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41/02 Staatsbürgerschaft;Norm
StbG 1985 §10 Abs1 Z6;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Kremla, Dr. Bernegger und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Kopp, über die Beschwerde des N in F, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom 22. Juli 1992, Zl. Ia 370-98/91, betreffend Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Vorarlberg Aufwendungen in der Höhe von S 3.035.-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 22. Juli 1992 wies die belangte Behörde die Anträge des Beschwerdeführers auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft gemäß §§ 10 Abs. 1 Z. 6, 11a, 12, 13 und 14 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985, BGBl. Nr. 311 (StbG), und auf Erstreckung der Verleihung auf seine Gattin und seine fünf minderjährigen Kinder gemäß §§ 16, 17 und 18 StbG ab.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Die belangte Behörde hat die Abweisung des Verleihungsantrages des Beschwerdeführers damit begründet, daß dieser die Verleihungsvoraussetzungen des § 10 Abs. 1 Z. 6 StbG, wonach die Staatsbürgerschaft einem Fremden verliehen werden kann, wenn er nach seinem bisherigen Verhalten Gewähr dafür bietet, daß er zur Republik Österreich bejahend eingestellt ist und keine Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit bildet, nicht erfülle. Im Zuge des Ermittlungsverfahrens sei hervorgekommen, daß der Beschwerdeführer, der sich seit 1972 ununterbrochen in Österreich aufhalte, mit Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 1. Juli 1985 wegen der Vergehen der gefährlichen Drohung und des unerlaubten Waffenbesitzes rechtskräftig zu einer Geldstrafe im Gesamtausmaß von 240 Tagessätzen verurteilt worden sei, wobei die Höhe des Tagessatzes mit Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck von S 200,-- auf S 150,-- herabgesetzt worden sei. Dieser Verurteilung sei zugrunde gelegen, daß der Beschwerdeführer im Zuge einer Auseinandersetzung mit einem ehemaligen Geschäftspartner diesen und dessen Sohn mit dem Umbringen und mit erheblichen Verstümmelungen bedroht und dazu konkrete Schritte unternommen habe, indem er mit einem abgebrochenen Flaschenhals gegen diese gestoßen habe und ein Küchenbeil nach diesen habe schleudern wollen. Außerdem habe er eine Faustfeuerwaffe unbefugt besessen und geführt und eine verbotene Waffe (Springmesser) unbefugt besessen. Weiters sei der Beschwerdeführer in den Jahren 1983 bis 1991 von der Bezirkshauptmannschaft Bregenz wegen Übertretungen der Straßenverkehrsordnung, des Kraftfahrgesetzes und des Meldegesetzes insgesamt viermal bestraft worden, wobei eine dieser Bestrafungen im Jahre 1990 im Ausmaß von S 9.000,-- wegen Verweigerung der Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt verhängt worden sei. Darüber hinaus sei gegen den Beschwerdeführer von der Bezirkshauptmannschaft Landeck am 14. November 1991 wegen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h um 56 km/h eine Geldstrafe im Ausmaß von S 5.000.-- verhängt worden. Bei diesen Verstößen handle es sich um Verletzungen von Vorschriften, die der Sicherheit von Personen und dem Schutz der Gesundheit dienten, wobei diese gesetzwidrigen Handlungen - abgesehen von den Übertretungen des Meldegesetzes und des Kraftfahrgesetzes - als sehr gravierend anzusehen seien. Die nicht unerhebliche Zahl der Bestrafungen und der Umstand, daß der Beschwerdeführer seit dem Jahre 1987 immer wieder gegen der Sicherheit von Personen und der Gesundheit dienende Vorschriften verstoßen habe, machten die negative Einstellung des Beschwerdeführers zu den durch diese Normen geschützten Rechtsgütern deutlich. Es könne daher derzeit nicht davon ausgegangen werden, daß er keine Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit bilde. Weder könnten die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten geordneten familiären Verhältnisse mangels eines Zusammenhanges an der Beurteilung seines Verhaltens etwas ändern noch vermöge sein Wohlverhalten in anderen Bereichen sein gesetzwidriges Verhalten aufzuwiegen. Die Aufnahme angebotener Beweise habe sich erübrigt, weil sich die zu erwartenden Informationen bereits aus den vorhandenen Unterlagen ergäben oder die verfahrensgegenständliche Frage nicht beträfen.
Da gemäß § 18 StbG die Erstreckung der Verleihung der Staatsbürgerschaft nur gemeinsam mit der Verleihung der Staatsbürgerschaft vorgenommen werden dürfe, fehle infolge der Abweisung des Verleihungsantrages die Voraussetzung für die Erstreckung der Verleihung.
Der Beschwerdeführer wendet sich insbesondere dagegen, daß aus seinen Bestrafungen der Schluß gezogen worden sei, er werde auch in Zukunft eine Gefahr für die öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit darstellen. Demgegenüber hat der Verwaltungsgerichtshof bereits zu wiederholten Malen betont, daß Verstöße gegen die der Ordnung und Sicherheit des Straßenverkehrs dienenden Schutznormen dann ein Einbürgerungshindernis im Sinne des Mangels der Voraussetzungen gemäß § 10 Abs. 1 Z. 6 StbG darstellen, wenn aus der Art, der Schwere und der Häufigkeit dieser Übertretungen erkennbar ist, daß der Einbürgerungswerber den zur Vermeidung von Gefahren für das Leben oder die Gesundheit von Menschen sowie der allgemeinen Sicherheit erlassenen Gesetzen gegenüber negativ eingestellt ist (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 4. April 1990, Zl. 89/01/0430, und die dort angeführte Judikatur). Der belangten Behörde ist beizupflichten, wenn sie insbesondere die Verweigerung der Untersuchung der Atemluft auf ihren Alkoholgehalt (Bestrafung vom 5. November 1990) und die Überschreitung der Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h um 56 km/h (Bestrafung vom 14. November 1991) ebenso wie die der gerichtlichen Verurteilung wegen gefährlicher Drohung und wegen unerlaubten Waffenbesitzes zugrundeliegenden Straftaten des Beschwerdeführers als Verletzungen von der Sicherheit von Personen und dem Schutz der Gesundheit dienenden Vorschriften angesehen hat. Der Verwaltungsgerichtshof kann nicht finden, daß die belangte Behörde rechtswidrig gehandelt hat, wenn sie aus der Vielzahl und Schwere der vom Beschwerdeführer insgesamt begangenen Rechtsbrüche insbesondere angesichts des Umstandes, daß seit der Begehung der letzten bekanntgewordenen Straftat (Bestrafung vom 14. November 1991) im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides erst etwa (zehn) Monate verstrichen waren und die Begehung der weiteren gravierenden Verwaltungsübertretung (Bestrafung vom 5. November 1990) auch erst etwa zwei Jahre zurücklag, den Schluß gezogen hat, das bisherige Verhalten des Beschwerdeführers biete keine Gewähr, daß er keine Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit bilde.
Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführer handelt es sich bei den von ihm begangenen gerichtlich geahndeten Straftaten und bei den beiden Verwaltungsübertretungen wegen Verweigerung der Untersuchung der Atemluft auf deren Alkoholgehalt sowie wegen bedeutender Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit keineswegs um Delikte mit nur geringem Unrechtsgehalt. Die in diesen Rechtsbrüchen zum Ausdruck kommende negative Einstellung gegenüber den durch die verletzten Normen geschützten Rechtsgütern weist den Beschwerdeführer als eine Person aus, die auch durch zum Teil empfindliche Strafen nicht zu einem gesetzestreuen Verhalten zu bewegen ist.
Angesichts des derart beschaffenen Persönlichkeitsbildes des Beschwerdeführers gelingt es ihm mit der im Rahmen der Verfahrensrüge ins Treffen geführten Unterlassung der belangten Behörde, von ihm beantragte Beweise (Beischaffung des gerichtlichen Strafaktes, des Handelsregisteraktes, Einholung von Auskünften über den Studienerfolg seines Sohnes, Einvernahme des Beschwerdeführers) aufzunehmen, nicht, einen wesentlichen Verfahrensmangel darzutun, weil die belangte Behörde, auch wenn sie den Anträgen des Beschwerdeführers entsprochen hätte, zu keinem anderen Bescheid hätte gelangen können. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers kann auch aus dem von ihm bereits im Verwaltungsverfahren betonten geordneten Familienleben nichts für die unter dem Blickwinkel der Gefährdung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit vorzunehmende Prognose über sein künftiges Verhalten gewonnen werden.
Auf Grund der von der belangten Behörde schlüssig vorgenommenen Einschätzung des künftigen Verhaltens des Beschwerdeführers entspricht die Abweisung seines Ansuchens um Verleihung der Staatsbürgerschaft der Rechtslage.
Die sich sohin als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Von der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1992010820.X00Im RIS seit
20.11.2000Zuletzt aktualisiert am
17.03.2009