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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AsylG 1991 §1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des Y in A, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in P, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 25. Juni 1993, Zl. 4.331.160/2-III/13/92, betreffend Zurückweisung einer Berufung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.420,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Salzburg vom 14. Februar 1992 wurde der Antrag des Beschwerdeführers, eines türkischen Staatsangehörigen, auf Gewährung von Asyl abgewiesen.
Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung des Beschwerdeführers wies die belangte Behörde mit Bescheid vom 25. Juni 1993 gemäß § 66 Abs.4 AVG als verspätet zurück. Begründend wurde ausgeführt, daß das als Berufung bezeichnete, innerhalb der Berufungsfrist eingebrachte Schreiben des Beschwerdeführers nicht ausreichend begründet gewesen sei. Erst die nach Ablauf der Berufungsfrist eingebrachte Ergänzung, in der die persönliche Situation des Beschwerdeführers in der Türkei und seine Fluchtgründe geschildert worden seien, sei als Begründung des Berufungsantrages zu qualifizieren gewesen. Da jedoch der begründete Berufungsantrag einen wesentlichen Bestandteil der Berufung darstelle, ohne den eine dem Gesetz entsprechende Berufung nicht vorliege, habe mit der Zurückweisung vorgegangen werden müssen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:
Der Beschwerdeführer hat gegen den erstinstanzlichen Bescheid mit folgendem Wortlaut berufen:
"O.a. Bescheid wurde mir am 4.3.92 zugestellt. Ich erhebe dagegen binnen offener Frist nachstehende Berufung:
Wenn es in der Begründung heißt, daß ich in meinem Heimatstaat nicht aus einem der im Art. 1 Abschnitt A Z. 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge Verfolgung erlitten habe oder eine solche befürchten müßte, so entspricht dies nicht den Tatsachen.
Die näheren Gründe für meine Berufung kann ich noch nicht ausführen, weil ich derzeit keinen Dolmetscher erreichen kann. Ich werde die Gründe jedoch binnen vierzehn Tagen bekanntgeben."
Gemäß § 63 Abs. 3 AVG hat die Berufung den Bescheid zu bezeichnen, gegen den sie sich richtet, und einen begründeten Berufungsantrag zu enthalten.
Als Berufung kann eine Eingabe daher nur dann angesehen werden, wenn ihr entnommen werden kann, daß der bezeichnete Bescheid angefochten wird, das heißt, daß die Partei mit der Erledigung der erkennenden Behörde nicht einverstanden ist, und daß aus ihr ersichtlich ist, aus welchen Erwägungen die Partei die Entscheidung der Behörde bekämpft. Das Gesetz verlangt somit nicht nur einen Berufungsantrag, sondern darüberhinaus seine Begründung, das heißt Ausführungen, aus welchen Gründen der angefochtene Bescheid bekämpft wird (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 7. Oktober 1993, Zl. 93/01/0596).
§ 63 Abs.3 AVG darf im Sinne des Gesetzes nicht formalistisch ausgelegt werden; ein begründeter Berufungsantrag liegt dann vor, wenn die Eingabe erkennen läßt, welchen Erfolg der Einschreiter anstrebt und womit er seinen Standpunkt vertreten zu können glaubt, wobei nach der Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts kein strenger Maßstab anzulegen ist (vgl. dazu die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des Österreichischen Verwaltungsverfahrens4, Seite 492 referierte Judikatur).
Im vorliegenden Fall kann - entgegen der Ansicht der belangten Behörde - der Berufung des Beschwerdeführers entnommen werden, worin er die Unrichtigkeit des erstinstanzlichen Bescheides erblickt. So ergibt sich aus der dargestellten, zwar sehr knappen Formulierung immerhin, daß der Beschwerdeführer die Beurteilung seiner Fluchtgründe durch die Behörde erster Instanz als unrichtig, weil nicht den Tatsachen entsprechend, bekämpft. Die belangte Behörde wäre daher verhalten gewesen, vom Vorliegen eines begründeten Berufungsantrages auszugehen und eine Sachentscheidung zu treffen.
Daß die "näheren Gründe" einem weiteren Schriftsatz vorbehalten wurden, vermag an diesem Ergebnis nichts zu ändern, da ergänzende Begründungen bis zum Abschluß des Berufungsverfahrens vorgebracht werden können, wenn - wie im vorliegenden Fall - eine den formalen Erfordernissen entsprechende Berufung vorliegt (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 6.Februar 1967, Slg. 7074/A).
Da die belangte Behörde in Verkennung der Rechtslage es unterlassen hat, eine Sachentscheidung zu treffen und statt dessen mit einer Zurückweisung vorgegangen ist, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1993010782.X00Im RIS seit
20.11.2000