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60/04 Arbeitsrecht allgemein;Norm
AuslBG §4 Abs6 idF 1991/684;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Fürnsinn, Dr. Germ, Dr. Höß und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fritz, über die Beschwerde des G in L, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Landesarbeitsamtes Oberösterreich vom 25. Juni 1993, Zl. IIId-6702 B ABB Nr. 1040 284, betreffend Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer stellte am 3. Mai 1993 beim Arbeitsamt Linz den Antrag auf Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) für die angolanische Staatsangehörige P.N. als Friseur-Hilfskraft (spezielle Kenntnisse "afrikanische Flechttechniken"). Der monatliche Bruttolohn sollte bei der beabsichtigten Teilzeitbeschäftigung S 2.636,-- betragen.
Diesen Antrag wies das Arbeitsamt mit Bescheid vom 14. Juni 1993 gemäß § 4 Abs. 6 AuslBG mit der Begründung ab, der Vermittlungsausschuß habe die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung nicht befürwortet; darüber hinaus habe "das Ermittlungsverfahren" ergeben, daß keine der im § 4 Abs. 6 Z. 2 bis 4 AuslBG vorgesehenen Voraussetzungen vorliege.
In seiner dagegen erhobenen Berufung machte der Beschwerdeführer geltend, er habe seit einiger Zeit einen sehr regen Zuwachs an Kunden für Flechtfrisuren (Afro-Look) festgestellt. Er habe vergeblich versucht, über das Arbeitsamt eine Hilfskraft mit Kenntnissen dieser Flechtart zu bekommen. Frau N.P. beherrsche diese Technik, sodaß er um Beschäftigungsbewilligung ersuche.
Mit Schreiben vom 17. Juni 1993 teilte die belangte Behörde der beschwerdeführenden Partei mit, die maßgebende Landeshöchstzahl für Oberösterreich (34.000) sei laut Statistik der Arbeitsmarktverwaltung zum Stichtag Ende Mai 1993 um 30,1 % überzogen. Auf Grund dieses hohen "Überziehungsgrades" der Landeshöchstzahl und der weitgehenden Ausschöpfung der Bundeshöchstzahl stünden wichtige öffentliche und gesamtwirtschaftliche Interessen im Sinne des § 4 Abs. 1 AuslBG der Beschäftigungsbewilligung entgegen.
In seiner Stellungnahme vom 23. Juni 1993 führte der Beschwerdeführer aus, Frau N.P. sei seit Anfang 1991 Asylantin in Österreich und bemüht, dem Staat Österreich nicht als Sozialfall zur Last zu fallen. Er seinerseits sei bestrebt, in seinem Friseurbetrieb durch innovative Maßnahmen den steigenden Betriebskosten entgegenzuwirken und einem derzeitigen Trend (Afro-Look) entsprechend eine Friseurin mit einschlägigen Kenntnissen anzustellen. Von den vermittelten Kräften habe keine diese Kenntnisse gehabt, daher handle es sich bei N.P. um einen dringenden Bedarf bzw. um eine Schlüsselkraft mit mindestens Facharbeiter-Qualifikationen. Zudem lägen sicherlich gesamtwirtschaftliche Interessen seines Betriebes für die Beschäftigung der Ausländerin vor. Es verliere keine inländische Arbeitskraft ihre Stelle, sondern durch den wirtschaftlichen "Zuwachs" würden bestehende Arbeitsplätze gesichert.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 25. Juni 1993 gab die belangte Behörde der Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 4 Abs. 6 und § 4 Abs. 1 des AuslBG BGBl. Nr. 218/1975 in der geltenden Fassung, keine Folge. In der Begründung stellte die belangte Behörde neuerlich das Überschreiten der Landeshöchstzahl für 1993 fest und führte hiezu - wie im Schreiben vom 17. Juni 1993 - aus, daß auf Grund dieser großen Überziehung und der hohen Ausschöpfung der Bundeshöchstzahl der Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung wichtige öffentliche und gesamtwirtschaftliche Interessen im Sinne des § 4 Abs. 1 AuslBG entgegenstünden. Auch seien keine wichtigen Gründe im Sinne des § 4 Abs. 6 Z. 1 bis 4 AuslBG nachgewiesen worden, die eine Bewilligungserteilung rechtfertigten.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die belangte Behörde hat den angefochtenen Bescheid auf § 4 Abs. 1 und Abs. 6 AuslBG in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung gemäß der Novelle BGBl. Nr. 684/1991 gestützt. Schon die Berechtigung auch nur eines dieser Versagungsgründe rechtfertigt die Abweisung der Beschwerde, deren Ausführungen sich im wesentlichen auf die Bekämpfung der Abweisung des Antrages unter dem Gesichtspunkt des § 4 Abs. 6 AuslBG richten.
§ 4 Abs. 6 AuslBG (Z. 1 in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 684/1991, die übrigen Bestimmungen in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 450/1990) lautet:
"Über bestehende Kontingente (§ 12) hinaus sowie nach Überschreitung der Landeshöchstzahl (§§ 13 und 13a) dürfen Beschäftigungsbewilligungen nur erteilt werden, wenn die Voraussetzungen der Abs. 1 und 3 vorliegen und
1.
bei Kontingentüberziehung und bei Überschreitung der Landeshöchstzahl der Vermittlungsausschuß gemäß § 44a des Arbeitsmarktförderungsgesetzes, BGBl. Nr. 31/1969, in der jeweils geltenden Fassung, einhellig die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung befürwortet, oder
2.
die Beschäftigung des Ausländers aus besonders wichtigen Gründen, insbesondere
a)
als Schlüsselkraft zur Erhaltung von Arbeitsplätzen inländischer Arbeitnehmer, oder
b)
in Betrieben, die in strukturell gefährdeten Gebieten neu gegründet wurden, oder
c)
als dringender Ersatz für die Besetzung eines durch Ausscheiden eines Ausländers frei gewordenen Arbeitsplatzes, oder
d)
im Bereich der Gesundheits- oder Wohlfahrtspflege erfolgen soll, oder
3.
öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen die Beschäftigung des Ausländers erfordern, oder
4.
die Voraussetzungen des § 18 Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 4 gegeben sind."
Der Beschwerdeführer hat weder die Feststellung der belangten Behörde bezüglich Überschreitung der Landeshöchstzahl bestritten, noch hat er den bereits vom Arbeitsamt festgestellten Umstand in Zweifel gezogen, daß der Vermittlungsausschuß die Erteilung der beantragten Beschäftigungsbewilligung nicht einhellig befürwortet habe.
Es ist richtig, daß die Tatbestände der lit. a bis d des § 4 Abs. 6 Z. 2 (in der Beschwerdeschrift offenbar versehentlich als Z. 1 bis 4 des § 4 Abs. 6 lit. b bezeichnet) nur eine beispielsweise Aufzählung von wichtigen Gründen für die Beschäftigung eines Ausländers darstellen. Damit ein "besonders wichtiger Grund" im Sinne des § 4 Abs. 6 Z. 2 AuslBG vorliegt bzw. das öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interesse die Beschäftigung des Ausländers erfordert (§ 4 Abs. 6 Z. 3 leg. cit.), muß aber jedenfalls ein QUALIFIZIERTES Interesse bestehen, das über das betriebsbezogene wirtschaftliche Interesse des Arbeitgebers an der Befriedigung eines dringenden Arbeitskräftebedarfs hinausgeht (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 20. Oktober 1988, Slg. Nr. 12.789/A, vom 18. März 1993, Zl. 92/09/0243 und vom 21. Oktober 1993, Zl. 93/09/0407). Das Vorbringen des Beschwerdeführers hinsichtlich Verbesserung der wirtschaftlichen Leistungs- und Konkurrenzfähigkeit zeigt nur einzelbetriebliche Interessen an der Beschäftigung der Ausländerin auf (vgl. die
hg. Erkenntnisse vom 18. Februar 1993, Zl. 92/09/0302 und vom 18. März 1993, Zl. 92/09/0366). Der Verwaltungsgerichtshof vermag beim vorliegenden Sachverhalt dem Vorbringen des Beschwerdeführers auch darin nicht zu folgen, daß einer teilzeitbeschäftigten Fach-(Hilfs)kraft für den Modetrend der afrikanischen Flechttechnik die Stellung einer Schlüsselkraft zur Erhaltung inländischer Arbeitskräfte zukäme. Insgesamt liegt somit kein Grund vor, der nach § 4 Abs. 6 AuslBG die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung rechtfertigen könnte.
Konnte die belangte Behörde die Versagung der Beschäftigungsbewilligung für P.N. auf § 4 Abs. 6 AuslBG stützen, dann hatte dies zur Abweisung der Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG zu führen, ohne daß auf § 4 Abs. 1 AuslBG näher einzugehen war.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit Art. I lit. B Z. 4 und 5 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1993090348.X00Im RIS seit
20.11.2000