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L37156 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
ABGB §1091;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Onder und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Müller, Dr. Kratschmer und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über die Beschwerde 1. der K Aktiengesellschaft in W, und 2. der M Gesellschaft m.b.H in G, beide vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 15. Juni 1993, Zl. 03-12 Ke 67-93/9, betreffend eine Zwangsstrafe, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerinnen haben dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Zur Vorgeschichte wird zunächst auf das hg. Erkenntnis vom 27. Juni 1991, Zl. 91/06/0035, verwiesen. Mit diesem Erkenntnis wurde eine Beschwerde der Beschwerdeführerinnen wegen Verhängung einer Zwangsstrafe als unbegründet abgewiesen. Mit Bescheid des Magistrates der Landeshauptstadt Graz vom 10. Jänner 1990 war an die Beschwerdeführerinnen gemäß § 70a der Steiermärkischen Bauordnung (BO) der Auftrag ergangen, die konsenswidrige Nutzung der auf bestimmten Grundstücken befindlichen Halle als Lebensmittel- und Haushaltswarenmarkt zu unterlassen. Mit Bescheid des Magistrates der Landeshauptstadt Graz vom 12. Dezember 1990 war über die Beschwerdeführerinnen eine Zwangsstrafe in der Höhe von S 8.000,-- verhängt und gleichzeitig eine weitere Geldstrafe in der Höhe von S 10.000,-- für den Fall angedroht worden, daß die Beschwerdeführerinnen ihrer Verpflichtung nicht innerhalb einer Frist von weiteren drei Wochen ab Zustellung des Bescheides entsprechen sollten. Der Rechtsrüge der Beschwerdeführerinnen, die Zwangsstrafe hätte nicht verhängt werden dürfen, da die Leistung aus tatsächlichen Gründen (Bestehen eines Mietverhältnisses) nicht erbracht werden könne, hielt der Verwaltungsgerichtshof entgegen, daß die Beschwerdeführerinnen weder im Verwaltungsverfahren noch in der Beschwerde dargetan hätten, welche Maßnahmen sie ergriffen hätten, um die konsenswidrige Nutzung der Halle zu unterbinden (etwa durch Einbringung einer auf den verwaltungsbehördlichen Auftrag gestützten Unterlassungsklage).
Aufgrund der im Bescheid des Magistrates der Landeshauptstadt Graz vom 12. Dezember 1990 angedrohten Geldstrafe in der Höhe von S 10.000,-- wurde in der Folge mit Bescheid des Magistrates vom 20. August 1991 über jede der Beschwerdeführerinnen eine Zwangsstrafe in der Höhe von S 10.000,-- verhängt. Für den Fall, daß die Beschwerdeführerinnen ihrer Verpflichtung nicht innerhalb einer Frist von weiteren drei Wochen ab Zustellung des Bescheides entsprechen sollten, wurde als Zwangsmittel eine weitere Geldstrafe von je S 10.000,-- angedroht.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung brachten die Beschwerdeführerinnen im wesentlichen vor, es habe sich seit Erlassung des Titelbescheides vom 10. Jänner 1990 die maßgebliche Sach- und Rechtslage geändert; mit Bescheid des Magistrates Graz-Baurechtsamt vom 14. März 1991 sei die Änderung der Widmung u.a. auch der verfahrensgegenständlichen Grundstücke dahingehend bewilligt worden, daß die Einschränkung des Verwendungszweckes auf "Steinindustriezwecke" aufgehoben und der zulässige Verwendungszweck im Sinne der Legaldefinition des § 23 Abs. 5 lit. d ROG festgesetzt worden sei. Zulässig seien demnach nach Maßgabe der Widmungsänderungsbewilligung alle Betriebe und Anlagen, die keine schädlichen Immissionen oder sonstigen Belästigungen für die Bewohner der angrenzenden Baugebiete veursachten. Die seinerzeit mit Bescheid vom 10. Jänner 1990 bzw. vom 21. Juni 1990 inkriminierte Nutzung zu Handelszwecken widerspreche nicht (mehr) der Bauplatzwidmung der fraglichen Grundstücke. Darüber hinaus hätten die Beschwerdeführerinnen alles getan, um die "konsenswidrige Nutzung der Halle zu unterbinden", dies durch Einbringung einer auf den verwaltungsbehördlichen Auftrag gestützten Unterlassungsklage. Die vorliegenden Zwangsstrafen dürften nicht verhängt werden, da die aufgetragene Leistung (Unterlassung) aus tatsächlichen Gründen (nämlich insolange, bis über diese Unterlassungsklage ein stattgebendes Urteil rechtskräftig gefällt worden sei) nicht erbracht werden könne.
Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid wurde der Berufung der Beschwerdeführerinnen gegen den Bescheid vom 20. August 1991 keine Folge gegeben.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten mit einer Gegenschrift vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 57 Abs. 1 lit. c der Steiermärkischen Bauordnung 1968, LGBl. Nr. 149, in der Fassung LGBl. Nr. 42/1991, bedürfen Umbauten, Bauveränderungen und Änderungen des Verwendungszweckes von Bauten oder Teilen derselben, die auf die Festigkeit, den Brandschutz, die Sicherheit, die äußere Gestaltung und die gesundheitlichen Verhältnisse von Einfluß sein können oder auf welche die Bestimmungen dieses Gesetzes in Ansehung der Rechte der Nachbarn anzuwenden sind oder wenn Bestimmungen des Steiermärkischen Raumordnungsgesetzes 1974, des Flächenwidmungsplanes oder des Bebauungsplanes berührt werden können, der Bewilligung der Baubehörde. Für die Annahme einer Bewilligungspflicht der Änderung des Verwendungszweckes reicht allein schon die Möglichkeit der Einflußnahme auf u.a. den Brandschutz oder die Sicherheit. Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits in einem, an dieselben Beschwerdeführerinnen ergangenen Erkenntnis vom 25. Oktober 1990, Zl. 90/06/0112, ausgesprochen, daß schon aufgrund des Umstandes, daß im Lebensmittel- und Haushaltswarenmarkt eine größere Kundenfrequenz herrscht als in einem Betrieb der Steinindustrie, zumindest die Möglichkeit von Einflüssen auf die Sicherheit besteht. Wenn nun seit Verhängung der ersten Zwangsstrafe eine Widmungsänderungsbewilligung mit Bescheid vom 22. Jänner 1991 erteilt wurde, so ist damit zwar allenfalls die Voraussetzung für die positive Erledigung des anhängigen Baubewilligungsansuchens geschaffen, dennoch ist die erforderliche Baubewilligung für die Änderung des Verwendungszweckes - unbestritten - bis zur Verhängung der beschwerdegegenständlichen Zwangsstrafen noch nicht erteilt worden; dennoch wurde jedenfalls bis zur Verhängung dieser weiteren Zwangsstrafe die Halle als Lebensmittel- und Haushaltsmarkt verwendet. Es liegt daher nach wie vor eine widmungswidrige Verwendung durch Betreiben eines Lebensmittel- und Haushaltsmarktes anstelle eines Betriebes der Steinindustrie vor.
Die Beschwerdeführerinnen weisen darauf hin, daß sie durch Einbringung bei der Unterlassungsklage gegen die Mieterin, die F Gesellschaft m.b.H., die den Lebensmittel- und Haushaltsmarkt betreibe, die einzige Möglichkeit zur Verfolgung des verwaltungsbehördliche angeordneten Unterlassungsgebotes ergriffen habe. Das Verfahren sei am 7. Oktober 1991 beim Bezirksgericht für ZRS Graz anhängig gemacht worden. Über Antrag der beklagten Partei vom 7. Jänner 1992 habe das Bezirksgericht mit Beschluß vom 10. Jänner 1992 das Verfahren gemäß § 190 ZPO unterbrochen, dies bis zur rechtskräftigen Erledigung des zur Zl. A 17-K-5512/1990 beim Magistrat Graz anhängigen Baubewilligungsverfahrens. Zutreffend hielt die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid diesem, auch in der Berufung gegen den Bescheid vom 20. August 1991 schon vorgetragenen Einwand entgegen, daß die Beschwerdeführerinnen gegen den Unterbrechungsbeschluß des Bezirksgerichtes für ZRS Graz ein Rechtsmittel ergreifen hätten sollen, um dem Erfordernis genüge zu tun, alles unternommen zu haben, um die konsenswidrige Nutzung der Halle zu unterbinden. Die in der Beschwerde vertretene Ansicht, die Einbringung eines Rechtsmittels gegen den Unterbrechungsbeschluß des Gerichtes hätte keine Aussicht auf Erfolg gehabt, entbehrt im Hinblick auf die Bestimmungen des § 3 und der §§ 57 ff der Steiermärkischen Bauordnung jeder Grundlage. Im übrigen ist die Einbringung einer Unterlassungsklage gegen eine Mieterin nicht die einzige Möglichkeit der Bestandgeberinnen, die konsenswidrige Nutzung zu unterbinden, dies hat der Verwaltungsgerichtshof hat auch in seinem oben angeführten Erkenntnis vom 27. Juni 1991 nicht zum Ausdruck gebracht. Nur beispielsweise sei in diesem Zusammenhang auf die Möglichkeit der Entrichtung von Abstandszahlungen hingewiesen. Wer als Bestandgeber (zwar) zunächst mit Unterlassungsklage gegen den Bestandnehmer vorgeht, in der Folge diesen Schritt aber dadurch wieder unwirksam macht, daß er entweder das Verfahren nicht gehörig fortsetzt oder - wie hier - weder einem unbegründeten Unterbrechungsantrag der beklagten Partei, noch einem diesbezüglichen Gerichtsbeschluß entgegentritt, ist seiner - öffentlich-rechtlichen - Verpflichtung zur Unterbindung einer konsenslosen Nutzung nicht nachgekommen. Weder der bloße Hinweis auf das Bestehen eines Mietverhältnisses, noch die Einbringung einer Unterlassungsklage - ohne einem unbegründeten Unterbrechungsantrag der beklagten Partei ernsthaft entgegenzutreten - sind in einem derartigen Fall geeignet, die tatsächliche Undurchführbarkeit der aufgetragenen Leistung darzutun.
Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in dem mehrfach zitierten Erkenntnis vom 27. Juni 1991, Zl. 91/06/0035, unter Hinweis auf die Vorjudikatur ausgesprochen hat, ist gegen einen Beschwerdeführer die Zwangsstrafe in der angedrohten Höhe zu verhängen, wenn er dem ihm mit rechtskräftigem Bescheid erteilten Auftrag nicht nachgekommen ist, ihm die Zwangsstrafe für diesen Fall nachweislich angedroht wurde und ein gelinderes Zwangsmittel nicht in Betracht kommt. Im Beschwerdefall liegen alle diese Voraussetzungen vor. Eine Rechtswidrigkeit kann darin, daß die belangte Behörde nach einer erstmaligen Verhängung einer Zwangsstrafe von je S 8.000,--, nunmehr eine Zwangsstrafe von je S 10.000,-- als das gelindeste Mittel zur Erzwingung der Unterlassung der konsenswidrigen Nutzung betrachtete, nicht erkannt werden.
Aus den dargelegten Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1993060170.X00Im RIS seit
03.05.2001Zuletzt aktualisiert am
23.07.2010