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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
BAO §115;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Fellner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Dr. Wurdinger, über die Beschwerde der S-Gesellschaft m.b.H. in P, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom 6. April 1993, Zl. 52/2-9/Mü-1990, betreffend Straßenverkehrsbeitrag für 1985 bis 1987 und vorläufige Festsetzung des Straßenverkehrsbeitrages für 1988, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin war in den Streitjahren Zulassungsbesitzerin von Zugfahrzeugen und Anhängern, wobei die Zahl der Anhänger die der Zugfahrzeuge überstieg. Mit diesen überzähligen Anhängern wurden im Rahmen von Schleppverträgen Beförderungen durch andere Transportunternehmer durchgeführt. Während die Beschwerdeführerin ihre überzähligen Anhänger unter Berufung auf § 2 Z. 9 StVBG als leistungsfrei behandelte, setzte das Finanzamt den Straßenverkehrsbeitrag auch für diese Anhänger fest.
Dagegen berief die Beschwerdeführerin im wesentlichen mit dem Argument, aus der im Wege der Novelle BGBl. 409/1988 erfolgten Anfügung des Satzes "Anhänger, die von einem Fahrzeug eines anderen Beitragsschuldners gezogen werden, sind aus obiger Berechnung auszuscheiden" an die Bestimmung des § 2 Z. 9 StVBG ergebe sich bezogen auf die im Beschwerdefall noch anzuwendende alte Rechtslage, daß diese nicht im Sinne der Meinung des Finanzamtes anwendbar sei.
Die belangte Behörde gab der Berufung keine Folge und vertrat die Auffassung, die Befreiungsvorschrift des § 2 Z. 9 StVBG stelle auch in der auf den Beschwerdefall noch anzuwendenden Fassung vor der Novelle 1988 auf die Beförderung mit Anhängern und Zugfahrzeugen desselben Beitragschuldners ab. Dabei stützte sich die belangte Behörde ausdrücklich auf das hg. Erkenntnis vom 22. Oktober 1990, Zl. 89/15/0107.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf Beitragsfreiheit für ihre überzähligen Anträge verletzt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 1 Abs. 1 StVBG unterliegt dem Straßenverkehrsbeitrag die Beförderung von Gütern im Inland mit Fahrzeugen mit inländischem oder ausländischem Kennzeichen.
Nach § 1 Abs. 2 leg. cit. sind Fahrzeuge im Sinne dieses Bundesgesetzes Kraftfahrzeuge und von Kraftfahrzeugen gezogene Anhänger.
Beitragsfrei sind gemäß § 2 Z. 9 leg. cit. in der im Streitzeitraum geltenden Fassung Beförderungen mit Anhängern, soweit deren Anzahl die der ziehenden beitragspflichtigen Fahrzeuge desselben Beitragsschuldners (§ 4 Abs. 2) übersteigt und die, bezogen auf die gesamte Anzahl der Anhänger des Beitragsschuldners, die geringere höchste zulässige Nutzlast aufweisen.
Die zuletzt zitierte Vorschrift, die in der Regierungsvorlage zum Straßenverkehrsbeitragsgesetz (822 Blg. NR XIV GP) nicht enthalten war, wurde dem § 2 leg. cit. im Zuge der parlamentarischen Beratungen angefügt. Nach dem Bericht des Finanz- und Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (832 Blg. NR XIV GP) solle die Z. 9 dem Umstand Rechnung tragen, daß ein ziehendes Fahrzeug jeweils nur mit einem Anhänger Beförderungen durchführen kann.
Mit der Straßenverkehrsbeitragsnovelle 1988 BGBl. Nr. 409 wurde dem § 2 Z. 9 folgender Satz angefügt:
"Anhänger, die von einem Fahrzeug eines anderen Beitragsschuldners gezogen werden, sind aus obiger Berechnung auszuscheiden."
Nach den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (625 Blg. NR XVII GP) sollte durch die Ergänzung klargestellt werden, daß die Begünstigungsvorschrift nur dann erfüllt ist, wenn die Anhänger von Zugmaschinen desselben Beitragsschuldners gezogen werden.
Kern der Argumentation der Beschwerdeführerin ist die Behauptung, erst durch die Novelle 1988 sei eine Einschränkung der Befreiung insoweit erfolgt, als die von Fahrzeugen eines anderen Beitragsschuldners gezogenen Anhänger aus der Befreiung ausgeschieden worden seien. Vorher und damit im Streitfall seien überzählige Anhänger "unzweifelhaft beitragsfrei". Die Beschwerdeführerin macht in diesem Zusammenhang der belangten Behörde den Vorwurf, das Gesetz willkürlich falsch und gegen Treu und Glauben auszulegen, indem sie sich auf eine rückwirkende Klarstellung einer strittigen Rechtsfrage durch die Novelle 1988 berufe und damit die Novelle rückwirkend anwende. Den weitwendigen Beschwerdeausführungen ist entgegenzuhalten, daß der Verwaltungsgerichtshof mit seinem schon oben erwähnten Erkenntnis vom 22. Oktober 1990, Zl. 89/15/0107, auf das zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, ausdrücklich ausgesprochen hat, daß auch bereits nach der Rechtslage vor dem Inkrafttreten der Novelle 1988 überzählige Anhänger, die von Zugfahrzeugen anderer Beitragsschuldner gezogen werden, nicht in die nach § 2 Z. 9 StVBG vorzunehmende Berechnung einbezogen werden dürfen und daß insoweit die Novelle 1988 keine neue, den Befreiungstatbestand einschränkende Regelung geschaffen, sondern nur eine Klarstellung vorgenommen hat. Von dieser Rechtsprechung abzugehen bietet der vollkommen gleichgelagerte Beschwerdefall keinerlei Anlaß.
Ein Verstoß gegen das Prinzip von Treu und Glauben ist der belangten Behörde nicht anzulasten, weil aus einer von den Finanzbehörden in der Vergangenheit allenfalls mit den Rechtsvorschriften nicht im Einklang stehenden Anerkennung der Steuerbefreiung für überzählige Anhänger von der Beschwerdeführerin kein Recht auf Beibehaltung dieser Übung abgeleitet werden darf (vgl. Reeger-Stoll, BAO 411 letzter Absatz und die dort zitierte hg. Judikatur).
Auch das zweite Argument der Beschwerdeführerin, nicht die Beförderung von Gütern unterliege der Beitragspflicht, sondern schon das bloße Halten eines Fahrzeuges bzw. auch Leerfahrten, muß versagen, weil der Verwaltungsgerichtshof auch zu dieser Frage in ständiger Rechtsprechung sowohl in seinem oben zitierten Erkenntnis Zl. 89/15/0107 als auch in der dort genannten Vorjudikatur eindeutig die Aussage getroffen hat, daß Gegenstand des Straßenverkehrsbeitrages nicht Fahrzeuge als solche sind, sondern die Beförderung von Gütern im Inland mit Fahrzeugen. Ein beitragspflichtiges Fahrzeug ist ein solches, mit dem eine beitragspflichtige Güterbeförderung durchgeführt wird. Für den Standpunkt der Beschwerdeführerin ist schließlich auch aus dem von ihr zitierten hg. Erkenntnis vom 22. Juni 1987, Zl. 87/15/0049 nichts zu gewinnen, weil der damals entschiedene Fall nicht die Frage der Anwendung des Befreiungstatbestandes des § 2 Z. 9 StVBG auf sogenannte überzählige Anhänger, sondern - wie die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift zutreffend betont - das Problem zu entscheiden hatte, ob ein Unternehmer, der im Rahmen von sogenannten Schleppverträgen Sattelaufleger eines anderen befördert, als Mieter Beitragsschuldner gemäß § 4 Abs. 2, erster Satz StVBG ist. Zur Frage der Richtigkeit der von den Verwaltungsinstanzen im damaligen Fall angenommenen Beitragsfreiheit des Zulassungsbesitzers der Sattelauflieger hatte der Verwaltungsgerichtshof gar nicht Stellung zu nehmen.
Damit ist das Schicksal der Beschwerde aber entschieden und erweist sich der angefochtene Bescheid als frei von der behaupteten Rechtswidrigkeit seines Inhaltes.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen, wobei die Entscheidung mit Rücksicht auf die durch die hg. Rechtsprechung klargestellte Rechtsfrage in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat getroffen werden konnte.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VO BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1993160105.X00Im RIS seit
11.07.2001