TE Vwgh Erkenntnis 1993/12/15 93/01/1313

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Veröffentlicht am 15.12.1993
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;
49/01 Flüchtlinge;

Norm

AsylG 1991 §1 Z1;
AsylG 1991 §2 Abs2 Z3;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;
FlKonv Art43 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Dorner und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Kopp, über die Beschwerde des I, vertreten durch Dr. B, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 14. September 1993, Zl. 4.278.536/3-III/13/91, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aufgrund der Beschwerde und der dieser angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ist von folgendem auszugehen:

Der Beschwerdeführer - ein rumänischer Staatsangehöriger, der am 10. August 1989 in das Bundesgebiet eingereist ist - hat den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 25. September 1991, mit dem festgestellt worden war, daß die Voraussetzungen für die Anerkennung der Flüchtlingseigenschaft nicht vorliegen, mit Berufung bekämpft. Mit Bescheid vom 14. September 1993 wies die belangte Behörde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG, u.a. gestützt auf § 2 Abs. 2 Z. 3 AsylG 1991, ab.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich im Recht auf Erteilung von Asyl in Österreich sowie im Recht auf Durchführung eines mängelfreien Verfahrens verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Da das Berufungsverfahren im vorliegenden Fall am 1. Juni 1992 beim Bundesminister für Inneres anhängig war, hatte die belangte Behörde gemäß § 25 Abs. 2 AsylG 1991 dieses Gesetz anzuwenden. Gemäß § 2 Abs. 2 Z. 3 AsylG 1991 ist einem Flüchtling dann nicht Asyl zu gewähren, wenn er bereits in einem anderen Staat vor Verfolgung sicher war.

Nach den Ausführungen im Bescheid habe der Beschwerdeführer bei seiner Einvernahme vom 17. August 1989 angegeben, daß er über die "UDSSR" am 3. August 1989 in Ungarn eingereist - wo ihm ein "Flüchtlingsausweis ausgestellt worden sei" - und am 10. August 1989 nach Österreich weitergereist sei. Die belangte Behörde ging u.a. davon aus, daß für den Beschwerdeführer in Ungarn Verfolgungssicherheit im Sinne des § 2 Abs. 2 Z. 3 AsylG 1991 vorgelegen sei. Er habe daher nicht befürchten müssen, ohne Prüfung der Fluchtgründe nach Rumänien abgeschoben zu werden.

Der Beschwerdeführer rügt, daß die Behörde ihre Entscheidung auf den Aufenthalt des Beschwerdeführers in Ungarn stützte, ohne überprüft zu haben, weshalb er sich in dieser Zeit in Ungarn aufgehalten habe, und ohne ihn darüber zu befragen, ob er tatsächlich vor Verfolgung sicher gewesen sei bzw. Asylschutz genossen habe. Hätte man ihn dazu befragt, hätte er darauf hinweisen können, wieso damals eine Weiterfahrt nach Österreich nicht möglich gewesen sei und warum er in Ungarn nicht um politisches Asyl angesucht habe.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (siehe insbesondere das hg. Erkenntnis vom 27. Mai 1993, Zl. 93/01/0256) genügt für die Annahme der Verfolgungssicherheit, daß der Asylwerber im Drittstaat keiner Gefahr einer Verfolgung ausgesetzt war und auch wirksamen Schutz vor Abschiebung in den Verfolgerstaat hatte (vgl. RV 270 BlgNr. 18. GP zu § 2 Abs. 2 Z. 3 AsylG 1991). Dabei kommt es nicht darauf an, wie lange sich der Beschwerdeführer in Ungarn aufgehalten hat, welche Absichten er dabei verfolgt hat und ob sein Aufenthalt den ungarischen Behörden bekannt war und von diesen geduldet wurde. Die aufgrund der Angaben des Beschwerdeführers bei der Ersteinvernahme gezogene Schlußfolgerung der belangten Behörde, daß Verfolgungssicherheit für den Beschwerdeführer in Ungarn bestanden habe, kann nicht als unschlüssig angesehen werden.

Nachdem Ungarn am 14. März 1989 die BEITRITTSURKUNDE zur Genfer Flüchtlingskonvention hinterlegt hat (vgl. BGBl. Nr. 260/1992), ist dieses Abkommen für Ungarn gemäß Art. 43 Abs. 2 leg. cit. am 12. Juni 1989 in Kraft getreten, also noch zu einem Zeitpunkt, in dem sich der Beschwerdeführer in Ungarn aufgehalten hat.

Sofern sich der Beschwerdeführer dagegen wendet, daß die belangte Behörde davon ausgegangen sei, daß ihm in Ungarn ein Flüchtlingsausweis ausgestellt worden sei, genügt es festzustellen, daß im Lichte der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 27. Mai 1993, Zl. 93/01/0256, vom 9. September 1993, Zl. 93/01/0340, vom 9. September 1993, Zl. 93/01/0572, vom 7. Oktober 1993, Zl. 92/01/1118, vom 24. November 1993, Zl. 93/01/0860, vom 24. November 1993, Zl. 93/01/0743, und vom 24. November 1993, Zl. 93/01/0357) Ungarn ab dem Inkrafttreten der Genfer Flüchtlingskonvention als Staat, in dem der Asylwerber bereits vor Verfolgung sicher war, anzusehen ist, falls nicht konkret ein Vorbringen erstattet wird, das gegen eine derartige Annahme spricht. Die bloße Behauptung des Beschwerdeführers, daß im August 1989 ein Asylverfahren und die Erlangung des Asyls in Ungarn nicht möglich gewesen sei, was offensichtlich auf der unrichtigen Annahme basiert, daß die Genfer Flüchtlingskonvention in diesem Zeitpunkt für Ungarn noch nicht in Kraft getreten war, kann daher die Auffassung der belangten Behörde nicht in Frage stellen, daß der Beschwerdeführer bereits in Ungarn vor Verfolgung sicher war.

Sofern der Beschwerdeführer sich weiters darauf beruft, daß er sich wegen der zahlreichen in Ungarn befindlichen Rumänen, insbesondere Mitgliedern des geheimen Sicherheitsdienstes, nicht sicher gefühlt habe und es zu zahlreichen unliebsamen Vorfällen gegen politisch verfolgte Personen gekommen sei, vor denen man auch in Ungarn nicht sicher sei, kommt diesem Vorbringen schon deshalb keine Bedeutung zu, weil der Beschwerdeführer nicht einmal behauptet, daß er von einem solchen von ihm erwähnten Vorfall konkret betroffen gewesen sei.

Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Es erübrigte sich daher eine Entscheidung des Berichters über den Antrag des Beschwerdeführers, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1993011313.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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