TE Vfgh Beschluss 1991/6/17 G281/89, G282/89

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Veröffentlicht am 17.06.1991
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Index

63 Allgemeines Dienst- und Besoldungsrecht
63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979

Norm

B-VG Art140 Abs1 / Individualantrag
BDG 1979 Anlage 1 Z6.7 und Z7.8

Leitsatz

Zurückweisung zweier Individualanträge auf Aufhebung bestimmter Bestimmungen des BDG 1979 betreffs die Ernennungsvoraussetzungen von Kraftwagenlenkern in eine bestimmte Verwendungsgruppe mangels Legitimation

Spruch

Die Anträge werden zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. 1. Beide Antragsteller stehen als Beamte der Verwendungsgruppe

P 2 in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Die Dienststelle des Antragstellers zu G281/89 ist das Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten; er ist Kraftwagenlenker des Bundesministers. Die Dienststelle des Antragstellers zu G282/89 ist das Bundeskanzleramt; er ist Kraftwagenlenker des Vizekanzlers. Beide Antragsteller sind zusätzlich mit der Wahrnehmung von Sicherheitsaufgaben betraut.

Mit den auf Art140 Abs1 letzter Satz B-VG gestützten, inhaltlich übereinstimmenden Anträgen wird die Aufhebung der Z6.7. und der Z7.8. der Anlage 1 zum Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 - BDG 1979, BGBl. 333, idF der Bundesgesetze BGBl. 137/1983 und 395/1984 als verfassungswidrig begehrt.

Die Antragsteller erachten mit näherer Begründung die angefochtenen Gesetzesbestimmungen wegen Verstoßes gegen den - auch den Gesetzgeber bindenden - Grundsatz der Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz (Art7 B-VG iVm Art2 StGG) für verfassungswidrig. Dies ist nach Ansicht der Antragsteller deshalb der Fall, weil gemäß Z7.8. der Anlage 1 zum BDG 1979 Kraftwagenlenker einer der in §6 und in §8 Abs1 erster Halbsatz des Bezügegesetzes, BGBl. 273/1972 idF BGBl. 351/1981, angeführten Personen (Bundeskanzler, Vizekanzler, Bundesminister, Landeshauptmann, Präsident des Rechnungshofes, Staatssekretär, Mitglied der Volksanwaltschaft, Vizepräsident des Rechnungshofes, Präsident des Nationalrates, Präsident des Bundesrates und dessen Stellvertreter) in die Verwendungsgruppe P 2 ernannt und dadurch gegenüber den - bei sonst völlig gleichen Voraussetzungen - gemäß Z6.7. der Anlage 1 zum BDG 1979 in die Verwendungsgruppe P 1 ernannten Kraftwagenlenkern der Präsidentschaftskanzlei ohne jede sachliche Rechtfertigung benachteiligt seien.

Die Antragsteller, die ihre Ernennung in die Verwendungsgruppe P 1 anstreben, begründen ihre Antragslegitimation iS des Art140 Abs1 letzter Satz B-VG im wesentlichen mit folgenden - übereinstimmenden - Ausführungen:

"Dem Antragsteller geht es darum, nicht in der Verwendungsgruppe P 2, sondern in der Verwendungsgruppe P 1 ernannt zu sein. Es gibt keine Behörde, die über ein solches Verlangen eine - wenn auch negative - Sachentscheidung zu fällen berufen wäre.

    Ein Arbeitskollege des Antragstellers ... hat bei seiner

Dienstbehörde den Antrag auf Überstellung von der Verwendungsgruppe

P 2 in die Verwendungsgruppe P 1 gestellt. Dieser Antrag wurde vom

Bundeskanzleramt mit Bescheid ... zurückgewiesen ... .

Das Bundeskanzleramt hat unter Berufung auf die einschlägige ständige Judikatur des Verfassungsgerichtshofes ausgeführt, daß es ausschließlich im Ermessen der Behörde liege, wann und ob sie eine Ernennung vornimmt und dem Bediensteten kein Recht zustehe, im 'Ernennungsverfahren' als Partei behandelt zu werden. Diese Rechtsauffassung wird auch durch die jüngste Judikatur des Verfassungsgerichtshofes nicht berührt, da es sich vorliegendenfalls nicht um die Auswahl aus mehreren vorgeschlagenen Bewerbern um eine Planstelle handelt.

Ein gleichartiger Überstellungsantrag wäre für den Antragsteller nicht zielführend, da auch er nur einen Zurückweisungsbescheid erhalten würde, den er beim Verfassungsgerichtshof unter dem Blickwinkel der Verletzung des Grundrechtes auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter anfechten könnte. In einem solchen Verfahren wäre aber die Verfassungsmäßigkeit der Z6.7. und der Z7.8. in der Anlage zum BDG nicht zu untersuchen, weil diese Bestimmungen nicht schon bei der Überprüfung der Parteistellung des Überstellungswerbers, sondern erst bei der Überprüfung der Sachentscheidung anzuwenden wären, es aber zu einer Sachentscheidung gar nicht gekommen wäre und bei der bestehenden Rechtslage auch nicht kommen könnte.

Es ginge auch nicht an, den Antragsteller auf die Möglichkeit eines dienstrechtlichen Feststellungsbescheides zu verweisen. Anders als im Fall VfSlg. 8978/1980 geht es hier nur um die Frage der Einreihung des Antragstellers in P 1 oder P 2, es sind keinerlei Berechnungen anzustellen, 'die eine Berücksichtigung mannigfaltiger tatsächlicher Umstände erfordern'.

Für die Erwirkung eines Bescheides über die zwischen dem Antragsteller und seiner Dienstbehörde in keiner Weise strittige Frage, daß er in P 2 und nicht in P 1 ernannt ist, würde es schon an dem für einen Feststellungsbescheid erforderlichen rechtlichen Interesse fehlen. Dieses rechtliche Interesse kann in einem Fall wie dem vorliegenden nicht allein und ausschließlich durch die Absicht begründet werden, gegen den Bescheid beim Verfassungsgerichtshof Beschwerde zu führen, weil sonst der Individualantrag nach Art140 B-VG jeden Anwendungsbereich verlöre.

Anders als dort, wo es etwa einer ziffernmäßigen Konkretisierung eines strittigen Anspruches bedarf, ist im vorliegenden Fall die Erwirkung eines Feststellungsbescheides über eine unbestrittene Selbstverständlichkeit wie die Einstufung eines Beamten in die Verwendungsgruppe, in die er ernannt ist, dem Antragsteller nicht zumutbar, weil man von ihm nicht verlangen kann, daß er sich des langen und breiten in eine rechtliche Auseinandersetzung mit seiner Dienstbehörde über die - äußerst fragliche - Zulässigkeit eines solchen Feststellungsbescheides einläßt.

Die bekämpften Gesetzesstellen sind daher für den Antragsteller ohne Erlassung eines Bescheides wirksam geworden. Es steht ihm auch kein zumutbarer Weg zur Verfügung, um einen Bescheid zu erwirken."

2. Die Bundesregierung sah von einer meritorischen Äußerung ab und stellte für den Fall der Aufhebung der angefochtenen Bestimmungen den Antrag, gemäß Art140 Abs5 B-VG für deren Außerkrafttreten eine Frist von einem Jahr zu bestimmen.

3. Der Verfassungsgerichtshof hat die beiden Anträge zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden.

II. Über die Frage der Zulässigkeit der beiden Anträge hat der Verfassungsgerichtshof erwogen:

1.a) Gemäß Art140 Abs1 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen auch auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Verfassungswidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, sofern das Gesetz ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist. Grundlegende und unabdingbare Voraussetzung der Antragslegitimation bildet dabei der Umstand, daß das angefochtene Gesetz die Rechtssphäre der betreffenden Person berührt und - im Fall seiner Verfassungswidrigkeit - verletzt. Zudem ist es notwendig, daß unmittelbar durch das Gesetz selbst - tatsächlich - in die Rechtssphäre des Antragstellers eingegriffen wird. Dies ist jedenfalls nur dann anzunehmen, wenn der Eingriff nach Art und Ausmaß durch das Gesetz selbst eindeutig bestimmt ist, wenn er die (rechtlich geschützten) Interessen der betreffenden Person nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt und wenn dem Antragsteller kein anderer zumutbarer Weg zur Geltendmachung der behaupteten Verfassungswidrigkeit zur Verfügung steht (s. zB VfSlg. 9084/1981, 10251/1984, 10273/1984, 10481/1985).

b) Z6.7. der Anlage 1 zum BDG 1979 sieht in dem hier wesentlichen Zusammenhang die Ernennung der Kraftwagenlenker der Präsidentschaftskanzlei, die zusätzlich mit der Wahrnehmung von Sicherheitsaufgaben betraut sind, in die Verwendungsgruppe P 1 vor. Die Antragsteller sind nicht Kraftwagenlenker der Präsidentschaftskanzlei und daher nicht Adressaten dieser Vorschrift. Es ist somit von vornherein ausgeschlossen, daß sie die Rechtssphäre der Antragsteller tatsächlich (also nicht bloß behauptetermaßen) berührt. Schon aus diesem Grund fehlt den Antragstellern hinsichtlich dieser Vorschrift die Antragslegitimation (s. zB VfSlg. 8187/1977, 10251/1984, 11056/1986, 11369/1987; VfGH 11.6.1990 V167/90).

c) Aus der Z7.8. der Anlage 1 zum BDG 1979 ergibt sich unter anderem, daß die unter diese Vorschrift fallenden Kraftwagenlenker in die Verwendungsgruppe P 2 zu ernennen sind. Die Antragsteller erfüllen die in dieser Vorschrift umschriebenen Erfordernisse; sie sind auf eine Planstelle der Verwendungsgruppe P 2 ernannt. In einem allfälligen Verfahren, das einen von ihnen gestellten Antrag auf Ernennung auf eine Planstelle der Verwendungsgruppe P 1 (iS der Z6.7. der Anlage 1 zum BDG 1979) zum Gegenstand hat, käme ihnen nach der ständigen Rechtsprechung beider Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes (s. etwa VfSlg. 5918/1969, 6806/1972, 8558/1979; VfGH 2.10.1989 G87/86; VwSlg. 6850 A/1966, 8454 A/1973, 9792 A/1979, 9929 A/1979, 10058 A/1980; VwGH 31.3.1983, 82/09/0124; 4.9.1990, 90/09/0120) keine Parteistellung zu. Das bedeutet, daß die Rechtssphäre der Antragsteller auch durch die von ihnen bekämpften Vorschriften der Z6.7. und 7.8. der Anlage 1 zum BDG 1979 in ihrem Zusammenhalt nicht aktuell berührt wird (s. dazu etwa VfGH 19.6.1989 G5/89).

2. Unter der Annahme, daß die Z7.8. (für sich allein oder in Verbindung mit der Z6.7.) der Anlage 1 zum BDG 1979 unmittelbar in die Rechtssphäre der Antragsteller (nachteilig) eingreift, erwiesen sich die vorliegenden Individualanträge aus folgendem Grund als unzulässig:

Da das Ziel eines (Individual-)Antrages in der Behebung der geltend gemachten Rechtsverletzung zu erblicken ist, führt eine sinnorientierte Auslegung des Art140 B-VG (s. VfSlg. 9096/1981) zum Ergebnis, daß die Antragslegitimation nur dann bejaht werden kann, wenn die Aufhebung der angefochtenen Gesetzesbestimmung die Rechtsposition des Antragstellers (tatsächlich) verändert (VfSlg. 8156/1977, 229 f., 8212/1977, 462, 9096/1981, 10492/1985, 10593/1985; VfGH 25.9.1989 G19/89). Die Aufhebung der angefochtenen Gesetzesbestimmungen müßte bewirken, daß die behaupteten belastenden Rechtswirkungen entfallen (VfGH 13.6.1989 B1944/88, G242/88, V213/88; 2.10.1989 G87/86). Ist dies nicht der Fall, so ist die Antragslegitimation nicht gegeben.

Diese Situation liegt hier vor, weil die (von den Antragstellern primär angestrebte) Aufhebung der Z7.8. der Anlage 1 zum BDG 1979 die behauptete Rechtsverletzung nicht zu beseitigen vermöchte; abgesehen davon nämlich, daß sie auf die Ernennung der Antragsteller auf eine Planstelle der Verwendungsgruppe P 2 wegen der Rechtskraft des jeweiligen Ernennungsbescheides ohne Einfluß bliebe, würde sie zwar die Ernennung der dort umschriebenen Gruppen von Kraftwagenlenkern in diese Verwendungsgruppe ausschließen, keineswegs aber deren Ernennung in die Verwendungsgruppe P 1 zulassen, sondern lediglich bewirken, daß sie (gemäß Z8.3. litc der Anlage 1 zum BDG 1979) in die Verwendungsgruppe P 3 ernannt werden müßten.

Das Ergebnis wäre für die unter Z7.8. der Anlage 1 zum BDG 1979 fallenden Gruppen von Kraftwagenlenkern - somit auch für die Antragsteller - kein anderes, wenn, den vorliegenden (Individual-)Anträgen folgend, sowohl die Z7.8. als auch die Z6.7. der Anlage 1 zum BDG 1979 (jeweils zur Gänze) aufgehoben würden. Die Ernennung solcher Kraftwagenlenker in die Verwendungsgruppe P 1 wäre dann nicht mangels Vorliegens der in Z6.7. der Anlage 1 zum BDG 1979 umschriebenen Voraussetzungen, sondern wegen Fehlens der eine solche Ernennung ermöglichenden Rechtsgrundlage rechtlich ausgeschlossen.

Die (Individual-)Anträge waren somit wegen Fehlens der Legitimation zurückzuweisen.

3. Dieser Beschluß konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VerfGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gefaßt werden.

Schlagworte

VfGH / Individualantrag, Dienstrecht, Kraftwagenlenker, Parteistellung Dienstrecht, Ernennungsvoraussetzungen Dienstrecht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1991:G281.1989

Dokumentnummer

JFT_10089383_89G00281_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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