TE Vwgh Erkenntnis 1993/12/16 93/11/0100

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Veröffentlicht am 16.12.1993
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
82/03 Ärzte Sonstiges Sanitätspersonal;

Norm

AVG §37;
AVG §52;
KrPflG 1961 §52b Abs1 idF 1992/872;
KrPflG 1961 §52b Abs2 idF 1992/872;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde der D in W, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz vom 15. April 1993, Zl. 259.269/0-II/B/13/a/93, betreffend Anerkennung einer ausländischen Urkunde über die Ausbildung in der Krankenpflege, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.420,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Im September 1992 stellte die Beschwerdeführerin bei der belangten Behörde unter Vorlage von Zeugnissen den Antrag auf Anerkennung ihrer Ausbildung in der Krankenpflege im ehemaligen Jugoslawien.

Mit dem angefochtenen Bescheid anerkannte die belangte Behörde gemäß § 52b in Verbindung mit § 68 Abs. 8 des Krankenpflegegesetzes in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 872/1992 (KrankenpflegeG) die vom Direktor der Medizinischen Schule in Doboj/Bosnien und Herzegowina 1969 ausgestellte Urkunde über eine mit Erfolg abgeschlossene Ausbildung als Krankenschwester als gleichwertig einem österreichischen Diplom über die Berechtigung zur Ausübung des Berufes als "Diplomierte Krankenschwester", und zwar unter der aufschiebenden Bedingung einerseits einer ergänzenden theoretischen Ausbildung an einer österreichischen Krankenpflegeschule und der erfolgreichen Ablegung von kommissionellen Ergänzungsprüfungen unter anderem in den Fächern "Ernährungslehre, Kranken- und Diätkost", "Geriatrische Pflege", "Einführung in die Rehabilitation", "Haut- und Geschlechtskrankheiten, Pflege Haut- und Geschlechtskranker", "Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheiten, Einführung in die Logopädie, Pflege Hals-, Nasen- und Ohrenkranker" und "Augenkrankheiten, Pflege Augenkranker" und andererseits des Nachweises eines jeweils erfolgreich absolvierten zweimonatigen Praktikums auf einer Internen Abteilung, einer Chirurgischen Abteilung und in "Gynäkologie und Geburtshilfe mit Wochenbett- und Neugeborenenpflege".

Nach der Begründung habe die Beschwerdeführerin in den genannten Fächern keine ausreichenden Nachweise über die Gleichwertigkeit der ausländischen Ausbildung mit der österreichischen bzw. über absolvierte Ergänzungsausbildungen beibringen können. Nach den vorgelegten Unterlagen entspreche die Ausbildung der Beschwerdeführerin inhaltlich und umfangmäßig nicht der österreichischen. Der Lehrplanvergleich zeige, daß im Ausland nicht die gleichen Lehrinhalte wie in Österreich vermittelt worden seien. Eine Einschränkung der Dauer der nötigen ergänzenden Ausbildung in den theoretischen Fächern sei nicht möglich, da der Unterricht praxisbezogen sei und laufend auf bereits vermitteltem Wissen aufbaue, sodaß jeweils der Besuch der gesamten Lehrveranstaltung erforderlich sei. Hingegen hätten bei der Dauer der ergänzenden praktischen Ausbildung die im Ausland vermittelten Lehrinhalte entsprechend berücksichtigt werden können.

Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde richtet sich gegen die ihm beigesetzte aufschiebende Bedingung hinsichtlich der vorhin angeführten Fächer und Praktika. (Die Vorschreibung von Ergänzungsprüfungen in weiteren 4 Fächern wird nicht bekämpft.) Die Beschwerdeführerin macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

Die belangte Behörde hat den Verwaltungsakt vorgelegt und eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach der Übergangsbestimmung des § 68 Abs. 8 zweiter Satz des (hinsichtlich seines § 52b Abs. 1 und 2 mit 1. Jänner 1993 in Kraft getretenen) Gesetzes BGBl. Nr. 872/1992 sind anhängige Verfahren gemäß § 52b KrankenpflegeG (Nostrifikation ausländischer Urkunden) vom Bundesminister für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz fortzusetzen und abzuschließen. Da es sich im Beschwerdefall um ein seit September 1992 anhängiges Verfahren handelt, war die belangte Behörde aufgrund dieser Bestimmung zur Erlassung des angefochtenen Bescheides zuständig.

Gemäß § 52b Abs. 1 KrankenpflegeG sind außerhalb Österreichs erworbene Urkunden über eine mit Erfolg abgeschlossene Ausbildung, die einer durch dieses Bundesgesetz geregelten Ausbildung entsprechen, ausgenommen Sonderausbildungen, vom Landeshauptmann als österreichischen Zeugnissen oder Diplomen gleichwertig anzuerkennen, wenn nachgewiesen wird, daß die im Ausland absolvierte Ausbildung die für die Ausübung des entsprechenden Berufes in Österreich notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten vermittelt hat. Für den Nachweis der Gleichwertigkeit kann ein Sachverständigengutachten eines (einer) Direktors (Direktorin) einer Krankenpflegeschule oder einer medizinisch-technischen Akademie eingeholt werden.

Gemäß Abs. 2 kann die Anerkennung an die Bedingungen geknüpft werden, daß die im Ausland zurückgelegte Ausbildung durch eine theoretische und/oder praktische Ausbildung an einer gemäß diesem Bundesgesetz bewilligten Ausbildungseinrichtung ergänzt wird und/oder kommissionelle Ergänzungsprüfungen mit Erfolg abgelegt bzw. Nachweise über erfolgreich absolvierte Praktika erbracht werden.

Die Vorschreibung einer ergänzenden Ausbildung und kommissioneller Ergänzungsprüfungen erfordert somit eine Prüfung dahin, ob die ausländische Ausbildung die für die Ausübung des betreffenden Berufes in Österreich erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten ausreichend vermittelt hat. Grundlage für eine solche Beurteilung ist ein

- erforderlichenfalls auf der Basis eines Sachverständigengutachtens vorgenommener - Vergleich der ausländischen mit der in Österreich vorgesehenen Ausbildung.

Die Beschwerdeführerin bringt vor, sie sei über die angeblichen Ermittlungsergebnisse nicht informiert worden und es seien im angefochtenen Bescheid hierüber auch keine Feststellungen getroffen worden. Sie sei von der belangten Behörde auch nicht zur Vorlage allenfalls erforderlicher weiterer Ausbildungsnachweise aufgefordert worden.

Dieses Vorbringen trifft zu. Der antragstellenden Partei ist gemäß § 45 Abs. 3 AVG Gelegenheit zu geben, vom Ergebnis der Beweisaufnahme Kenntnis und dazu Stellung zu nehmen. Gemäß § 60 AVG sind in der Begründung die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen.

Diesen Anforderungen wurde im vorliegenden Fall nicht entsprochen. Die belangte Behörde ist hinsichtlich der von der Beschwerde erfaßten Prüfungsgegenstände in der Frage der hinreichenden Vermittlung der für die Ausübung des Krankenpflegefachdienstes in Österreich notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten eine ausreichende Begründung schuldig geblieben. Insbesondere ist nicht ersichtlich, welche Ergebnisse die Ermittlungen im einzelnen erbracht haben, da nähere Ausführungen darüber im angefochtenen Bescheid fehlen. Ohne Kenntnis dieser Ermittlungsergebnisse kann die Schlußfolgerung, die von der Beschwerdeführerin genossene Ausbildung habe die für die Ausübung des Berufes einer Diplomierten Krankenschwester in Österreich notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten nicht bzw. nicht ausreichend vermittelt, nicht nachvollzogen werden. Die Ermittlungsergebnisse, von denen die belangte Behörde laut Bescheidbegründung ausgegangen ist, sind auch aus dem vorgelegten Verwaltungsakt nicht ersichtlich. Insbesondere erliegt dort kein Amtssachverständigengutachten, wie es laut Gegenschrift in früheren gleichartigen Fällen eingeholt worden sein soll. Dem Verwaltungsakt ist auch nicht zu entnehmen, daß der Beschwerdeführerin zu konkreten Ermittlungsergebnissen je Parteiengehör gewährt worden wäre. In diesem Zusammenhang findet sich im Akt lediglich der bereits im Antragsformular vorgedruckte Satz: "Über die Notwendigkeit der Ablegung von Ergänzungsprüfungen vor Ausübung des Berufes in Österreich wurde ich informiert" sowie die handschriftliche Beifügung:

"10 + 3 mit Prüfungen einverstanden". Diese Zustimmungserklärung vermag das Erfordernis einer nachvollziehbaren Begründung nicht zu ersetzen. Die belangte Behörde hat somit Verfahrensvorschriften verletzt, bei deren Einhaltung sie zu einem anderen Bescheid hätte kommen können. Diese Verfahrensmängel können durch das Vorbringen in der Gegenschrift nicht saniert werden, es sei in zahlreichen Vergleichsfällen mittels Amtssachverständigengutachten festgestellt worden und damit amtsbekannt, daß die Ausbildung im ehemaligen Jugoslawien nicht der österreichischen Ausbildung zur Diplomierten Krankenschwester gleichwertig sei.

Der angefochtene Bescheid ist somit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften - und zwar wegen der Untrennbarkeit der bekämpften Bedingung vom unbekämpft gebliebenen Teil des Bescheidspruches zur Gänze - aufzuheben.

Der Zuspruch von Aufwandersatz stützt sich auf die § 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Beweismittel Sachverständigenbeweis Sachverständiger Erfordernis der Beiziehung Besonderes Fachgebiet

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1993110100.X00

Im RIS seit

02.03.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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