diese als gesetzeskonform zu bestätigen." Des weiteren verzeichnete er Kosten.
4. Auch die Salzburger Landesregierung erstattete - unter Vorlage der Akten - eine Äußerung und wies darauf hin, §7 der Sbg. FeuerpolizeiO sei mit Landesgesetz vom 12. Dezember 1990, LGBl. 30/1991, novelliert worden, wodurch auch die Ermächtigung zur Erlassung derartiger Verordnungen entfallen sei. Mit Inkrafttreten dieser Novelle am 14. März 1991 (gemäß ihrem ArtII Abs1) sei daher der angefochtenen Verordnung derogiert worden.
In der Sache hält die Salzburger Landesregierung die vorgetragenen Bedenken nicht für stichhaltig.
II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:
1.1. §7 Abs3 der Sbg. FeuerpolizeiO idF vor der Novelle LGBl. für das Land Salzburg 30/1991 lautete:
"(3) Wenn es zur Brandsicherheit notwendig ist, hat die Feuerpolizeibehörde allgemein oder für einzelne Fälle die Zahl der Kehrtermine zu vermehren; sie kann auch die Zahl der Kehrtermine nach Anhörung der Kammer der gewerblichen Wirtschaft allgemein oder des zuständigen Rauchfangkehrers für einzelne Fälle vermindern, wenn dies ohne Gefahr für die Brandsicherheit möglich erscheint."
1.2. Die angefochtene Verordnung des Bürgermeisters der Marktgemeinde Werfen vom 22. Juni 1990, kundgemacht gemäß §62 Sbg.
Gemeindeordnung 1976, lautet(e):
"Betreff: Verminderung der Rauchfang-Kehrtermine
V E R O R D N U N G
Der Bürgermeister der Marktgemeinde Werfen als Feuerpolizeibehörde I. Instanz macht hiemit von der im §7 Abs3 des Salzburger Feuerpolizeigesetzes 1973 enthaltenen Ermächtigung zur Verminderung der Kehrtermine Gebrauch und erläßt auf Grund eines schriftlichen Antrages, der von mehr als 50 Hausbesitzern bzw. Gemeindebürgern unterzeichnet wurde, nach Anhörung der Kammer der gewerblichen Wirtschaft gemäß §7 Abs3 des Salzburger Feuerpolizeigesetzes 1973, LGBl. Nr. 118/1973 i.d.F. LGBl. Nr. 31/1979 folgende
VERORDNUNG:
Für die Reinigung der Kehrgegenstände, die dem Rauchfangkehrer vorbehalten sind, wird ab 1. August 1990 für das Gemeindegebiet
Werfen die Zahl der Kehrtermine wie folgt vermindert:
Die Reinigung hat zu geschehen:
a) in allen gewerblichen Betrieben mit besonderen für den Betrieb angelegten Feuerstätten nach Bedarf, mindestens aber alle 8 Wochen.
b) bei Rauchfängen, an die nur eine zentrale Heizungsanlage angeschlossen ist, während des Betriebes mit Heizöl extraleicht, alle 4 Monate.
c) in allen übrigen Fällen alle drei Monate.
Bei nicht schliefbaren Rauchfängen, in die mehr als drei täglich benützte Rauchabzüge einmünden, besteht in der Zeit vom 1. Nov. bis 30. April achtwöchentliche Kehrpflicht.
Mit dieser Verordnung soll den technischen Neuerungen, die zu einer wesentlichen Verminderung des Rußausstoßes geführt haben, Rechnung getragen werden.
Der Bürgermeister:
(Name)".
1.3.1. §7 Abs1 und 3 der Sbg. FeuerpolizeiO idF des ArtI Z5 der Novelle LGBl. für das Land Salzburg 30/1991 lautet:
"Reinigung der Kehrgegenstände
§7
(1) Die dem Rauchfangkehrer vorbehaltene Reinigung von Kehrgegenständen, die auch nur zeitweise in Betrieb stehen, hat während der Heizperiode (1. Oktober bis 31. Mai) zu erfolgen:
a) bei Feuerstätten für Heizöl Extra leicht zweimal, bei solchen Feuerstätten mit einer Kesselnennheizleistung ab 120 kW aber dreimal;
b) bei Gasfeuerstätten, ausgenommen solche mit Abgasfängen, die ziegelgemauert oder aus Formsteinen ohne flüssigkeitsdichtes Innenrohr hergestellt sind, einmal;
c) ansonsten alle acht Wochen, bei nicht schliefbaren Rauchfängen, in die mehr als drei täglich benutzte Rauchabzüge einmünden, aber während der Monate November bis einschließlich April alle vier Wochen.
Die Anwendung der lita und b setzt voraus, daß eine nicht länger als ein Jahr zurückliegende Überprüfung nach dem Salzburger Luftreinhaltegesetz, LGBl. Nr. 88/1974, oder dem Luftreinhaltegesetz für Kesselanlagen, BGBl. Nr. 380/1988, oder eine gleichwertige Überprüfung ein einwandfreies Ergebnis gezeitigt hat; dies gilt nicht für Gasfeuerstätten bis 11 kW Kesselnennheizleistung und gasbefeuerte Kombinationsgeräte für Raumheizung und Warmwasserbereitung bis 25 kW Kesselnennheizleistung.
...
(3) Wenn es für die Brandsicherheit notwendig ist, hat die Feuerpolizeibehörde für einzelne Fälle die Zahl der Kehrtermine zu vermehren; sie kann auch die Zahl der Kehrtermine nach Anhörung des zuständigen Rauchfangkehrers für einzelne Fälle vermindern, wenn dies ohne Gefahr für die Brandsicherheit möglich erscheint. Bescheide, durch die die Zahl der Kehrtermine vermindert wird, sind vor ihrer Erlassung der Landesregierung zur Kenntnis zu bringen.
..."
1.3.2. ArtII der soeben zitierten Novelle LGBl. 30/1991 ordnet an:
"Artikel II
(1) Dieses Gesetz tritt, soweit im folgenden nicht anderes bestimmt ist, mit dem auf seine Kundmachung folgenden Tag in Kraft.
(2) §7 Abs6 der Salzburger Feuerpolizeiordnung 1973 in der Fassung des ArtI Z. 5 tritt mit 1. Jänner 1992 in Kraft.
(3) Auf Grund des §7 Abs3 der Salzburger Feuerpolizeiordnung 1973 in der Fassung vor diesem Gesetz erlassene Bescheide, mit denen die Zahl der Kehrungen für einzelne Fälle vermehrt oder vermindert worden sind, bleiben unberührt."
2. Der Antrag ist nicht zulässig.
2.1. Die angegriffene Verordnung ist mit der Aufhebung ihrer gesetzlichen Grundlage, also mit dem Inkrafttreten der unter II.1.3. wiedergegebenen Novelle zur Sbg. FeuerpolizeiO, LGBl. für das Land Salzburg 30/1991 - das ist laut deren hier maßgeblichen ArtII Abs1 der 14. März 1991 - außer Kraft getreten. Sie stützte sich bis dahin insbesondere auf §7 Abs3 der Sbg. FeuerpolizeiO, welche Bestimmung durch ArtI Z5 der Novelle LGBl. 30/1991 inhaltlich wesentlich verändert wurde. So wurden durch Abs1 der genannten Regelung nicht nur die Kehrtermine gegenüber der Rechtslage vorher verlängert - und in wesentlichen Belangen so gestaltet, wie dies die angegriffene Verordnung vorsah -, sondern es wurde vor allem die die Rechtsgrundlage für die angegriffene Verordnung bildende Möglichkeit beseitigt, durch Verordnung die Kehrzeiten gegenüber den im Gesetz vorgesehenen Fristen zu verlängern. Für generelle Rechtsakte dieser Art bietet die Sbg. FeuerpolizeiO idF, wie sie die Novelle LGBl. 30/1991 brachte, keine Grundlage mehr.
Das Außerkrafttreten der angegriffenen Verordnung mit der genannten Novelle LGBl. 30/1991 ergibt sich auch kraft Umkehrschlusses aus der Übergangsregelung ihres ArtII Abs3, wonach nur Bescheide, nicht jedoch auch Verordnungen, die auf Grund des §7 Abs3 Sbg. FeuerpolizeiO 1973 idF vor dieser Novelle erlassen wurden, mit denen die Zahl der Kehrungen für einzelne Fälle vermehrt oder vermindert worden sind, unberührt bleiben.
2.2. Nach Art139 Abs1 B-VG bildet eine Voraussetzung des sogenannten Individualantrages auf Verordnungsprüfung, daß die Verordnung - ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides - für die anfechtende Person wirksam geworden ist; Voraussetzung der Antragslegitimation ist aber weiters, daß die bekämpfte Verordnung für den Einschreiter auch noch im Zeitpunkt der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes wirksam ist. Wie bereits dargelegt, gehört die bekämpfte Verordnung seit 14. März 1991 nicht mehr dem Rechtsbestand an. Nach Lage des Falles ist die behauptete - hier nicht näher zu prüfende - Betroffenheit jedenfalls nicht gegeben, weshalb dem Antragsteller die nicht bloß im Zeitpunkt der Antragseinbringung, sondern auch im Zeitpunkt der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes erforderliche Legitimation zur Anfechtung fehlt, sodaß sein Antrag zurückzuweisen ist (vgl. VfSlg. 9868/1983, 10.819/1986, 11.365/1987, VfGH 3. 10. 1989, G227/88, 2/89, 28. 6. 1990, V109/89, 26. 2. 1991, V166/90).
3. Der Kostenspruch gründet sich auf §61a VerfGG, der den Kostenzuspruch im Verfahren nach Art139 B-VG nur für den Fall des Obsiegens des Antragstellers vorsieht.
4. Dies konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VerfGG in nichtöffentlicher Sitzung ohne vorangegangene Verhandlung beschlossen werden.
Schlagworte
VfGH / Individualantrag, VfGH / Legitimation, Geltungsbereich (zeitlicher) einer VerordnungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1991:V5.1991Dokumentnummer
JFT_10089383_91V00005_00